06.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123913
Finanzgericht München: Urteil vom 02.08.2012 – 15 K 770/12
1. Eine auf das Dach eines Gebäudes aufgesetzte Photovoltaikanlage ist zivilrechtlich mangels Einfügung in das Gebäude nicht als wesentlicher Bestandteil zu werten. Sie dient nicht dem Witterungsschutz und wird durch die Installation kein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes. Sie stellt vielmehr eine Betriebsvorrichtung dar. Die Dachkonstruktion gehört grundsätzlich nicht zur Photovoltaikanlage, sondern zum Gebäude, auf dem sie montiert ist.
2. Soweit es infolge der Installation der Anlage auf der Dachfläche notwendig war, aus statischen Gründen Sparren zu verstärken, sind diese Kosten durch den Aufbau der Betriebsvorrichtung „Photovoltaikanlage” veranlasst und als betriebliche Aufwendungen in vollem Umfang abzugsfähig.
3. Vor der Installation der Photovoltaikanlage angefallene Aufwendungen im Zusammenhang mit der Sanierung des Daches des im Übrigen privat genutzten Gebäudes sind keine nachträglichen Herstellungskosten des Gebäudes, sondern teilweise betrieblich veranlasster Erhaltungsaufwand.
4. Die Aufteilung der gemischten Aufwendungen richtet sich nach der Verwendung des gesamten Gebäudes, wobei die maßgeblichen Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes nicht nur die innere Nutzfläche, sondern auch das Dach des Gebäudes umfassen. Nutzflächen innerhalb eines Gebäudes und Nutzflächen auf dessen Dach sind nicht ohne weiteres zu einer Gesamtnutzfläche zu addieren, weil sie regelmäßig nicht miteinander vergleichbar sind. Als Aufteilungsmaßstab kann daher in Anlehnung an das zur Umsatzsteuer ergangene BFH-Urteil vom 14.3.2012, XI R 26/11 (BFH/NV 2012, 1192) das Verhältnis der fiktiv erzielbaren Mieten für das Gebäude einerseits und die Photovoltaikanlage andererseits herangezogen werden.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache
hat der 15. Senat des Finanzgerichts München … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. August 2012 für Recht erkannt:
1. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 1. Oktober 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 2. Februar 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2009 wird mit der Maßgabe geändert, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers weitere Betriebsausgaben in Höhe von 9.505 EUR sowie ein Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes von noch 13.697 EUR (statt bisher 19.545 EUR) berücksichtigt werden.
2. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer nach Maßgabe des Urteilsausspruchs in Ziff. 1 durchzuführen, den Klägern das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen und den Einkommensteuerbescheid 2007 mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft des Urteils neu bekannt zu geben.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kl äger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für die Sanierung eines Daches, auf dem eine Photovoltaikanlage zur Erzielung gewerblicher Einkünfte betrieben wird, in Form von Absetzungen für Abnutzungen (AfA) oder in Form von Erhaltungsaufwendungen als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb abzugsfähig sind. Darüber hinaus streiten sie darüber, in welcher Höhe Vorsteuern, die im Zusammenhang mit der Sanierung des Daches angefallen sind, als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
Die Kläger sanierten das Dach ihres im Streitjahr zum Einstellen von Stroh und Gerümpel genutzten Schuppens, indem sie das bestehende Dach entfernten und die Dachsparren, die Dacheindeckung, die Dachrinnen und die Fallrohre erneuern und die Dachsparren verstärken ließen. Der Schuppen war an das Wohnhaus der Kläger im Jahr 1948 seitlich angebaut worden. Er hat eine Grundfläche von 192 m². Die Dachfläche beträgt insgesamt 300 m². Die auf der Südseite angebrachte Photovoltaikanlage weist 95 m² auf. Zunächst wollten die Kläger das Dach zum Zwecke der Errichtung einer Photovoltaikanlage an einen Investor vermieten. Im Vertrag vom 13. Februar 2008 vereinbarten sie ein Nutzungsentgelt von 550 EUR pro kWp für die gesamte Laufzeit des Vertrages von 20 Jahren, wobei eine Anlage von 14,28 kWp geplant war. Bereits zum 21. Juni 2008 wurde der Pachtvertrag aber wieder gekündigt. Im Jahr 2008 ließen die Kläger auf dem Dach des Schuppens eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung errichten und betreiben diese seit dem Herbst 2008 selbst. Die Anlage hat eine Leistung von 12,54 kWp. Das Gewerbe „Stromerzeugung” ist seit dem 1. September 2008 angemeldet.
Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erklärten neben anderen Einkünften Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Kläger aus Stromerzeugung in Höhe von jeweils ./. 11.540 EUR im Streitjahr. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ermittelten sie durch Einnahme-Überschuss-Rechnung. Darin machten sie AfA in Höhe von insgesamt 343,29 EUR geltend. Als Bemessungsgrundlage für die AfA wurde der Wert für die Altbausubstanz des Schuppens von 15.000 EUR und die für die Sanierung des Daches angefallenen Kosten von 15.863 EUR netto zugrunde gelegt. Der Anteil der Arbeitslöhne betrug 7.320 EUR netto. Darüber hinaus setzten sie gezahlte Vorsteuern von 3.014,02 EUR als Betriebsausgaben an.
Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 1. Oktober 2008 legte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) für die Kläger negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.862 EUR bzw. 9.861 EUR der Besteuerung zugrunde und setzte die Einkommensteuer auf 868 EUR fest. Die von den Klägern als Betriebsausgaben geltend gemachte AfA und im Zusammenhang mit der Dachsanierung gezahlte Vorsteuern wurden vom FA nicht als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anerkannt. Dagegen berücksichtigte das FA eine Ansparabschreibung in Höhe von 19.545,70 EUR.
Gegen den Einkommensteuerbescheid legten die Kläger mit Schreiben vom 8. Oktober 2008 Einspruch ein. Während des Rechtsbehelfsverfahrens änderte das FA den Bescheid am 2. Februar 2009 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) wegen in diesem Verfahren nicht streitgegenständlicher Punkte und verminderte die Einkommensteuer auf 726 EUR. Das FA legte nunmehr Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb von – 19.723 EUR der Besteuerung zugrunde. In der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2009 wies das FA den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück.
Dagegen erhoben die Kläger mit Schriftsatz vom 5. März 2009, eingegangen bei Gericht am 6. März 2009 per Fax, Klage. Sie machen geltend, dass der Schuppen in das notwendige – hilfsweise in das gewillkürte – Betriebsvermögen ihres Gewerbebetriebes eingelegt worden sei und dass deshalb die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Schuppens abzuschreiben seien. Die Sanierung des Daches sei lediglich erfolgt, um die Photovoltaikanlage installieren zu können. Eine Montage der Anlage auf dem Boden sei wegen des Schattenwurfs und der Diebstahlsgefahr keine Alternative gewesen. Das Dach sei durch marode Dachlatten und schadhafte Dacheindeckung in einem Zustand gewesen, der eine Installation der Photovoltaikanlage nicht zugelassen habe. Die Sanierung sei notwendig gewesen, um das Gewicht der Anlage tragen zu können.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 1. Oktober 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2009 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 15.863 EUR sowie Vorsteuern in Höhe von 3.014,02 EUR abgezogen werden, der Investitionsabzugsbetrag entsprechend auf 6.980 EUR reduziert wird und die Einkommensteuer damit auf 0 EUR herabgesetzt wird,
hilfsweise, den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 1. Oktober 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2009 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb neben der Vorsteuer in Höhe von 3.014,02 EUR eine Abschreibung in Höhe von 343,29 EUR in Abzug gebracht wird,
hilfsweise, für die in den Sanierungsaufwendungen enthaltenen Arbeitslöhne eine Steuerermäßigung nach § 35a des Einkommensteuergesetzes zu gewähren ist.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das FA vertritt die Auffassung, dass die Photovoltaikanlage eine Betriebsvorrichtung und damit ein eigenständiges bewegliches Wirtschaftsgut sei, der Schuppen hingegen kein Betriebsvermögen des Gewerbebetriebes darstelle. Die Aufwendungen für die Sanierung des Daches des Schuppens seien als Kosten der privaten Lebensführung nicht abzugsfähig.
Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, auf die Einkommensteuer- und Rechtsbehelfsakte des FA, die Gerichtsakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 2. August 2012 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die zulässige Klage ist im Hauptantrag begründet. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).
