Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 07.12.2011 · IWW-Abrufnummer 120078

    Finanzgericht des Saarlandes: Beschluss vom 12.10.2011 – 1 V 1266/11

    1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob Gutschriften und Zahlungen an den Anleger in einem Fall von Anlagebetrug als Kapitalrückzahlung oder aber als Zufluss einkommensteuerbarer Erträge anzusehen sind.


    2. Ernstlich zweifelhaft ist auch, ob eine gegen den Anlagebetrüger gerichtete Forderung des Anlegers mit ihrem Nennwert oder mit einem darunter liegenden Wert (einschließlich eines Werts von Null) zu bewerten ist.


    3. Sind bei summarischer Prüfung Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids nicht auszuschließen, stellt eine bei sofortigem Vollzug des Steuerbescheids drohende Insolvenz des Antragstellers eine unbillige Härte dar, die durch das Interesse der Allgemeinheit an der alsbaldigen Steuerzahlung nicht aufgewogen wird und die Aussetzung der Vollziehung eröffnet.


    4. Hat der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung beantragt und hat das Gericht gleichwohl Sicherheitsleistung angeordnet, führt dies nicht zu einem Teilunterliegen i. S. d. Kostenentscheidung.


    BESCHLUSS
    In dem Verfahren
    hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes durch den Präsidenten des Finanzgerichts Dr. Schmidt-Liebig als Vorsitzender, den Richter am Finanzgericht Hardenbicker und die Richterin am Finanzgericht Eggers-von Wittenburg
    am 12. Oktober 2011 beschlossen:
    die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1996 bis 2000, alle in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. November 2010, wird bis einen Monat nach Bekanntgabe der Endentscheidung im Klageverfahren 1 K 1680/10 gegen eine Sicherheitsleistung i.H.v. 80.000 EUR ausgesetzt.
    Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
    Die Beschwerde wird zugelassen.
    Gründe
    I.
    Die Antragstellerin war in den Streitjahren Geschäftsführerin einer GmbH. Sie bezog u.a. Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (zwischen 91.733 DM im Jahre 1996 und 26.050 DM im Jahre 2000). Zwischenzeitlich ist sie Rentnerin, die ihren Angaben zu Folge eine monatliche Rente i.H.v. 506,44 EUR bezieht. Sie verfügt über ein Festgeldkonto i.H.v. 66.917 EUR.
    Im Zeitraum 22. Juli 1987 bis zum 6. März 1996 überließ sie zu Anlagezwecken 200.000 DM an die CTS GmbH (CTS). Bei den Kapitalanlagen ging es insbesondere um die Durchführung von damals noch steuerfreien Differenz – und Warentermingeschäften. Aufgrund dieser Einzahlungen erhielt die Antragstellerin von 1996 bis 2001 zu den einzelnen Stichtagen insgesamt:

    > Gutschriften bei CTS3.356.333,79 DM
    > davon der Antragstellerin ausgezahlt:745.703,37 DM
    > davon bei CTS „stehen gelassen ”:2.610.630,42 DM
    3.356.333,79 DM
    Ab 1993 wurden die Kundengelder durch Fehlentscheidungen der CTS aufgezehrt. Die Fassade eines vereinbarungsgemäßen Geschäftsbetriebes wurde durch die Verwendung „frischen” Anlagekapitals als angebliche Anlageerträge den Anlegern gegenüber aufrecht erhalten (Anlagebetrug in Form eines „Schneeballsystems”). Ab Mitte 1998 stellte die CTS den Handel mit Brokerhäusern vollständig ein. Im Jahre 2001 wurde der Anlagebetrug im Zuge von Ermittlungen gegen den Sohn des Geschäftsführers der CTS wegen Verdachts der Geldwäsche – eher zufällig – bekannt. Der Geschäftsführer wurde durch Urteil der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 12. März 2003 8-56/02 wegen Betruges in 2.086 besonders schweren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die Antragstellerin hat ihre eingezahlten und die bei CTS „stehen gelassenen” Beträge im Insolvenzverfahren der CTS 1– bis auf eine geringe Insolvenzquote von ca. 1-2% – verloren.
    Aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung bei der CTS behandelte der Antragsgegner die den Anlegern ausgezahlten oder gutgeschriebenen Beträge als Einnahmen aus einer stillen Gesellschaft nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und erließ gegenüber der Antragstellerin am 10. Dezember 2002 entsprechende Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 1996 bis 2000. Die hiergegen gerichteten Einsprüche ruhten zunächst im Hinblick auf die Abwicklung von Musterverfahren. Nach deren Abschluss hat der Antragsgegner auf der Grundlage einer Billigkeitsregelung am 18. November bzw. 2. Dezember 2010 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre erlassen. Die aufrecht erhaltenen Einsprüche wies der Antragsgegner mit Entscheidung vom 18. November 2010 zurück. Am 21. Dezember 2010 hat die Antragstellerin dagegen Klage erhoben (1 K 1680/10).
    Der Antragsgegner hatte zunächst die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide gewährt, die einen Monat nach der Bekanntgabe der o.g. Einspruchsentscheidung endete. Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 stellte die Antragstellerin beim Antragsgegner erneut einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, den dieser durch Bescheid vom 5. Juli 2011 ablehnte. Von den nach der Billigkeitsmaßnahme verbleibenden Einkommensteuern der Streitjahre sind bisher insgesamt 283.047,75 EUR nicht getilgt. Einschließlich Zinsen und Säumniszuschlägen stehen zum 1. Februar 2011 485.357,57 EUR offen.
    Am 10. August 2011 hat die Antragstellerin bei Gericht sinngemäß den Antrag gestellt (Bl. 3),
    die Vollziehung der angefochtenen Einkommenssteuerbescheide 1996 bis 2000, alle in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. November 2010, bis einen Monat nach Bekanntgabe der Endentscheidung im Klageverfahren 1 K 1680/10 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.
    Unter Bezugnahme auf die Klagebegründung im Verfahren 1 K 1680/10 im Übrigen trägt sie Folgendes vor:
    > Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit (Bl. 2-4)
    Ernstliche Zweifel seien nicht schon ausgeschlossen, wenn zu einer Rechtsfrage eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung bestehe. Entscheidend sei, ob dieser Auffassung neue gewichtige Argumente entgegen gebracht würden (BFH vom 17. Februar 1970 II B 58/69, BStBl II 1970, 333) oder die Rechtsfrage von zwei obersten Bundesgerichten unterschiedlich entschieden würde (BFH vom 21. November 1974 IV B 39/74, BStBl II 1975, 175).
    Der Antragsgegner stütze sich auf die Entscheidung des BFH vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190 „CTS – Musterverfahren”), die davon ausgehe, dass sich die CTS – Kunden an einer stillen Gesellschaft gemäß § 230 HGB beteiligt hätten. Insofern sei aber ungeklärt, inwieweit die gesetzlichen Bestimmungen der Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagenvermittler, Anlageberater, Bauträger und Baubetreuer (MaBV) vom 7. November 1990, BGBl I 1990, 2479, geeignet seien, einkommenssteuerrechtliche Tatbestände zu beeinflussen. Die Verordnung solle den Auftraggeber vor missbräuchlicher Verwendung von Anlagegeldern durch den Anlagevermittler bewahren. § 4 MaBV sei ein Schutzgesetz zugunsten des Auftraggebers (OLG Hamm NJW-RR 1999, 530; BGH vom 22. Dezember 2000 VII ZR 311/99 m.w.N.). Der Gesellschaftsvertrag zur Begründung der stillen Beteiligung wäre hiernach unheilbar nichtig (§§ 2, 4, 12 MaBV i.V.m, § 134 BGB, OLG Düsseldorf vom 14. April 2010 I-15 U 1/09; BGH vom 12. April 2011 II ZR 197/09).
    > Unbillige Härte für die Antragstellerin (Bl. 6)
    Der BFH bejahe eine solche Härte, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung wirtschaftliche Nachteile drohten, die über die eigentliche Leistung hinausgehen und dem Steuerpflichtigen dadurch ein auch durch spätere eventuelle Rückgängigmachung nicht wieder gutzumachender Schaden zugefügt werde (BFH vom 31. Januar 1967 VI 9/66, BStBl II 1967, 255), z.B. wenn durch vorzeitige Leistung die Insolvenz herbeigeführt oder sonst die wirtschaftliche Existenz gefährdet werde (BFH vom 21. Februar 1990 II B 98/89, BStBl II 1990, 510). Der Antragsteller habe seine wirtschaftliche Lage detailliert zu belegen (BFH v. 31. Januar 1967 VI 9/66, BStBl II 1967, 255).
