02.01.2008 | Gebrauchtwagenkauf
BGH erklärt Freizeichnungsklausel für unwirksam
Eine umfassende Freizeichnung in AGB, nach der die Haftung des Klauselverwenders auch für Körper- und Gesundheitsschäden (§ 309 Nr. 7 Buchst. a BGB) und für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden (§ 309 Nr. 7 Buchst. b BGB) ausgeschlossen ist, ist nicht nur gegenüber Verbrauchern, sondern ebenso im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders unwirksam (BGH 19.9.07, VIII ZR 141/06, Abruf-Nr. 073540, Versäumnisurteil, nicht rkr.). |
Sachverhalt
Der Kläger, ein Unternehmer, kaufte von der beklagten Vertragshändlerin ein gebrauchtes Kfz „zu den nachfolgenden und umseitigen Geschäftsbedingungen ... unter Ausschluss jeder Gewährleistung“. Später stellte sich heraus, dass die Angaben im Kaufvertrag über die Gesamtlaufleistung und die Anzahl der Betriebsstunden falsch waren. In den unteren Instanzen scheiterte die Klage, gerichtet vor allem auf Rückzahlung des Kaufpreises, an der formularmäßigen Freizeichnung. Der BGH hat die Revision des Klägers zugelassen. Da die Beklagte in der Revisionsverhandlung anwaltlich nicht vertreten war, hat er durch Versäumnisurteil entschieden. Inhaltlich beruht sein Urteil, gegen das Einspruch eingelegt wurde, jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer umfassenden Würdigung des Sach- und Streitstandes. Sie führt zu einer Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises.
Entscheidungsgründe
Entgegen der Ansicht des OLG sieht der BGH in der Freizeichnungsklausel kein Hindernis für die im übrigen begründete Klage auf Rückabwicklung des Kaufs. Die Klausel sei nämlich gem. § 307 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 310 Abs. 1 S. 2, 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB unwirksam. Die Inhaltskontrolle nimmt der BGH anhand des § 307 BGB (früher § 9 AGBG) vor, weil die Klausel gegenüber einem Unternehmer, nicht gegenüber einem Verbraucher, verwendet wurde. Bei der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr seien jedoch die Klauselverbote des direkt nicht anwendbaren § 309 BGB zu berücksichtigen. Falle eine Klausel bei Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm des 309 BGB, so sei dies grundsätzlich ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteilung führe. Sodann geht der BGH auf die Regelungen in den Buchstaben a und b des § 309 Nr. 7 BGB ein. Mit den dort enthaltenen Freizeichnungsverboten sei die umfassende Freizeichnungsklausel in den AGB der Beklagten unvereinbar und damit unwirksam.
Praxishinweis
Als der Kaufvertrag geschlossen wurde (11/03), war die Sprengkraft des § 309 Nr. 7 aund b BGB selbst unter profilierten Vertragsrechtlern nicht Allgemeingut. Schon das Urteil des BGH vom 15.11.06, VA 07, 26, Abruf-Nr. 070017, hat in den interessierten Kreisen zu einer Überprüfung ihrer Klauselwerke geführt. Jedenfalls in der Kfz-Branche hat man relativ schnell reagiert. Nach einer Zwischenlösung mit Einsatz von „Zusatzvereinbarungen“ will man im Frühjahr 2008 mit neuen Vertragsformularen antreten. Anwälte, die Käufer vertreten, egal ob Verbraucher oder Unternehmer, haben mit der hier angezeigten BGH-Entscheidung wie schon mit BGH VA 07, 26, eine ungemein scharfe Waffe in der Hand, um Freizeichnungsklauseln zu eliminieren.
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