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· Fachbeitrag · Vorsorgeförderung

Flankierende Regeln zur Pflegepflichtversicherung: Vorsorgeförderung und Steuervorteile

| Die Pflegeversicherung deckt nicht alle Kosten der Pflegebedürftigkeit ab. Bei Beamten wird der „amtsangemessene Lebensunterhalt“ durch die Neuregelung des § 39 Bundesbeihilfeverordnung gesichert. Im Übrigen hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von flankierenden Unterstützungs- und Begünstigungsregelungen für Pflegebedürftige und Pflegende geschaffen, u.a. die folgenden finanziellen Anreize. |

1. Pflegevorsorgeförderung

Um die ungedeckten Kosten der Pflegebedürftigkeit abzudecken, können privat und gesetzlich pflegeversicherte Volljährige, die noch keine Leistungen der Pflegeversicherung bezogen haben, private Zusatzversicherungen abschließen (§ 126 SGB XI). Dies ist möglich in der Form der

  • Pflegekostenversicherung (§ 192 Abs. 6 VVG) oder der
  • Pflegetagegeldversicherung (§ 192 Abs. 6 VVG).

 

Wer monatlich mindestens 10 EUR in eine auf seinen Namen lautende, förderfähige private Pflege-Zusatzversicherung zahlt, hat Anspruch auf eine Zulage von monatlich 5 EUR (§ 127 Abs. 1 SGB XI).

 

Für die Versicherungen besteht Abschlusszwang. Gesundheitsprüfungen, Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse sind nicht zulässig. Die Höhe der Versicherungsprämie hängt daher ausschließlich vom Eintrittsalter des Versicherungsnehmers bei Vertragsabschluss und vom vertraglich vereinbarten Leistungsumfang ab.

 

Die Pflege-Zusatzversicherung muss für jede Pflegestufe und bei erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45a SGB XI) Leistungen anbieten, in der Pflegestufe 3 mindestens ein Pflegemonatsgeld von 600 EUR. Im Leistungsfall kann der Versicherte frei über das Geld verfügen. Die Geldleistungen dürfen die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses jeweils geltende Höhe der Leistungen nach SGB XI nicht überschreiten, eine Dynamisierung bis zur Höhe der allgemeinen Inflationsrate ist jedoch zulässig. Weitere Leistungen darf der förderfähige Tarif nicht vorsehen (§ 127 Abs. 2 Nr. 4 SGB XI).

 

Bei der Feststellung des Leistungsfalls und der Festsetzung der Pflegestufe sind die Versicherungen an die Feststellungen der Pflegekasse gebunden (§ 127 Abs. 2 Nr. 5 SGB XI). Die Wartezeit bis zum Beginn der Leistungspflicht des Versicherers darf höchstens fünf Jahre betragen (§ 127 Abs. 2 Nr. 6 SGB XI).

2. Steuerliche Begünstigungen

Zu den flankierenden Regeln gehören auch eine Reihe steuerlicher Begünstigungsregeln.

 

Übersicht / Steuerliche Begünstigungen

  • Das aus der Pflegeversicherung gezahlte Pflegegeld ist nach § 3 Nr. 1a EStG steuerfrei.
  • Nach § 3 Nr. 36 EStG sind Einnahmen für Leistungen zur Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI steuerfrei, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht i.S. des § 33 Ab. 2 EStG gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden. Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige Pflegegeld aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des SGB XIes Sozialgesetzbuch oder eine Pauschalbeihilfe nach Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält.
  • Nach § 35a Abs. 2 S. 2 EStG kann eine Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind (vgl. mit ausführlichen Beispielen BMF Anwendungsrundschreiben zu § 35a EStG - Überarbeitung des BMF-Schreibens vom 15.2.10 (IV C4- S 2296- b/07/0003 (2010)/0014334, BStBl I S 140 Rn. 10, 42 ff.). Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, ermäßigt sich auf Antrag um 20 Prozent, höchstens 4.000 EUR, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen.
  • Steuerfrei sind nach § 13 Nr. 9a ErbStG Geldzuwendungen unter Lebenden, die eine Pflegeperson für Leistungen zur Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung vom Pflegebedürftigen erhält, bis zur Höhe des nach § 37 des SGB XI gewährten Pflegegeldes oder eines entsprechenden Pflegegeldes aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des SGB XI (private Pflegepflichtversicherung) oder einer Pauschalbeihilfe nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege.
  • Steuerfrei ist nach § 13 Nr. 9 ErbStG ein steuerpflichtiger Erwerb bis zu 20.000 EUR, der Personen anfällt, die dem Erblasser unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt Pflege oder Unterhalt gewährt haben, soweit das Zugewendete als angemessenes Entgelt anzusehen ist;
  • Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Aufwendungen für die Pflege eines pflegebedürftigen Steuerpflichtigen sind ebenso wie Krankheitskosten eine außergewöhnliche Belastung in diesem Sinne (BFHE 218,136, BStBl II, 07, 764). Aufwendungen wegen Pflegebedürftigkeit werden insoweit als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt, als die Pflegekosten die Leistungen der Pflegepflichtversicherung und das aus einer ergänzenden Pflegekrankenversicherung bezogene Pflege(tage)geld übersteigen (BFH NJW 14, 1695; 11, 2079).
  • Anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG kann ein behinderter Mensch wegen der Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf unter den Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 EStG einen sog. Behinderten-Pauschbetrag geltend machen.
  • Alternativ zur Geltendmachung außergewöhnlicher Belastungen kann ein Kind, das Pflegeleistungen erbringt, nach § 33 b Abs. 6 EStG einen Pflegepauschbetrag von 924 EUR in Anspruch nehmen. Vorausgesetzt wird, dass
    • der Elternteil die Pflegestufe 3 oder den Nachteilsausgleich H zuerkannt bekommen hat
    • der Steuerpflichtige die Pflege im Inland entweder in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchführt.
    • Der Pflegende selbst für die Pflege keine Einnahmen erhält - weder als Pflegevergütung noch als Ersatz für eigene Aufwendungen (BFH 21.3.02, III R 42/00, BSt 02 II, 417.)
 

Weiterführender Hinweis

  • Zu außergewöhnlichen Belastungen durch Kosten eines Treppenlifts, SR 14, 91
Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 129 | ID 42854603