· Fachbeitrag · Familienverträge
Vermögensübertragung gegen Versorgung: Unterschätztes Steuersparmodell nutzen
| Möchte ein Unternehmer seinen Betrieb oder einen Teil davon gegen monatliche Zahlungen auf die nächste Generation übertragen, ohne einen Veräußerungsgewinn versteuern zu müssen, bietet sich die Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen an. Das ist zu beachten, damit dieses oft vernachlässigte Steuersparmodell funktioniert. |
1. Steuerliche Vorteile bei Anerkennung durch das Finanzamt
Übertragen z. B. Eltern ihr unternehmerisches Vermögen (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil, mindestens 50-prozentiger GmbH-Anteil) gegen lebenslange Versorgungsleistungen auf ihre Kinder, winken für den Übergebenden und den Nachfolger folgende ertragsteuerliche Vorteile:
Übergeber | Übernehmer | |
Versorgungsleistungen | Erhaltene Zahlungen sind nach § 22 Nr. 1a EStG zu versteuern. | Geleistete Zahlungen stellen nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG Sonderausgaben dar. |
Übertragung | Es muss kein Veräußerungsgewinn versteuert werden. | Buchwerte bzw. Anschaffungskosten der übertragenen Wirtschaftsgüter werden fortgeführt (§ 6 Abs. 3 EStG, § 17 Abs. 2 S. 5 EStG). |
Beachten Sie | Damit das Finanzamt diese Art der Vermögensübertragung anerkennt, kommt es darauf an, dass sich die vertraglich vereinbarten Versorgungsleistungen nicht nach dem Wert des übertragenen Vermögens bemessen, sondern nach dem Versorgungsbedürfnis des Übergebers.
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Der Vater überträgt seinen Betrieb (Wert 1 Mio. EUR, jährliche Gewinne 100.000 EUR) auf seinen Sohn. Als Gegenleistung wird eine lebenslange Versorgungsleistung (Bar- und Sachleistung) in Höhe von 3.000 EUR im Monat vereinbart (Barwert dieser Versorgungsleistung 350.000 EUR). Folge: Da sich die Gegenleistung auf das Versorgungsbedürfnis des Übergebers bezieht, handelt es sich um eine unentgeltliche Vermögensübertragung. Der Sohn kann die 3.000 EUR im Monat als Sonderausgabe geltend machen, der Vater muss denselben Betrag monatlich als sonstige Einkünfte versteuern.
Variante: Die Mutter überträgt ihren Betrieb (Wert 600.000 EUR) auf ihre Tochter. Die beiden vereinbaren, dass die Tochter eine Einmalzahlung von 250.000 EUR und eine lebenslange Leibrente in Höhe von 3.000 EUR monatlich (= Barwert 350.000 EUR) leisten muss. |
Folge: Da die Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen ist, liegt eine entgeltliche Vermögensübertragung vor. Die Mutter muss für die Einmalzahlung einen Veräußerungsgewinn versteuern, für die Leibrente hat sie ein Wahlrecht zwischen der Sofort- oder der laufenden Besteuerung (R 16 Abs. 1 EStR). Die Tochter hat Anschaffungskosten. Die Rentenverpflichtung ist eine betriebliche Verbindlichkeit. Der Zins kann als Betriebsausgaben abgezogen werden. Der Tilgungsanteil ist gewinnneutral. |
2. Diese fünf Besonderheiten sollten Sie kennen
Das Bayerische Landesamt für Steuern hat einen Leitfaden zu den steuerlichen Besonderheiten der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen ‒ Stand September 2017 ‒ veröffentlicht (Abruf-Nr. 196510). Fünf Aussagen darin sind besonders interessant.
a) Begünstigtes Vermögen ‒ abschließende Aufzählung im Gesetz
Sonderausgaben kann der Übernehmer für Versorgungsleistungen nur dann abziehen, wenn folgendes Vermögen übertragen wird:
- Betrieb, Teilbetrieb
- Mitunternehmeranteil einer „aktiven“ Mitunternehmerschaft
- GmbH-Anteil mit mindestens 50 Prozent und Übergang der Geschäftsführung
Beachten Sie | Die Mitunternehmerschaft muss eine aktive Tätigkeit ausüben. Deshalb greifen die Vorteile aus der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen nicht, wenn die Personengesellschaft, an der ein Mitunternehmeranteil gehalten wird, nur vermögensverwaltend tätig und gewerblich geprägt ist (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Ausreichend ist es aber, wenn die Personengesellschaft gewerbliche Einkünfte aufgrund Abfärberegelung erzielt (§ 15 Abs. 3 Nr. 1, Alt. 1).
