· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Sondervergütungen und Sonderbetriebserträge im Inboundfall - auf ein Neues!
von RA StB Prof. Dr. Adrian Cloer, PwC Prag; StB Dipl.-Kfm. Jörn Keilhoff, PwC Düsseldorf; Franziska Leich, B.Sc., EBS Universität Wiesbaden
| Bei dem Thema Sondervergütungen fühlt man sich an die Einleitung des Lehrbuchs zum Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht der leider viel zu früh verstorbenen Brigitte Knobbe-Keuk erinnert. Auf den Hinweis des wissenschaftlichen Mitarbeiters, die Klausuraufgabe entspreche doch dem Vorjahr, entgegnet die Professorin, dass dies zwar stimme, die Lösung jedes Jahr aber eine andere sei. So verhält es sich leider auch mit der abkommensrechtlichen Behandlung von Sondervergütungen, die mit dem § 50d Abs. 10 EStG in der Fassung des AmtshilfeRLUmsG eine neue normative Grundlage erhalten hat. |
1. Sachverhalt
An einer in Deutschland produzierenden Personengesellschaft (OHG) ist u.a. der im Staat A steuerlich ansässige Zbigniew (Z) mit 50 % am Gewinn und Verlust beteiligt. Um den Vertrieb im Staat B zu fördern, wird dort eine Vertriebsgesellschaft (Ltd.) gegründet. Die Anteile hieran hält jedoch nicht die OHG gesamthänderisch, sondern Z. Dieser gewährt sowohl der OHG für die Finanzierung einer Produktionsmaschine als auch der Ltd. zum Aufbau der Vertriebsfunktion ein Darlehen. Dieses refinanziert Z jeweils zu günstigeren Konditionen im Staat A. Alle Länder verfügen untereinander über ein DBA, das dem OECD-Musterabkommen (mit Freistellungsmethode für aktive Einkünfte) entspricht und behandeln Personengesellschaften steuerlich transparent. Der nationale Steuersatz im Rahmen der Veranlagung als auch der Quellenbesteuerung in Staat A und B beträgt jeweils linear 20 %.
Frage: Wie erfolgt die Besteuerung der jeweiligen Gewinne (Anteil am Gesamthandsgewinn der OHG, der Zinsen und der Dividenden)?
2. Lösungshinweise
2.1 Besteuerungsanspruch nach nationalem deutschen Steuerrecht
Da der Z in Deutschland weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, scheidet eine unbeschränkte Steuerpflicht im Inland aus. Vielmehr ist der Z mit seinen inländischen Einkünften beschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 EStG). Die Beteiligung an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft führt zu Einkünften i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) EStG, wobei die Personengesellschaft eine Betriebsstätte (§ 12 S. 2 Nr. 4 AO) vermittelt.
Nach deutschem Verständnis umfassen die gewerblichen Einkünfte aus einer Mitunternehmerschaft sowohl die Einkünfte aus dem anteiligen Gesamthandsgewinn (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 1 EStG), als auch die sog. Sondervergütungen sowie die übrigen aus dem Sonderbetriebsvermögen I und II resultierenden Einkünfte.
Im Ergebnis werden als gewerbliche Einkünfte somit der hälftige Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft, die Zinsen von der OHG (Sondervergütungen) sowie die Zinsen und die Dividende (im Teileinkünfteverfahren) von der Ltd. (Sonderbetriebseinnahmen) erfasst. Diese Einkünfte sind nach deutschem Verständnis auch der deutschen Betriebsstätte zuzurechnen (vgl. Wortlaut § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) EStG „für den (gemeint Gewerbebetrieb) im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird“).