Die Aufwendungen für die Sanierung des Daches sind in Höhe von 8.027,87 EUR als Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb abzugsfähig. Die gezahlten Vorsteuern sind in Höhe von 1.476,86 EUR als Betriebsausgaben abzugsfähig. Der Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) reduziert sich auf 13.146 EUR.
a. Ein Abzug von Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung kommt hinsichtlich solcher Aufwendungen in Betracht, die durch den Betrieb veranlasst sind. Das bedeutet, dass die Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach im Zusammenhang mit der betrieblichen Betätigung des Steuerpflichtigen stehen müssen.
Eine Photovoltaikanlage besteht im Wesentlichen aus Solarzellen, die in sog. Solarmodulen zusammengefasst werden, einem Wechselrichter, der den Gleichstrom umwandelt und einem Einspeisezähler. Bei einer sog. „Auf-Dach-Montage” – wie vorliegend – werden die Solarmodule ohne Eingriff in die Dichtigkeit der Dachhaut mit einem Gestell auf das bestehende Dach installiert. Das Dach des Gebäudes der Photovoltaikanlage dient als Halterung der aufgesetzten Photovoltaikanlage. Die aufgesetzte Photovoltaikanlage ist zivilrechtlich mangels Einfügung in das Gebäude nicht als wesentlicher Bestandteil zu werten. Sie dient nicht dem Witterungsschutz und wird durch die Installation kein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes. Sie stellt vielmehr eine Betriebsvorrichtung dar (vgl. Urteil des Hess. Finanzgericht – FG – vom 20. Januar 2011 11 K 2735/08, EFG 2011, 1158). Die Dachkonstruktion gehört grundsätzlich nicht zur Photovoltaikanlage, sondern zum Gebäude, auf dem sie montiert ist. Beim Schuppen handelt es sich deshalb neben der Photovoltaikanlage um ein eigenständiges Wirtschaftsgut.
Soweit es infolge der Installation der Anlage auf der Dachfläche notwendig war, aus statischen Gründen Sparren zu verstärken, sind diese durch den Aufbau der Betriebsvorrichtung „Photovoltaikanlage” veranlasst und als betriebliche Aufwendungen in vollem Umfang abzugsfähig (vgl. Urteil des Finanzgerichts – FG – München vom 27. Juli 2009 14 K 595/08, EFG 2009, 1977; Urteil des Hessischen FG vom 20. Januar 2011 11 K 2735/08, EFG 2011, 1158). Auf den von den Klägern vorgelegten Fotos der Dachsparren ist ersichtlich, dass diese verstärkt worden sind. Nach dem unstreitigen Vortrag der Kläger dienten diese Verstärkungsmaßnahmen dazu, die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Schuppens installieren zu können. Der unstreitig auf diese Verstärkungsmaßnahmen entfallende Betrag von 500 EUR netto aus der Rechnung der Firma xxx vom 17. September 2007 steht mit der betrieblichen Tätigkeit der Kläger in unmittelbaren Zusammenhang und ist als dem Aufbau der Betriebsvorrichtung unmittelbar zuzuordnende Aufwendung in voller Höhe als Betriebsausgabe abzugsfähig.
b. In Höhe von 7.527,87 EUR liegt eine Aufwandseinlage vor, die als Betriebsausgabe abzugsfähig ist.
aa. Der Schuppen wurde im Streitfall zum Einlagern von Gerümpel und Stroh, also privat, genutzt. Das Dach des Schuppens diente jedoch neben dem Schutz des Schuppens gegen Witterungseinflüsse auch der Installation der Photovoltaikanlage. Die im Zusammenhang mit der Sanierung des Daches stehenden Aufwendungen von (15.863 EUR – 500 EUR =) 15.363 EUR stehen teilweise in Zusammenhang mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage und sind als gemischte Aufwendungen zum Teil betrieblich veranlasst. Nach der Rechtsprechung des Großen Senats (GrS) des BFH (Beschluss des GrS vom 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl II 2010, 672) steht die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren (Reise-)kosten nicht entgegen. Aufwendungen können bei gemischt beruflich (betrieblich) und privater Veranlassung grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Anteile aufgeteilt werden, wenn die beruflich veranlassten Anteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind.
