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  • 13.04.2012 · IWW-Abrufnummer 121117

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 30.10.1990 – VIII R 42/87

    Aufwendungen für einen Gegenstand der Kunst im weitesten Sinne (hier: Gobelinbild), der zur Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers gehört, sind keine Werbungskosten.


    VIII R 42/87

    Tatbestand:
    Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr als angestellter Verkaufsingenieur tätig. In seiner Privatwohnung hatte er sich ein Arbeitszimmer eingerichtet, in dem ein Gobelinbild hing. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte die Kosten des Arbeitszimmers samt Einrichtung mit Ausnahme der Anschaffungskosten für das Gobelinbild (847 DM) als Werbungskosten an.

    Der Kläger und seine Ehefrau nahmen 1981 ein Darlehen in Höhe von 20 000 DM auf. Die Valuta wurde zum Ankauf von 150 G-Aktien am 8. Januar 1981 verwandt. Diese Wertpapiere verkaufte der Kläger einige Monate später und erwarb für den Erlös V-Aktien, die er dann ebenfalls veräußerte. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1981 machte der Kläger Zinsen und das Disagio als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Unter Berücksichtigung von 357 DM Dividenden errechnete er einen Betrag von ./. 3 002 DM.

    Der Kläger und seine Ehefrau schickten an Angehörige in der ehemaligen DDR (DDR) zwei Pakete, u. a. mit einem Ledermantel (Kaufpreis 2 299 DM), einem Kostüm (Kaufpreis 599 DM) und zwei Lampen (Kaufpreis 1 396 DM).

    Das FA erkannte weder die geltend gemachten Zinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch die Anschaffungskosten für den Ledermantel, das Kostüm und die Lampen als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) an.

    Der Einspruch des Klägers hatte insoweit keinen Erfolg.

    Das Finanzgericht (FG) wies seine Klage ab.

    1. Es bestehe keine Verbindung zwischen der Berufstätigkeit des Klägers und dem Bild. Das Bild schade zwar nicht der beruflichen Zuordnung des Arbeitszimmers. Es bleibe aber ein privater Entschluß des Klägers, ob er sich ein Bild an die Wand hänge oder nicht.

    2. Die Zinsen könnten nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, weil die Finanzierung der Anschaffung einer Kapitalanlage diene, bei der die Absicht der Realisierung von Wertsteigerungen im Vordergrund stehe. Der Kläger habe die Aktien zu Spekulationszwecken erworben, denn nach etwas mehr als sechs Monaten habe er sie weiterverkauft; auch die mit dem Erlös erworbenen V-Aktien habe er weiterverkauft. Daraus sei der Plan zu erkennen, Wertpapiere zu erwerben und nach Ablauf der Spekulationsfrist wieder zu veräußern.

    3. Im Rahmen des § 33 a EStG dürften nur Kosten für Gegenstände berücksichtigt werden, die Unterhaltscharakter haben, z. B. Lebensmittel und notwendige Kleidungsstücke. Besonders wertvolle Gegenstände wie Ledermäntel oder Geschenke aus Anlaß von Familienfesten dienten nicht dem täglich notwendigen Lebensbedarf.

    Mit der vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision (Beschluß vom 8. Mai 1987 III B 63/84) rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

    1. Dem Kläger müsse es gestattet bleiben, seine Berufsatmosphäre so zu gestalten, daß sie ansprechend sei. Als Verkaufsingenieur habe der Kläger auch Repräsentationsaufgaben wahrzunehmen; das habe das FA unberücksichtigt gelassen.

    2. Das FG unterstelle einen folgerichtigen Plan. Wäre das richtig, hätten sich ständig weitere Gewinne ergeben müssen. Dann wäre es nie zu dem Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gekommen. Das Urteil widerspreche der Lebenserfahrung. Es sei nicht folgerichtig und nicht nachvollziehbar. Es widerspreche auch der gesamten bisherigen Rechtsprechung des BFH, insbesondere der Entscheidung des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Hier habe es weiterer Sachverhaltsaufklärung bedurft.

    3. Das FG weiche von dem BFH-Urteil vom 25. März 1983 VI R 275/80 (BFHE 138, 343, BStBl II 1981, 453) ab.

    Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils weitere 847 DM Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, 3 002 DM bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und 4 294 DM außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 a EStG anzuerkennen.

    Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

    Entscheidungsgründe
    1. Die Kosten für das Gobelinbild sind allerdings keine Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG).

    Das Bild ist kein Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG). Der Kläger übt seine berufliche Tätigkeit nicht mit Hilfe dieses Gegenstandes aus; das Bild ist auch nicht zum unmittelbaren Einsatz bei der Berufstätigkeit des Klägers bestimmt (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1977 VI R 182/75, BFHE 121, 444, BStBl II 1977, 464; zur Unmittelbarkeit zuletzt BFH-Urteil vom 15. Dezember 1989 VI R 44/86, BFHE 160, 145, BStBl II 1990, 692).