MERKE | Auf die fehlende dingliche Besicherung der Darlehen kommt es nicht an (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c) Doppelbuchst. aa) EStG), da der erforderliche Inlandsbezug über die Zugehörigkeit zur inländischen Betriebsstätte hergestellt wird. |
Die Einkünfte sind auf der Grundlage des Netto- und Veranlassungsprinzips zu ermitteln (§ 50 Abs. 1 S. 1 EStG). Dies bedeutet insbesondere die Berücksichtigung des Refinanzierungsaufwands für die gewährten Gesellschafterdarlehen, als auch ggf. für die Beteiligung an der Ltd. als Sonderbetriebsausgaben und zwar unabhängig davon, wo diese entstanden sind.
MERKE | Es ist unerheblich, ob der Steuerpflichtige ggf. die Aufwendungen in einem anderen Staat zusätzlich geltend macht. Es kann folglich zu einer mehrfachen steuerwirksamen Berücksichtigung der Aufwendungen kommen. |
Das zu versteuernde Einkommen (vorbehaltlich DBA-rechtlicher Beschränkungen) ist um den Grundfreibetrag zu erhöhen (§ 50 Abs. 1 S. 2 1. HS EStG). Dies schlägt nicht auf die Gewerbesteuer durch. Die Besteuerung erfolgt im Rahmen der Veranlagung (§ 25 EStG), da diese nicht ausgeschlossen ist (§ 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG). Die Gewerbesteuerbelastung auf Ebene der OHG resultiert aus der gewerbesteuerlichen Erfassung des Gewinnanteils aus der Gesamthand zzgl. der Sonderbetriebseinnahmen. Hinsichtlich des Beteiligungsertrages kann - unter den Voraussetzungen des § 8 Nr. 5 i.V.m. § 9 Nr. 7 GewStG - eine Freistellung erfolgen. Die Gewerbesteuer der OHG kann Z im Rahmen von § 35 EStG berücksichtigen und insoweit auch die Belastung durch den Solidaritätszuschlag mindern.
2.2 Einschränkung des Besteuerungsanspruchs durch DBA
Fraglich ist, ob der Besteuerungsanspruch Deutschlands im Hinblick auf die mit den Staaten A bzw. B abgeschlossenen DBA Einschränkungen unterliegt. Die Auslegung von DBA ist geprägt durch die Grundsätze der abkommensautonomen Begriffsauslegung und des Spezialitätsprinzips. Der Rückgriff auf das innerstaatliche Begriffsverständnis (sog. lex fori) ist dagegen nur eingeschränkt möglich (Art. 3 Abs. 2 OECD-MA, MK Art. 3 Tz. 11 und 12). Abweichend vom deutschen Verständnis im EStG gilt nicht das Subsidiaritätsprinzip, sondern speziellere Einkunftsarten gehen vor (vgl. nur Art. 7 Abs. 4 OECD-MA).
Während die DBA-rechtliche Qualifikation des anteiligen Gesamthandgewinns unter Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 2 Buchst. d) DBA D/A zu subsumieren ist, bereitet die DBA-rechtliche Zuordnung der Zinsen und Dividenden Schwierigkeiten.
2.2.1 Zinsen von der OHG (SBV I)
Die von der OHG gezahlten Darlehenszinsen an Z sind nach Art. 11 Abs. 3 DBA D/A Einkünfte aus Forderungen jeder Art. Art. 11 Abs. 1 DBA D/A verlangt, dass die Zinsen aus einem Vertragsstaat (hier: Deutschland) stammen und an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person (hier: Z in Staat A) gezahlt werden. Dabei gelten Zinsen dann als aus einem Vertragsstaat stammend, wenn der Schuldner eine in diesem Vertragsstaat ansässige Person ist (Art. 11 Abs. 5 S. 1 DBA D/A). Schuldner der Zinsen ist die OHG. Diese ist aufgrund der steuerlichen Transparenz aber keine in Deutschland ansässige Person. Da die OHG das Darlehen zur Finanzierung einer Maschine in ihrer deutschen Betriebsstätte (Art. 5 Abs. 2 d) DBA D/A) aufgenommen hat und die Zinsen von der Betriebsstätte getragen werden, gelten die Zinsen als aus diesem Staat stammend (Art. 11 Abs. 5 S. 2 DBA D/A). Deutschland steht ein in der Höhe auf 10 % des Bruttobetrags beschränktes Besteuerungsrecht zu (Art. 11 Abs. 2 S. 1 DBA D/A).
