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  • 05.09.2013

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 16.07.2013 – 9 K 935/13

    Für volljähriges verheiratetes Kind, das einer erstmaligen Berufsausübung nachgeht, besteht in 2012 ein Kindergeldanspruch
    unabhängig von den Grenzbetragsregelungen über eigene Einkünfte und Bezüge und solche des Ehegatten. Auf eine nach früherer
    Rechtsprechung erforderliche „typische Unterhaltssituation” kommt es nicht mehr an.


    Im Namen des Volkes


    URTEIL


    In dem Rechtsstreit


    hat der 9. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht
    … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 16. Juli 2013 für
    Recht erkannt:


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Kindergeld für ein volljähriges verheiratetes Kind.

    Die Tochter der Klägerin, Frau A, wurde im Februar 1991 geboren und lebte bis Ende 2012 im Haushalt der Klägerin. Seit Januar
    2010 ist sie mit Herrn A1 verheiratet. Dieser lebte seit dem 24. März 2011 bis Ende 2012 ebenfalls im Haushalt der Klägerin.


    Die Tochter der Klägerin besuchte bis Juli 2010 das B-Berufskolleg der Stadt D (1jährige Berufsfachschule für Hochschulzugangsberechtigte).
    Ab dem 27. August 2010 arbeitete sie bei der C GmbH & Co. KG aufgrund eines bis zum 26. August 2011 befristeten Arbeitsvertrags
    als Verkäuferin. Seit dem 15. Juli 2011 wird sie bei der Firma E GmbH zur geprüften Handelsassistentin – Einzelhandel ausgebildet.
    Ihr Ehemann ist bei der Firma F Personaldienstleistungen e.K. als Lagerarbeiter angestellt.


    Die Beklagte gewährte der Klägerin für das Kind A zunächst antragsgemäß Kindergeld. Mit dem streitgegenständlichen Aufhebungs-
    und Rückforderungsbescheid vom 31. März 2012 hob sie die Festsetzung des Kindergeldes gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes
    (EStG) ab Januar 2012 auf und forderte die Klägerin auf, das für den Zeitraum von Januar 2012 bis März 2012 gezahlte Kindergeld
    i.H.v. insgesamt 552 EUR gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu erstatten.


    Die Beklagte begründete dies damit, dass die Voraussetzungen für die Zahlung von Kindergeld für ein Kind, welches das 18.
    Lebensjahr vollendet habe, gemäß § 32 Abs. 4 EStG nicht erfüllt seien. Da das Kind A verheiratet sei und sich das Einkommen
    des Ehegatten und damit auch der bei dem Kind anzurechnende Unterhaltsbeitrag vom Ehegatten erhöht habe, könne sich das Kind
    unter Berücksichtigung des Unterhaltsbeitrages seines Ehegatten selbst unterhalten.


    Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 10. April 2012 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie selbst für
    den Unterhalt und die Berufsausbildung des Kindes aufkomme. Der Ehemann des Kindes brauche seine Einkünfte für sich, dessen
    Lohnabrechnungen fügte die Klägerin bei. Weiterhin verwies die Klägerin auf verschiedene Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH).


    Mit Einspruchsentscheidung vom 8. März 2013 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Voraussetzung für die
    Gewährung von Kindergeld sei unter anderem, dass gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG die Einkünfte des Kindes und seine Bezüge,
    die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt und geeignet sein, den gesetzlich festgelegten Grenzbetrag
    für das jeweilige Kalenderjahr nicht überschritten. Zu diesen Bezügen, die einen Kindergeldanspruch ausschließen könnten,
    gehörten auch Unterhaltsleistungen, die ein verheiratetes Kind von seinem Ehegatten beanspruchen könne. Nach der Rechtsprechung
    des BFH bestünde spätestens ab dem Folgemonat der Eheschließung grundsätzlich kein Anspruch mehr auf Kindergeld für ein verheiratetes
    Kind. Nach der Heirat sei davon auszugehen, dass die Unterhaltsverpflichtung vorrangig bei dem Ehepartner liege. Eine zwingende
    Unterhaltsbelastung der Eltern liege dann nicht mehr vor, so dass kein Grund mehr für die Gewährung von Kindergeld bestünde.


