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  • 05.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120228

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 24.11.2011 – 6 K 2154/09

    Der „Verkauf” einer Domain stellt eine sonstige Leistung dar, die darin besteht, beim Domainverwalter zu kündigen und diesen zu veranlassen, die Domain für den Erwerber zu registrieren.
    Die Domain ist ein einem gewerblichen Schutzrecht ähnliches Recht, so dass der Ort der Leistung sich nach § 3a Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. bestimmt.


    Tatbestand
    Streitig ist die Steuerpflicht des Verkaufs einer Internet-Domain.
    Der Kläger ist mit der Vermittlung von Internet-Dienstleistungen unternehmerisch tätig. Er versteuert seine Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des UStG.
    Im Streitjahr 2005 verkaufte der Kläger zwei Internet-Domains an einen Unternehmer in der Dominikanischen Republik für 50.000 US $ (41.620 €). Er behandelte den Umsatz als in Deutschland nicht steuerbar.
    Die Umsatzsteuererklärung für 2005 galt als Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
    Anlässlich einer im Jahr 2008 durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2004 bis 2006, deren Ergebnis im Prüfungsbericht vom 15.10.2008 dargestellt ist, erachtete der Prüfer den Vorgang als steuerpflichtig. Er erhöhte die Umsätze zu 16% um 35.879 € netto.
    Der Beklagte erließ am 08.01.2009 gemäß § 164 Abs. 2 AO einen entsprechend den Prüfungsfeststellungen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2005.
    Seinen dagegen gerichteten Einspruch begründete der Kläger wie folgt:
    Der Verkauf der Domains sei in Deutschland nicht steuerbar. Es handele sich um eine sonstige Leistung, deren Leistungsort sich nach § 3a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 UStG bestimme. Es handele sich um ein einem gewerblichen Schutzrecht ähnliches Recht.
    Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 29.07.2009 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte unter Berufung auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 16.11.2004 – 2 K 1431/03 aus, dass Domain-Adressen dem Schutz des Namensrechts gemäß § 12 BGB unterlägen. Dies sei zivilrechtlich geklärt. Die vom Kläger verkauften Domains unterlägen nicht dem Schutz des Markengesetzes, weil sie die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 MarkenG nicht erfüllten. Ein Domain-Name sei kein ähnliches Recht i.S. des § 3 Abs. 4 Nr. 1 UStG. Soweit der BFH in seinem Urteil vom 19.10.2006 – II­I R 6/05 ausführe, dass der Domain-Name ein ähnliches Rechts i.S. des § 266 Abs. 2 Buchst. A I 1 HGB sei, sei dieses Urteil auf § 3 Abs. 4 Nr. 1 UStG nicht übertragbar.
    Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger ergänzend zu seinem Vortrag im Einspruchsverfahren vor, die Grundsätze des BFH-Urteils vom 19.10.2006 – III R 6/05 seien auch für die Bestimmung des Leistungsortes anzuwenden. Danach liege ein gewerblichen Schutzrechten ähnliches Recht vor. Die vom Beklagten vorgenommenen Folgerungen bei Nichterfüllung der Voraussetzungen des Markengesetzes ließen sich dem BFH-Urteil nicht entnehmen.
    Die Bilanzierung betreffend sei die Finanzverwaltung der Auffassung des BFH gefolgt und habe eine Abschreibung des immateriellen Wirtschaftsgutes verneint.
    Der Erwerber sei in einem Drittland ansässig, was dazu führe, dass der Verkauf der Domain kein steuerbarer Vorgang sei.
    Der Kläger beantragt,
    den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2005 vom 8. Januar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2009 dahin zu ändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer um 5.740,64 € reduziert wird.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er bezieht sich auf die Begründung der Einspruchsentscheidung.
    Gründe
    Die Klage ist begründet.
    1. Der Kläger ist unstreitig Unternehmer. Die Domains befanden sich in seinem Unternehmensvermögen. Dies folgt daraus, dass der Kläger sie aktiviert hat (Tz. 1.2 des Bp-Berichts) und Anhaltspunkte dafür, dass diese Behandlung unzutreffend war, nicht gegeben sind.
    Mit dem Verkauf der Domains hat der Kläger somit als Unternehmer gehandelt. Es handelt sich also um einen Vorgang, der unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fällt.
    2. Es handelt sich beim „Verkauf” der Domains nicht um eine Lieferung, sondern um eine sonstige Leistung.
    Das Gesetz unterscheidet zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Gemäß § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG sind sonstige Leistungen solche Leistungen, die keine Lieferungen und auch nicht als unselbständige Nebenleistung einer Lieferung anzusehen sind. Es hat mithin eine Negativabgrenzung von der Lieferung zu geschehen. Negativ ist der Gegenstand der Lieferung vor allem von Rechten abzugrenzen. Die Bestellung oder Übertragung von Rechten gehört stets zu den sonstigen Leistungen (vgl. nur Leonard in Bunjes/Geist, UStG, 9.Aufl., § 3 Rz. 41). Die streitbefangene Übertragung stellt nach Maßgabe dessen keine Lieferung dar.
