01.12.2005 | Autokauf
„Flexible Altersgrenze“ bei EU-Neuwagen
1. Auch ohne eine Bezeichnung wie „Lagerfahrzeug“ bedeutet eine mehr als einjährige Standdauer/Lagerzeit beim Verkauf eines ungebrauchten EU-Importfahrzeugs nicht in jedem Fall einen Sachmangel. |
2. Der Umstand, dass eine behördliche Ausnahmegenehmigung für die Zulassung von „Lagerfahrzeugen“ unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erteilt worden ist, stellt weder einen Sach- noch einen Rechtsmangel dar. |
3. Verständigen sich die Vertragsparteien auf eine Mängelbeseitigung in einer Drittwerkstatt, kann der Käufer im Falle des Fehlschlagens ohne weiteres vom Kauf zurücktreten. |
4. Ein nach Rücktrittserklärung einvernehmlich beseitigter Mangel kann zur Begründung der Sachmängelhaftung nicht mehr herangezogen werden. |
(OLG Düsseldorf 24.10.05, I-1 U 84/05, rkr., Abruf-Nr. 053169) |
Sachverhalt
Der Kläger hatte von der Beklagten, die mit importierten Geländewagen handelt, einen „neuen“ Suzuki Samurai gekauft. Da er nicht mit einem On-board-Diagnosesystem ausgerüstet war, bedurfte es für die Erstzulassung einer Ausnahmegenehmigung. Sie lag vor, stand aber unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Schon kurz nach der Zulassung traten Getriebeprobleme auf. Man einigte sich darauf, dass der Kläger eine örtliche Suzuki-Werkstatt einschaltet. Die Einzelheiten der wiederholten Nachbesserungsversuche sind strittig. Der anwaltlich beratene Kläger erklärte – ohne vorherige Fristsetzung – den Rücktritt vom Kauf und begründete dies mit dem Scheitern der Nachbesserung. Außerdem führte er eine „überlange Lagerdauer“ als weiteren Mangel an. Unstreitig lag zwischen der Produktion des Fahrzeugs und dem Verkauf an den Kläger ein Zeitraum zwischen 12 und 13 Monaten. In beiden Instanzen blieb die Klage erfolglos.
Entscheidungsgründe
In technischer Hinsicht war der Wagen zwar bei Auslieferung mangelhaft. Gleichwohl hat das OLG ein Recht zum Rücktritt verneint. Denn es fehlte an der erforderlichen Fristsetzung zur Nacherfüllung und ein Ausnahmetatbestand lag nicht vor, insbesondere nicht in Form der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung, wie der Kläger meinte. In diesem Zusammenhang geht das Urteil auf die Konstellation „Nachbesserung im Drittbetrieb“ näher ein und behandelt Fragen des Fehlschlagens bei nacheinander auftretenden Mängeln. Erörtert wird ferner die „Standzeitproblematik“ bei einem EU-Neuwagen, wobei das Gericht unter den konkreten Einzelfallumständen eine geringfügige Überschreitung der Einjahresgrenze toleriert. Verneint hat es einen Mangel auch insoweit, als die Ausnahmegenehmigung für die Erstzulassung unter Vorbehalt erteilt worden ist. Eine Auskunft bei der zuständigen Behörde hatte ergeben, dass dem Kläger dadurch keinerlei Nachteil droht.
Praxishinweis
Das vorliegende Urteil zeigt einmal mehr, dass der Verkauf von EU-Importwagen häufig einen Rattenschwanz echter wie vermeintlicher Probleme nach sich zieht. Vor dem Hintergrund der Einjahresgrenze (BGH VA 03, 180, Abruf-Nr. 032291 = NJW 04, 160) besonders brisant ist die „Altersproblematik“. Weitere aktuelle Entscheidungen dazu: OLG Braunschweig ZGS 05, 395 (27 Mo. kein Mangel); LG Essen 21.1.05, 8 O 759/04, Abruf-Nr. 053170, rkr. (16 Mo. Mangel); generell zur Haftung des „Importvermittlers“ s. OLG Frankfurt NJW-RR 05, 1222.
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