    Abweichend davon könnten Eltern ausnahmsweise auch für den Zeitraum nach der Eheschließung eines Kindes kindergeldberechtigt
    sein, wenn der Ehepartner zum vollständigen Unterhalt des Kindes aufgrund niedrigen Einkommens nicht in der Lage sei, das
    Kind selbst ebenfalls nicht über ausreichende Einkünfte und Bezüge verfüge und die Eltern deshalb für das Kind aufkommen müssten
    (sog. Mangelfall). Maßstab sei dabei, ob die Einkünfte des Kindes, gegebenenfalls zusammen mit den anrechenbaren Unterhaltsleistungen
    des Ehepartners, den anteiligen Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten. Als Unterhaltsleistung des Ehegatten
    sei die Hälfte der Differenz zwischen den eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes einerseits und dem (höheren) Nettoeinkommen
    des Ehegatten andererseits anzurechnen. Dem Ehegatten müsse jedoch mindestens ein Nettobetrag in Höhe des Existenzminimums
    verbleiben. Daraus folge, dass es nicht zu einer Anrechnung von Unterhaltsleistungen kommen könne, wenn der Ehegatte weniger
    verdiene als das Kind oder das Netto-Einkommen des Ehegatten unter dem Existenzminimum liege.


    Ein derartiger Mangelfall liege im Streitfall nicht vor. Der Grenzbetrag von 8.004 EUR im Streitjahr sei überschritten, da
    bei dem Kind eigene Einkünfte und Bezüge i.H.v. 7.032 EUR sowie anzurechnende Unterhaltsleistungen des Ehegatten i.H.v. 2.534,52
    EUR zu berücksichtigen seien. Hinsichtlich der zu Grunde liegenden Berechnungen wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
    Aus diesem Grunde ende der Kindergeldanspruch ab dem Monat nach der Eheschließung, so dass die Kindergeldfestsetzung gemäß
    § 70 Abs. 2 EStG zu erfolgen habe. Ein Ermessensspielraum stehe der Beklagten insoweit nicht zu.


    Die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 37 Abs. 2 AO.

    Hiergegen hat die Klägerin am 26. März 2013 Klage erhoben, mit der sie im Ergebnis begehrt, Kindergeld für das Kind A auch
    nach Januar 2012 weiter zu gewähren.


    Nach ihrer Auffassung liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld weiterhin, auch trotz der im
    Jahr 2010 erfolgten Heirat, vor. Den mit dem streitgegenständlichen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid zurückgeforderten
    Betrag von 552 EUR habe sie lediglich vorsorglich am 16. April 2012 per Überweisung erstattet.


    Da ihre Tochter sich seit dem 15. Juli 2011 in einer Berufsausbildung befinde, erfülle sie die Voraussetzungen für die Gewährung
    von Kindergeld für volljährige Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gemäß §§ 62, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m.
    § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG. Eine Einschränkung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der ab 2012 gültigen Fassung, wonach ein
    Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums nur dann berücksichtigt werde, wenn es keiner
    Erwerbstätigkeit nachgehe, greife im Streitfall nicht, da es sich um eine Erstausbildung des Kindes handele. Darüber hinausgehende
    Voraussetzungen enthalte das Gesetz dagegen nicht. Die Höhe der Ausbildungsvergütung der Tochter sei für den Kindergeldanspruch
    nicht maßgeblich, da die in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der bis zum einen 31. Dezember 2011 gültigen Fassung enthaltene Regelung
    zum 1. Januar 2012 entfallen sei. Gleiches gelte auch für den Unterhaltsanspruch der Tochter gegen ihren Ehemann, der lediglich
    bis zum Jahre 2011 zu den maßgeblichen Einkünften und Bezügen des Kindes gehört habe. Ob daher ein sog. Mangelfall vorliege,
    sei damit unerheblich, weil der Umstand, dass die Tochter verheiratet sei, dem Kindergeldanspruch nicht entgegenstehe. Auch
    für verheiratete Kinder sehe das Gesetz keinerlei Einschränkungen mehr vor. Vielmehr sei nach der gesetzgeberischen Entscheidung
    Kindergeld seit dem 1. Januar 2012 bei Vorliegen eines Berücksichtigungstatbestandes unabhängig von der Höhe der Einkünfte
    und Bezüge des Kindes zu gewähren. Dabei habe der Gesetzgeber eine Ausweitung der Begünstigung bewusst in Kauf genommen. Hätte
    der Gesetzgeber den Kindergeldanspruch für verheiratete Kinder ausschließen wollen, so hätte er einen entsprechenden Ausschlusstatbestand
    einführen müssen. Die Klägerin verweist zur Unterstützung ihrer Rechtsauffassung auf das rechtskräftige Urteil des Finanzgerichts
    Münster vom 30. November 2012 4 K 1569/12 Kg.