2.2.2 Dividenden von der Ltd. (SBV II)
Eine Einschränkung des Besteuerungsanspruchs kann nur aus dem DBA D/A folgen, denn Z ist lediglich in A ansässig. Die von der Ltd. gezahlten Dividenden unterfallen abkommensrechtlich dem Wesen nach zwar der Begriffsdefinition des Art. 10 Abs. 3 DBA D/A, jedoch ist die ausschüttende Gesellschaft nicht in einem der beiden Vertragsstaaten ansässig. Bei sog. Drittstaateneinkünften sieht das OECD-MA eine Auffangregelung für „Andere Einkünfte“ in Art. 21 vor.
Demnach steht grundsätzlich dem Staat A (als Ansässigkeitsstaat des Z) das alleinige Besteuerungsrecht an den Dividenden zu. Fraglich ist, ob die Beteiligung nicht einer Betriebsstätte in Deutschland tatsächlich zugerechnet werden kann, in deren Folge die Dividenden vollumfänglich in Deutschland besteuert werden können (Art. 21 Abs. 2 i.V.m. Art. 7 DBA D/A).
MERKE | Hilfestellung, wann eine „tatsächliche Zugehörigkeit“ i.S. eines DBA anzunehmen ist, leistet zum einen der OECD-MK (vorliegend Art. 21 Tz. 5.1, jedoch auch Art. 10 Tz. 32 - 32.2, Art. 11 Tz. 24-25.2, Art. 12 Tz. 21-21.2) sowie für die neueren DBA die Tz. 72 bis 97 Part I des OECD Report on Attribution of Profits to Permanent Establishments (2010). Demnach werden Wirtschaftsgüter der Betriebsstätte zugeordnet, die das entsprechende Funktions- und Risikoprofil trägt. Dies ist der Fall, wenn für das Wirtschaftsgut relevante Personalfunktionen ausgeübt werden bzw. der Nutzen/die Lasten („benefits and burdens“) in der Betriebsstätte verbleiben (s. dazu ausführlich Hagemann, PIStB 14, 131). Dieser Ansatz wurde jedoch erst in neueren DBA, u.a. mit Liechtenstein, Luxemburg und den Niederlanden umgesetzt.
Auch das Memorandum zum DBA-USA aus dem Jahr 1965 kann als Hilfe dienen und für andere DBA ebenfalls nutzbar gemacht werden (vgl. Vogel, in V/L, DBA, Vor Art. 10 - 12, Tz. 40): Nach Nr. 3 des Memorandums gehört ein Wirtschaftsgut dann „tatsächlich" zum Vermögen einer Betriebsstätte, wenn a) es in der Betriebsstätte gehalten wird, b) es zu dem Zweck gehalten wird, um die Tätigkeit der Betriebsstätte zu fördern oder c) die Tätigkeit der Betriebsstätte wesentlich zur Erzielung dieser Einkünfte beigetragen hat. |
Schließlich ist zu beachten, dass nach h.M. und ständiger BFH-Rechtsprechung - weder im innerstaatlichen Recht noch auf Abkommensebene - betriebsstättenlose Einkünfte (eines Gewerbetreibenden bzw. Unternehmers) denkbar sind. Anders formuliert: Der BFH erkennt kein floating income (BFH 12.6.13, I R 47/12, BFH/NV 13, 1999, Tz. 15 und 16). Daraus folgt, dass ggf. auch dann eine Zurechnung zur einzigen Betriebsstätte erfolgen muss, wenn keine weitere besteht. |
Vorliegend dient die Beteiligung an der Ltd. ausschließlich dem Vertrieb der in der deutschen Betriebsstätte hergestellten Gegenstände. Es besteht somit ein enger funktionaler Zusammenhang. Eine tatsächliche Zuordnung auf DBA-Ebene ist daher zu bejahen. Deutschland steht somit das uneingeschränkte Besteuerungsrecht an den Dividenden zu (Art. 21 Abs. 2 i.V.m. Art. 7 DBA D/A).
