· Fachbeitrag · Bestattungskosten
Trotz Erbausschlagung bestattungspflichtig: Darauf müssen Kinder achten
| Bestattungskosten werden nach § 74 SGB XII übernommen werden, wenn sie unzumutbar sind. Betroffene müssen sich aber aktiv bemühen, Ausgleichsansprüche gegen weitere Bestattungspflichtige geltend zu machen. |
Sachverhalt
Die verwitwete Mutter war am 26.5.12 verstorben. Die Klägerin sowie ihr Bruder schlugen die Erbschaft aus. Sie beantragte beim Sozialhilfeträger, die Bestattungskosten zu übernehmen. Dieser übernahm den Anteil der Klägerin. Wegen des Rests verwies er sie auf den Ausgleichsanspruch gegen den Bruder. In ihrer Klage gab sie an, dass sich der Bruder nicht an den Kosten beteiligen wolle. Das Verhältnis sei zerrüttet und seine Einkommensverhältnisse ihr unbekannt. Eine Klage gegen ihn sei ihr aufgrund des ungewissen Ausgangs und des Prozessrisikos nicht zumutbar. Das LSG wies die Klage ab.
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Entscheidungsgründe
Die Kosten der Bestattung müssen grundsätzlich die Erben tragen, die es hier jedoch aufgrund der Ausschlagung nicht gab. Sind keine Erben vorhanden, sind Unterhaltsverpflichtete heranzuziehen (§ 1615 Abs. 2 BGB), sofern sie leisten können, ohne den eigenen angemessenen Unterhalt zu gefährden. Nach § 74 SGB XII werden die Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, sofern diese der Person, die sie tragen muss, diese nicht zugemutet werden können. Die Klägerin war nicht leistungsfähig und wies ihr geringes Erwerbseinkommen und eine Witwenrente nach.
Allerdings traf die Klägerin die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht aus dem BestattG BW. Danach waren hier beide Geschwister gleichrangig bestattungspflichtig und Gesamtschuldner. Diese Pflicht besteht auch, wenn die Erbschaft ausgeschlagen wird. Die Klägerin hatte daher zwei Ansprüche gegen ihre zwei Geschwister: Einen Ausgleichsanspruch sowie einen Anspruch auf anteiligen Aufwendungsersatz aus GoA (§§ 677, 683, 670 BGB).
Für die Prüfung, ob die Kosten zumutbar sind, oder der Betroffene bedürftig ist, sind auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sonstiger Ausgleichspflichtiger offenzulegen. Dies hat die Klägerin hier nicht getan. Die vom Gericht angeforderten Unterlagen und Nachweise legte sie nicht vor. Auch hat sich die Klägerin nicht bemüht, Kontakt mit ihrem Bruder aufzunehmen und erst gar nicht versucht, sich mit ihm zu verständigen.
Beachten Sie | Die Klägerin bezog sich auf ein Urteil des BSG vom 29.9.09 (B 8 SO 23/08 R). Ein Sozialhilfeträger dürfe einem bedürftigen Bestattungspflichtigen nicht Ausgleichsansprüche gegenüber Dritten entgegenhalten, wenn dies ein gerichtliches Vorgehen mit unsicherem Ausgang erfordert (29.9.09, B 8 SO 23/08 R). Das LSG stellte hierzu fest, dass es keine Anhaltspunkte gab, dass der Bruder nicht zahlen könnte. Es betonte Ausnahmefälle (Ausschlusswirkung § 2 Abs. 1 SGB XII), wenn Bedürftige sich generell nicht selbst bemühen und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind. Die Klägerin habe lediglich das Bestattungsunternehmen beauftragt und sonst nichts unternommen..
Relevanz für die Praxis
Sind mehrere Personen gleichrangig verpflichtet, die Kosten einer Bestattung zu tragen, sollten diese sich schnell verständigen. Das Gericht führte in den Urteilsgründen aus, dass die Klägerin „unverzüglich Kontakt“ zu den bestattungspflichtigen Geschwistern aufzunehmen hatte, um die Bestattung und deren Kosten zu klären. Das heißt: Man muss sich frühzeitig aktiv darum kümmern, eine Regelung unter allen Bestattungspflichtigen herbeizuführen.