05.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122165
Finanzgericht Köln: Urteil vom 22.09.2011 – 6 K 2057/08
Verträge über die Vermietung von neu hergestellten und durch Teilungsvereinbarung errichteten Wohnungen bleiben wegen Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 AO steuerlich unberücksichtigt, wenn die Beteiligten bereits im Zeitpunkt der Begründung des Sondereigentums die Absicht verfolgen, die vermieteten Wohnungen wechselseitig zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen und keine wirtschaftlichen oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe die gewählte Gestaltung rechtfertigen.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 22.09.2011 für Recht erkannt:
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung von Verlusten aus Vermietung und Verpachtung im Zusammenhang mit einer wechselseitigen Vermietung.
Mit Notarvertrag vom 10.07.1998 erwarben die Kläger zu 1 und 2, zusammenveranlagte Eheleute, zusammen mit ihren Töchtern, E2 und E1 (in GbR, Kläger zu 3), zum Preis von DM 550.000,– das bebaute Grundstück A-Straße … in B. Die Kläger zu 1 und 2 waren zu jeweils 15/100, ihre damals noch unverheirateten Töchter zu jeweils 35/100 an dem Objekt beteiligt. Am 17.12.1999 schlossen die vier Grundstückseigentümer einen Übertragungsvertrag und eine Teilungsvereinbarung, auf welche wegen der Einzelheiten verwiesen wird (BP-Handakten für die Kläger zu 1 und 2, Band II). Ausweislich des Vertrags sollten das auf dem Grundstück vorhandene Wohnhaus abgerissen und zwei neue Wohnhäuser bestehend aus einem Vorderhaus mit sechs und einem Hinterhaus mit zwei Einheiten sowie eine Tiefgarage errichtet werden. Zwecks Bildung von Wohnungs- und Teileigentum, Einräumung von Sondereigentum und Beschränkung der Miteigentumsanteile an dem Grundstück in der Weise, dass jedem Miteigentümer das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung eingeräumt werden sollte, übertrugen E2 und E1 entgeltlich jeweils Teile ihrer Miteigentumsanteile an die Kläger zu 1 und 2. Danach hielten der Kläger zu 1 einen Miteigentumsanteil von 22,18/100, die Klägerin zu 2 21,10/100, D 27,34/100 und C 29,38/100.
Gleichzeitig wurden in der Urkunde das Sondereigentum an der 92,73 qm großen Wohnung Nr. 1 im Vorderhaus, Erdgeschoss links, E1, das Sondereigentum an der 76,01 qm großen Wohnung Nr. 2 im Vorderhaus, Erdgeschoss rechts, E2, das Sondereigentum an der 109,68 qm großen Wohnung Nr. 3 im Vorderhaus, Obergeschoss links, dem Kläger zu 1, das Sondereigentum an der 101,32 qm großen Wohnung Nr. 4 im Vorderhaus, Obergeschoss rechts, der Klägerin zu 2, das Sondereigentum an der 87,64 qm großen Wohnung Nr. 5 im Vorderhaus, Dachgeschoss links, E1, das Sondereigentum an der 88,37 qm großen Wohnung Nr. 6 im Vorderhaus, Dachgeschoss rechts, E2, das Sondereigentum an der 127,15 qm großen Wohnung Nr. 7 im Hinterhaus, Erdgeschoss, den Klägern zu 1 und 2 und das Sondereigentum an der 98,40 qm großen Wohnung Nr. 8 im Hinterhaus, Obergeschoss, der Klägerin zu 3, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus E2 und E1, zugewiesen.
Die Einheiten waren im Juni 2001 fertiggestellt und wurden als acht bautechnisch voneinander getrennte Wohnungen abgenommen. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten beliefen sich auf insgesamt DM 4.031.331,03 (EUR 2.061.187,30). Wegen der Aufteilung auf die verschiedenen Einheiten wird auf die in der Einspruchsentscheidung enthaltene Tabelle verwiesen (FG-Akte, Blatt 10). Für die eigengenutzten Einheiten wurde ausschließlich Eigenkapital eingesetzt. Die anderen Einheiten wurden mittels Eigen- und Fremdkapital finanziert. Die Einzelheiten ergeben sich aus einer sich bei den Akten befindlichen Aufstellung (FG-Akte, Blatt 96). Das von E2 und E1 eingesetzte Eigenkapital in Höhe von EUR 285.631,13 bzw. EUR 330.071,74 resultiert unter anderem aus einer Schenkung der Kläger zu 1 und 2 an ihre Töchter in Höhe von jeweils EUR 75.000,–. Die Beträge stammen aus dem Erlös, welchen die Kläger zu 1 und 2 aus der Veräußerung ihres Einfamilienhauses, in welchem ihnen 156 qm zur Eigennutzung zur Verfügung standen, erzielt haben.
Nach Fertigstellung wurden die acht Einheiten wie folgt genutzt: Die im Erdgeschoss gelegenen Einheiten in beiden Häusern (Wohnungen Nr. 1, 2 und 7) wurden von den jeweiligen Eigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Für diese Einheiten gewährte der Beklagte antragsgemäß Eigenheimzulage. Die im Dachgeschoss des Vorderhauses gelegenen Einheiten (Wohnungen Nr. 5 und 6) wurden von E2 und E1 für die Dauer von fünf Jahren mit Staffelmietverträgen fremdvermietet. Wohnung Nr. 8 vermietete die Klägerin zu 3 mit Staffelmietvertrag vom 06.01.2001 ab dem 01.07.2001 für die Dauer von fünf Jahren an die Kläger zu 1 und 2. Die Kaltmiete betrug 50 % der in Anlehnung an die für die fremdvermieteten Einheiten vereinbarte Miete ermittelten ortsüblichen Miete. Mit Vereinbarung vom 22.10.2003 erfolgte ab dem 01.01.2004 eine Mieterhöhung auf 75 % der Vergleichsmiete. Mit einer weiteren Vereinbarung vom 04.07.2004 wurde die Miete rückwirkend ab dem 01.01.2004 auf 60 % der Vergleichsmiete herabgesetzt. Wohnung Nr. 3 vermietete der Kläger zu 1 mit Staffelmietvertrag vom 06.01.2001 ab dem 01.07.2001 für die Dauer von fünf Jahren an E1. Die Kaltmiete betrug ebenfalls 50 % der ortsüblichen Miete. Wohnung Nr. 4 vermietete die Klägerin zu 2 mit Staffelmietvertrag vom 06.01.2001 ab dem 01.07.2001 für die Dauer von fünf Jahren für 50 % der ortsüblichen Miete an E2. Entsprechend den Vereinbarungen für Wohnung Nr. 8 wurden auch für Wohnungen Nr. 3 und 4 zunächst Mieterhöhungen auf 75 % der Vergleichsmiete und anschließend rückwirkende Minderungen auf 60 % der Vergleichsmiete vereinbart.