Hinweis | Die Richtigkeit dieser Aussage lässt sich auch aus einer Hilfsüberlegung ableiten: Hielte nämlich nicht der Z, sondern die OHG selbst die Anteile an der Ltd., dann wäre sie rechtlicher Eigentümer. Es wäre aber auch eine tatsächliche Zugehörigkeit anzunehmen, denn es liegt ein sehr enger funktionaler Zusammenhang zwischen der Produktionstätigkeit (der OHG) und der Absatztätigkeit (der Ltd.) vor. Wird die Beteiligung aus dem Gesamthandsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters übertragen, würde sich zwar die rechtliche Zugehörigkeit, nicht aber die tatsächliche Zugehörigkeit ändern.
2.2.3 Zinsen von der Ltd. (SBV II)
Auch die Zinserträge des Z von der Ltd. fallen nicht unter Art. 11 DBA D/A. Zwar ist die Definition der Art nach erfüllt, jedoch ist weder der Schuldner in einem der beiden Staaten ansässig, noch ist das Darlehen für eine deutsche Betriebsstätte aufgenommen worden. Eine tatsächliche Zugehörigkeit erscheint zweifelhaft. Zwar ließe sich argumentieren, dass das Darlehen nur im Hinblick auf die Beteiligung ausgereicht wurde und beide Wirtschaftsgüter sich im Gleichlauf bewegen, gleichwohl ist der Zusammenhang nur ein mittelbarer, denn das Darlehen dient primär der Ltd. Folgt man dieser Auffassung, steht Deutschland aufgrund von Art. 21 Abs. 1 DBA D/A kein Besteuerungsrecht zu.
Achtung | Hier zeigt sich der Unterschied, ob Art. 7 Abs. 1 S. 2 bzw. Art. 21 Abs. 2 DBA anzuwenden ist. Wäre Art. 7 DBA anzuwenden, dann lägen deutsche Betriebsstätteneinkünfte vor, weil es auf den Verursachungszusammenhang ankommt, der - so der BFH - dem innerstaatlichen Zuordnungsverständnis, mithin § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG entspreche. Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, müssten die Zinsen der inländischen Betriebsstätte schon allein deshalb zugerechnet werden, weil Z in seinem Heimatstaat über keine weitere Betriebsstätte verfügt.
ZWISCHENFAZIT | Deutschland steht bei abkommensautonomer Auslegung das volle Besteuerungsrecht für den anteiligen Gesamthandsgewinn (Art. 7 DBA D/A) sowie für die Beteiligungserträge (SBV II) zu (Art. 21 Abs. 2 i.V.m. Art. 7 DBA D/A). Die Zinsen von der OHG (SBV I) dürfen nur zu 10 % (Art. 11 Abs. 2 DBA D/A) und die Zinsen von der Ltd. (SBV II) dürfte Deutschland hingegen gar nicht besteuern (Art. 21 Abs. 1 DBA D/A). |
2.3 Treaty Override in Deutschland
Da die Sichtweise zwischen Finanzverwaltung und BFH zur DBA-rechtlichen Behandlung von Einkünften aus dem Sonderbetriebsvermögen divergiert, hat der Gesetzgeber rechtsprechungsbrechend mit § 50d Abs. 10 EStG eine Sonderregelung eingeführt. Diese beansprucht nicht nur Vorrang gegenüber dem DBA, sofern keine entsprechende Sonderregelung besteht, sondern auch Rückwirkung.
