02.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122484
Bundesfinanzhof: Beschluss vom 15.05.2012 – VI B 111/11
Gründe
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Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2011 IV B 62/10, BFH/NV 2012, 369, m.w.N.).
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Der Streitfall ist weder von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) noch ist eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) erforderlich; insoweit ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Im Hinblick auf den Zulassungsgrund der Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) ist die Beschwerde unzulässig, da die Beschwerdebegründung diesbezüglich nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. des § 115 Abs. 2 FGO entspricht.
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1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) konkludent aufgeworfene Frage, ob Umgangskosten des barunterhaltspflichtigen Elternteils unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein können, ist höchstrichterlich geklärt und hat deshalb keine grundsätzliche Bedeutung.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 5. März 2009 VI R 60/07, BFH/NV 2009, 1111, und Urteile jeweils vom 27. September 2007 III R 28/05, BFHE 219, 119, BStBl II 2008, 287; III R 30/06, BFH/NV 2008, 539; III R 41/04, III R 55/05 und III R 71/06; jeweils [...]) sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgeschlossen. Sie werden in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag (§ 32a Abs. 1 Satz 2 EStG) berücksichtigt (z.B. BFH-Urteil vom 10. Mai 2007 III R 39/05, BFHE 218, 136, BStBl II 2007, 764). Familienbedingte Aufwendungen sind bis 1995 durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs (Freibeträge und Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz) und ab 1996 durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs (Freibeträge oder Kindergeld, vgl. § 31, § 32 Abs. 6 und X. Abschnitt EStG) abgegolten (z.B. BFH-Urteile vom 28. März 1996 III R 208/94, BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54, und vom 18. Juni 1997 III R 60/96, BFH/NV 1997, 755).
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b) Zu den nicht außergewöhnlichen, bei typisierender Betrachtungsweise abgegoltenen Aufwendungen gehören --wie der III. Senat des BFH in den genannten Urteilen vom 27. September 2007 nochmals wiederholt hervorgehoben hat-- in der Regel die Kosten für Fahrten, um nahe Angehörige zu besuchen (z.B. BFH-Urteile vom 23. Mai 1990 III R 63/85, BFHE 161, 69, BStBl II 1990, 894, und III R 145/85, BFHE 161, 73, BStBl II 1990, 895 --Besuch des Ehegatten bzw. des Kindes in der Haftanstalt--; vom 24. Mai 1991 III R 28/89, BFH/NV 1992, 96, m.w.N. --Besuch des kranken Vaters--), es sei denn, die Fahrten werden ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen (BFH-Urteil vom 6. April 1990 III R 60/88, BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958). Dieser Rechtsprechung hat sich der VI. Senat des BFH angeschlossen (z.B. Urteil in BFH/NV 2009, 1111, und Beschluss vom 11. Januar 2011 VI B 60/10, BFH/NV 2011, 876).
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c) Durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs bzw. ab 1996 des Familienleistungsausgleichs sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch die Kosten eines alleinstehenden Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrennt lebenden Kind in Erfüllung der elterlichen Pflicht zur Personensorge abgegolten (BFH-Urteile vom 29. August 1986 III R 209/82, BFHE 148, 22, BStBl II 1987, 167, und vom 12. Juli 1991 III R 23/88, BFH/NV 1992, 172, unter 1.b). Die Aufwendungen eines geschiedenen, nicht sorgeberechtigten Vaters für Fahrten zu seinem Kind aufgrund seines Besuchsrechts nach § 1634 des Bürgerlichen Gesetzbuchs a.F. hat der III. Senat des BFH --in einem den Veranlagungszeitraum 1990 betreffenden Fall-- ebenfalls als typische nicht nach § 33 EStG steuermindernd zu berücksichtigende Kosten der Lebensführung behandelt (Urteil in BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54). An den Grundsätzen jener Entscheidung hat der III. Senat des BFH auch für nachfolgende Veranlagungszeiträume festgehalten (vgl. BFH-Urteile vom 27. September 2007 III R 41/04 für das Jahr 1998, III R 28/05 für das Jahr 1999, III R 55/05 für die Jahre 1999 und 2000, III R 30/06 für die Jahre 2001 und 2002 bzw. III R 71/06 für die Jahre 2000 bis 2002). Die in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 III R 141/95 (BFH/NV 2004, 1635, unter II.3.) --Streitjahr war 1990-- erwähnten, aber offengelassenen Fragen hat der III. Senat des BFH in seinen späteren Urteilen vom 27. September 2007 nicht mehr aufgegriffen; in der früheren Entscheidung ist noch ausgeführt, es sei erwogen worden, ob notwendige Aufwendungen getrennt lebender Eltern für den Umgang mit dem bei dem anderen Elternteil lebenden Kind zwangsläufig erwachsen und in gewissem Umfang als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG berücksichtigt werden könnten.
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d) Die Kläger haben hiergegen letztlich auch keine Einwendungen erhoben, mit denen sich der BFH noch nicht auseinandergesetzt hätte.
