· Fachbeitrag · Aus- und Fortbildung
Mahlzeiten bei Fortbildungsmaßnahmen lohn- und umsatzsteuerlich richtig behandeln
von StB Dipl.-Finw. (FH) Susanne Weber und StB Dipl.-Finw. (FH) Michael Heuser, WTS Steuerberatungsges. mbH
| Die Reisekostenreform hat 2014 die steuerliche Behandlung der Mahlzeitengestellung an Arbeitnehmer völlig verändert. Die neuen Regeln zur Kürzung der Verpflegungspauschalen und zur Versteuerung der Sachbezugswerte gelten auch für Fortbildungsmaßnahmen außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte. Nicht eindeutig geregelt ist die Versteuerung von Mahlzeiten bei Inhouse-Veranstaltungen am Betriebssitz. Der Beitrag zeigt Lösungsansätze für die richtige Behandlung bei der Lohn- und der Umsatzsteuer. |
Begriff der Mahlzeit - Abgrenzung zur Annehmlichkeit
Die Finanzverwaltung definiert den Begriff der Mahlzeit weder im Gesetz noch in den Richtlinien. Nach H 8.1 Abs. 7 Lohnsteuerhinweise gehören dazu alle Lebensmittel, die üblicherweise der Ernährung dienen, einschließlich der dazu üblichen Getränke. Somit sind auch kalte Gerichte, ein Imbiss, belegte Brötchen oder Fingerfood, und nicht nur warme Gerichte Mahlzeiten.
PRAXISHINWEIS | Nicht als Mahlzeit zählen sogenannte Aufmerksamkeiten wie zum Beispiel Getränke (Kaffee, Softgetränke) und Genussmittel (Obst, Süßigkeiten), die zum Verzehr im Betrieb überlassen werden (R 19.6 Abs. 2 Satz 1 Lohnsteuer-Richtlinien [LStR]). |
Umsatzsteuerliche Behandlung
Die Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr ist als Dienstleistung eine sonstige Leistung (BMF, Schreiben vom 20.3.2013, Az. IV D 2 - S 7100/07/10050-06; Abruf-Nr. 131063; Abschnitt 3.6. Umsatzsteuer-Anwendungserlass [UStAE]). Auch bei der Umsatzsteuer wird zwischen Mahlzeiten und Aufmerksamkeiten unterschieden:
- Die Abgabe von bloßen Aufmerksamkeiten führt zu keinem steuerbaren Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und ist deswegen umsatzsteuerlich ohne Relevanz (Abschnitt 1.8. Abs. 3 UStAE). Gleichwohl hat der Arbeitgeber aus dem Einkauf dieser Waren grundsätzlich den Vorsteuerabzug entsprechend seiner Gesamttätigkeit.
- Die gleichen Grundsätze gelten für Mahlzeiten, die zur Förderung der betrieblichen Arbeitsabläufe gereicht werden, zum Beispiel anlässlich und während außergewöhnlicher Arbeitseinsätze bzw. Besprechungen (Abschnitt 1.8. Abs. 4 Nr. 11 UStAE).
- „Normale“ Mahlzeiten an der erster Tätigkeitsstätte stellen - unabhängig vom Wert - unentgeltliche Wertabgaben dar (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG).
- Ein Vorsteuerabzug aus der Einkaufsrechnung steht dem Arbeitgeber nicht zu, weil die Dienstleistung nicht dem Unternehmen zugeordnet wird (Abschnitt 15.15. Abs. 1 UStAE). Im Gegenzug wird auch die Wertabgabe nicht besteuert (Abschnitt 1.8. Abs. 4a UStAE).
- Bei unentgeltlicher Mahlzeitengewährung im Rahmen von Auswärtstätigkeiten ist nach dem Wert der abgegebenen Mahlzeit zu unterscheiden.
- Eine „übliche“ Mahlzeit (Preis bis 60 Euro brutto) dürfte nicht steuerbar sein (Abschnitt 1.8. Abs. 13 Satz 2 UStAE). Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer die Mahlzeit teilweise durch Einbehalt von Sachbezugswerten, Kürzung der Verpflegungspauschale oder ähnlichem bezahlt (Abschnitt 1.8 Abs. 13 Satz 3 UStAE, dort explizit geregelt für das Frühstück, unseres Erachtens übertragbar auf Mittag- und Abendessen). Der Arbeitgeber hat hier den Vorsteuerabzug entsprechend seiner Gesamttätigkeit.