Hintergrund | Nach früherer Rechtsprechung galten Sondervergütungen ausschließlich als Unternehmensgewinne (vgl. u.a. BFH 29.1.64, I 153/61 S, BStBl III 64, 165). Mit dem Urteil vom 27.2.91 änderte der BFH seine Rechtsprechung, um im Outboundfall dem Spezialitätsgrundsatz auch gegenüber den Sondervergütungen zum Vorrang zu verhelfen. Dies hatte im Ergebnis jedoch keine Auswirkungen, da für passive Einkünfte (insbesondere Zinsen) der Ansässigkeitsstaat das volle Besteuerungsrecht hat. Die Finanzverwaltung hielt jedoch - den Inboundfall vor Augen - an ihrer Auffassung fest, Sondervergütungen sind als Unternehmensgewinn zu behandeln (vgl. BMF 24.12.99, IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl I 99, 1076, Tz. 1.2.3). Mit Urteil vom 17.10.07 übertrug der BFH seine Rechtsprechung jedoch auch auf den Inboundfall (BFH 17.10.07, I R 5/06, BStBl II 09, 356). Mit der Veröffentlichung des Urteils ließ sich die Finanzverwaltung zunächst Zeit und hoffte mit dem durch das JStG 2009 neu eingefügten § 50d Abs. 10 EStG ihre bisherige Rechtsauffassung absichern und die Spruchpraxis des BFH aushebeln zu können. Die Vorschrift erwies sich gleichwohl als wirkungslos, da der BFH zwar Unternehmensgewinne annahm, in Ermangelung einer ausdrücklichen Zuordnung der Einkünfte des SBV zur Betriebsstätte dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zuwies (BFH 8.9.10, I R 74/09, BFH/NV 11, 138). Mit der Änderung des § 50d Abs. 10 EStG durch das AmtshilfeRLUmsG soll einerseits eine „Klarstellung des gesetzgeberischen Willens“ zur ursprünglichen Regelung erfolgen und zum anderen die Gefahr der Doppelbesteuerung vermieden werden (vgl. BT/Drs. 17/13033, 73).
PRAXISHINWEIS | Sowohl der Vorrang gegenüber dem DBA als auch die Rückwirkung sind verfassungsrechtlich höchst problematisch und daher auch Gegenstand eines Vorlagebeschlusses des BFH an das BVerfG (BFH 11.12.13, I R 4/13, vgl. hierzu Kudert/Kahlenberg, PIStB 14, 189; Cloer/Hagemann, SWI 14, im Druck). |
2.3.1 Zinsen von der OHG (SBV I)
Nach § 50d Abs. 10 S. 1 EStG n.F. gelten die Zinsen, die dem Gesellschafter als Vergütung gezahlt wurden, als Unternehmensgewinne, soweit DBA-rechtlich keine Sonderregelungen getroffen wurden. Dieselbe Rechtsfolge ergäbe sich auch aus § 50d Abs. 10 S. 2 EStG, der wohl nicht überschneidungsfrei mit S. 1 ist, denn die Darlehensforderung stellt Sonderbetriebsvermögen dar. Nach § 50d Abs. 10 S. 3 1. HS EStG ist dieser Unternehmensgewinn der Betriebsstätte zuzurechnen, der der Aufwand zuzuordnen ist. Dies ist die Personengesellschaft, da diese in der Gesamthandsbilanz einen Aufwand verbucht. Deutschland nimmt somit ein vollumfängliches Besteuerungsrecht für sich in Anspruch.
2.3.2 Zinsen von der Ltd. (SBV II)
Die Darlehensforderung stellt notwendiges SBV II dar. Die hieraus erzielten Zinsen sind keine Sondervergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 2. HS EStG, werden folglich von § 50d Abs. 10 S. 1 EStG nicht erfasst. Da aber S. 2 die Umqualifikation in Unternehmenseinkünfte auf sämtliche Sonderbetriebseinnahmen erstreckt, sind die Zinsen nunmehr aus deutscher Sicht keine sonstigen Einkünfte i.S.v. Art. 21 Abs. 1 DBA D/A mehr, sondern solche i.S.v. Art. 7 DBA D/A.