Das gesamte Hinterhaus wurde ab Fertigstellung mit Ausnahme eines von der E Immobilien KG genutzten, 16,66 qm großen Raumes in Wohnung Nr. 8 von den Klägern zu 1 und 2 zu eigenen Wohnzwecken genutzt. In den Wohnungen Nr. 3 und 4 wurden insgesamt 52,12 qm von der E GmbH, an welcher die vier Grundstückseigentümer beteiligt sind, genutzt. Im Übrigen wurde Wohnung Nr. 3 zusammen mit Wohnung Nr. 1 von E1 und ihrem damaligen Lebensgefährten zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Zu diesem Zweck wurde eine bereits im Bau vorgesehene Verbindungstreppe kurz nach der Bauabnahme freigelegt. In 2003 wurde – nach einem Partnerwechsel von E1 – ein Kind geboren. Bei den Einheiten Nr. 2 und 4 wurde ebenfalls kurz nach der Bauabnahme die dort vorhandene Verbindungstreppe freigelegt. Die Einheiten wurden von E2 und ihrem späteren Ehemann gemeinsam zu Wohnzwecken genutzt. In 2001 wurde ein Kind geboren, zwei weitere folgten 2004 und 2007. Nach Geburt des ersten Kindes wurde zwischen den Einheiten Nr. 3 und 4 eine Verbindungstür geschaffen, damit die benachbarte Familie der Schwester als Babysitter fungieren kann, ohne das Treppenhaus nutzen zu müssen.
Einen Überblick über die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse gibt folgende Tabelle:
Nr. | Eigentümer | Anteil | qm | Lage | Nutzung |
1 | E1 | 11,87 % | 92,73 | Vorderhaus EG links | eigengenutzt |
2 | E2 | 9,73 % | 76,01 | Vorderhaus EG rechts | eigengenutzt |
3 | Kläger zu 1 | 14,04 % | 109,68 | Vorderhaus OG links | vermietet an E1 |
4 | Klägerin zu 2 | 12,97 % | 101,32 | Vorderhaus OG rechts | vermietet an E2 |
5 | E1 | 11,22 % | 87,64 | Vorderhaus DG links | fremdvermietet |
6 | E2 | 11,31 % | 88,37 | Vorderhaus DG rechts | fremdvermietet |
7 | Kläger zu 1 und 2 | 16,27 % | 127,15 | Hinterhaus EG | eigengenutzt |
8 | Klägerin zu 3 | 12,59 % | 98,40 | Hinterhaus OG | vermietet an Kläger zu 1 und 2 |
Jahr | Nr. 3 | Nr. 4 | Veranlagung | Veranlagungsart | Änderung |
2000 | DM - 15.119,– | DM - 13.980,– | erklärungsgemäß | endgültig | § 173 AO |
2001 | DM - 49.344,– | DM - 46.596,– | erklärungsgemäß | Vorbehalt | § 164 Abs. 2 AO |
2002 | EUR - 19.233,– | EUR - 17.490,– | erklärungsgemäß | Vorbehalt | § 164 Abs. 2 AO |
2003 | EUR - 17.598,– | EUR - 15.988,– | erklärungsgemäß | endgültig | § 173 AO |
2004 | EUR - 16.032,– | EUR - 14.668,– | erklärungsgemäß | Vorbehalt | § 164 Abs. 2 AO |
2005 | EUR - 19.627,– | EUR - 17.563,– | Ansatz 0,– | Vorbehalt | nur Erstbescheid |
2006 | EUR - 16.997,– | EUR - 14.775,– | Ansatz 0,– | Vorbehalt | nur Erstbescheid |
Die Klägerin zu 3 erklärte Verluste aus der Vermietung der Wohnung Nr. 8. Die Verluste wurden in den – teilweise endgültig und teilweise unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen – Bescheiden über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften zunächst erklärungsgemäß festgestellt. Aufgrund der Außenprüfung erließ der Beklagte mit Datum vom 19.12.2006 gemäß § 173 AO geänderte Feststellungsbescheide für die Klägerin zu 3 für die Jahre 2001, 2004 und 2005 und gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide für die Jahre 2000, 2002 und 2003, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von EUR 0,– feststellten. Für das Jahr 2006 erging mit Datum vom 13.12.2007 ein erstmaliger Feststellungsbescheid, der ebenfalls Einkünfte in Höhe von EUR 0,– auswies.