    Die Antragstellerin sei angesichts ihrer finanziellen Lage, die sich aus der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 24. Januar 2011 aus dem noch laufenden Erlassverfahren ergebe, nicht in der Lage, die geforderten Beträge aufzubringen. Sofern die Vollziehung nicht ausgesetzt werde, sei die Antragstellerin unter Umständen gezwungen, zeitnah einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Hierdurch würde ein nicht wieder gutzumachender Schaden entstehen.
    Der Antragsgegner beantragt (Bl. 21),
    den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurückzuweisen.
    Unter Bezugnahme auf seine Klageerwiderung im Verfahren 1 K 1680/10 (Schriftsätze vom 18. März 2011 und vom 4. August 2011) trägt der Antragsgegner vor, dass im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des BFH zu den Anlagebetrugsfällen generell, insbesondere aber auch im vom BFH entschiedenen Fall der CTS, keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden.
    Zur Frage der unbilligen Härte i.S.d. § 69 Abs. 2 S. 2 FGO sei darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin hinsichtlich der streitigen Beträge einen Erlassantrag nach § 227 AO gestellt habe, über den noch nicht entschieden sei. Im Übrigen sei eine Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte nur vertretbar, wenn sich zugleich auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes ergäben. Solche Zweifel bestünden aber nicht.
    Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten – auch im Klageverfahren 1 K 1680/10 – und die Akten des Antragsgegners (Bl. 21) Bezug genommen.
    II.
    Der Antrag ist nach § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FGO zulässig und auch begründet. Die Vollziehung der angefochtenen Bescheide wird gegen eine Sicherheitsleistung i.H.v. 80.000 EUR ausgesetzt.
    1. Voraussetzungender Aussetzung der Vollziehung
    Die Aussetzung der Vollziehung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 FGO).
    a. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Steuerbescheides bestehen dann, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, d.h. ein Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als ein Misserfolg (ständige Rechtsprechung des BFH, grundlegend: Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533 und vom 28. November 1974 V B 52/73, BStBl. II 1975, 239).
    Ernstliche Zweifel können auch an einer ständigen Rechtsprechung des BFH bestehen. Ob solche Zweifel bestehen, hat das zuständige Gericht nach Maßgabe des Gesetzes und seiner eigenen richterlichen Überzeugung zu entscheiden (§ 96 Abs. 1 FGO). Eine herrschende Lehre oder eine ständige Rechtsprechung sind weder jede für sich allein noch zusammengenommen geeignet, eine Frage außerhalb jeden ernstlichen Zweifels zu stellen. Ernstliche Zweifel können sich in solchen Fällen darauf stützen, dass neue und gewichtige, vom BFH noch nicht geprüfte Argumente in der Rechtsprechung und/oder in der Literatur gegen die Rechtsprechung des BFH vorgebracht worden sind (BFH vom 17. Februar 1970 II B 58/69, BStBl II 1970, 333; vom 7. November 2008 X B 55/08, BFH/NV 2009, 195) oder dass zu einer Frage unterschiedliche Auffassungen in der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung bestehen (BFH vom 21. November 1974 IV B 39/74, BStBl II 1975, 175).
    b. Eine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegt vor, wenn durch die sofortige Vollziehung dem Steuerpflichtigen Nachteile drohen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gut zu machen sind, oder wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet wäre. Eine Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte ist jedoch nur dann vertretbar, wenn zugleich auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen; sind dagegen Zweifel fast ausgeschlossen, ist eine Aussetzung der Vollziehung selbst dann nicht zulässig, wenn die Vollziehung eine unbillige Härte zur Folge hätte (BFH vom 19. April 1968 IV B 3/66, BStBl. II 1968, 538; vom 31. Januar 1967 VI S 9/66, BStBl. III 1967, 255). Eine unbillige Härte, die auch durch eine etwaige spätere Rückzahlung der vollstreckten Beträge nicht wieder ausgeglichen werden kann, liegt beispielsweise vor, wenn dem Steuerschuldner durch die vorzeitige Vollstreckung die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens droht (BFH vom 21. Februar 1990 II B 98/89, BStBl II 1990, 510; FG München vom 24. Mai 2005 7 V 1907/05 juris).
    2. Anwendung auf den Entscheidungsfall
    Bei Anwendung der vorstehenden Rechtsgrundsätze ist die Aussetzung der Vollziehung in vollem Umfang wegen einer unbilligen Härte im Vollstreckungsfalle zu gewähren. Ob es sich bei den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide um „ernstliche” i.S.d. § 69 Abs. 4 FGO handelt, kann dahinstehen.
    a. Zweifel an der Rechtmäßigkeit
    Bei Durchführung einer summarischen Prüfung im vorgenannten Sinne bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides wegen einer sich inhaltlich widersprechenden höchstrichterlichen Rechtsprechung in den Fällen des Anlagebetruges und wegen einer gewichtigen Literaturmeinung, mit deren neuen Argumenten sich der BFH noch nicht befasst hat.