Da der durch die Dachreparatur entstandene Aufwand dem gesamten Gebäude zuzurechnen ist, richtet sich die Aufteilung der gemischten Aufwendungen auf den privat und betrieblich veranlassten Teil nach der Verwendung des gesamten Gebäudes. Die maßgeblichen Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes umfassen im Streitfall nicht nur die innere Nutzfläche, sondern auch das Dach des Gebäudes. Deshalb scheidet nach Auffassung des Senats eine Gegenüberstellung von Nutzflächen der Scheune, die einerseits betrieblich und andererseits privat genutzt werden aus. Nutzflächen innerhalb eines Gebäudes und Nutzflächen auf dessen Dach sind nicht ohne weiteres zu einer Gesamtnutzfläche zu addieren, weil sie regelmäßig nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 14. März 2012 XI R 26/11, BFH/NV 2012, 1192). Entsprechend dieser zum Umsatzsteuerrecht ergangenen Rechtsprechung zieht der Senat die für die Vermietung des Innenraumes der Scheune und der Dachfläche anfallenden fiktiven Vermietungsentgelte aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalles als Aufteilungsmaßstab heran. Nach dem Pachtvertrag vom 13. Februar 2008 zwischen der Firma xxx und dem Kläger über die Nutzung der Dachfläche der streitigen Scheune durch Verpachtung derselben zur Installation einer Photovoltaikanlage, der zum 21. Juni 2008 gekündigt wurde, sollte die Pacht 550 EUR pro installiertem kWp für die gesamte Laufzeit der Verpachtung von 20 Jahren betragen. Die Firma xxx hatte geplant, eine Anlage mit 14,28 kWp zu installieren (vgl. Schreiben von Herrn X an die Firma xxx vom 17. Juni 2008). Tatsächlich wurde die Scheune jedoch von den Klägern nur durch Aufbau einer Anlage mit 12,54 kWp zur Erzeugung von Strom genutzt. Nur soweit die Scheune tatsächlich zur Stromerzeugung genutzt wurde, besteht jedoch ein entsprechender betrieblicher Veranlassungszusammenhang. Dementsprechend ergibt sich für die Nutzung der Dachfläche der Scheune ein fiktiver jährlicher Mietzins von ((550 EUR × 12,54 kWp): 20 =) 344,85 EUR. Beim Ansatz des fiktiven jährlichen Mietzinses für den Innenraum der Scheune folgt der Senat der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung, die sich auf einen Mietzins von 360 EUR jährlich geeinigt haben und schätzt diesen ebenfalls auf 360 EUR jährlich. Dementsprechend sind die im Zusammenhang mit der Scheune angefallenen Aufwendungen von 15.363 EUR im Verhältnis eines privat genutzten Anteils von 51 % zu einem betrieblich genutzten Anteil von 49 % aufzuteilen.
bb. Die Aufwendungen, die den Klägern für die Sanierung des Daches angefallen sind, stellen Erhaltungsaufwendungen und keine Herstellungskosten dar.
Herstellungskosten, die nur verteilt auf die Nutzungsdauer eines Gebäudes als AfA abzugsfähig sind, sind nach § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Diese handelsrechtliche Begriffsbestimmung gilt auch für das Steuerrecht. Die Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts ist – neben der Schaffung eines bisher noch nicht vorhandenen Wirtschaftsguts (Erst-Herstellung) und der Wiederherstellung eines bereits vorhandenen, aber zerstörten oder unbrauchbar gewordenen Wirtschaftsguts (Zweit-Herstellung) – auch dann anzunehmen, wenn ein vorhandenes Wirtschaftsgut aufgrund von Baumaßnahmen in seiner Funktion bzw. seinem Wesen verändert wird (Funktions-/Wesensänderung). Ist ein Gebäude so sehr abgenutzt, dass es unbrauchbar geworden ist, so wird durch die Instandsetzungsarbeiten unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile ein neues Wirtschaftsgut hergestellt. Die Altbausubstanz muss tief greifend umgestaltet worden sein, die neu eingefügten Gebäudeteile müssen dem entstandenen Bau das Gepräge geben. Das ist insbesondere der Fall, wenn verbrauchte Teile ersetzt werden, die für die Nutzungsdauer bestimmend sind, wie z.B. Fundamente, tragende Außen- und Innenwände, Geschossdecken und die Dachkonstruktion (BFH-Urteil vom 31. März 1992 IX R 175/87, BStBl II 1992, 808).