Jahr | Wohnung Nr. 8 | Veranlagung | Veranlagungsart | Änderung |
2000 | DM - 26.329,– | erklärungsgemäß | Vorbehalt | § 164 Abs. 2 AO |
2001 | DM - 55.908,– | erklärungsgemäß | endgültig | § 173 AO |
2002 | EUR 17.233,– | erklärungsgemäß | Vorbehalt | § 164 Abs. 2 AO |
2003 | EUR -13.595,– | erklärungsgemäß | Vorbehalt | § 164 Abs. 2 AO |
2004 | EUR - 12.162,– | erklärungsgemäß | endgültig | § 173 AO |
2005 | EUR - 15.218,– | erkl ärungsgemäß | endgültig | § 173 AO |
2006 | EUR - 12.297,– | Ansatz EUR 0,– | Vorbehalt | nur Erstbescheid |
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.05.2008 half der Beklagte den Einsprüchen der Kläger zu 1 und 2 hinsichtlich der Einkommensteuer 2000 und 2003 ab, weil die Voraussetzungen der Berichtigungsnorm des § 173 AO nicht vorlagen. Im Übrigen wies er die Einsprüche zurück. Den Einsprüchen der Klägerin zu 3 für die Jahre 2001, 2004 und 2005 half er ebenfalls wegen Fehlens einer Berichtigungsnorm mit Einspruchsentscheidung vom 19.05.2008 ab, im Übrigen wies er die Einsprüche zurück. Die von den Grundstückseigentümern geplante und realisierte Errichtung von Eigentumswohnungen und die Zuteilung dieser Wohnungen auf die Eigentümer verbunden mit der gewählten wechselseitigen Vermietung der jeweils im Obergeschoss gelegenen Wohnungen sei dem vorliegenden wirtschaftlichen Vorgang, nämlich der Errichtung von Eigentumswohnungen für eigene Wohnzwecke im 100 %-igen Alleineigentum nicht angemessen. Verständige Parteien hätten in Anbetracht des Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung sich nicht gegenseitig Einheiten vermietet, sondern sich von vornherein auch das Eigentum an der über der eigengenutzten Erdgeschosswohnung belegenen Obergeschosswohnung gesichert, um die gesamte Einheit für eigene Zwecke nutzen zu können, ohne Rücksicht auf fremde Dritte nehmen zu müssen bzw. als Mieter beispielsweise im Falle der Kündigung durch den Vermieter wegen Eigenbedarfs nur über eingeschränkte Rechte zu verfügen. Wenn überhaupt hätten verständige Parteien die Obergeschosswohnungen an fremde Dritte vermietet, zumal in diesem Fall ein wesentlich höherer Mietertrag hätte erzielt werden können und nicht lediglich 50 %, zuletzt 60 % der ortsüblichen Miete. Die Behauptung, die wechselseitige Vermietung habe sich erst unvorhersehbar und nachträglich aufgrund unterschiedlichen Wohnbedarfs ergeben, sei nicht haltbar. Die historische Gestaltung lasse erkennen, dass die Grundstückseigentümer die getroffene Gestaltung von Anfang an geplant hätten. Sie seien durch die gegenseitigen und voneinander abhängigen Vertragsbeziehungen in einer gleichsam eigentümerähnlichen Position an den jeweiligen Mietobjekten. Ein von vornherein den geplanten tatsächlichen Gegebenheiten entsprechender Erwerb der Einheiten wäre ebenso wie ein jederzeitiger wechselseitiger Verkauf möglich gewesen. Der Kern der wirtschaftlichen Vorgänge liege damit nicht in der jeweiligen Fremdvermietung, sondern in der Schaffung von Wohnraum zur Eigennutzung. Demgemäß müssten die erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung unberücksichtigt bleiben. Gegen diese Entscheidungen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage.
Mit der Klage machen die Kläger, wie bereits im Einspruchsverfahren, geltend, die von ihnen erklärten Verluste seien der Besteuerung zugrunde zu legen. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO liege nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seien Steuerpflichtige grundsätzlich frei, ihre rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine geringe Steuerbelastung ergebe. Dies finde seine Grenze, wenn ein Gestaltungsmissbrauch vorliege, d.h. eine Gestaltung gewählt werde, die gemessen an dem angestrebten Ziel unangemessen sei, der Steuerminderung dienen solle und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen sei. Dies gelte jedoch nur für die Nutzungsebene, nicht für die hiervon strikt zu trennende Vermögensebene. Eine Missbrauchskontrolle finde auf der Vermögensebene nicht statt, d.h. das Finanzamt könne die vermögensmäßige Zuordnung nicht vorschreiben, sondern habe sie hinzunehmen. An die eigentumsmäßige Zuordnung der Wohnungen auf die Kläger könne der Beklagte keine negativen Schlussfolgerungen knüpfen. Ein Rechtsmissbrauch könne demnach ausschließlich auf der Nutzungsebene vorliegen. Dies sei allerdings nur dann der Fall, wenn zur Befriedigung des notwendigen eigenen Wohnbedarfs gleichwertiger Wohnraum wechselseitig über Kreuz vermietet werde, ohne dass hierfür sachliche außersteuerliche Gründe bestünden.
Diese Voraussetzungen seien im Streitfall weder kumulativ noch alternativ erfüllt. Es sei schon kein Wohnraum zur Befriedigung des notwendigen eigenen Wohnbedarfs vermietet worden, denn den jeweiligen Familienmitgliedern habe zum Zeitpunkt der Begründung der Mietverhältnisse eigener Wohnraum in ausreichendem Maße zur Verfügung gestanden, was die Grundfl ächen der jeweils eigengenutzten Wohnungen Nr. 1, 2 und 7 nahelegten, sowie die Tatsache, dass Teile der angemieteten Wohnungen für gewerbliche Zwecke der E GmbH bzw. der E Immobilien KG und gerade nicht für Wohnzwecke verwendet worden seien. Weiterhin fehle es an der Gleichwertigkeit des vermieteten Wohnraumes. Dies ergebe sich schon daraus, dass zwei im Eigentum der Kläger zu 1 und 2 stehende Einheiten, nämlich Wohnungen Nr. 3 und 4, einer einzigen Einheit, nämlich Wohnung Nr. 8, gegenüberstünden. Auch die Differenz der Grundflächen zwischen den Einheiten Nr. 3 und 4 und Einheit Nr. 8 spreche gegen eine Gleichwertigkeit. Die an die Töchter vermietete Grundfläche sei in Summe doppelt so groß wie die von den Klägern zu 1 und 2 angemietete Grundfläche. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Einheiten Nr. 3 und 4 einen höheren merkantilen Wert aufwiesen als Wohnung Nr. 8. Denn das Vorderhaus verfüge über eine bessere Lage, einen marktgängigeren Zuschnitt und einen Fahrstuhl. Schließlich bestünde auch zwischen den Gesamtkosten für die Einheiten Nr. 3 (DM 565.999,–) und Nr. 4 (DM 522.864,–) zu Wohnung Nr. 8 (DM 507.544,–) eine Differenz, die der Annahme einer Gleichwertigkeit entgegenstehe.