    (1) Die Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH zu den Anlagebetrugsfällen basiert auf der Überlegung, dass es sich bei den Gutschriften und Zahlungen, die der Anlagebetrüger an die Anleger leistet, um Leistungen in Erfüllung der miteinander geschlossenen Vereinbarungen handelt. Diese Auffassung wird vom II. Senat des BFH nicht geteilt.
    In dem vom BFH mit Urteil vom 16. März 2010 VIII R 4/07, BFH/NV 2010, 1527 entschiedenen Fall führt der VIII. Senat unter Rz 22 bis 24 aus:
    „aa) Wird Kapital gegen Entgelt überlassen, so ist der Einkunftstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt. Anzusetzen sind alle Entgelte, die für eine Kapitalüberlassung im weitesten Sinne zugeflossen sind. Es handelt sich entweder originär um Zinsen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder zumindest um Entgelt i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, d.h. eine Vermögensmehrung, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung ist (BFH-Urteile vom …).
    bb) Für die Zuordnung der zugeflossenen Beträge zu den Einkünften i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist ohne Belang, ob die Beträge tatsächlich erwirtschaftet waren und ob die Anleger einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch besaßen (vgl. BFH-Urteil vom …). Auch wenn Kapital zum Aufbau oder Erhalt eines „Schneeballsystems” verwendet wird und dem Anleger aus dem Kapital anderer getäuschter Anleger (oder gar aus dem eigenen Kapital des Anlegers) eine „Scheinrendite” gezahlt wird, liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor (BFH-Urteile …).
    cc) Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die in den Streitjahren auf die Konten des Klägers und seiner Ehefrau bei der SK überwiesenen Erträge in Höhe von insgesamt 195.189,95 DM … Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 EStG sind und nicht etwa nicht steuerbare Kapitalrückzahlungen bilden. Dem Schuldner steht zivilrechtlich ein Leistungsbestimmungsrecht zu (§ 366 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Dieses Bestimmungsrecht hatte C ausgeübt, indem er die überwiesenen Beträge ausdrücklich als Bonus und Ertrag bezeichnete. Dass der Kläger und seine Ehefrau dies auch so verstanden haben, ergibt sich aus ihren Steuererklärungen.”
    Mit demselben Fall war – nach Abtrennung und Verweisung des Verfahrens durch den VIII. Senat – auch der II. Senat des BFH zur Prüfung der gleichzeitig erlassenen Vermögensteuerbescheide befasst. Mit Urteil vom 22. September 2010 II R 62/08, BFH/NV 2011, 7 führt er unter Rz. 24 – 26 aus:
    Die Zahlungen des C (d.h. des Anlagebetrügers) an die Eheleute (d.h. die betrogenen Steuerpflichtigen) „sind zivilrechtlich und somit auch bewertungs- und vermögensteuerrechtlich unabhängig von dem von C angegebenen Zahlungsgrund und abweichend von der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung als Kapitalrückzahlung zu werten. Da C nach den vom FG getroffenen Feststellungen von Anfang an aus den von ihm getätigten Anlagen keine Überschüsse erzielen konnte und die „Ertragszahlungen” an die Anleger daher aus der Substanz des eingesammelten Anlagekapitals erfolgt sind, standen den Eheleuten nach den getroffenen Vereinbarungen zivilrechtlich gegen C keine Ansprüche auf die Zahlung von Erträgen zu, die C hätte erfüllen können. Die Zahlungen des C können daher zivilrechtlich nur als Teilerfüllung von Rückzahlungsansprüchen der Eheleute gewertet werden.
    Erklärt ein Schuldner gemäß § 366 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), eine von ihm geleistete Zahlung solle der Tilgung einer bestimmten Schuld dienen, ist diese Tilgungsbestimmung gegenstandslos, wenn die Schuld tatsächlich nicht besteht. Durch die Zahlung werden in einem solchen Fall nach Maßgabe des § 366 Abs. 2 BGB andere gegenüber dem Zahlungsempfänger bestehende Schulden des Schuldners getilgt (Urteile des Bundesgerichtshofs vom 21. November 2005 II ZR 140/04, Neue Juristische Wochenschrift –NJW– 2006, 509, und vom 9. Januar 2006 II ZR 72/05, NJW 2006, 906; Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., § 366 Rz 7), sofern dem Zahlenden kein Rückforderungsanspruch etwa aus § 812 Abs. 1 BGB zusteht.