Erhaltungsaufwendungen sind hingegen Aufwendungen für Maßnahmen an einem bereits angeschafften oder fertig gestellten Gebäude, durch die an dem vorhandenen Gebäude nichts Neues, bisher nicht Vorhandenes geschaffen wird (BFH-Urteil vom 29. August 1989 IX R 176/84, BStBl II 1990, 430), durch die das vorhandene Gebäude über den ursprünglichen Zustand zwar modernisiert, aber nicht wesentlich verbessert wird (BFH-Urteil vom 10. Juni 1992 I R)/91, BStBl II 1993, 41) und durch die das vorhandene Gebäude durch eine Aufstockung oder einen Anbau nicht erweitert oder durch die Baumaßnahme in seiner Substanz nicht vermehrt wird.
Im zu entscheidenden Streitfall wurden durch die Baumaßnahmen der Kläger die maroden Dachlatten und die alte Dacheindeckung entfernt und die Dacheindeckung, Dachrinnen und Fallrohre erneuert. Verbrauchte Teile, die für die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmend sind – wie etwa die gesamte Dachkonstruktion – wurden nicht ausgetauscht. Die bei Durchführung der Baumaßnahmen angefallenen Aufwendungen stellen deshalb keine nachtr äglichen Herstellungskosten, sondern Erhaltungsaufwendungen dar.
cc. Der Schuppen selbst stellt notwendiges Privatvermögen dar.
Wirtschaftsgüter des Privatvermögens weisen keinen betrieblichen Zusammenhang auf. Grundstücke und Grundstücksteile, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt werden, gehören hingegen regelmäßig zum notwendigen Betriebsvermögen. Wird ein Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu Wohnzwecken durch Vermietung oder durch Eigengebrauch genutzt, so sind die einzelnen Gebäudeteile gesondert zu behandeln, sei es als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen, sei es als notwendiges Privatvermögen. Da diese Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen, ist es gerechtfertigt, ebenso viele Wirtschaftsgüter anzunehmen (Beschluss des Großen Senats – GrS – des BFH vom 26. November 1973 GrS 5/71, BStBl II 1974, 132).
Im Streitfall wurde das Innere des Schuppens ausschließlich für private Zwecke der Kläger genutzt. Der Schuppen stellt deshalb notwendiges Privatvermögen dar. Eine Aufteilung in verschiedene Wirtschaftsgüter ist nicht vorzunehmen, weil sich innerhalb des Bauwerkes keine unterschiedlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhänge ergeben.
dd. Die auf den Schuppen entfallenden Erhaltungsaufwendungen stellen in Höhe des auf den betrieblich genutzten Teil der Dachfläche entfallenden Anteils Aufwandseinlagen in Höhe von (15.363 × 49 % =) 7.527,87 EUR dar.
Es wird von der Finanzverwaltung zum Teil die Auffassung vertreten, dass die durch die Photovoltaikanlage verursachten Kosten zur Wahrung des im Steuerrecht geltenden Nettoprinzips im Wege der Aufwandseinlage als Betriebsausgaben bei den gewerblichen Einkünften zu berücksichtigen sind (vgl. Oberfinanzdirektion – OFD – Hannover vom 9. März 2009 S 2130 – 2009/0001 – St 142, Haufe-Index 2196516). Bei „Aufwandseinlagen” handelt es sich um betrieblich veranlasste Aufwendungen, die dadurch entstehen, dass außerbetriebliche Wirtschaftsgüter für betriebliche Zwecke genutzt werden. Diese Nutzungen sind einlagefähig (Beschluss des GrS des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BStBl II 1988, 348).
Der Senat vertritt im Streitfall die Auffassung, dass vorliegend entsprechend dem betrieblich veranlassten Anteil Aufwandseinlagen vorliegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Gegenstand von Einlagen auch Fremdleistungen sein können (Heinicke in Schmidt, Kommentar zum EStG, 31. Aufl., § 4 Rz. 310). Dementsprechend konnten die Kläger den betrieblichen Anteil der Aufwendungen (7.527,87 EUR) für die durch fremde Dritte vorgenommene Dachsanierung als Aufwands- oder Leistungseinlage in ihren Gewerbebetrieb einlegen und als Betriebsausgaben abziehen.
c. Die gezahlten Vorsteuern sind ebenfalls in Höhe des betrieblich veranlassten Anteils von 49 %, d.h. in Höhe von 1.476,86 EUR als Betriebsausgaben abzugsfähig. Insgesamt sind weitere Betriebsausgaben in Höhe von 9.504,73 EUR abzugsfähig.
d. Der Investitionsabzugsbetrag ist auf 13.697 EUR zu reduzieren.