- Übersteigt der Wert der Mahlzeit 60 Euro brutto (Belohnungsessen), liegt grundsätzlich eine unentgeltliche Wertabgabe vor. Da die Mahlzeit nicht dem Unternehmen zugeordnet wird, entfällt hier der Vorsteuerabzug. Im Gegenzug wird keine Wertabgabenbesteuerung vorgenommen.
Lohnsteuerliche Behandlung im Detail (mit Umsatzsteuer)
Für die Ermittlung des steuerlichen Werts einer Mahlzeit müssen sowohl der Anlass als auch der Wert der Mahlzeit betrachtet werden.
Mahlzeiten an der ersten Tätigkeitsstätte
Mahlzeiten, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer außerhalb einer geschäftlich veranlassten Bewirtung (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG) gewährt, führen grundsätzlich zu einem steuerpflichtigen geldwerten Vorteil. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen, die keine Lohnsteuerpflicht auslösen:
- Mahlzeiten, die der Arbeitgeber anlässlich und während eines außerordentlichen Arbeitseinsatzes gewährt und deren Wert 40 Euro brutto nicht überschreitet. Ab 2015 soll diese Grenze auf 60 Euro steigen (Entwurf der LStÄR 2014). Ein außerordentlicher Arbeitseinsatz liegt vor, wenn Arbeiten kurzfristig erledigt werden müssen oder unvorhergesehen anfallen.
- Mahlzeiten, die der Arbeitgeber gewährt, weil dies der günstigen Gestaltung des Arbeitsablaufs dient. Dies kann der Fall sein, wenn eine Besprechung zur Einnahme der Mahlzeit nur kurz unterbrochen wird.
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Zur Einführung einer neuen Software werden die Arbeitnehmer in den Büroräumen des Arbeitgebers geschult.
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Lösung: Das warme Mittagessen führt bei den Arbeitnehmern zu einem geldwerten Vorteil. Nicht geregelt ist, wie dieser zu ermitteln ist. Unseres Erachtens kann das Essen wie eine tägliche Kantinenmahlzeit mit dem amtlichen Sachbezugswert von derzeit 3,00 Euro pro Arbeitnehmer bewertet (§ 8 Abs. 2 Satz 6 EStG) sowie mit 25 Prozent pauschal und sozialversicherungsfrei lohnversteuert werden (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 EStG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SvEV). Umsatzsteuerlich liegen unentgeltliche Wertabgaben vor, die nicht besteuert werden. Dafür gibt es aus dem Einkauf des Buffets keinen Vorsteuerabzug.
Werden statt des Buffets belegte Brötchen serviert, damit die Schulung nicht für eine längere Mittagspause unterbrochen werden muss, liegt in dieser günstigeren Gestaltung des Arbeitsablaufs unseres Erachtens ein überwiegend betriebliches Interesse vor, sodass kein geldwerter Vorteil entsteht. Obwohl die Brötchen als Mahlzeit gelten, ist deren Abgabe aufgrund des betrieblichen Interesses auch umsatzsteuerlich unerheblich (Abschnitt 1.8. Abs. 4 Nr. 11 UStAE). Der Vorsteuerabzug bleibt dem Arbeitgeber erhalten.
PRAXISHINWEIS | Die Finanzverwaltung plant die Überarbeitung des BMF-Schreibens zur Reisekostenreform. Es bleibt zu hoffen, dass darin auch die Problematik der Mahlzeitengestellung näher geregelt wird. |
Mahlzeiten anlässlich und während einer Auswärtstätigkeit
Erhält der Arbeitnehmer während einer Dienstreise vom Arbeitgeber - oder auf Veranlassung des Arbeitgebers von einem Dritten (BMF, Schreiben vom 30.9.2013, Az. IV C 5 - S 2353/13/10004; Abruf-Nr. 133156, Rz. 63) - eine Mahlzeit, ist wertmäßig zu unterscheiden:
- Übersteigt der Preis inklusive Umsatzsteuer 60 Euro nicht, ist die Mahlzeit mit dem amtlichen Sachbezugswert zu bewerten (in 2014 für ein Frühstück 1,63 Euro, für ein Mittag- oder Abendessen je 3,00 Euro).