    Die Zahlungen des C an die Eheleute sind danach vermögensteuerrechtlich als Kapitalrückzahlungen zu werten und haben deshalb die bei der Berechnung der Vermögensteuer anzusetzenden Ansprüche der Eheleute auf Rückzahlung des eingesetzten Kapitals gemindert. Dem C stand nach § 814 Halbsatz 1 BGB kein dieser Beurteilung entgegenstehender Anspruch auf Rückforderung der ohne Rechtsgrund geleisteten Ertragszahlungen zu, weil er wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. … Soweit die Eheleute die an sie gezahlten Beträge dem C wiederum zur Anlage überlassen haben, haben sich ihre Rückzahlungsansprüche gegen C entsprechend erhöht. Entsprechendes gilt, soweit den Eheleuten „Erträge” lediglich intern gutgeschrieben und zur „Wiederanlage” verwendet wurden.”
    Die Einordnungen der beiden Senate passen – auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass der VIII. Senat zur Einkommensteuer und der II. Senat zur Vermögensteuer entschieden haben – nicht zueinander. Wenn es sich bei den Zahlungen und Gutschriften des Anlagebetrügers – wie der II. Senat meint – um Kapitalrückzahlungen handelt, dann dürfte es auch einkommensteuerlich kaum möglich sein, hierin steuerrelevante Vorgänge zu sehen. Die Prüfungen der beiden Senate im vorsteuerlichen Bereich zur rechtlichen Klärung des Tatbestandes „zweistufige Subsumtion”) müssen bei ein und demselben Sachverhalt zu übereinstimmenden Ergebnissen führen. Die Zugrundelegung eines einheitlichen Tatbestandes (entweder Kapitalrückzahlungen oder Ertragszahlungen des Anlagebetrügers) dürfte in beiden Steuerarten auch zu in sich stimmigen Ergebnissen führen: bei Annahme von
    > Kapitalrückzahlungen: keine einkommensteuerlichen Einkünfte und keine bei der Vermögensteuer zu berücksichtigenden – weil insofern getilgte – Kapitalforderungen des Anlegers;
    > Ertragszahlungen: einkommensteuerliche Einkünfte und bei der Vermögensteuer zu berücksichtigende Kapitalforderungen in ursprünglicher, ungetilgter Höhe.
    (2) Die Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH zu den Anlagebetrugsfällen basiert des Weiteren auf der Annahme, dass ein Zufluss der dem Anleger gutgeschriebenen Beträge voraussetzt, dass der Anlagebetrüger „leistungsbereit und leistungsfähig” sei. Dies sei aus der Sicht des Anlegers zum Zeitpunkt der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Einnahme zu beurteilen. Auch diese Auffassung teilt der II. Senat der Sache nach nicht.
    Der VIII. Senat führt hierzu mit Urteil vom 16. März 2010 VIII R 4/07, BFH/NV 2010, 1527 unter Rz. 28, 29, 31, 35, 36 aus:
    „Eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuld zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (vgl. BFH-Urteile …). ….
    Voraussetzung für den Zufluss ist schließlich die Möglichkeit, von der objektiven Bereicherung Kenntnis zu nehmen (Schmidt/ Drenseck, EStG, 29. Aufl., § 11 Rz 12, 30 „Gutschrift”).
    Entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige in seinem konkreten Fall eine Auszahlung hätte erreichen können. Auf eine hypothetische Zahlung an alle Anleger kann nicht abgestellt werden … Erst bei Verfügung über eine objektiv wertlose Forderung scheidet ein Zufluss definitiv aus (BFH-Urteil vom …). Dies ist mangels anderer Anhaltspunkte im Regelfall zu verneinen, so lange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners noch nicht gestellt wurde (ständige Rechtsprechung …).
    Daran ändert auch eine Diskrepanz zwischen den tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen nichts. Daraus lässt sich für die Frage des Zuflusses von Erträgen jedenfalls so lange nichts herleiten, wie das Schneeballsystem als solches funktioniert, d.h. die Auszahlungsverlangen der Anleger ohne Einschränkung bedient werden. Dass Schneeballsysteme zusammenbrechen, wenn alle Anleger gleichzeitig die Rückzahlung ihrer Gelder verlangen, sagt über den Abfluss bzw. Zufluss beim einzelnen Anleger nichts aus (vgl. schon BFH …).