b) Versorgungsleistungen müssen lebenslänglich gewährt werden
Grundgedanke der steuerlich geförderten Vermögensübertragung ist, dass der Vermögensübergeber lebenslänglich wirtschaftlich versorgt wird. Deshalb können wiederkehrende Leistungen nur dann nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 S. 2 EStG begünstigte Versorgungsleistungen sein, wenn sie auf die Lebenszeit des Empfängers zu erbringen sind.
Nicht begünstigt sind nach dieser These deshalb wiederkehrende Leistungen, die
- für eine feste Laufzeit,
- für eine Höchstlaufzeit (abgekürzte Leibrente),
- oder für eine Mindestlaufzeit (verlängerte Leibrente)
erbracht werden.
Bei solchen vereinbarten Leistungen handelt es sich um eine entgeltliche Vermögensübertragung.
c) Empfänger der Versorgungsleistungen steuerlich gezielt auswählen
Begünstigter Empfänger der Versorgungsleistungen ist grundsätzlich derjenige, der das Vermögen übergibt. Die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist aber auch dann begünstigt, wenn die Zahlung geleistet wird an den Ehegatten, den Lebenspartner (eingetragene Lebenspartnerschaft) oder an die dem Übergeber „vorangegangene“ Generation, die das begünstigte Vermögen ihrerseits dem jetzigen Übergeber übertragen hat. Begünstigt ist auch die Auszahlung an erb- und pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge des Übergebers (BMF-Schreiben vom 11.3.10, IV C 3 ‒ S 2221/09/10004, Rn. 50, Abruf-Nr. 101021).
PRAXISHINWEIS | Muss der Übernehmer Versorgungsleistungen an seine Geschwister zahlen, unterstellt das Finanzamt, dass diese nicht versorgt, sondern gleichgestellt werden sollen. Damit wäre die Steuervergünstigung nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG verloren. Diese Vermutung können Übergeber und Übernehmer aber durch Vorlage geeigneter Unterlagen und Vereinbarungen widerlegen. |
d) Übertragenes Vermögen muss ausreichend ertragbringend sein
Die vierte Voraussetzung für die steuerbegünstigte Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen besteht darin, dass das übertragene Vermögen ausreichend ertragbringend ist. Konkret: Der langfristig erzielbare durchschnittliche Jahresertrag des übertragenen Vermögens muss ausreichen, um die jährlichen Versorgungsleistungen zu erbringen (BMF-Schreiben vom 11.3.10, Rn. 26).
PRAXISHINWEIS | Es ist aber unschädlich, wenn die erzielbaren Erträge die Versorgungsleistungen geringfügig unterschreiten. Das Finanzamt muss eine Unterschreitung von bis zu zehn Prozent akzeptieren (BFH 16.6.04, X R 50/01, Abruf-Nr. 042889). |
e) Übertragung vor dem 1.1.08: Übergangsregelung beachten
Nach der Rechtslage bis Ende 2007 konnte eine steuerlich begünstigte Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen für jedes Vermögen gestaltet werden, das in irgendeiner Form Erträge abwarf. Diese Grundsätze sind für alle Vermögensübertragungen, die vor dem 1.1.08 vereinbart worden sind, weiter anzuwenden. Ausführliche Informationen dazu finden Betroffene im BMF-Schreiben vom 6.5.16 (IV C 3 ‒ S 2221/15/10011:004, Abruf-Nr. 196509).
FAZIT | Bei der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen müssen Übergeber und Übernehmer unzählige Urteile und Sondervorschriften beachten. Der Leitfaden des BayLfst ist dabei eine wertvolle Hilfe, um die Übertragung so zu gestalten, dass sie auch steuerlich anerkannt wird. Das liegt u. a. daran, dass Sie darin viele erklärende Beispiele finden. |