01.02.2005 | Geschwindigkeitsüberschreitung
Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren: Sicherheitsabschlag bei ungeeichtem Tacho
Es ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe, den von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängenden Sicherheits- oder Toleranzabzug zu bestimmen. Dieser beträgt bei guten Fahr- und Sichtverhältnissen ungefähr 20% (OLG Celle 25.10.04, 222 Ss 81/04 (Owi), Abruf-Nr. 043297). |
Sachverhalt
Das AG hat von der Messgeschwindigkeit 10 % des angezeigten Tachowertes und weitere 7 % des Skalenendwertes des ungeeichten Tachometers des Polizeifahrzeuges, der 260 km/h betrug, als Sicherheitstoleranz abgezogen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte beim OLG Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die hiesigen Bußgeldsenate haben wiederholt ausgesprochen, dass bei guten Sichtverhältnissen, geringem Abstand zwischen Pkw und Messfahrzeug (etwa halber bis ganzer angezeigter Tachowert), ungefähr gleich bleibendem Abstand, ausreichend langer Nachfahrstrecke (mindestens fünffacher Abstand) und Ablesung des Tachometers in kurzen Abständen ein Sicherheitsabschlag von 20 % ausreichend ist, um alle Messfehlerquellen und Ungenauigkeiten auszugleichen. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzuweichen. Die vom AG angewandte Berechnungsmethode führt insbesondere bei Geschwindigkeiten von 50 bis 130 km/h zu einer nicht gerechtfertigten Bevorteilung zu schnell fahrender Kfz-Führer, weil der konstante Abzug von 7 % des Skalenendwertes des Tachometers der technischen und gesetzlichen Entwicklung nicht (mehr) entspricht. Denn die Skalenendwerte liegen häufig weit über der erreichbaren Höchstgeschwindigkeit und führen bei zunehmender Messgenauigkeit der heutigen Tachometer zu einem ungebührlich hohen Toleranzabzug. Deshalb ist § 57 Abs. 2 StVZO per Änderungsverordnung vom 23.7.90 geändert und die Zulassung einer Abweichung von bis zu 7 % des Skalenendwertes in den beiden letzten Dritteln des Anzeigebereiches des Tachometers aufgegeben worden.
Praxishinweis
Wie das AG haben verschiedene OLG den Sicherheitsabschlag ermittelt (z.B. OLG Düsseldorf NZV 91, 201; OLG Hamm DAR 97, 285). Die Berechnungsmethode des OLG Celle haben hingegen angewendet das BayObLG (VRS 92, 26) und das OLG Naumburg (VRS 94, 298). Die Ermittlung des Sicherheitsabschlages ist Aufgabe des Tatrichters. Dieser ist nicht generell an eine Methode gebunden. Will er aber von einem anerkannten Toleranzwert abweichen, muss er seine Entscheidung mit Tatsachen ausdrücklich begründen. Dazu gehören dann genaue Darlegungen zum Tatverlauf, wie Streckenverlauf, Sichtverhältnisse, Typ der Fahrzeuge u.a.
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