    Die Anschaffungskosten des Bildes sind auch nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als (Teil-)Kosten des Arbeitszimmers abziehbar.

    Zu den als Werbungskosten abziehbaren Kosten eines Arbeitszimmers können auch Kosten seiner Ausstattung gehören (vgl. BFH-Urteil vom 18. Oktober 1983 VI R 68/83, BFHE 139, 520, BStBl II 1984, 112, zu 3). Unter Ausstattung können einmal die Gegenstände fallen, die Bestandteile des Gebäudes geworden sind, z. B. Tapeten, evtl. verlegte Teppichböden (§ 94 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -; dazu Holch in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., § 94 RdNr. 18). Zur Ausstattung können aber auch Gegenstände der Einrichtung des Arbeitszimmers gehören. Kosten der Einrichtung eines Arbeitszimmers sind nicht nur dann Werbungskosten, wenn es sich um Arbeitsmittel im engeren Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG handelt, wie z. B. der Schreibtisch. Auch Kosten anderer Gegenstände der Einrichtung können Werbungskosten sein, wenn diese Gegenstände ausschließlich oder ganz überwiegend beruflich genutzt werden. Das kann z. B. bei einem Bücherschrank der Fall sein, in dem nur beruflich genutzte Bücher aufbewahrt werden (vgl. BFH-Urteile vom 9. August 1974 VI R 245/71, nicht veröffentlicht - n. v. -, zitiert bei v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 9 Anm. H 100; vom 2. Februar 1990 VI R 22/86, BFHE 160, 162, BStBl II 1990, 684). Daraus ergibt sich, daß die Kosten eines Einrichtungsgegenstandes nicht bereits deshalb Werbungskosten sind, weil sich der Gegenstand im Arbeitszimmer befindet oder, wie z. B. ein Bücherschrank, üblicherweise zu den Einrichtungsgegenständen eines Arbeitszimmers gehört. Wird der Gegenstand ganz oder teilweise privat genutzt, können sich seine Anschaffungskosten nicht einkunftsmindernd auswirken (§ 12 Nr. 1 EStG), ohne daß dies auf die Anerkennung des Arbeitszimmers allgemein ausschlaggebend sein muß (vgl. BFH-Urteile vom 16. Februar 1990 VI R 144/86, n. v.; vom 18. März 1988 VI R 27/85, BFH/NV 1988, 773, beide bezüglich Liege).

    Möglicherweise sind Einrichtungsgegenstände eines Arbeitszimmers in gleicher Weise wie dieses als beruflich genutzt anzusehen, wenn sie für eine selbständige private Nutzung nicht geeignet sind, wie z. B. Deckenbeleuchtung, Vorhänge u. ä. Das ist aber bei einzelnen Gegenständen, die der Ausschmückung eines Raumes dienen, in der Regel nicht der Fall. Ihr Wert und Zweck ist unabhängig von der Funktion des Raumes. Das gilt jedenfalls für Gegenstände der Kunst im weitesten Sinne, d. h. auch für das hier streitige Gobelinbild. Der unmittelbare Zweck von Gegenständen dieser Art besteht darin, durch ihren Anblick zum Wohlbefinden des Betrachters beizutragen oder bei ihm im weitesten Sinne geistig anregend oder entspannend zu wirken. Dieses Erlebnis ist zunächst einmal dem persönlichen und privaten Bereich des Betrachters zuzurechnen. Es mag im Einzelfall seine Arbeitsleistung und damit seine berufliche Tätigkeit mittelbar fördern. Das ist aber für die Bejahung der beruflichen Veranlassung (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) nicht ausreichend. Nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG sind Kosten der Lebensführung auch dann nicht als Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie den Beruf oder die Tätigkeit des Steuerpflichtigen fördern; nach dem Beschluß des BFH vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) enthält § 12 Nr. 1 EStG ein Aufteilungsverbot für Aufwendungen, die sowohl durch die Lebensführung als auch durch den Beruf veranlaßt sind.

    Der Senat kann offenlassen, ob die Anschaffungskosten des Gobelinbildes dann als Werbungskosten zu behandeln wären, wenn der Kläger in seinem Arbeitszimmer Repräsentationsaufgaben wahrzunehmen hätte. Der Kläger behauptet dies zwar in seiner Revisionsbegründung. Dieses Vorbringen ist aber verspätet, es kann in diesem Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Der Senat ist an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Das FG hat eine derartige Feststellung nicht getroffen. Der Kläger rügt zwar, das FG habe seine Repräsentationsaufgaben unberücksichtigt gelassen. Dieses Vorbringen erfüllt aber nicht die Voraussetzungen einer Verfahrensrüge (§ 120 Abs. 2 FGO). Sollte der Kläger damit Verstoß gegen den Inhalt der Akten rügen (§ 96 Abs. 1 FGO), so fehlt es an der Angabe der Aktenteile mit dem Vortrag, den das FG übergangen haben soll (vgl. Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, RdNr. 168). Sollte damit mangelnde Sachaufklärung gerügt werden (§ 76 Abs. 1 FGO), so fehlt es an einem Hinweis auf das Beweisangebot, das das FG übergangen haben soll (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 120 RdNr. 40). Von sich aus mußte das FG in dieser Hinsicht keine Ermittlungen anstellen.