    Die Zuflussvoraussetzungen sind an Hand aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Zu Unrecht will das FG für diese Beurteilung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abstellen. Entscheidend ist die Sicht des Leistungsempfängers/Kapitalanlegers in dem Zeitpunkt, in dem er erstmals aus seiner Sicht die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahme erlangt (vgl. BFH-Urteile …).”
    Mit Urteil vom 22. September 2010 II R 62/08, BFH/NV 2011, 7 hat der II. Senat – wie gesagt zu demselben Sachverhalt – unter Rz. 28 – 32 ausgeführt:
    „Sollte die Vertragsauslegung ergeben, dass die Eheleute aufgrund des Vertrags von C nicht unabhängig vom Anlageerfolg die vollständige Rückzahlung der ihm zur Anlage überlassenen Beträge verlangen konnten oder dass insoweit rechtliche Unsicherheiten bestehen, so ist dies nach Maßgabe des am jeweiligen Stichtag bestehenden Anlagerisikos bei der Bewertung der Rückzahlungsansprüche der Eheleute zu berücksichtigen.
    dd) Da C die Kapitalanlagen entgegen den getroffenen Vereinbarungen nicht durch Bankgarantien abgesichert hat, kommen neben den vertraglichen Rückzahlungsansprüchen auch Ansprüche der Eheleute gegen C wegen Verletzung der vertraglichen Pflichten in Betracht. Solche Ansprüche sind anzusetzen, soweit sie am jeweiligen Stichtag bereits entstanden waren. Bestehen insoweit rechtliche Unsicherheiten, ist dies bei der Bewertung der Ansprüche wertmindernd zu berücksichtigen.
    b) Soweit danach den Eheleuten an den Stichtagen 1. Januar 1993 und 1. Januar 1995 gegen C zivilrechtlich Zahlungsansprüche zustanden, ist ferner zu prüfen, ob diese Ansprüche wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des C an diesen Stichtagen mit einem geringeren Wert als dem Nennwert anzusetzen sind oder ob sie wegen Uneinbringlichkeit völlig außer Ansatz bleiben müssen. Diese Prüfung kann entgegen der Ansicht des FG nicht auf die von ihm zur Begründung der Abweisung der Klage wegen Vermögensteuer angeführten Gesichtspunkte beschränkt werden.
    Abweichend von der Auffassung des FG setzt der Ansatz eines unter dem Nennwert liegenden Werts (einschließlich eines Werts von null DM) nach § 12 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2BewG nicht den Nachweis voraus, dass das Kapital zu den Stichtagen 1. Januar 1993 und 1. Januar 1995 bereits teilweise oder vollständig verloren war. Vielmehr kommt der Ansatz eines niedrigeren Werts bereits dann in Betracht, wenn die Einbringlichkeit der Ansprüche der Eheleute gegen C zum frühestmöglichen Fälligkeitszeitpunkt nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des C zum jeweiligen Stichtag zweifelhaft war. Es ist danach aus der Sicht des jeweiligen Stichtags eine Prognose über die Einbringlichkeit der Forderungen bei Fälligkeit vorzunehmen.