Steuerpflichtige können für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens unter den Voraussetzungen des § 7g Abs. 2 i.V.m. § 7g Abs. 6 EStG eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (§ 7g Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 7g Abs. 6 EStG). Diese darf 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird (§ 7g Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 7g Abs. 6 EStG).
Unstreitig lagen die Voraussetzungen für den Ansatz eines Investitionsabzugsbetrages für die künftige Anschaffung einer Photovoltaikanlage nach § 7g Abs. 4 i.V.m. § 7g Abs. 6 EStG beim Kläger vor. Der Senat legt den Antrag der Kläger dahingehend aus, dass diese den Investitionsabzugsbetrag, der insgesamt 19.545,70 EUR beträgt, nur insoweit in Ansatz bringen möchten, dass ihre Einkommensteuer nach Anwendung des Splittingtarifs und Abzug von Steuerermäßigungen für das Streitjahr auf 0 EUR reduziert wird, dass sich der Antrag jedoch nicht auf die Hinzurechnung der Altersvorsorgezulage erstrecken soll. Bei Berücksichtigung von zusätzlichen Betriebsausgaben von 9.504,73 EUR und eines auf 13.687 EUR reduzierten Investitionsabzugsbetrages ergibt sich bei Anwendung des Splittingtarifs entsprechend dem gestellten Antrag eine Einkommensteuer von 0 EUR, die wie folgt zu berechnen ist:
Zu versteuerndes Einkommen lt. Einspruchsentscheidung | 19.087 EUR |
Weitere Betriebsausgaben lt. Urteil | - 9.505 EUR |
Investitionsabzugsbetrag lt. Einspruchsentscheidung | + 19.545 EUR |
Investitionsabzugsbetrag lt. Urteil | - 13.697 EUR |
Zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil nach Hauptantrag | 15.430 EUR |
Einkommensteuer nach dem Splittingtarif | 14 EUR |
Abzüglich Ermäßigung für Handwerkerleistungen | 14 EUR |
Einkommensteuer lt. Urteil (ohne Hinzurechnung der Altersvorsorgezulage) | 0 EUR |
3. Der weitere Hilfsantrag, eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu gewähren, kommt ebenfalls nicht zum Tragen. Der Senat legt diesen Antrag dahin aus, dass er nur dann wirksam werden soll, wenn nach Abzug weiterer Ermäßigungsbeträge – nicht aber nach Hinzurechnung der Altersvorsorgezulage – noch eine Steuer verbleiben sollte, von der die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in Abzug gebracht werden könnte. Wie vorstehend unter Ziffer 1 d ausgeführt, ist dies aber nicht der Fall.
4. Da die Berechnung der Einkommensteuer für das Streitjahr einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert, wird dem FA gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben, die Berechnungen durchzuführen. Gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO ist das FA verpflichtet, das Ergebnis der Berechnungen den Klägern unverzüglich formlos mitzuteilen und entsprechend diesem Ergebnis nach Rechtskraft der finanzgerichtlichen Entscheidung einen Einkommensteuerbescheid zu erteilen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
6. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 1, Abs. 3 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). Die Regelung gilt auch nach der Änderung der ZPO durch das Erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24. August 2004 (BGBl I 2004, 2198) sinngemäß für finanzgerichtliche Urteile.
7. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 1 Nr. 2 FGO zugelassen. Die Entscheidung weicht von dem Urteil des Hessischen FG vom 20. Januar 2011 11 K 2735/08, EFG 2011, 1158) ab. Insbesondere ist klärungsbedürftig, ob der im Schätzwege entsprechend dem zum Umsatzsteuerrecht ergangenen BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 26/11, BFH/NV 2012, 1192, angewandte Aufteilungsmaßstab nach fiktiven Entgelten auch im Ertragssteuerrecht anwendbar ist.