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  • 01.06.2006 | Gebrauchtwagenkauf

    Grundsatzurteil zur Abgrenzung von Verschleiß und Sachmangel

    1. Herrscht Streit darüber, ob ein bestimmter Zustand und/oder Defekt des verkauften Gebrauchtfahrzeugs das Ergebnis normalen Verschleißes ist, so ist vorrangig anhand der gesamten Erklärungen des Verkäufers zu prüfen, ob eine vertragswidrige Beschaffenheit anzunehmen ist.  
    2. Mit einer Erklärung wie „Gesamtfahrleistung nach Angaben des Vorbesitzers 96.000 km“ macht ein professioneller Kfz-Händler zumindest eine Beschaffenheitsangabe des Inhalts, dass der Motor des angebotenen Gebrauchtfahrzeugs nicht wesentlich stärker verschlissen sei, als die mitgeteilte Laufleistung erwarten lasse.  
    3. Zur Frage der Mangelhaftigkeit nach den objektiven Prüfkriterien des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB.  
    (OLG Düsseldorf 8.5.06, I-1 U 132/05, Abruf-Nr. 061334)  

     

    Sachverhalt

    Auf der Basis eines handelsüblichen Bestellscheins kaufte die Klägerin von dem beklagten Kfz-Händler im Februar 2002 einen BMW 540 iA für 8.500 EUR. Laut Brief hatte der im April 1993 erstzugelassene Wagen fünf Vorbesitzer. Seine „Gesamtfahrleistung lt. Vorbesitzer“ war mit 96.000 km notiert. Das mit frischen Plaketten für HU und AU ausgelieferte Fahrzeug habe, so die Klägerin, von Anfang an „Macken“ gehabt, vor allem an der Lenkung. Außerdem beanstandete sie einen „unrunden Motorlauf“. Als Arbeiten in der Werkstatt des Beklagten nicht das gewünschte Ergebnis hatten, verlangte die Klägerin „Wandelung“. Das LG ließ die Mängelrügen durch einen Sachverständigen überprüfen. Als dieser den Motor teilzerlegte, war die Klägerin rd. 38.000 km mit dem Wagen gefahren. Wegen eines Sachmangels in Form „überproportionalen Motorenverschleißes“ gab das LG der Klage statt. Die Berufung des Beklagten führte zur Klageabweisung.  

     

    Entscheidungsgründe

    In zweiter Instanz ging es nur noch um die „Motorprobleme“ (Verschleiß/unrunder Leerlauf). Um sich insoweit kundig zu machen, beauftragte der Senat einen „Obergutachter“. Klären sollte er vor allem, ob der Motor bei Auslieferung des Fahrzeugs wesentlich stärker verschlissen war, als es die mitgeteilte Laufleistung von 96.000 km habe erwarten lassen. Möglich, aber nicht sicher, so das Fazit des Sachverständigen. Damit war der Beweis der Mangelhaftigkeit nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB (Beschaffenheitsvereinbarung) nicht geführt. Nur in einer Hilfsbegründung ist der Senat auf die vom LG bejahte Mangelhaftigkeit i.S.d. drei objektiven Kriterien des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB eingegangen, insbesondere auf das Merkmal „Käufererwartung“.  

     

    Praxishinweis

    Nach dem Wegfall des umfassenden Gewährleistungsausschlusses beim gewerblichen Verkauf an Verbraucher dreht sich der Streit häufig um die Abgrenzung zwischen Verschleiß/Alterung einerseits und Mangelhaftigkeit im Rechtssinn andererseits (umfassend dazu Reinking/Eggert, 9. Aufl., Rn. 1223 ff.). Dass normaler Verschleiß i.d.R. kein Sachmangel ist, hat jetzt auch der BGH klargestellt ( VA 06, 1, Abruf-Nr. 053470 = NJW 06, 434). Die Bedeutung des OLG-Urteils liegt insbesondere darin, die (vorrangige) Prüfung nach dem subjektiven Maßstab der „Beschaffenheitsvereinbarung“ ins Bewusstsein zu rücken. Aufhänger sind nicht nur Km-Angaben , sondern auch Erklärungen wie „scheckheftgepflegt“, „werkstattgeprüft“ und „generalüberholt“, allerdings nur von Seiten gewerblicher Verkäufer.