- Ist die 60 Euro-Grenze überschritten, muss die Mahlzeit mit ihrem tatsächlichen Wert als geldwerter Vorteil versteuert werden.
Kann der Arbeitnehmer eine steuerfreie Verpflegungspauschale beanspruchen, muss die Verpflegungspauschale wegen der Mahlzeitengestellung gekürzt werden. Dafür entfällt jedoch die Versteuerung des Sachbezugswerts als geldwerter Vorteil. Beim Überschreiten der 60 Euro-Grenze muss der geldwerte Vorteil immer mit dem tatsächlichen Wert versteuert werden.
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Der Arbeitgeber führt in einem Tagungshotel ein Seminar für die Vertriebsmitarbeiter durch. Der erste Tag startet mit einem gemeinsamen Abendessen. Am zweiten Tag erhalten die Arbeitnehmer im Hotel Frühstück und Mittagessen, am Abend werden sie vom Arbeitgeber in ein gehobenes Restaurant eingeladen. Die Veranstaltung endet am dritten Tag nach dem Frühstück. Der Preis der Mahlzeiten im Tagungshotel übersteigt die 60 Euro-Grenze nicht, für das Abendessen im Restaurant werden je Arbeitnehmer im Durchschnitt 90 Euro brutto bezahlt. |
Lösung: Die während des Seminars gewährten Mahlzeiten sind vom Arbeitgeber veranlasst. Für die teilnehmenden Arbeitnehmer, denen eine (gekürzte) Verpflegungspauschale zusteht, können die unter der 60 Euro-Grenze liegenden Mahlzeiten mit dem Sachbezugswert bewertet und müssen nicht lohnversteuert werden. Für das Abendessen oberhalb der 60 Euro-Grenze muss der tatsächliche Wert von brutto 90 Euro lohnversteuert werden.
PRAXISHINWEIS | Wenn die Mahlzeit die 60 Euro-Grenze überschreitet, muss nach Auffassung der Finanzverwaltung die Verpflegungspauschale nicht gekürzt werden. Viele Arbeitgeber werden sie dennoch kürzen, da sie neben der Mahlzeit nicht auch noch ein Tagegeld zahlen wollen. Der Arbeitnehmer kann dann die Differenz zwischen der steuerlich möglichen und der vom Arbeitgeber steuerfrei erstatteten Verpflegungspauschale als Werbungskosten geltend machen. |
Da sich alle Teilnehmer des Seminars - unabhängig von der Abwesenheitsdauer - auf Dienstreise befinden, stellen die üblichen Mahlzeiten bis 60 Euro brutto keine umsatzsteuerlichen Wertabgaben dar (Abschnitt 1.8. Abs. 13 Satz 2 UStAE). Aus den Einkaufsrechnungen steht dem Arbeitgeber der Vorsteuerabzug grundsätzlich zu. Hinsichtlich des unüblichen Abendessens im Wert von 90 Euro liegt eine unentgeltliche Wertabgabe vor, die aber nicht besteuert wird, weil der Arbeitgeber wegen der Zuordnung in den privaten Bereich keinen Vorsteuerabzug hat.
Beachten Sie | Kann ein Arbeitnehmer keine steuerfreie (gekürzte) Verpflegungspauschale beanspruchen - Abwesenheit unter acht Stunden oder nach Ablauf der Dreimonatsfrist -, muss der Sachbezugswert als geldwerter Vorteil lohnversteuert werden (Pauschalierung mit 25 Prozent möglich).