Entscheidend ist nun die Zuordnung der Einkünfte zur deutschen Betriebsstätte, die in Satz 3 geregelt ist. Diese Vorschrift ist in zwei Halbsätze geteilt. Satz 3 1. Halbsatz nimmt Bezug auf die Vergütung i.S.d. Satz 1 und ordnet diese der Betriebsstätte der Personengesellschaft zu, die den entsprechenden Aufwand trägt. Vorliegend geht es aber um die Erträge aus dem SBV II. Der 2. Halbsatz spricht von den durch das SBV veranlassten Aufwendungen und Erträgen und rechnet diese - ohne Aufwandsentstehungserfordernis - der Betriebsstätte zu, der bereits die Vergütungen zuzurechnen sind. Diese Regelung wirft zwei Fragen auf:
- 1. Welche Einkünfte meint der 2. Halbsatz? Durch die Bezugnahme auf Satz 2 sind zunächst sämtliche Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben erfasst. Das ist jedoch nicht erforderlich, da die Sondervergütungen (im Gesetz als Vergütung bezeichnet) bereits durch den S. 1 sowie durch den Satz 3 1. Halbsatz erfasst sind. Der 2. Halbsatz hat somit eine Auffangfunktion für die übrigen Einkünfte aus dem SBV I als auch aus dem SBV II. Dies ist mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift vereinbar.
- 2. Wie erfolgt die Zuordnung dieser Einkünfte? Die Vorschrift verweist auf die Zuordnung der Vergütung. Hierunter könnte eine Verknüpfung mit dem 1. Halbsatz verstanden werden, was insbesondere im Hinblick auf das Aufwandserfordernis problematisch wäre, denn die Dividende bzw. die Zinsen zahlt die Ltd. und nicht die Personengesellschaft (vgl. Chr. Schmidt, DStR 13, 1709 f.; Kudert/Kahlenberg, PIStB 13, 101 f.; dieselben IStR 13, 804; Kahlenberg/Melkonyan, IStR 13, 343 f.). Diese Sichtweise führte im Ergebnis zur Unanwendbarkeit der Zuordnungsregel des 2. Halbsatzes für Einkünfte aus dem SBV II. Die Auffassung steht zwar wohl im Einklang mit dem jüngsten BMF-Entwurf vom 5.11.13 (IV B 5 - S 1300/09/10003, Tz. 5.1.1, S. 5), stünde aber im klaren Widerspruch zum Regelungsziel des Gesetzgebers und ist nicht zwingend.
- Widerspruchsfrei erscheint dagegen eine Auslegung, wonach für die weiteren Einkünfte aus dem SBV die Zuordnung den sog. Vergütungen folgen soll. Ein solches Normverständnis setzt aber voraus, dass die Zuordnung unabhängig davon erfolgt, ob tatsächlich Aufwendungen i.S.v. S. 3 1. HS entstanden sind, d.h. dass allein die abstrakte Frage, wo Aufwendungen zu berücksichtigen wären, ausreichend, aber auch entscheidend wäre. Auch dies ist mit dem Ziel der Vorschrift vereinbar.
Folglich beansprucht Deutschland das Besteuerungsrecht auch für die SBV II-Zinsen von der Ltd.
2.4 Vermeidung der Doppel- und Dreifachbesteuerung
Im Quellenstaat B unterlagen sowohl die von der Ltd. gezahlten Zinsen als auch Dividenden einer Quellenbesteuerung von 20 % nach nationalem Recht. Aufgrund des DBA A/B wurde der Quellensteueranspruch bei den Zinsen auf 10 % und bei den Dividenden auf 15 % reduziert. Beide Einkünfte werden in Deutschland der Besteuerung unterworfen, wobei aufgrund von § 50 Abs. 3 EStG die Quellensteuern in B in Deutschland angerechnet werden. Eine anteilige Kürzung der Quellensteuer auf die Dividenden im Hinblick auf das Teileinkünfteverfahren in Deutschland erfolgt nicht.
