· Fachbeitrag · Mandantenakquise
Neue Mandanten gewinnen: Sieben Möglichkeiten, sich für Mandanten attraktiv zu präsentieren
von Angela Hamatschek, Kanzleiberaterin, Hoffenheim
| Wer neue Mandanten ansprechen will, stellt sich früher oder später die Fragen: Warum sollen Mandanten ausgerechnet meine Kanzlei wählen? Was unterscheidet mich von den Kollegen im Ort? Und vielen fällt es schwer, hier eine herausragende Besonderheit zu benennen. Die gute Nachricht ist: Sie brauchen nicht die exklusive Spezialberatung, die es nur bei Ihnen gibt. Sieben praktische Beispiele zeigen, wie Sie als Allrounder-Kanzlei eine Positionierung finden, mit der Sie sich spürbar vom Gros der Kanzleien abheben, ohne abgehoben zu wirken. |
Lassen Sie Ihre Mandanten den Unterschied spüren
„Spürbar“ ist hier in zwei Richtungen gemeint:
- Kommunizieren Sie Leistungen und Services, die Sie für selbstverständlich halten, gegenüber den Mandanten. Überlegen Sie sich dabei, was für Mandanten in der Zusammenarbeit wichtig ist, und stellen Sie das in den Vordergrund. Viele vergessen einfach, darauf hinzuweisen, was sie Gutes für ihre Mandanten tun. Und hier sind es oft die Kleinigkeiten, die zählen.
- Auch Ihre Persönlichkeit und die Außendarstellung der Kanzlei sind wahrnehmbare Unterscheidungsmerkmale. Hier kommt es darauf an, ein anderes Bild zu zeigen als die klassische Assoziation von „grau, langweilig, humorlos“. Suchen Sie nach Anknüpfungspunkten bei Ihren persönlichen Interessen. Entscheidend ist, dass Sie dabei authentisch sind.
Wer nach einem Steuerberater sucht, wird sich bei Bekannten erkundigen oder gleich die Google-Suche bemühen. Deshalb lohnt es sich, die Kanzlei mit prägnanten Aussagen für ein positives Image zu charakterisieren: Was sollen Ihre bestehenden Mandanten über die Kanzlei sagen, wenn Sie sie weiterempfehlen? Was liest ein Interessent als Erstes, wenn er Ihre Website besucht? Botschaften wie „wir sind kompetent und liefern qualitativ hochwertige Arbeit“, können dabei kaum beeindrucken. Denn Ihre fachliche Arbeit stellt aus Mandantensicht keinen spürbaren Unterschied dar. Streichen Sie also gedanklich erst einmal alle Aussagen, die in dieser oder ähnlicher Form auch von 80 % der anderen Kanzleien gemacht werden. Formulieren Sie neu - etwa in Form der folgenden sieben Botschaften.
1. Einfach bequem - der Service macht den Unterschied
Zeigen Sie auf, warum die Zusammenarbeit mit Ihrer Kanzlei besonders entspannt und einfach für den Mandanten läuft. Der Grundgedanke für diesen Ansatz ist, Mandanten die üblichen Frustrationen mit der Branche zu ersparen. Die erste Frage lautet also: Was stört Mandanten bei der Zusammenarbeit mit ihrem Steuerberater? Wenn Sie einen Neumandanten fragen, warum er die Kanzlei wechselt, bekommen Sie in den meisten Fällen diese Antworten zu hören: „Schwer erreichbar, hat sich nicht um mich gekümmert, kurzfristig keine Termine bekommen“.
Geben Sie das Serviceversprechen, dass die Zusammenarbeit mit Ihrer Kanzlei genau bei diesen Punkten positiv verläuft - und sorgen Sie organisatorisch dafür, dass Sie dieses Versprechen auch einlösen.
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Hinweis | Unabhängig davon, welche weiteren Positionierungen für Sie noch infrage kommen, sollten Sie sich diesem Thema auf jeden Fall widmen. Denn nach wie vor liegen genau diese Punkte bei vielen Kanzleien noch im Argen, sodass Sie hier ein spürbares Unterscheidungsmerkmal haben, obwohl guter Service eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. So gesehen profitieren Sie von der „Servicewüste Kanzlei“.