    Bei dieser Prognoseentscheidung müssen auch die vom FG zur Entscheidung über die Einkommensteuer getroffenen Feststellungen beachtet werden. Zu den danach zu berücksichtigenden Umständen gehört insbesondere, dass nach den Feststellungen des FG das Anlagesystem von vornherein unseriös war, C von Anfang an keine Überschüsse aus den von ihm getätigten Anlagen erzielen konnte und die Ertragszahlungen an die Anleger deshalb aus der Substanz des eingesammelten Kapitals erbrachte, bereits im Jahr 1992 eine Unterdeckung eingetreten war und die Eheleute auf fünf Jahre unwiderruflich auf eine Rückzahlung des Anlagebetrages verzichtet hatten und der Vertrag erst nach Ablauf dieses Zeitraums mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden konnte.1”
    Der II. Senat ist somit der Auffassung, dass eine gegen einen Anlagebetrüger gerichtete Forderung nicht mit ihrem Nennwert, sondern mit einem „unter dem Nennwert liegenden Wert (einschließlich eines Werts von null DM)” zu bewerten ist. Ein Schuldner, dessen Verbindlichkeiten beim Gläubiger vermögensteuerlich mit einem Wert von null DM (oder nahe null DM) zu bewerten sind, dürfte aber auch einkommensteuerlich kaum als „leistungsfähig” zu bezeichnen sein. Im Übrigen geht der II. Senat davon aus, dass die Bewertung der Forderung und damit die Leistungsfähigkeit des Anlagebetrügers unter Zugrundelegung der Kenntnisse zu erfolgen hat, die der erkennende Senat zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über die Verhältnisse des Streitjahres hat. Der Senat weiß, dass es sich bei den in den Streitjahren erfolgten Gutschriften um Forderungen des Anlegers handelt, die sich gegen einen (wegen der gegen ihn gerichteten Rückzahlungs- und Ersatzansprüche überschuldeten) Anlagebetrüger richten, dessen Betrug kurz nach den Streitjahren erkannt worden ist und dessen Insolvenzverfahren nur zu einer geringfügigen Quote für die Gläubiger geführt hat. Vor diesem Hintergrund spricht einiges dafür, dass diese Forderungen – auch in den Streitjahren – bereits wertlos waren und der Anlagebetrüger nicht leistungsfähig gewesen ist.
    (3) Bezüglich der einkommensteuerlichen Behandlung der zur Kapitalverstärkung „stehen gelassenen” Beträge eines betrogenen Anlegers hat der frühere BFH-Richter Wolff-Diepenbrock in seinem Beitrag zur „Festschrift für Wolfgang Spindler zum 65. Geburtstag” (Köln 2011, S. 897-912 – FS –) auf folgende systematischen Zusammenhänge hingewiesen, mit denen sich der BFH in den Fällen des Anlagebetrugs bisher nicht befasst hat:
    > § 11 EStG steht im engen Regelungszusammenhang mit § 8 EStG. Eine Forderung ist ein geldwertes Gut i.S.d. § 8 Abs. 1 EStG, das zu bewerten ist (FS, S. 899 ff.). Bei den Überschusseinkünften wird zwar aus Vereinfachungsgründen grundsätzlich nicht die Forderung selbst, sondern erst der Zufluss ihres Gegenstandes (z.B. der geschuldete Geldbetrag) erfasst (FS, S. 904). In Ausnahmefällen stellt aber auch der Zufluss einer Forderung eine Einnahme nach §§ 8, 11 EStG dar (z.B. wenn die Forderung gegen einen Dritten als Entgelt vereinbart wird). Ob es sich bei einer Novation um einen solchen Sonderfall handelt, ist der Rechtsprechung des BFH nicht klar zu entnehmen (FS 904 ff. mit zahlreichen w.N.).
    > Der Autor bejaht dies. Denn de facto vereinbaren die Beteiligten in den Anlagebetrugsfällen eine Novation im zivilrechtlichen Sinne: an die Stelle der Geldzahlungsschuld tritt an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) die Erhöhung des Beteiligungskapitals. Es gibt keine Verkürzung des Leistungsweges, sondern nur eine einzige Leistung: die erhöhte Beteiligung (FS, S. 909). Dem Anleger sind nicht die Zinsen, sondern nur eine Kapitalforderung infolge Erhöhung der Kapitaleinlagen als geldwertes Gut i.S.d. § 8 Abs. 1, 2 EStG zugeflossen. Diese Kapitalforderung ist zu bewerten (FS, S. 911). Hierbei ist zu beachten, dass der jeweilige Fall des Klägers nur einer von vielen gleichgelagerten und damit die Schuldnerin zahlungsunfähig ist (FS, S. 910 f.). Damit ist auch nur ein entsprechend geringer Zufluss – regelmäßig i.H.v. 0 DM – erfolgt.
    b. Unbillige Härte
    Die Vollstreckung der geschuldeten Beträge würde zu einer Härte führen, die durch die spätere Rückzahlung der Beträge nicht mehr ausgeglichen werden könnte.