Letztlich ließen sich für die gewählte Gestaltung zahlreiche außersteuerliche Gründe anführen, die eine missbräuchliche Gestaltung widerlegen würden. Bei Anschaffung und Aufteilung der Einheiten sei maßgebend gewesen, dass E2 und E1 unverheiratet und kinderlos gewesen seien. Deshalb sei man davon ausgegangen, die Wohnungen im Erdgeschoss des Vorderhauses hätten eine ausreichende Größe. Aufgrund einer gravierenden Änderung der Lebensverhältnisse – beide Personen hätten mittlerweile Ehepartner und Kinder – seien die Wohnungen im Erdgeschoss des Vorderhauses mit den darüber liegenden Wohnungen im Obergeschoss durch die sicherheitshalber bereits im Bau eingeplanten Treppen verbunden worden, so dass E2 und E1 jeweils zwei Wohnungen nutzten. Dieser Umstand begründe bereits einen hinreichenden außersteuerlichen Grund für die vorgenommene Aufteilung. Weiterhin habe die Aufteilung den Zweck gehabt, im Falle des Ablebens des Klägers zu 1 oder der Klägerin zu 2 dem überlebenden Ehegatten die Möglichkeit zu geben, sich in Wohnung Nr. 3 oder 4 des Vorderhauses, in welchem ein Fahrstuhl eingebaut worden sei, zurück zu ziehen. Die Wohnungen im Hinterhaus könnte eine Tochter übernehmen; die andere Tochter könnte die Erdgeschosswohnungen im Vorderhaus verbinden und bewohnen. Diese Lösung sei bautechnisch vorgesehen, da zwischen Wohnung Nr. 1 und 2 ein Teil der tragenden Wände ausgespart worden sei. Darüber hinaus trage die gewählte Gestaltung dem Umstand Rechnung, dass E2 oder E1 durch Heirat oder Beruf verziehen müssten. Für diesen Fall sollte die in dem Objekt verbleibende Tochter die Möglichkeit haben, beide Erdgeschosswohnungen im Vorderhaus zu nutzen. Außerdem sollte keine der Wohnungen in dem Objekt zu groß sein, damit die Möglichkeit der Fremdvermietung erhalten bliebe. Weiterhin sollten gegenseitige Abhängigkeiten verbleiben. Insbesondere sollte im Falle des Todes des Klägers zu 1 oder der Klägerin zu 2 der überlebende Ehegatte nicht die Möglichkeit haben, das gesamte Hinterhaus an Fremde zu vererben oder zu verkaufen, ohne dass E2 oder E1 an dieser Entscheidung zu beteiligen seien. Im Vorderhaus könne ohne das Einverständnis der Kläger zu 1 und 2 keine Großwohnung bewohnt oder anderweitig vermietet oder verkauft werden. Dadurch sollte der Zugriff Familienfremder auf einen zentralen Teil des Objekts erschwert werden. Letztlich sei sowohl E2 als auch E1 neben der Finanzierung der Erdgeschosswohnung nicht die Finanzierung von jeweils einer weiteren großen Wohnung möglich gewesen. Deshalb sei die Gestaltung der Finanzierung nur einer gemeinsamen weiteren Wohnung durch E2 und E1 in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewählt worden. Im Ergebnis sollten durch die gewählte Gestaltung mit getrennt zu handhabenden Eigentumswohnungen vielseitige Zukunftsalternativen geschaffen werden. Zur Erreichung dieses Zwecks seien erhebliche Mehrkosten in Kauf genommen worden, z.B. Küchenanschlüsse sowie nutzbare Bäder in allen Einheiten und Kosten zur Erfüllung von Brandschutzauflagen. Steuertechnische Vorteile seien nicht Grund für die gewählte Gestaltung gewesen.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerbescheide der Kläger zu 1 und 2 für 2001, 2002 und 2004 vom 15.12.2006, für 2005 vom 30.01.2007 sowie für 2006 vom 27.11.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.05.2008 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 16.09.2011 dahingehend zu ändern, dass die geltend gemachten Verluste aus Vermietung und Verpachtung von Wohnungen Nr. 3 und 4 anerkannt werden und
die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Klägerin zu 3 für 2000, 2002 und 2003 vom 19.12.2006, und für 2006 vom 13.12.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2008 dahingehend zu ändern, dass die geltend gemachten Verluste aus Vermietung und Verpachtung von Wohnung Nr. 8 anerkannt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Einkommensteueränderungs- und Erstbescheide der Kläger zu 1 und 2 für die Jahre 2001, 2002, 2004 bis 2006 und die geänderten Bescheide sowie der Erstbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2000, 2002, 2003 und 2006 der Klägerin zu 3 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht die Berücksichtigung der aus der wechselseitigen Vermietung der Wohnungen entstandenen Verluste aus Vermietung und Verpachtung versagt.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die zwischen den Klägern zu 1, 2 und 3 abgeschlossenen Mietverträge als Scheingeschäfte i.S. des § 117 Abs. 1 BGB zu beurteilen sind, die nach § 41 Abs. 2 AO für die Besteuerung unbeachtlich wären. Es kann auch offen bleiben, ob die von den Klägern geltend gemachten Verluste nach den Grundsätzen der Liebhaberei oder nach den Grundsätzen über die Vermietung zwischen nahen Angehörigen außer Ansatz zu lassen sind.
Der Beklagte ist jedenfalls zu Recht von einem Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO ausgegangen. Zutreffend hat er die steuerliche Anerkennung der wechselseitigen Mietverhältnisse zwischen den Klägern bezüglich der Obergeschosswohnungen Nr. 3, 4 und 8 und der insoweit geltend gemachten Verluste aus Vermietung und Verpachtung versagt. Nach § 42 AO kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO in der für die Streitjahre geltenden Fassung ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.