    Die sonstige Leistung des Klägers, für die der Leistungsempfänger das Entgelt bezahlt hat, bestand darin, dass der Kläger beim Domainverwalter kündigt und den Erwerber benennt, auf dessen Namen der Domainverwalter die „verkauften” Domains registriert. Durch die Kündigung gibt der bisherige Domaininhaber seine Rechtsposition bei der Registrierungsstelle auf. Durch die Benennung des Erwerbers ermöglicht er diesem, die Domain für sich registrieren zu lassen.
    Im Urteil vom 20.04.2010 (8 K 3038/08, EFG 2010, 1216 mit Anmerkung Pfützenreuter) geht das FG Köln im Rahmen der Auslegung des § 22 Nr. 3 EStG 1997 (steuerbare sonstige Leistung) davon aus, dass keine Überlassung eines Rechts zur Nutzung vorliegt, sondern ein dem Verkauf eines Patents ähnlicher Sachverhalt. Der Erlös aus dem Verkauf einer Internet-Domain stellt danach keine gemäß § 22 Nr. 3 EStG steuerbare sonstige Leistung dar. Eine sonstige Leistung setze, so das FG Köln, voraus, dass der Steuerpflichtige die Domain aus einem eigenen Recht fortlaufend überlässt.
    Diese ertragsteuerliche Beurteilung ist für die umsatzsteuerrechtliche Würdigung allerdings aufgrund der systematischen Unterschiede nicht entscheidend. Gleichwohl führt die – nach Auffassung des Senats zutreffende – ertragsteuerliche Beurteilung des FG Köln dazu, dass der Vorgang nach den Grundsätzen des Umsatzsteuerrechts als sonstige Leistung anzusehen ist.
    In der Regel handelt es sich zivilrechtlich um einen entgeltlichen Domainkauf in Form eines Rechtskaufs gemäß § 453 BGB bzw. eines rechtskaufähnlichen Geschäfts, da die Domain einen in § 453 BGB genannten „sonstigen Gegenstand” darstellt (Gennen in Praxishandbuch Medien-, IT- Urheberrecht, 2.Aufl. 2011, Kapitel 20 Rz. 248 m.w.N.). Bei der Domain-Übertragung sind die formellen Vorgaben der DENIC bzw. der jeweiligen Registrierungsstelle zu beachten.
    Im Streitfall handelt es sich um Domains mit der Endung – Top-Level-Domain – „tv”, so dass die DENIC-Bedingungen nicht gelten. Der Kläger hat jedoch nachgewiesen, dass vergleichbare Grundsätze auch für die von ihm „verkauften” Domains gelten und dass die Art und Weise der Übertragung identisch ist. Die Domains waren bei der US-amerikanischen Firma ENOM Inc. registriert. Maßgeblich ist Nr. 11 der Registrierungs- und Transfer-Bedingungen unter http://www.enomcentral.com/terms/agreement.aspx. Diese nimmt Bezug auf die einschlägigen Bestimmungen der ICANN, einer Organisation, die über die Grundlagen der Verwaltung von Domains entscheidet und diese koordiniert. Unter http://www.icann.org/en/transfers/policy-en.htm finden sich die insoweit gültigen Bedingungen der ICANN für den Transfer; also den Verkauf und die damit einhergehende Übertragung von Domains.
    Dort heißt es unter anderem:
    „Holder-Authorized Transfers Registrar Requirements
    Registered Name Holders must be able to transfer their domain name registrations between Registrars provided that the Gaining Registrar's transfer process meets the minimum Standards of this policy and that such transfer is not prohibited by ICANN or Registry policies. Inter-Registrar domain name transfer processes must be clear and concise in order to avoid confusion. Further, Registrars should make reasonable efforts to inform Registered Name Holders of, and provide access to, the published documentation of the specific transfer process employed by the Registrars.
    1.1.1 Transfer Authorities
    The Administrative Contact and the Registered Name Holder, as listed in the Losing Registrar's or applicable Registry's (where available) publicly accessible WHOIS service are only parties that have the authority to approve or deny a transfer request to the Gaining Registrar. In the event of a dispute, the Registered Name Holder's authority supersedes that of the Administrative Contact.
    Registrars may use Whois data from either the Registrar of Record or the relevant Registry for the purpose of verifying the authenticity of a transfer request; or from another data source as determined by a consensus policy.”
    In der Übersetzung:
    „Inhaber-Autorisierte Transfers Anforderungen an den Registrar
    Domaininhaber müssen in der Lage sein, ihre Domain-Namen-Registrierungen zwischen Registraren zu übertragen, sofern der neue Registrar über die Mindeststandards dieses Transfer-Prozesses entspricht, und dass eine solche Übertragung nicht von der ICANN oder durch die Registrierungs-Richtlinien verboten ist....
