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  • 01.11.2007 | Gebrauchtwagenkauf

    Unfalleigenschaft als Sachmangel

    1. Der Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs darf grundsätzlich erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als „Bagatellschäden“ gekommen ist.  
    2. Ein Karosserieschaden, dessen fachgerechte Beseitigung 1.774,67 EUR kostet, ist nicht als „Bagatellschaden“ anzusehen.  
    (BGH 10.10.07, VIII ZR 330/06, Abruf-Nr. 073159, Leitsätze der Redaktion)  

     

    Sachverhalt

    Im Frühjahr 2005 kaufte die Klägerin von der beklagten Kfz-Händlerin einen gebrauchten Ford Cougar (EZ 8/99; Km-Stand: 54.795). Im Bestellformular blieb die Rubrik „Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden ...“ ebenso unausgefüllt wie die Ankreuzalternative „Dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt“. Die Klägerin sah sich arglistig getäuscht. Auf der linken Seite habe der Wagen einen reparierten Karosserieschaden, der ihr auf zweimalige Nachfrage nicht offenbart worden sei. Die Beklagte bot Nachbesserung einer eventuell nicht fachgerechten Unfallreparatur an. Das lehnte die Klägerin ab und trat vom Kauf zurück. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Sprungrevision der Klägerin hat der BGH die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt. Wegen ihrer weiteren Ansprüche auf Schadens- und Aufwendungsersatz hat er die Sache an das LG zurückverwiesen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH bejaht einen Sachmangel; allerdings nicht wegen Fehlens einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit. Dass der Wagen „unfallfrei“ sei, hätten die Parteien ebenso wenig vereinbart wie das Gegenteil. Die betreffenden Formularrubriken seien ja leer geblieben. Da der reparierte Karosserieschaden auch nicht die Eignung des Fahrzeugs für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB) beeinträchtige, richte sich die Mangelprüfung allein nach den in Nr. 2 genannten objektiven Kriterien. Hiernach sei ein Sachmangel anzunehmen (siehe obige Leitsätze).  

     

    Praxishinweis

    Der BGH hält die Sache für so bedeutsam, dass er die Sprungrevision zugelassen hat. In der Tat ist es nach Wegfall der Freizeichnungsklausel bei b2c-Geschäften von allgemeiner Bedeutung, wann ein Unfallschaden an einem Gebrauchtwagen als Sachmangel anzusehen ist. Allerdings ist die Unfallfrage als Kardinalthema eines jeden Gebrauchtwagenkaufs i.d.R. Gegenstand schriftlicher und/oder mündlicher Verkäufererklärungen. Schriftlich hat sich die beklagte Händlerin im konkreten Fall „bedeckt“ gehalten, worin manche Gerichte ein Arglistindiz sehen. Warum der BGH nicht an die von der Klägerin behauptete mündliche Erklärung (Unfallschaden auf zweimaliges Nachfragen verneint) anknüpft, wird erst der Urteilsvolltext zeigen. Zu erörtern ist außerdem, ob die Beklagte „unfallfrei“ nicht wenigstens stillschweigend bzw. konkludent zugesagt hat. Doch auch dann käme man zur Bagatellfrage, die der BGH bei der Drei-Komponenten-Regelung in § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB prüft. Mit einem Schaden jenseits der Bagatellgrenze müsse ein vernünftiger Gebrauchtwagenkäufer nicht rechnen, so der BGH. Das ist weder neu noch überraschend. Auch die Ausgliederung eines Karosserieschadens aus dem Bagatellbereich ist bei Reparaturkosten von rd. 1.700 EUR nachvollziehbar (zu den Grenzziehungen s. Reinking/Eggert, 9. Aufl., Rn. 1248). Das ist freilich nur die erste Stufe der Bagatellproblematik. Auf der Rechtsfolgenseite stellt sie sich abermals; für den Rücktritt in § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Der BGH hat den Rücktritt anerkannt, d.h. der Klägerin auch über die zweite Bagatellhürde geholfen.