Bei der rechtlichen Gestaltung wirtschaftlicher Vorgänge ist der Steuerpflichtige zwar im Rahmen der Gesetze frei. Daher ist aus steuerrechtlicher Sicht grundsätzlich von der gewählten bürgerlich-rechtlichen Gestaltung auszugehen. Allein das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine rechtliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Auch Angehörigen steht es frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind. Eine Rechtsgestaltung ist jedoch unangemessen, wenn verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht in der gewählten Weise verfahren wären. Entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige, dessen Steuerschuld zu beurteilen ist, die vom Gesetzgeber bei seiner Regelung vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht und hierfür keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe vorliegen, oder ob er vielmehr auf einem ungewöhnlichen Weg einen Erfolg zu erreichen versucht, der nach den Wertungen des Gesetzgebers auf diesem Wege nicht erreicht werden soll. Maßgebend sind die gesamten Umstände des Einzelfalles (BFH-Urteile vom 01.04.1993 V R 85/91, V R 86/91, BFH/NV 1994, 64; vom 19.06.1991 IX R 134/86, BStBl. II 1991, 904; vom 12.09.1995 IX R 54/93, BStBl. II 1996, 158). Diese allgemeinen Grundsätze gelten auch für die Beurteilung wechselseitiger Vermietungen. Entgegen der Ansicht der Kläger liegt ein Rechtsmissbrauch im Falle wechselseitiger Vermietung nicht nur dann vor, wenn zur Befriedigung des notwendigen Wohnbedarfs gleichwertiger Wohnraum wechselseitig über Kreuz vermietet wird. Für diese Einschränkung ist kein Grund ersichtlich. Eine solche wird – soweit erkennbar – weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten.
Nach diesen Grundsätzen ist bei Abwägung der Gesamtumstände die von den Klägern gewählte wechselseitige Vermietung der Obergeschosswohnungen Nr. 3, 4 und 8 bezogen auf den vorliegenden wirtschaftlichen Vorgang als unangemessen zu beurteilen. Die bürgerlich-rechtlichen Vertragsbeziehungen zwischen den Klägern sind nicht durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe zu rechtfertigen. Sie bilden lediglich eine rein formale Anknüpfung zum Zwecke der Minderung der Einkommensteuerbelastung sowohl der Kläger zu 1 und 2 als auch der Klägerin zu 3.
1. Der erkennende Senat ist nach den Gesamtumständen des Falles, der Aktenlage und nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck davon überzeugt, dass die vier Grundstückseigentümer spätestens im Zeitpunkt der Begründung des Sondereigentums die Absicht verfolgten, dass sowohl die Kläger zu 1 und 2 gemeinsam als auch E2 jeweils eine Großwohnung bestehend aus einer im Erdgeschoss belegenen Einheit und der sich darüber befindlichen Obergeschosseinheit bewohnen sollten. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits feststand, dass auch E1 eine Großwohnung bestehend aus der Erdgeschosseinheit und der darüber liegenden Obergeschosswohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzen sollte, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist der Senat davon überzeugt, dass die Obergeschosseinheit, die sich über der für E1 vorgesehenen Erdgeschosseinheit befindet, zumindest vorgehalten werden sollte, damit diese im Falle steigenden Platzbedarfs wegen Änderung der persönlichen Verhältnisse von E1 auf die Wohnung zugreifen kann.
Hinsichtlich der Kläger zu 1 und 2 schließt der Senat aus dem Umstand, dass diese tatsächlich eine Großwohnung bestehend aus der Erdgeschosswohnung und der darüber liegenden Obergeschosswohnung bezogen haben, darauf, dass eine entsprechende Absicht bereits im Planungszeitpunkt bestand. Denn die Kläger haben selbst nicht vorgetragen, dass sich ihre Absichten zwischen der Planungsphase und der Fertigstellung bzw. dem Bezug des Objekts geändert haben. Weiterhin spricht die Tatsache, dass die Kläger zu 1 und 2 aus ihrem großzügigen Einfamilienhaus in das Objekt am A-Straße … gezogen sind, dafür, dass sie einen gewissen Platzbedarf hatten und demgemäß auch von Anfang an eine Großwohnung zu nutzen beabsichtigten. Letztlich spricht auch die Absicht der Kläger zu 1 und 2, spätere Enkel in ihren Räumlichkeiten zu betreuen, für einen zusätzlichen Wohnraumbedarf.
Hinsichtlich E2 ist der Senat ebenfalls davon überzeugt, dass die Absicht der Nutzung einer Großwohnung bestehend aus zwei übereinander liegenden Einheiten spätestens im Zeitpunkt der Begründung des Sondereigentums bestand. Der Kläger zu 1 hat in der mündlichen Verhandlung betont, das Konzept für das Objekt habe vorgesehen, dass die Töchter nicht allein bleiben. Enkel waren eingeplant und ausdrücklich erwünscht. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass die Grundstückseigentümer für E2, die im Planungszeitpunkt zwar unverheiratet, aber liiert war, bereits eine Großwohnung vorgesehen hatten, weil sich bei ihr eine Familiengründung schon abzeichnete. Aufgrund der Lebensverhältnisse und der bevorstehenden Familiengründung erscheint es jedenfalls ausgeschlossen, dass E2 ausschließlich die für sie vorgesehene, relativ kleine Erdgeschosswohnung mit einer Größe von 76,01 qm zu nutzen beabsichtigte. Schließlich wird die Annahme des Senats auch durch den tatsächlichen Geschehensablauf bestätigt. E2 ist mit ihrem Partner in das Objekt eingezogen und ihr erstes Kind wurde bereits unmittelbar nach Einzug geboren.
Ob das Nutzungskonzept der Beteiligten auch für E1 die Nutzung einer Großwohnung vorsah, ist offen. E1 war im Planungszeitpunkt ebenfalls unverheiratet, aber liiert. Ob ein durch Familiengründung gesteigerter Platzbedarf bei Begründung des Sondereigentums schon absehbar war oder aber ein Ende der bestehenden Beziehung sich bereits abzeichnete und deshalb von den Grundstückseigentümern die Nutzung von ausschließlich einer Erdgeschosseinheit für E1 als ausreichend angesehen wurde, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist der Senat davon überzeugt, dass zumindest aus Gründen der Gleichbehandlung der Töchter auch für E1 die über der Erdgeschosseinheit liegende Obergeschosswohnung vorgehalten werden sollte, damit diese bei – der ausdrücklich gewünschten – Änderung der persönlichen Familienverhältnisse und Steigerung des Platzbedarfs auf eine weitere Einheit zugreifen kann.