Weitere Aussagen können Sie auch konkret für bestimmte Dienstleistungen treffen:
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2. Ihr regionaler Ansprechpartner - wir sprechen Ihre Sprache
Sind Sie ein heimatverbundener Mensch? Dann zeigen Sie das und schaffen Sie eine Besonderheit über die regionale Gemeinsamkeit. Sie erzeugen dadurch ein Zugehörigkeitsgefühl und Sympathie. In jedem Urlaub lässt sich dieses Phänomen beobachten: Wir sehen ein Auto mit dem Kennzeichen unserer Heimatstadt auf der italienischen Autobahn oder hören in Barcelona eine deutsche Stimme - schon fühlen wir uns mit diesen Menschen ein Stück weit verbunden, grüßen oder kommen sogar ins Gespräch.
Zwei Punkte können Sie dabei in den Vordergrund stellen:
- 1. „Wir sprechen eine Sprache“: Verwenden Sie typische Redewendungen und Bilder aus der Region. Ein „Moin Moin“ oder „Mia san Mia“ als Begrüßung zeigt bereits, dass Sie auf Fachchinesisch und Distanziertheit verzichten. Vielleicht sind Sie ja (wenn Sie aus Oberbayern stammen) im Trachtenverein und haben ein Bild in fescher Lederhose. Wie weit Sie hier gehen wollen, liegt an Ihnen. Wie gesagt, es muss ehrlich gemeint sein.
- 2. „Wir sind regional vernetzt“: Als regionaler Ansprechpartner sind Sie umso wertvoller für die Mandanten, je besser Sie in der regionalen Wirtschaft vernetzt sind. Zeigen Sie Ihre Mitgliedschaften in Wirtschaftsverbänden, besuchen Sie die Veranstaltungen der regionalen Banken sowie Institutionen und berichten Sie darüber auf Ihrer Website. Oder bauen Sie sich auf XING ein regionales Netzwerk auf, auf das Sie hinweisen.
PRAXISHINWEIS | Der regionale Bezug ist besonders für Kanzleien in ländlichen Gebieten interessant. Doch auch Großstadtkanzleien können in Szene-Vierteln entsprechende Aufmerksamkeit erzielen. Die Steuerberaterin vom Prenzlauer Berg, die zwei Kinder hat und mit dem Fahrrad in die Kanzlei fährt, trifft den Zeitgeist ihres Viertels und kann hier ebenfalls punkten. |
3. Spezialwissen für Ihre Branche - Handwerk hat goldenen Boden
Auch die Allrounder-Kanzlei kann Schwerpunkte bilden und sich damit positionieren. Branchenberatung bedeutet nicht zwangsläufig eine enge Spezialisierung. Gerade in Verbindung mit der Region können Sie sich für das Handwerk oder den Handel interessant machen. Gibt es eine besondere Ausrichtung des Wirtschaftsstandortes, die Sie sich zunutze machen können? Werfen Sie einmal einen Blick auf die Website Ihrer Stadt. Die Stadt Isny ist beispielsweise Energiestadt und widmet sich dem Thema Energieeffizienz und lokale erneuerbare Energien. Hier könnte eine Kanzlei einen Branchenschwerpunkt bilden und ein „Energiebündel“ an Leistungen schnüren.
Hinweis | Verwenden Sie immer Begrifflichkeiten, die im jeweiligen Umfeld geläufig sind. Sprechen Sie die Unternehmer, die für Sie interessant sind, direkt an.
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Hinweis | Der einfachste Weg, Informationen zur gewünschten Branche zu erhalten, steht Ihnen offen, wenn Sie bereits einen Mandanten aus dieser Branche betreuen. Dann laden Sie ihn doch einfach zum Essen ein und stellen Fragen, die Ihnen helfen, die Entwicklungen einzuschätzen und den Bedarf zu erkennen.
4. Themen, die Sie bewegen - keine Sorge, wir machen das
Zielgruppenpositionierung kann sowohl branchen- als auch themenorientiert erfolgen. Beraten Sie die typischen KMU-Unternehmer? Dann überlegen Sie sich doch, welche zentralen Themen diese Unternehmer immer wieder beschäftigen und bieten Sie dafür Lösungen an. Orientieren Sie sich am besten an grundsätzlich wichtigen („Dauerbrenner“) oder solchen Fragestellungen, die aktuell und absehbar für längere Zeit öffentlich intensiv diskutiert werden („heiße Eisen“). Wählen Sie nicht mehr als zwei bis drei Themengebiete aus. Denn wer in seine Leistungsübersicht alles einstellt, was Umsatzwachstum verspricht, wird wieder beliebig und kann bei potenziellen Mandanten ein Glaubwürdigkeitsdefizit erzeugen, falls die Kanzlei nicht mehrere Partner hat, die die Themengebiete auch tatsächlich kompetent abdecken können.
