01.10.2006 | Autokauf
Gebrauchtwagenkauf: BGH klärt wichtige Fragen
1. Zur Frage der arglistigen Täuschung bei einem Gebrauchtwagenkauf durch Zusicherung der Unfallfreiheit des Fahrzeugs „ins Blaue hinein“. |
2. Die Nacherfüllung durch Lieferung einer anderen, mangelfreien Sache ist auch beim Stückkauf nicht von vorneherein wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen. Möglich ist die Ersatzlieferung nach der Vorstellung der Parteien dann, wenn die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden kann. Beim Kauf eines Gebrauchtwagens liegt es in der Regel nahe, dies zu verneinen, wenn dem Kaufentschluss eine persönliche Besichtigung des Fahrzeugs vorangegangen ist. |
(BGH 7.6.06, VIII ZR 209/005, Abruf-Nr. 062429) |
Sachverhalt
Der Kläger kaufte Anfang 2002 von dem beklagten Autohersteller (vermutlich DaimlerChrysler) einen gebrauchten Mercedes. Im Bestellformular war in der Zeile „Zahl, Art und Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ notiert: KEINE. In Wirklichkeit war der Wagen vor mehr als drei Jahren nach einem Unfall des damaligen Besitzers (Leasingnehmer) instand gesetzt worden, allerdings in einer anderen Niederlassung der Beklagten. Als Leasingrückläufer war er später über die Leasinggeberin, eine Tochtergesellschaft der Beklagten, zu derjenigen Niederlassung gelangt, wo der Kläger ihn nach Besichtigung erworben hat. Strittig war der Inhalt eines vorausgegangenen Telefonats, in dem ein Mitarbeiter der Niederlassung uneingeschränkt Unfallfreiheit zugesagt haben soll. Wegen arglistiger Täuschung erklärte der Kläger die Anfechtung des Kaufs. Das LG Lübeck hat die auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage abgewiesen. Vor dem OLG Schleswig war der Kläger erfolgreich (NJW-RR 05, 1579). Die zugelassene Revision der Beklagten führte zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
Entscheidungsgründe
Mit dem OLG geht der BGH von einer arglistigen Täuschung aus; allerdings mit anderer Begründung. Während das OLG eine niederlassungsübergreifende Wissenszurechnung angenommen hat (Kenntnis der Reparatur-Niederlassung = Kenntnis der Verkaufs-Niederlassung), bejaht der BGH Arglist in der Person des Verkaufsangestellten. Er habe Unfallfreiheit ohne hinreichende Erkenntnisgrundlage, somit „ins Blaue hinein“, zugesichert. Akzeptiert hat der BGH auch die rücktrittsrechtliche Hilfsbegründung des OLG. Eine unwirksame Anfechtungserklärung könne in einen Rücktritt umgedeutet werden (§ 140 BGB). Ein Rücktrittsgrund liege darin, dass der Wagen vereinbarungswidrig nicht unfallfrei gewesen sei. Sodann stellt der BGH fest, dass der Kläger ein sofortiges Recht zum Rücktritt gehabt habe, eine Fristsetzung entbehrlich gewesen sei (§ 326 Abs. 5 BGB). In diesem Zusammenhang geht er auf den Vorrang der Nacherfüllung ein, verneint ihn indes mit der Begründung, beide Arten der Nacherfüllung seien der Beklagten unmöglich gewesen (§ 275 Abs.1 BGB). Unter ausführlicher Erörterung der Kontroverse „Nachlieferung beim Stückkauf“ entscheidet er sich wie aus dem Leitsatz 2) ersichtlich.
Des Weiteren setzt er sich mit der Verjährungseinrede der Beklagten auseinander. Nach Meinung des BGH kommt es auf den Zeitpunkt an, zu dem der Rücktritt erklärt worden ist, also nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung. Erfolg hat die Revision lediglich insoweit, als sie die uneingeschränkte Verurteilung der Beklagten beanstandet. Auch ohne formellen Antrag hätte das OLG die Beklagte zur Zahlung nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs und Zahlung einer Nutzungsvergütung verurteilen dürfen.
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