Weiterhin rechtfertigt auch die Tatsache, dass sowohl die Einheiten Nr. 1 und 3 als auch die Einheiten Nr. 2 und 4 bereits durch Treppen miteinander verbunden waren, den Schluss, dass die Grundstückseigentümer die Verbindungen dieser jeweils übereinander liegenden Einheiten zu einer Großwohnung vorgesehen hatten. Zwar bestand auch bei anderen Einheiten, nämlich bei Einheiten Nr. 1 und 2 und bei Einheiten Nr. 3 und 4 die Möglichkeit einer horizontalen Verbindung. Anders als bei den Einheiten Nr. 1 und 3 und Nr. 2 und 4 bestand jedoch diesbezüglich nur die Möglichkeit, Verbindungen zu schaffen; realisiert waren solche noch nicht.
Letztlich spricht auch der gleichzeitige Abschluss aller Mietverträge für die Obergeschosseinheiten zu einem relativ frühen Zeitpunkt, nämlich dem 06.01.2001 und damit ca. ein halbes Jahr vor Fertigstellung des Objekts dafür, dass die später realisierte Nutzung des Objekts von Anfang an geplant war und sich nicht erst durch spätere Änderungen und Entwicklungen der persönlichen Verhältnisse ergeben hat.
1. Bei diesem Nutzungskonzept hätten verständige Steuerpflichtige im Rahmen der Aufteilung des Objekts das Eigentum an sämtlichen Einheiten erworben, die sie nach Fertigstellung selbst zu nutzen beabsichtigten bzw. die sie für eine eventuelle spätere Selbstnutzung vorhalten wollten. Verständige Steuerpflichtige hätten also auch die über der jeweiligen Erdgeschosswohnung liegende Obergeschosswohnung erworben, um das den Grundstückseigentümern vorschwebende Nutzungskonzept sicher realisieren zu können, da sämtliche Obergeschosseinheiten gleichwertig sind. Die Einheiten im Obergeschoss haben ungefähr die gleiche Größe. Sie liegen sämtlich in einer Größenordnung von 100 qm; sie sind nämlich 109,68 qm, 101,32 qm bzw. 98,40 qm groß. Zudem sind sie in der Ausstattung vergleichbar. Das ergibt sich schon daraus, dass die Einheiten in einem Objekt liegen bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft und gleichzeitig von einem Generalbauunternehmer mit gleichen Baumaterialien und von den gleichen Handwerkern errichtet wurden. Weiterhin sprechen für eine vergleichbare Ausstattung auch die nahezu identische Höhe der vereinbarten Mietzinsen und die fast übereinstimmenden Anschaffungs- und Herstellungskosten der Einheiten von DM 565.998,–, DM 522.863,– und DM 507.544,–. Hinzu kommt, dass die Einheiten Nr. 3 und 4 sogar teilweise spiegelbildlich aufgebaut sind. Zwar behaupten die Kläger, die Einheiten im Vorderhaus hätten einen höheren merkantilen Wert als die Einheit im Hinterhaus. Diese Behauptung spiegelt sich jedoch in den Herstellungskosten nicht wieder. Allein die Tatsache, dass das Vorderhaus im Gegensatz zum Hinterhaus mit einem Fahrstuhl ausgestattet ist, kann die Annahme der Gleichwertigkeit der Einheiten nicht widerlegen. Demnach hätten E1 das Eigentum an den Einheiten Nr. 1 und 3, E2 das Eigentum an den Einheiten Nr. 2 und 4 und die Kläger zu 1 und 2 das Eigentum an den Einheiten Nr. 7 und 8 erwerben müssen.
Verständige Steuerpflichtige hätten gerade nicht nur das Eigentum an der selbstgenutzten Erdgeschosswohnung und einer beliebigen – nicht über ihrer Erdgeschosswohnung belegenen, gleichwertigen – Obergeschosswohnung erworben. Denn damit setzen sie sich dem Risiko aus, das Nutzungskonzept nicht realisieren zu können. Die von den Grundstückseigentümern gewählte Gestaltung mit der wechselseitigen Vermietung führt zwar zu starken Abhängigkeiten zwischen den Beteiligten. Wenn ein Eigentümer seine Obergeschosswohnung nicht entsprechend dem vorgesehenen Nutzungskonzept vermietet, muss er damit rechnen, dass auch die Mietverträge für die anderen Obergeschosswohnungen nicht entsprechend zustande kommen oder beendet werden und dass er selbst die über seiner Erdgeschosswohnung liegende Obergeschosswohnung nicht anmieten kann. Gleichwohl hat ein Mieter im Vergleich zum Eigentümer eine deutlich schwächere Rechtsstellung. Es kann insbesondere nicht ausgeschlossen werden, dass ein nach dem Nutzungskonzept erforderlicher Mietvertrag überhaupt nicht zustande kommt oder vorzeitig beendet wird. Die von den Beteiligten gewählte Gestaltung ist folglich zur Erreichung des erstrebten Ziels unangemessen.
2. Der einzige Sinn der gewählten Gestaltung bestand darin, für die Wohnungen im Obergeschoss jeweils gegenüber dem Finanzamt den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 EStG zu verwirklichen und Schuldzinsen und sonstige mit dem Grundeigentum in Zusammenhang stehende Aufwendungen als Werbungskosten steuerlich geltend machen zu können. Da die wechselseitig vermieteten Einheiten im Obergeschoss, anders als die eigengenutzten Einheiten im Erdgeschoss, überwiegend fremdfinanziert waren, haben sich die Kläger einen erheblichen Steuervorteil versprochen. Da zudem Mietzinsen vereinbart worden waren, die die ortsübliche Miete deutlich unterschritten, sollte die Steuerersparnis optimiert werden.
Hätten die Kläger zu 1 und 2 und E2 und E1 jeweils auch das Eigentum an der von ihnen genutzten Einheit im Obergeschoss erworben, wäre eine steuerliche Begünstigung dieser Einheiten dagegen überhaupt nicht in Betracht gekommen, da die Förderung nach dem Eigenheimzulagengesetz durch die Eigennutzung der im Erdgeschoss des Objekts belegenen Einheiten und die im Gesetz enthaltenen Höchstbeträge bereits ausgeschöpft war.
