· Fachbeitrag · Doppelbesteuerungsabkommen
Treaty Override verfassungsrechtlich zulässig
von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
Der deutsche Gesetzgeber ist auch dann nicht am Erlass eines Gesetzes gehindert, wenn dieses zu völkerrechtlichen Verträgen im Wider-spruch steht. Dies hat das BVerfG entschieden und damit festgestellt, dass die Überschreibung eines DBA durch ein innerstaatliches Gesetz (Treaty Override) verfassungsrechtlich zulässig ist (BVerfG 15.12.15, 2 BvL 1/12, DB 16, 453). |
Sachverhalt
Im Ausgangsverfahren wendeten sich die gemeinsam veranlagten Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid für 2004. Der Ehemann erzielte teils in Deutschland, teils in der Türkei Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Da die Eheleute nicht nachweisen konnten, dass die in der Türkei erzielten Einkommensbestandteile dort versteuert worden waren bzw. die Türkei auf die Besteuerung verzichtet hatte, behandelte das FA den gesamten Bruttoarbeitslohn als im Inland steuerpflichtig. Nach erfolgloser Klage hatte der BFH (Vorlagebeschluss vom 10.1.12, I R 66/09) das Revisionsverfahren ausgesetzt, um die Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 50d Abs. 8 S. 1 EStG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Diese Frage hat das BVerfG jetzt bejaht.
Anmerkungen
In dem - heute nicht mehr gültigen - DBA-Türkei 1985 war geregelt, dass Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Personen in der Türkei erzielen, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden und nur bei der Festsetzung des Steuersatzes für andere Einkünfte berücksichtigt werden dürfen. Demgegenüber wird die Freistellung nach § 50d Abs. 8 S. 1 EStG in der seit dem VZ 2003 gültigen Fassung „ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden.“
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