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An der Schulung aus Beispiel 1 nehmen auch Arbeitnehmer von anderen Standorten teil, die jedoch weniger als acht Stunden von der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend sind. |
Lösung: Für diese Arbeitnehmer liegt eine vom Arbeitgeber gestellte Mahlzeit während einer Dienstreise vor, die wie folgt zu behandeln ist:
- Im Falle der belegten Brötchen während der Fortbildung handelt es sich um eine Mahlzeit, die der günstigen Gestaltung des Arbeitsablaufs dient. Eine Lohnversteuerung kann unseres Erachtens unterbleiben. Umsatzsteuerlich ist die Abgabe der Brötchen während der Pause ohne Folgen.
- Wird im Anschluss der Veranstaltung ein warmes Buffet gereicht, bleibt es bei der Besteuerung des amtlichen Sachbezugswerts, am besten sozialversicherungsfrei mit dem pauschalen Lohnsteuersatz von 25 Prozent. Umsatzsteuerlich liegen steuerbare unentgeltliche Wertabgaben vor, die aber für die auswärtigen Teilnehmer keine Umsatzsteuer auslösen. Der Vorsteuerabzug für die Brötchen bleibt erhalten.
Mahlzeiten bei Seminaren externer Veranstalter
Häufig sind im Preis eines Seminars auch die Kosten für die Verpflegung der Seminarteilnehmer enthalten. Da die Verpflegung in der Regel eine Mahlzeit darstellt, ist sie als vom Arbeitgeber veranlasst anzusehen (BMF, Schreiben vom 30.9.2013, Rz. 63). Die Grundsätze für Mahlzeiten auf Dienstreisen sind deshalb entsprechend anzuwenden.
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Der Arbeitgeber übernimmt für seinen Buchhalter die Kosten für ein Umsatzsteuerseminar eines externen Seminarveranstalters. Im Seminarpreis von 490 Euro sind auch die Kosten für Tagungsgetränke, Kaffeepausen und einen Mittagsimbiss enthalten. Das Seminar dauert von 9 Uhr bis 17 Uhr. |
Lösung: Die Tagungsgetränke und Kaffeepausen zählen als Aufmerksamkeit nicht zum Arbeitslohn. Der Mittagsimbiss ist als Mahlzeit anzusehen und grundsätzlich mit dem amtlichen Sachbezugswert zu bewerten.
PRAXISHINWEIS | Bei einer üblichen Seminarverpflegung ist die 60 Euro-Grenze in der Regel eingehalten. Im Zweifel muss geschätzt werden, ob die Wertgrenze überschritten ist (BMF-Schreiben vom 30.9.2013, Rz. 66). |
Für die korrekte steuerliche Behandlung ist wieder zu unterscheiden:
- Ist der Arbeitnehmer am Seminartag mehr als acht Stunden von der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend, muss seine Verpflegungspauschale wegen der Mahlzeitengestellung gekürzt werden. Die Versteuerung des Sachbezugswerts kann dann unterbleiben.
- Ist der Arbeitnehmer nicht mehr als acht Stunden abwesend, muss der Sachbezugswert als geldwerter Vorteil versteuert werden. Dabei ist die Pauschalierung mit 25 Prozent und Sozialversicherungsfreiheit möglich.
- Da der Arbeitnehmer bei einem extern veranstalteten Seminar auswärts ist, stellen die für ihn kostenlosen Mahlzeiten, deren Wert 60 Euro brutto nicht übersteigen, keine umsatzsteuerpflichtigen unentgeltlichen Wertabgaben dar (Abschnitt 1.8. Abs. 13 Satz 2 UStAE). Aus den im Seminarpreis enthaltenen Verpflegungskosten bleibt der Vorsteuerabzug erhalten.
Wichtig | Bei kostenfreien Seminaren ist die Verpflegung aus Sicht des Veranstalters als geschäftlich veranlasste Bewirtung zu behandeln (BFH, Urteil vom 18.9.2007, Az. I R 75/06; Abruf-Nr. 073962). Da die Essenseinladung eines Dritten nicht als arbeitgebergestellte Mahlzeit anzusehen ist, ist weder die Verpflegungspauschale zu kürzen noch ein geldwerter Vorteil zu versteuern.
Weiterführender Hinweis
- Beitrag „Die Auswirkungen der Gestellung von Mahlzeiten auf die neue Verpflegungspauschale“, LGP 1/2014, Seite 4; im Archiv auf lgp.iww.de