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aa) Soweit sie vortragen, dass diese Rechtsprechung des BFH nicht frei von Kritik geblieben sei, weil das Gericht verkenne, dass Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts bzw. der Umgangspflicht bei getrennt lebenden Eltern zwangsläufig seien, Besuchsaufwendungen von zusammenlebenden Eltern hingegen in der Regel auf einem freien Willensentschluss beruhten, kann dieses Vorbringen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht rechtfertigen. Denn der BFH anerkennt die Aufwendungen eines Elternteils für Besuche seines von ihm getrennt lebenden Kindes als zwangsläufig, ordnet sie aber den typischen Kosten der Lebensführung zu und verneint deshalb deren Außergewöhnlichkeit i.S. des § 33 EStG. Nach der Rechtsprechung des BFH ist es weder als außergewöhnlich anzusehen, dass ein Elternteil von seinen Kindern getrennt lebt, weil zwischen den Eltern keine eheliche oder eheähnliche Lebensgemeinschaft (mehr) besteht, noch sind die aufgrund der Trennung der Eltern entstehenden Kosten für den Umgang mit den Kindern außergewöhnlich. Denn eine räumliche Trennung zwischen Eltern und Kindern ist auch bei zusammenlebenden Eltern nicht unüblich, etwa wenn Kinder eine Schule im Ausland besuchen, auswärtig für einen Beruf ausgebildet werden, in einem Heim, einem Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung untergebracht sind oder im Rahmen eines Schüleraustauschs längere Zeit im Ausland leben (BFH-Urteil vom 27. September 2007 III R 71/06, [...]).
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Gewichtige Einwendungen gegen die Zuordnung von Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts zu den typischen Kosten der Lebensführung haben die Kläger weder aufgezeigt noch vorgetragen.
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bb) Zu dem Einwand der Kläger, dass die Auffassung des Finanzgerichts (FG) der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung zu § 21 Abs. 6 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch widerspreche, weil danach die (Fahrt)Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts zum über den Regelbedarf hinausgehenden Mehrbedarf zu rechnen seien, hat sich der BFH bereits geäußert und ihn als unbeachtlich verworfen. Denn ein Gleichklang von Steuer- und Sozialhilferecht ist insoweit nicht geboten. Anders als das Sozialhilferecht stellt der Steuergesetzgeber in verfassungsrechtlich zulässiger Weise vielfach nicht auf den Einzelfall ab, sondern sucht pauschalierende, für eine möglichst große Gruppe von Steuerpflichtigen und ihre Leistungsfähigkeit angemessene Regelungen zu finden. Auf solche typisierenden und generalisierenden Regelungen kann er bei der Ordnung von Massenerscheinungen umso weniger verzichten, als die Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls oder besonderer, nur bei einer kleinen Gruppe von Steuerpflichtigen gegebener Verhältnisse aufgrund der Vielfalt der Lebensverhältnisse mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist (BFH-Urteil in BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54, m.w.N.).
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cc) Zu der vom FG --wegen der Befugnis des Gesetzgebers, auch im Bereich des subjektiven Nettoprinzips generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, und der Abgeltungswirkung von Grund- und Kinderfreibetrag-- vorgenommenen und von den Klägern gerügten "verfassungsrechtlichen Reduktion des Anwendungsbereichs des § 33 Abs. 1 EStG" hat sich der BFH ebenfalls schon verhalten (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 1111, m.w.N.). Auch insoweit tragen die Kläger keine neuen Gesichtspunkte vor.
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e) Soweit die Kläger im weiteren Vorbringen die Entscheidung des FG, die sich ausdrücklich auf die einschlägige Rechtsprechung des BFH stützt, als "überdenkenswert" und methodisch "nicht überzeugend" angreifen, verkennen sie den grundsätzlichen Unterschied zwischen der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde und derjenigen einer Revision (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschlüsse vom 15. November 2006 XI B 18/06, BFH/NV 2007, 475; vom 29. Juni 2005 VI B 130/04, BFH/NV 2005, 1801; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 27, m.w.N.). Mit dem bloßen Einwand, das FG habe fehlerhaft entschieden, kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. Juli 2007 VI B 147/06, BFH/NV 2007, 1914; vom 4. Juni 2003 IX B 29/03, BFH/NV 2003, 1212).
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2. Aus den gleichen Gründen scheidet eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) aus. Dieser Zulassungsgrund stellt einen Spezialfall der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dar und setzt daher ebenfalls eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage voraus (s. etwa BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2005 X B 10/05, BFH/NV 2006, 777).
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3. Ebenso ist die Zulassung der Revision nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO geboten.
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a) Voraussetzung hierfür wäre, dass das angefochtene Urteil des FG in seinen tragenden Gründen von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts abweicht. Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer u.a. tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. BFH-Beschluss vom 11. März 2011 III B 76/10, BFH/NV 2011, 981). Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (z.B. BFH-Beschluss vom 21. Oktober 2010 VIII B 107/09, BFH/NV 2011, 282).
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b) Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Kläger nicht. Die Kläger haben schon keine Divergenzentscheidung benannt.