    Die Klägerin beantragt,

    den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 31. März 2012 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 8. März 2013
    aufzuheben,


    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Zur Begründung verweist sie auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt sie vor, Eltern seien nur dann für den Zeitraum
    nach der Eheschließung eines Kindes kindergeldberechtigt, wenn der Ehegatte zum vollständigen Unterhalt des Kindes aufgrund
    niedrigen verfügbaren Nettoeinkommens nicht in der Lage sei und das Kind selbst ebenfalls nicht über ein verfügbares Nettoeinkommen
    in Höhe des Grundfreibetrages nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG verfüge und die Eltern aus diesem Grunde für das Kind aufkommen
    müssten. Diese gesetzliche Einschränkung gelte entgegen der Auffassung der Klägerin auch noch für das Jahr 2012. Dass mit
    der Eheschließung grundsätzlich der Anspruch auf Kindergeld entfalle, liege in dem Umstand begründet, dass wegen der vorrangigen
    Unterhaltspflichten des Ehepartners keine für den Kindergeldanspruch erforderliche typische Unterhaltssituation zwischen den
    Eltern und dem Kind mehr gegeben sei. Ein Kindergeldanspruch bestehe nur dann, wenn der Ehegatte aufgrund seiner mangelhaften
    Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sei, das Kind zu unterhalten. Ein sog. Mangelfall liege nach den unstreitigen Einkünften
    des Kindes nicht vor.


    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet.

    Die Aufhebung des festgesetzten Kindergelds ab Januar 2012 und die damit verbundene Rückforderung des für Januar 2012 bis
    März 2012 gewährten Kindergelds ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die
    Klägerin hat auch für die Zeit ab Januar 2012 Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter A.


    Die Tochter der Klägerin erfüllte im Zeitpunkt der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung die besonderen Anspruchsvoraussetzungen
    für volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gemäß §§ 62, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 32 Abs. 4 Satz
    1 Nr. 2 Buchst. a EStG, da sie sich in einer Berufsausbildung zur Handelsassistentin befand. Die Einschränkung nach § 32 Abs.
    4 Satz 2 EStG in der ab 2012 gültigen Fassung, wonach ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines
    Erststudiums nur dann berücksichtigt wird, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, greift im Streitfall nicht, da es sich
    unstreitig um eine Erstausbildung handelt. Ein vorangegangener Besuch des Gymnasiums und einer Berufsschule erfüllt zwar den
    Berücksichtigungstatbestand der Berufsausbildung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, stellt aber keine „erstmalige
    Berufsausbildung” im Sinne der enger auszulegenden Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG dar. Letztere liegt nur vor, wenn
    dem Kind alle notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt wurden, die es für die Ausübung des von ihm angestrebten
    Berufes benötigt (vgl. Loschelder in Schmidt, EStG, 32. Auflage 2013, § 32 Rn 49 und BMF-Schreiben vom 7. Dezember 2011, BStBl
    I 2011, 1243, Tz 21).


    Weitere tatbestandliche Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld enthält das Gesetz nicht. Die Höhe der Ausbildungsvergütung
    der Tochter ist für den Kindergeldanspruch der Klägerin nicht maßgeblich, da die in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der bis zum
    31. Dezember 2011 gültigen Fassung (EStG a.F.) enthaltene Regelung zum 1. Januar 2012 entfallen ist (Art. 1 Nr. 17 Buchst.
    a. Art. 18 Abs. 1 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011, BGBl I 2011, 2131 ff.). Gleiches gilt für den
    Unterhaltsanspruch der Tochter gegen ihren Ehemann nach §§ 1608 Satz 1, 1360, 1360a des Bürgerlichen Gesetzbuches, der bis
    2011 zu den maßgeblichen Einkünften und Bezügen gehörte (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2011 III R 8/08, BStBl II 2012,
    340).


    Die Einkünfte des Ehemannes der Tochter sind für den Kindergeldanspruch der Klägerin ebenfalls nicht von Bedeutung. Ob ein
    sog. Mangelfall vorliegt, ist unerheblich, weil der Umstand, dass die Tochter verheiratet ist, dem Kindergeldanspruch nicht
    entgegensteht.