3. Die gewählte Gestaltung ist nicht durch wirtschaftlich oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe zu rechtfertigen. Vielmehr spricht gegen das Vorliegen beachtlicher Gründe im Streitfall wegen der räumlichen Nähe der Einheiten, ihrer gleichen Größe und ihrer Gleichwertigkeit bereits eine Vermutung. Es wird vermutet, dass wirtschaftlich vernünftige Gründe für ein wechselseitiges Vermieten fehlen, wenn Wohngebäude wie im Streitfall in räumlicher Nähe liegen, sowie etwa gleich groß und gleichwertig sind. Eine größere räumliche Entfernung wechselseitig vermieteter Wohnobjekte spricht demgegenüber dafür, dass der jeweilige Mieter im Hinblick auf die räumliche Anbindung zur Arbeitsstätte und die familiären und sozialen Bindungen wie Schule, Bekanntenkreis usw. das Mietobjekt selbst dauerhaft nutzen will und die wechselseitige Vermietung der dauerhaften Fremdvermietung dient. Desgleichen lassen unterschiedliche Ausstattungen der beiden Objekte mit entsprechendem Einfluss auf die Miethöhe und unterschiedliche Größen im Hinblick auf den Wohnbedarf ebenfalls den Schluss zu, dass das angemietete Mietobjekt auf die jeweiligen Bedürfnisse der Mieter jedenfalls mittelfristig zugeschnitten ist und damit beachtliche außersteuerliche Gründe vorliegen (Urteil des Thüringer FG vom 27.11.1997 II 80/96, EFG 1998, 1323).
Die Kläger hätten die demnach bestehende Vermutung des Nichtvorliegens außersteuerlicher Gründe widerlegen müssen. Es obliegt nämlich dem Steuerpflichtigen, beachtliche außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung substantiiert darzulegen und nachzuweisen (so auch BFH-Beschluss vom 20.03.1990 V B 136/89, BFH/NV 91, 275). Dies ist ihnen nicht gelungen.
a. Der Vortrag, die tatsächliche Nutzung habe sich erst durch eine gravierende Änderung der Lebensverhältnisse bei E2 und E1 ergeben, rechtfertigt die gewählte Gestaltung nicht. Der Senat hält die Behauptung der Kläger, das ursprüngliche Nutzungskonzept habe vorgesehen, dass beide Töchter jeweils nur eine Erdgeschosswohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzen, nicht für zutreffend. Er ist vielmehr aus oben genannten Gründen davon überzeugt, dass bereits das ursprüngliche Nutzungskonzept zumindest für die Kläger zu 1 und 2 und für E2 die Nutzung von Großwohnungen bestehend aus der Erdgeschosseinheit und der darüber liegenden Obergeschosseinheit vorsah.
b. Die Möglichkeit, das Objekt später anderweitig zu nutzen, rechtfertigt die gewählte Gestaltung ebenfalls nicht. Die Beteiligten haben sich bei der Herstellung des Objekts diverse Nutzungsmöglichkeiten offen gehalten: Zum einen wurden die bereits kurze Zeit nach Fertigstellung der Einheiten freigelegten Verbindungstreppen zwischen Einheiten Nr. 1 und 3 und Einheiten Nr. 2 und 4 geschaffen. Zum anderen wurde zwischen Wohnungen Nr. 1 und 2 ein Teil der tragenden Wand ausgespart, so dass diese Einheiten verbunden werden können. Zwischen Wohnung Nr. 3 und 4 kann – was später realisiert wurde – ebenfalls eine Verbindung geschaffen werden. Damit haben die Kläger die Möglichkeit, durch geringe bauliche Änderungen auf Änderungen der persönlichen Lebensverhältnisse flexibel zu reagieren. So kann z.B. nach Ableben eines der Kläger zu 1 oder 2 oder bei Wegzug einer der Töchter das Objekt anderweitig genutzt werden. Diese Nutzungsalternativen bestünden aber in gleicher Weise, wenn die Grundstückseigentümer das Eigentum an den Wohnungen so verteilt hätten, dass jeder das Eigentum an den nach dem ursprünglichen Nutzungskonzept für ihn bereitgestellten Einheiten erworben hätte. Für den erkennenden Senat ist nicht ersichtlich, dass die anderweitig vorgenommene Zuweisung von Einheiten es den Grundstückseigentümern erleichtert, auf Änderungen zu reagieren. Das Bestreben, für zukünftige Änderungen Perspektiven bereit zu halten, rechtfertigt die wechselseitige Vermietung also nicht.
c. Das Argument, die vorgenommene Gestaltung sei gewählt worden, um gegenseitige Abhängigkeiten zu schaffen, überzeugt nicht. Gegenseitige Abhängigkeiten würden auch bestehen, wenn die Grundstückseigentümer jeweils eine Erdgeschoss- und die zugehörige Obergeschosswohnung erworben hätten. Zwar bestünde – was die Grundstückseigentümer verhindern wollten – in diesem Fall grundsätzlich die Möglichkeit, dass eine Großwohnung ohne das Einverständnis der übrigen Grundstückseigentümer an Familienfremde vermietet oder verkauft wird. Dieses Problem könnte aber auch auf andere Art und Weise gelöst werden, z.B. durch die Vereinbarung von Vorkaufsrechten oder durch andere zivilrechtliche Auflagen wie Zustimmungserfordernisse. Die gewählte Gestaltung mit der wechselseitigen Vermietung war zur Problemlösung jedenfalls nicht erforderlich.
d. Der Vortrag, um die Vermietbarkeit zu erhalten, hätte keine Einheit zu groß werden sollen, führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Die anderweitige Zuweisung der Obergeschosseinheiten hat keinen Einfluss auf die Größe der einzelnen Einheiten und ihre Vermietbarkeit.
e. Finanzielle Gründe erscheinen ebenfalls nur vorgeschoben. Der erkennende Senat ist davon überzeugt, dass E2 und E1 die nach dem bestehenden Nutzungskonzept von ihnen zu nutzende Erdgeschoss- und die darüber liegende Obergeschosswohnung hätten finanzieren können.