    1.1.1 Transfer Verantwortliche
    Der administrative Ansprechpartner und der Domaininhaber, wie sie beim Registrar oder auch in öffentlich zugänglichen WHOIS-Diensten eingetragen und ersichtlich sind, sind die einzigen Parteien, die den Registrar-Wechsel zu genehmigen oder zu verweigern haben. Im Fall einer Streitigkeit, ersetzt den Domaininhaber die Autorität des administrative Ansprechpartners....”
    Tatsächlich wurde im Streitfall der Erwerber bei der ENOM Inc. registriert.
    Auch in dem ertragsteuerlich nicht steuerbaren Verzicht auf die Durchführung eines Mietvertrages bis zu dessen vertraglich vereinbartem Ablauf gegen Entgelt liegt eine steuerbare sonstige Leistung (z.B. BFH Urteil vom 19.10.2010 - V B 103/09, BFH/NV 2011, 327). Diese zum entgeltlichen Verzicht auf die weitere Durchführung eines Mietvertrages ergangene Rechtsprechung ist auf die streitgegenständliche Leistung übertragbar.
    An einem Leistungsaustausch würde es fehlen, wenn die Zahlung eine Entschädigungsleistung für den bisherigen Domaininhaber darstellen würde. Dies hat der BFH aber im Urteil vom 19.10.2006 – II­I R 6/05 (BStBl II 2007, 301). verneint. Mit diesem Urteil hat der BFH festgestellt, dass ein Domain-Name ein immaterieller Vermögensgegenstand im Sinne des § 266 Abs. 2 Buchst. A I 1 HGB und dieser verkehrsfähig ist. Damit stellt das Entgelt für den Erwerb Anschaffungskosten dar und nicht eine Entschädigungszahlung an den bisherigen Domaininhaber.
    3. Die Leistung ist nur dann in Deutschland steuerbar, wenn der Ort der Leistung im Inland liegt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).
    Nach der Grundregel des § 3a Abs. 1 UStG in der für das Streitjahr 2005 gültigen Fassung ist Ort einer sonstigen Leistung der Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt.
    Allerdings regelt § 3a Abs. 3 UStG a.F. Ausnahmen von dieser Grundregel unter folgenden Voraussetzungen:
    Der Leistungsempfänger ist Unternehmer
    Die Leistung fällt unter den Katalog des § 3a Abs. 4 UStG a.F.
    Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann ist der Leistungsort dort, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt.
    Der Erwerber ist unstreitig Unternehmer; dies ergibt sich auch aus dem Vertrag (Bl. 45 – 48 Bp-Berichtsakte).
    Nach § 3a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. ist die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten eine sonstige Leistung im Sinne des Abs. 3.
    Die Vorschrift ist somit anzuwenden, wenn ein „ähnliches Recht” wie die genannten gewerblichen Schutzrechte vorliegt.
    Der BFH hat mit Urteil vom 19.10.2006 – II­I R 6/05 (aaO) hierzu entschieden, dass die Domain ein immaterielles, nicht abnutzbares Wirtschaftsgut darstellt, das einem gewerblichen Schutzrecht inhaltlich vergleichbar ist. Der BFH hat dabei darauf abgestellt, dass die faktische Ausschließlichkeitsstellung des Domaininhabers durch den Registrierungsvertrag abgesichert ist. Der BFH hat es für nicht maßgeblich erachtet, dass ein Domain-Name auch nach § 12 BGB, bzw. §§ 5, 15 MarkenG geschützt sein kann.
    Zum gleichen Ergebnis gelangt auch das FG Köln mit Urteil vom 20.04.2010 – 8 K 3038/08.
    Für das Ergebnis sprechen auch die Transferbedingungen für Domains. Danach ist eine Domain faktisch übertragbar, da die Domainverwalter sich verpflichtet haben, im Fall der Kündigung durch den Domain-Inhaber und Benennung des Erwerbers die Registrierung für den Erwerber vorzunehmen.
    Diese zu ertragsteuerlichen Streitigkeiten ergangenen Grundsätze sind auch im Rahmen der Beurteilung, ob ein „ähnliches Recht” im Sinne von § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG vorliegt, anwendbar, denn der zu beurteilende Lebenssachverhalt ist in seinem wirtschaftlichen Gehalt der identisch.
    Es liegt somit auch keine Überlassung eines Vermögensgegenstandes zur Nutzung vor (wobei auch diese unter § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. fallen würde).
    Nach § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG a.F. ist der Leistungsort dort, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt.
    Da der Leistungsempfänger nicht in Deutschland ansässig ist, liegt der Leistungsort nicht im Inland.
    Der Umsatz ist deshalb in Deutschland nicht steuerbar.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 713 Zivilprozessordnung (ZPO).

    VorschriftenUStG 2005 § 3a Abs. 1, 3, 4 Nr. 1;