01.10.2005 | Gebrauchtwagenkauf
Umfassender Gewährleistungsausschluss trotz individuellen Zusatzes
Enthält ein zwischen Privatpersonen geschlossener Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kfz einen formularmäßigen Ausschluss jeder Gewährleistung, wird dieser durch den handschriftlichen Zusatz „gekauft wie gesehen“ nicht eingeschränkt (BGH 6.7.05, VIII ZR 136/04, Abruf-Nr. 052571). |
Sachverhalt
Am 18.1.01 kaufte der Kläger vom Beklagten einen gebrauchten Pkw auf der Basis eines ADAC-Formulars mit einem vorformulierten Gewährleistungsausschluss. Dort, wo der Verkäufer Zusicherungen zum Thema „Unfallschaden“ machen konnte, war weder Unfallfreiheit noch ein bestimmter Vorschaden angegeben. Angekreuzt war lediglich „keine sonstigen Beschädigungen“ und im Anschluss daran in eine Leerzeile von Hand eingefügt: „gekauft wie gesehen und wie Probefahrt“. Als der Kläger einen nicht sachgerecht behobenen Unfallschaden entdeckte, verlangte er Wandelung. Vor dem OLG hatte er damit Erfolg. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Urteil auf und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an die Vorinstanz zurück.
Entscheidungsgründe
Das OLG hat in dem unzulänglich reparierten Unfallschaden einen Fehler gesehen, für den der Beklagte trotz der Klausel „unter Ausschluss jeder Gewährleistung“ auch ohne den Nachweis einer arglistigen Täuschung oder einer entgegenstehenden Zusicherung haften müsse. Durch den individuellen Zusatz „gekauft wie gesehen und wie Probefahrt“ sei die Formularklausel dahin modifiziert worden, dass ein bei der Besichtung/Probefahrt nicht erkennbarer Mangel (hier: Unfallschaden) von der Freizeichnung auszunehmen sei. Dieser Vertragsauslegung ist der BGH nicht gefolgt, weil sie dem Wortlaut des Vertrages und dem tatsächlichen Willen der Parteien widerspreche. Bis zum Hinweis des OLG in der mündlichen Verhandlung sei man übereinstimmend von einem umfassenden Gewährleistungsausschluss ausgegangen.
Praxishinweis
Es handelt sich zwar um einen „Altfall“. Dennoch ist das Urteil auch für Fälle aus der Zeit nach In-Kraft-Treten der Schuldrechtsreform von einiger Bedeutung. Das aktuelle ADAC-Vertragsformular für das private Direktgeschäft weicht in Aufbau und Text nur unwesentlich von den früher gängigen ADAC-Formularen ab. Erkennbares Hauptziel des Verkäufers ist weiterhin der Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung. Nur soweit er eine „Garantie“ (früher: „Zusicherung“) übernommen hat, soll etwas anderes gelten. Was die Parteien mit handschriftlichen Zusätzen zum Ausdruck bringen wollen, ist im Lichte dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses zu klären, nicht isoliert, wie es das OLG getan hat. Je allgemeiner der Zusatz gehalten ist, desto geringer ist seine Kraft, den zum Leitbild des privaten Gebrauchtwagenkaufs gehörenden umfassenden Haftungsausschluss zu modifizieren. Der Besichtigungs- und Probefahrtklausel hat der BGH diese Wirkung unter den gegebenen Umständen zu Recht abgesprochen, zumal der handschriftliche Zusatz im Kontext der angekreuzten Klausel „keine sonstigen Beschädigungen“ (also nicht „Unfallschäden“) gelesen werden kann. Zum Nebeneinander von formularmäßigen und individuellen Klauseln siehe auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 1578. Zur Inhaltskontrolle siehe nachstehend OLG Hamm.
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