Die vorgenannten Ermäßigungen betreffen die Steuerbelastung im Drittstaat, nicht jedoch im Ansässigkeitsstaat A. Die Unternehmensgewinne, die aus dem anteiligen Gesamthandsgewinn gespeist werden, sind in A freizustellen (Art. 23 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 DBA D/A). Im Hinblick auf die tatsächliche Zugehörigkeit der Beteiligung zur deutschen Betriebsstätte sind auch die Dividenden in A freizustellen. Zwar sieht das DBA A/B eine Anrechnungsverpflichtung in Höhe von 15 % vor (Art. 23 Abs. 2 i.V.m. Art. 10 DBA A/B), jedoch reduziert diese sich aufgrund der Freistellung der Einkünfte als Betriebsstätteneinkünfte aus Deutschland auf Null. Die Zinsen von der OHG als auch von der Ltd. werden in A dagegen vollumfänglich mit 20 % besteuert. Bei den Zinsen von der OHG bzw. der Ltd. können jeweils 10 % Einkommensteuer bezogen auf den Bruttobetrag aus Deutschland bzw. dem Staat B angerechnet werden (Art. 23 Abs. 2 i.V.m. Art. 11 DBA D/A bzw. DBA A/B). Eine Freistellung der deutschen Zinseinkünfte scheitert daran, dass der Staat das deutsche Mitunternehmerkonzept nicht kennt und insoweit auch die Umqualifikation in deutsche Betriebsstätteneinkünfte nicht nachvollzieht. Aus dem gleichen Grund kommt eine Anrechnung der deutschen Einkommensteuer auf die Zinsen von der Ltd. nicht in Betracht.
PRAXISHINWEIS | Der BFH merkte in dem Beschluss vom 11.12.13 (I R 4/13, DStR 14, 306, Tz. 44) kritisch an, dass tatbestandlich eine Anrechnung möglicherweise scheitert: A ist nämlich ansässig und gilt nicht bloß im Rahmen einer Fiktion als ansässig (so aber der Wortlaut des § 50d Abs. 10 S. 5 EStG). Auch ist eine Anrechnungsmöglichkeit für die Gewerbesteuer nicht vorgesehen. |
Die im Hinblick auf die Zinsen von der OHG bzw. der Ltd. entstehende Doppel- bzw. Dreifachbesteuerung wird nun von Deutschland als Betriebsstättenstaat durch § 50d Abs. 10 EStG vermieden, indem bei den Zinsen jeweils 10 % auf die deutsche Steuer angerechnet werden (§ 50d Abs. 10 S. 5 EStG).
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3. Zusammenfassung
Der neue § 50d Abs. 10 EStG erfasst - zumindest dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck nach - sämtliche Sonderbetriebseinnahmen und sieht (vorbehaltlich der verfassungsrechtlichen Klärung) das Hinwegsetzen über völkerrechtliche Vereinbarungen mit anderen Staaten vor. Da dem Gesetzgeber klar ist, dass im Ausland das Sondervergütungskonzept i.d.R. unbekannt ist, kann es insoweit zu Steuermehrbelastungen kommen, die durch die neuartige Anrechnung in § 50d Abs. 10 S. 5 abgemildert werden. Im Ergebnis ergibt sich Folgendes:
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Wichtig | Ob die Vorschrift zur Anwendung kommt, bleibt hinsichtlich der möglichen Verfassungswidrigkeit fraglich. Das Thema Sondervergütungen im internationalen Kontext wird somit Rechtsprechung, Gesetzgebung, Steuerberater und nicht zuletzt Steuerpflichtige weiter beschäftigen.