    Für verheiratete Kinder sieht das Gesetz keinerlei besonderen Einschränkungen vor. Der Kindergeldanspruch setzt entgegen der
    früheren Rechtsprechung des BFH keine „typische Unterhaltssituation” mehr voraus. Nach diesem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal
    war ein Kindergeldanspruch nicht gegeben, wenn ein Kind verheiratet war und kein sog. Mangelfall vorlag (BFH-Urteil vom 19.
    April 2007 III R 65/06, BStBl II 2008, 756) oder das Kind einer Vollzeitbeschäftigung nachging (BFH-Urteile vom 20. Juli 2006
    III R 78/04, BFH/NV 2006, 2248 und III R 58/05, BFH/NV 2006, 2249).


    Das Erfordernis des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der „typischen Unterhaltssituation” hat der BFH in seiner neueren
    Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben. Dies gilt sowohl für die Fälle der Vollzeitbeschäftigung (BFH-Urteile vom 17. Juni
    2010 III R 34/09, BStBl II 2010, 982; vom 27. Januar 2011 III R 57/10, BFH/NV 2011, 1316; vom 22. Dezember 2011 III R 64/10,
    BFH/NV 2012, 927, III R 65/10, BFH/NV 2012, 929, III R 67/10, BFH/NV 2012, 930, III R 93/10, BFH/NV 2012, 932 und III R 66/10,
    BFH/NV 2012, 1301) als auch für die Fälle des verheirateten Kindes (BFH-Urteil vom 11. April 2013 III R 24/12, juris). Zur
    Begründung führt der BFH aus, dass eine typische Unterhaltssituation kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Berücksichtigungstatbestände
    sei. Die Frage, ob ein Kind typischerweise nicht auf Unterhaltsleistungen seiner Eltern angewiesen ist, sei nach der gesetzlichen
    Regelung erst im Rahmen der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a. F.) zu prüfen.


    Das FG Münster hat sich dieser Rechtsprechung im Urteil vom 30. November 2012 4 K 1569/12 (EFG 2013, 298 m. zustimmender Anm.
    Siegers) angeschlossen und daraus abgeleitet, dass der Kindergeldanspruch für ein verheiratetes Kind auch für die Gesetzesfassung
    ab dem 1. Januar 2012 nicht von einer „typischen Unterhaltssituation” abhängt. Der erkennende Senat teilt diese Auffassung
    aus den vom FG Münster dargelegten Gründen. Mangels gesetzlicher Regelung kann das Fehlen einer typischen Unterhaltssituation
    einen nach dem Gesetz bestehenden Kindergeldanspruch nicht ausschließen. An dieser Rechtslage, die durch die Entscheidungen
    des BFH zur Rechtslage bis zum 31. Dezember 2011 geklärt ist, hat sich mit dem Wegfall der Prüfung der eigenen Einkünfte und
    Bezüge des Kindes zum 1. Januar 2012 nichts geändert. Nach der gesetzgeberischen Entscheidung ist Kindergeld nunmehr bei Vorliegen
    eines Berücksichtigungstatbestandes unabhängig von der Höhe der Einkünfte und Bezüge des Kindes zu gewähren, so dass es auf
    einen Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber seinem Ehegatten nicht mehr ankommt. Dabei hat der Gesetzgeber eine Ausweitung
    der Begünstigungsfälle bewusst in Kauf genommen. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs soll diese Ausweitung den Umfang
    der begünstigten Fälle nicht wesentlich erweitern. Der Wegfall des Grenzbetrages soll vielmehr zu einer erheblichen Entlastung
    von Eltern, volljährigen Kindern, Familienkassen und Finanzämtern führen (Bundestags-Drucksache 17/5125, S. 41). Dieser gesetzgeberischen
    Entscheidung liefe das Erfordernis eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals „typische Unterhaltssituation” zuwider. Hätte
    der Gesetzgeber den Kindergeldanspruch für verheiratete Kinder ausschließen wollen, hätte er einen entsprechenden Ausschlusstatbestand
    eingeführt bzw. einführen müssen.


    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs.
    3, 155 FGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung.


    Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage der Kindergeldberechtigung für verheiratete Kinder nach Wegfall
    des Grenzbetrags zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO). Zudem widerspricht die Entscheidung einer bundesweit geltenden Verwaltungsanweisung
    (DA 31.2.2 FamEStG).

    VorschriftenEStG § 62, EStG § 63 Abs 1 Satz 1 Nr 1, EStG § 32 Abs 4 Satz 1, EStG § 32 Abs 4 Satz 2

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