    2. Die Zinsen sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 20 EStG).

    Allerdings hat der Senat entschieden (Urteil vom 21. Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37, zu 3. b), daß die Erwartung des Wertzuwachses bei Aktien die Veranlassung der Zinszahlungen durch die Einkunftsart nicht ausschließt, wenn die Erwartung nur mitursächlich für die Anschaffung der Aktien ist. Von letzterem kann aber nach den Feststellungen des FG im Streitfall nicht ausgegangen werden. Danach hat der Kläger die Aktien planmäßig zur Spekulation erworben, nicht jedoch, um mit ihnen langfristig Dividenden zu erzielen. An diese mögliche Feststellung und Schlußfolgerung ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Sie widerspricht entgegen der Behauptung des Klägers nicht der Lebenserfahrung, denn es ist durchaus üblich, Aktien zu erwerben, um steuerfreie Wertsteigerungen zu realisieren.

    Auch die Rüge, das FG unterstelle den Plan des Klägers, ist nicht begründet. Das FG hat auf die Absicht des Klägers aus seinem Verhalten geschlossen. Diese Schlußfolgerung ist möglich; der Senat ist an sie auch dann gebunden, wenn sie nicht unbedingt zwingend ist.

    Auch die sonstigen Rügen der Revision in bezug auf die Sachverhaltsfeststellung des FG sind nicht in zulässiger und begründeter Weise vorgetragen. So rügt die Revision fehlende Sachverhaltsaufklärung, sie legt aber nicht dar, welche konkreten Tatsachen hätten aufgeklärt werden müssen, welche Beweisangebote unbeachtet geblieben sind und an welcher Stelle Beweisangebote gemacht worden sind (vgl. Klein/Ruban, a. a. O., RdNr. 170). Schließlich ist auch die Behauptung, das Urteil des FG widerspreche der bisherigen Rechtsprechung des BFH, insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidung des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) nicht hinreichend substantiiert; Abweichungen von der BFH-Rechtsprechung, insbesondere von dem zitierten Beschluß des Großen Senats, sind nicht zu erkennen.

    3. a) Das FG hat im Ergebnis auch zu Recht den Abzug der Kosten für die zwei Lampen als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 a EStG verneint. Bei diesem Geschenk handelt es sich nicht um Unterhaltsleistungen i. S. des § 33 a Abs. 1 EStG. Dazu rechnen zwar auch Zuwendungen für die Wohnung des Empfängers (BFH-Urteil vom 25. März 1966 VI 320/65, BFHE 86, 457, BStBl III 1966, 534). Darunter fällt jedoch nicht ein Haushaltsgerät von nicht unerheblichem Wert (BFH-Urteil vom 28. April 1978 VI R 145/75, BFHE 125, 167, BStBl II 1978, 456), wie es die beiden Lampen darstellen, die 1981 bereits 1 396 DM gekostet haben. Die Zuwendung der Lampen ist auch deshalb nicht als Unterhaltsleistung zu werten, weil sie den Empfängern nach Angaben des Klägers aus Anlaß der Silbernen Hochzeit geschenkt wurden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 86, 457, BStBl III 1966, 534). Aus diesem Anlaß werden üblicherweise unter Freunden und Verwandten Geschenke gemacht (vgl. auch BFH-Urteil vom 5. August 1977 VI R 38/75, Der Betrieb - DB - 1979, 193; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 33 a EStG RdNr. 143).

    b) Das FG hat aber zu Unrecht die Aufwendungen des Klägers für den Ledermantel und das Kostüm nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 a EStG zugelassen.

    Es handelt sich bei diesen Zuwendungen um Unterhaltsleistungen i. S. des § 33 a Abs. 1 EStG, d. h. Zuwendungen zur Bestreitung des Lebensbedarfs, besonders der Kleidung. Im Zusammenhang mit Zuwendungen an Angehörige in der DDR hat der BFH wiederholt entschieden, daß berücksichtigungsfähig im Rahmen des § 33 a EStG auch Kleidung ist, die einer gehobeneren Lebensführung dient (Urteile in BFHE 86, 457, BStBl III 1966, 534, und vom 25. März 1983 VI R 275/80, BFHE 138, 343, BStBl II 1983, 453, zu II.). Bei Zuwendungen an Angehörige in der DDR ist nach der Rechtsprechung des BFH in der Regel von der Bedürftigkeit der Empfänger (vgl. BFH-Urteil in BFHE 138, 343, BStBl II 1983, 453) und von der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen auszugehen (BFH-Urteil in BFHE 86, 457, BStBl III 1966, 534).

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 1 EStG