E2 hat bei der gewählten Gestaltung insgesamt Einheiten mit einer Wohnfläche von 213,58 qm (Wohnung Nr. 2, 6 und ½ von Nr. 8), E1 von 229,81 qm (Wohnung Nr. 1, 5 und ½ von Nr. 8) erworben. Hätten E2 und E1 jeweils nur die für eigene Wohnzwecke vorgesehene Erdgeschoss- und die darüber liegende Obergeschosswohnung erworben, hätten sie flächenmäßig sogar geringfügig weniger, nämlich 177,33 qm (Wohnung Nr. 2 und 4) und 202,65 qm (Wohnungen Nr. 1 und 3), zu finanzieren gehabt.
Alternativ hätten E2 und E1 zusätzlich zu den Erd- und darüber liegenden Obergeschosswohnungen auch in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Wohnung Nr. 5 oder 6 erwerben können. Dann hätten sich Wohnflächen von 221,– qm (Wohnung Nr. 2 und 4 und ½ von Nr. 5 oder 6) bzw. 246,– qm (Wohnung Nr. 1, 3 und ½ von Nr. 5 oder 6) ergeben. In Anbetracht des Umstandes, dass die Kläger zu 1 und 2 ihren Töchtern jeweils EUR 75.000,– Eigenkapital geschenkt haben und möglicherweise diesbezüglich weiterer Spielraum bestand, erscheint selbst die Finanzierung dieser Alternativen mit geringfügig höheren Flächenanteilen nicht ausgeschlossen.
Schließlich überzeugt auch das von den Klägern vorgebrachte Argument nicht, für E2 und E1 sei aus finanziellen Gründen neben dem Erwerb der Erdgeschosseinheit nur die Finanzierung von fremdvermieteten Einheiten in Betracht gekommen, nicht aber die Finanzierung einer weiteren selbstgenutzten Einheit im Obergeschoss. Es ist zwar richtig, dass grundsätzlich die Finanzierung fremdvermieteter Eigentumswohnungen wegen der zu erzielenden Mieteinnahmen einfacher ist als die Finanzierung selbstgenutzten Eigentums. Gleichwohl ist der Senat davon überzeugt, dass sowohl E2 als auch E1 die von ihnen selbstgenutzten Einheiten im Obergeschoss hätten finanzieren können, da sie die ausschließlich mit Eigenkapital finanzierten, selbstgenutzten Einheiten im Erdgeschoss des Objekts (Wohnungen Nr. 1 und 2) als Sicherheiten hätten einsetzen können.
f. Letztlich wird auch die Vermietung der Obergeschosswohnungen zu einem deutlich unter dem ortsüblichen Miete liegenden Mietzins als Indiz für das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs gewertet (so auch Urteil des FG Münster vom 20.01.2010 10 K 5155/05 E, DStR 2011,213). Demgemäß ist es den Klägern nicht gelungen, die Vermutung für das Bestehen einer Steuerumgehung zu widerlegen.
5. Der Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten ist auch in Missbrauchsabsicht erfolgt. Die Kläger haben eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt, um das Steuergesetz zu umgehen. Es lässt sich für die von ihnen gewählte Gestaltung keine plausible Erklärung – mit Ausnahme der gesparten Steuern – finden. Bereits dieser Umstand stellt ein überzeugendes Indiz für die Missbrauchsabsicht dar, ungeachtet der Frage, ob § 42 AO überhaupt eine Umgehungsabsicht verlangt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19.06.1991 IX R 134/86, BStBl II 1991, 904).
6. Im Ergebnis nimmt der Senat damit einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten auf der Vermögensebene, nämlich bei der Zuordnung von Eigentumswohnungen auf die jeweiligen Grundstückseigentümer, an. Auf der Vermögensebene ist zwar grundsätzlich keine Missbrauchskontrolle vorzunehmen. Im Regelfall hat das Finanzamt die vermögensmäßige Zuordnung von Wirtschaftsgütern hinzunehmen. Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO liegt aber gleichwohl vor, wenn die Parteien der Grundstücksübertragung durch gegenläufige Rechtsgeschäfte auf der Nutzungsebene erreichen, dass es nach der wirtschaftlichen Substanz der Vereinbarungen nicht zu einer entgeltlichen Nutzung des Übertragenden kommt (BFH-Urteil vom 01.04.1993 V R 85/91, BFH/NV 1994, 64; Heuermann, in Blümich, EStG Kommentar, § 21 Rdnr. 138). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Denn im Ergebnis haben die Kläger zu 1 und 2 und E2 und E1 das Sondereigentum an Einheiten, die sie zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen beabsichtigten, einem anderen eingeräumt, und durch die gegenseitigen Mietverhältnisse für eine Neutralisation dieser vermögensmäßigen Zuordnung gesorgt. Wirtschaftlich stellt sich die Vermietung als ein Zwischenschritt oder Korrekturgeschäft dar, um zu erreichen, die eigene Wohnung steuerlich wirksam zu nutzen. An sich möchte jeder Beteiligte seine eigene Wohnung selbst nutzen. Deshalb bilden die Herstellung der anderen Wohnung zusammen mit dem anschließenden Vermieten und Mieten Komponenten einer einheitlich zu würdigenden Transaktion mit dem Ziel, Schuldzinsen und sonstige Belastungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend zu machen, die andernfalls nicht steuerlich absetzbar wären. Demgemäß ist ausnahmsweise auch eine Missbrauchskontrolle auf der Vermögensebene vorzunehmen und die von den Klägern gewählte Gestaltung nicht anzuerkennen.
Der Besteuerung zugrunde zu legen ist der tatsächliche wirtschaftliche Vorgang ohne die unangemessene Gestaltung durch die gegenseitigen Mietverträge. Die Kläger müssen sich also so behandeln lassen, als hätten sie die Obergeschosswohnungen nicht vermietet. Demgemäß können sie keine Verluste aus Vermietung und Verpachtung abziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.