01.04.2005 | Fahrverbot
Absehen vom Fahrverbot aus beruflichen Gründen (hier: Kleinunternehmerin)
Zu den Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen und zum Umfang der Begründung, wenn der Tatrichter von einem Fahrverbot absehen will (OLG Celle 23.12.04, 211 Ss 145/04, Abruf-Nr. 050331). |
Entscheidungsgründe
Das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots trotz Vorliegens eines Regelfalls kommt nur in Betracht bei Härten ganz außergewöhnlicher Art, sonstiger das Tatbild beherrschender außergewöhnlicher Umstände oder einer Vielzahl zusammentreffender durchschnittlicher Umstände. Die Prüfung, ob ein derartiger Ausnahmefall gegeben ist, muss zweistufig erfolgen:
- Kann wegen besonderer Umstände ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbots unter Erhöhung der Regelgeldbuße abgesehen werden?
- Stehen außergewöhnliche Härten, z.B. der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Verlust der wirtschaftlichen Existenz als Folge des Fahrverbots, einer Verhängung eines Fahrverbots entgegen.
Im Rahmen seiner Überzeugungsbildung darf der Tatrichter Behauptungen des Betroffenen nicht einfach hinnehmen, sondern er muss sie im Urteil besonders kritisch hinterfragen und entsprechend würdigen. Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Die Begründung des AG für das Absehen vom Verhängen eines Fahrverbots ist lückenhaft:
- Es wird bereits nicht mitgeteilt, wie oft und in welchem Umfang die Betroffene für ihr Kleinunternehmen Bekleidung und Pelze transportieren muss. Es fehlt an Angaben zu Anzahl und Wohnort der Kunden.
- Die Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen sind unvollständig. Es bleibt unklar, ob das Unternehmen tatsächlich die existenzsichernde Haupteinnahmequelle der Betroffenen ist.
- Ob auch der Ehemann zum Familieneinkommen beiträgt, bleibt offen.
- Ferner enthält das Urteil keine Angaben dazu, ob die Betroffene das Fahrverbot – eine viermonatige Antrittsfrist vorausgesetzt – nicht während eines Urlaubs hätte ableisten können.
- Schließlich stützt das Gericht seine Feststellungen lediglich auf die Angaben der Betroffenen und die „Vorlage der Einnahme-/Überschussrechnungen“, ohne dass aber der Inhalt oder auch nur das Datum dieser betriebswirtschaftlichen Unterlagen mitgeteilt wird. Es ist dem Rechtsbeschwerdegericht daher nicht möglich nachzuvollziehen, ob diese Unterlagen die behaupteten Angaben der Betroffenen zur behaupteten aktuellen wirtschaftlichen Situation ihres Kleinunternehmens hinreichend belegen.
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