    Die Antragstellerin schuldet dem Antragsgegner für die Streitjahre an festgesetzter Einkommensteuer 283.047,75 EUR; einschließlich der Zinsen und Säumniszuschläge, die im Falle der Antragsablehnung ebenfalls zu zahlen wären, schuldet sie dem Antragsgegner zum 1. Februar 2011 485.357,57 EUR. Es steht für den Senat auf der Grundlage der Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum Antrag auf Stundung (§ 222 AO) oder Erlass (§ 227 AO) vom 24. Januar 2011 (Bl. 12 f.) außer Zweifel, dass eine vorzeitige Vollstreckung dieser Beträge – auch unter Berücksichtigung ihres Festgeldkontos i.H.v. 66.917 EUR und einer Quote von ca. 1-2% im Insolvenzverfahren der CTS – zur Insolvenz der Antragstellerin und damit zu einer durch die spätere Rückzahlung nicht mehr gutzumachenden Härte für die Antragstellerin führen würde. Da im Streitfall bei summarischer Prüfung Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht auszuschließen sind (s. 2a), stellt eine bei sofortigem Vollzug des Steuerbescheides drohende Insolvenz der Antragstellerin eine unbillige Härte dar, die durch das Interesse der Allgemeinheit an der alsbaldigen Steuerzahlung nicht aufgewogen wird.
    3. Sicherheitsleistung
    Die Aussetzung der Vollziehung erfolgt gegen eine Sicherheitsleistung i.H.v. 80.000 EUR.
    Nach § 69 Abs. 2 Satz 3 FGO kann die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Eine Ermessensausübung in diesem Sinne kommt in Betracht, wenn die spätere Vollstreckung der Steuerforderung infolge der Aussetzung gefährdet oder erschwert erscheint (BFH vom 29. Juni 1977 VIII S 15/76, BStBl II 1977, 726), weil beispielsweise die wirtschaftliche Lage des Steuerpflichtigen die Steuerforderung als gefährdet erscheinen lässt. Ist es aber dem Steuerpflichtigen trotz zumutbarer Anstrengungen nicht möglich, die Sicherheitsleistung in der an sich erforderlichen Höhe zu erbringen, so darf die Sicherheitsleistung nicht verlangt werden, soweit die Unmöglichkeit reicht (BFH vom 9. April 1968 I B 73/67, BStBl II 1968, 456; vom 9. Oktober 1975 V R 10/75, BStBl II 1976, 53).
    Es besteht die nicht von der Hand zu weisende Möglichkeit, dass der VIII. Senat des BFH – nicht zuletzt im Hinblick auf die vielen Tausend Anleger, auf die er bereits seine Rechtsprechung angewandt hat – an seiner Auffassung festhalten wird. Der Senat hat vorliegend die Aussetzung der Vollziehung gewährt, weil der Antragstellerin im Vollstreckungsfalle die Insolvenz droht. Dies bedeutet, dass eine Vollstreckung der Ansprüche bei Klageabweisung gefährdet erscheint. Zudem hat sich die wirtschaftliche Lage der Antragstellerin seit den Streitjahren – unterstellt man ihre Angaben im Erlassverfahren als richtig – gravierend verschlechtert. Über die von der CTS an sie ausgezahlten Beträge i.H.v. 745.703,37 DM scheint sie nicht mehr in voller Höhe zu verfügen. Sie verfügt zum Entscheidungszeitpunkt – wie sie vorträgt – nur noch über Festgeldanlagen i.H.v. ca. 67.000 EUR.
    Es ist ihr zuzumuten, das Festgeldguthaben dem Antragsgegner zur Sicherung seiner möglichen Ansprüche zu übertragen. Des Weiteren ist ihr zuzumuten, die Ansprüche, die ihr aus dem Insolvenzverfahren der CTS zustehen (ca. 1-2% der gutgeschriebenen Beträge i.H.v. 2.610.630,42 DM) an den Antragsgegner der Sicherung halber abzutreten. Mit diesen beiden Sicherungsübertragungen kann die Antragstellerin die im Tenor ausgesprochene Sicherungsleistung in zumutbarer Weise erbringen.
    4. Nach alledem war dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stattzugeben.
    Die Kosten des Verfahrens werden gemäß § 135 Abs. 1 FGO dem Antragsgegner auferlegt. Auch wenn die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung beantragt und der Senat gleichwohl Sicherheitsleistung angeordnet hat, führt dies nicht zu einem Teilunterliegen im Sinne der Kostenentscheidung (BFH vom 22. Juli 1980 VII B 43/79, BStBl II 1980, 658; vom 26. Mai 1988 V B 26/86 BFH/NV 1989, 403).
    Die Beschwerde wird in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 2 FGO zugelassen (§ 128 Abs. 3 FGO).

    VorschriftenEStG § 20 Abs. 1 Nr. 4, EStG § 11 Abs. 1, FGO § 69 Abs. 2, FGO § 69 Abs. 3, FGO § 135 Abs. 1