01.02.2006 | Ausländische Fahrerlaubnis
Zulässigkeit der Entziehung einer im Ausland erworbenen ausländischen EU-Fahrerlaubnis
Erweist sich die Ordnungsverfügung, von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland keinen Gebrauch machen zu dürfen, weder als offensichtlich rechtmäßig noch als offensichtlich rechtswidrig, geht die umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen der privaten und öffentlichen Belange zu Lasten des Inhabers der Fahrerlaubnis (OVG Münster 4.11.05, 16 B 736/OS, Abruf-Nr. 053646). |
Sachverhalt
Der Antragsteller wurde im Juni 03 wegen Fahrens unter Drogeneinfluss in einem Strafverfahren verurteilt. Wegen dieses Vorfalls wurde ihm im Dezember 03 von der Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis wegen Fehlens der Kraftfahreignung entzogen. Ein später gestellter Antrag auf Neuerteilung wurde wegen ungünstigen Ausgangs des MPU-Verfahrens abschlägig beschieden. Im November 04 erwarb der Antragsteller dann eine tschechische Fahrerlaubnis. Deren Gebrauch im Inland untersagte die FE-Behörde durch Verfügung mit Sofortvollzug vom 13.1.05. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hatte auch beim OVG keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Ordnungsverfügung ist weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig ist. Bei einer solchen Sachlage gehen die Belange der Öffentlichkeit, vor ungeeigneten Kraftfahrern geschützt zu werden, vor den privaten Interessen des Antragstellers auf Benutzung eines Kfz im Straßenverkehr vor. Zwar kann dem inländischen Anerkennungsvorbehalt in § 28 Abs. 5 FeV gemeinschaftsrechtlich wegen der in Art. 1 Abs. 2 der Führerscheinrichtlinie 91/439/EWG ausgesprochenen Pflicht der EU-Mitgliedstaaten zur wechselseitigen Anerkennung von Fahrerlaubnissen Grenzen gesetzt sein. Ebenso darf nicht verkannt werden, dass zumindest die Befugnis der Behörde zweifelhaft ist, aufgrund eines Vorfalles, der strafrechtlich zuvor nur zu einem Fahrverbot geführt hat, eine nachträglich erworbene ausländische Fahrerlaubnis zu entziehen bzw. deren Inlandsgebrauch zu untersagen. Andererseits hat aber der EuGH in seiner Entscheidung vom 29.4.04 (Fall: Kapper; VA 04, 100, Abruf-Nr. 041215) ggf. die Dualität des im deutschen Straßenverkehrsrecht bestehenden Maßnahmesystems nicht hinreichend vor Augen gehabt. Solange keine europarechtliche Harmonisierung der materiellen Voraussetzungen für die Fahrerlaubniserteilung und an einem zentralen europäischen Straßenverkehrsregister bzw. einer hinlänglichen Vernetzung der bestehenden nationalen Register vorhanden ist, gibt es keine Rechtfertigung, auf die Einhaltung nationaler Schutzmechanismen zu verzichten. Daher spricht viel dafür, die Auffassung, dass eine EU-Fahrerlaubnis außerhalb der Sperrfristfälle nur dann automatisch anzuerkennen ist, wenn das nationale Fahrerlaubnisrecht keine weiteren – insbesondere materiellen – Anforderungen an die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis stellt.
Praxishinweis
Das OVG Münster hat anders entschieden als das OVG Koblenz in einem vergleichbaren Fall (NJW 05, 3228). Die Koblenzer Richter hatten ebenfalls die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung offen gelassen, bei der Abwägung aber die Interessen des Inhabers der ausländischen Fahrerlaubnis höher bewertet. Letztlich werden die mit dem Erwerb einer ausländischen Fahrerlaubnis zusammenhängenden verwaltungsrechtlichen Fragen vom BVerwG, wenn nicht erneut vom EuGH, entschieden werden müssen. Hierzu siehe auch die Rspr.-Übersicht in VA 05, 142, und VG München NZV 05, 439, das sich mit einer Vorlage an den EuGH gewandt hat (zu allem auch Ternig zfs 05, 585).
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