Folgende „Klassiker“, die Mandanten immer auf den Nägeln brennen, eignen sich besonders, um auf sich aufmerksam zu machen:
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5. Damit Sie erfolgreich bleiben - auf Augenhöhe beraten
Machen Sie die aktive Beratung zu Ihrer Besonderheit. Denn der größte Schwachpunkt, der Steuerberatern in Mandantenbefragungen vorgehalten wird, ist die fehlende aktive und vorausschauende Beratung. Stellen Sie das Thema laufende Beratung in den Mittelpunkt. Die monatliche betriebswirtschaftliche Auswertung eignet sich dafür als Aufhänger. Weisen Sie auf besondere grafische Auswertungen und regelmäßige Erfolgsgespräche hin, um aufzuzeigen, dass Sie Ihre Mandanten öfter als einmal im Jahr kontaktieren. Der „Für Sie gelesen“-Service, bei dem der Mandant in unregelmäßigen Abständen Brancheninfos und individuelle Tipps bekommt, komplettiert dieses Angebot.
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Hinweis | Wenn Sie sich fragen, wann Sie diesen Beratungsservice in die Tat umsetzen sollen: Mithilfe einer ABC-Mandantenanalyse können Sie mit überschaubarem Zeitaufwand sicherstellen, dass Sie mit Ihren A-Mandanten monatlich, mit Ihren B-Mandanten vierteljährlich und mit Ihren C-Mandanten halbjährlich Kontakt haben.
6. Günstig gibt es nicht - der Preis ist heiß
Positionierung über den Preis ist eine weitere mögliche Strategie, aber ist sie auch sinnvoll? Wer über den Preis konkurriert, befindet sich in einer ständigen Abwärtsspirale. Beim Einzelhandel ist zu beobachten, welche fatalen Auswirkungen das hat. Durchaus sinnvoll ist es allerdings, als Besonderheit die Honorartransparenz in den Vordergrund zu stellen.
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7. Mit Herz und Humor - Steuerberater sind auch nur Menschen
Emotionen sind eines der wichtigsten Entscheidungskriterien bei der Auswahl eines Produkts oder einer Dienstleistung. Betrachten Sie die emotionale Ansprache als begleitendes Element Ihrer Positionierung und kombinieren Sie es mit einer der anderen beschriebenen Möglichkeiten. Mit folgenden Überlegungen finden Sie den passenden emotionalen Ansatz:
- Was zeichnet meine Persönlichkeit aus? Wie gehe ich mit Menschen um? Welcher Begriff charakterisiert mich treffend? Fragen Sie dazu Mandanten sowie Freunde und bitten Sie diese, spontan drei Eigenschaftsworte zu nennen. Oder Sie nehmen sich eine Liste persönlicher Merkmale (einfach im Web nach „Persönliche Eigenschaften“ googeln) und stellen sich für jede Eigenschaft die Frage, inwieweit und in welchen Situationen diese auf Sie zutrifft. Am besten beurteilen Sie das auf einer Skala von +3 bis -3. Daraus können Sie dann Ihre Kanzleipersönlichkeit entwickeln. Zu diesen Eigenschaften suchen Sie dann Bilder und Aussagen, die diese Botschaft emotional transportieren.
- Was sind meine persönlichen Interessen und Hobbys? Welche Analogien gibt es zur Steuerberatung oder zu Unternehmen? Ein beliebtes Motiv ist hier das Segeln. Die Begrifflichkeiten aus der Segelwelt eignen sich hervorragend, um die Leistungen der Kanzlei verständlich zu transportieren. Außerdem kann man z.B. aus dem Bereich Golf das Bild des Steuerberaters als Caddy wählen, der dabei hilft, die richtigen Schläger für den jeweiligen Spielzug auszuwählen. Aber auch hier gilt: Sie sollten eine persönliche Affinität zu dieser Sportart haben, damit es glaubwürdig ist.
Weiterführender Hinweis
- Möchten Sie dieses Thema vertiefen? Dann fordern Sie den Leitfaden „Neue Mandanten gewinnen - in 7 Schritten eine Marketing-Kampagne gestalten“ unter hamatschek@delfi-net.de an.
- Zum Thema „Erfolgreiches Internetmarketing“ ist u.a. das Buch „Die Kunst, im Internet Mandanten zu gewinnen“ von Angela Hamatschek zu empfehlen, erschienen 2014 im NWB-Verlag (ISBN 978-3-482-64411-5).