27.05.2009 | Haftpflichtrecht
Stillschweigender Haftungsverzicht
Zur Annahme einer wechselseitigen Haftungsbeschränkung im Wege ergänzender Vertragsauslegung einer Absprache über das Anmieten und Führen eines Mietwagens im Ausland (BGH 10.2.09, VI ZR 28/08, Abruf-Nr. 091046). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Für die Dauer ihres dreimonatigen Aufenthaltes in Südafrika hatten die Parteien, zwei angehende Ärztinnen aus Deutschland, einen Pkw gemietet. Sie wollten sich beim Fahren abwechseln und die Kosten gemeinsam tragen. Irrtümlich glaubten sie, es bestehe Haftpflichtschutz wie in Deutschland. Bei einem Ausflug kam es zu einem Unfall, als die Beklagte unter Missachtung des Linksfahrgebots mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte. Die Klägerin wurde erheblich verletzt. Ihre auf Ersatz des gesamten Schadens gerichtete Klage, in erster Instanz erfolgreich, hat das OLG abgewiesen. Die Revision der Klägerin war ohne Erfolg.
Mit dem OLG ist der BGH zunächst der Ansicht, dass die Klageansprüche nach deutschem Recht zu beurteilen sind. Trotz der dreimonatigen Auslandsabwesenheit hätten die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 40 Abs. 2 S. 1 EGBGB) in Deutschland gehabt. An sich seien die Voraussetzungen für eine deliktische Haftung gegeben, zudem auch aus Vertrag (BGB-Innengesellschaft). Die Beklagte hafte jedoch nicht, weil ihre Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt gewesen sei, und zwar wechselseitig. Das folge aus einer ergänzenden Vertragsauslegung. Allerdings komme ein derartiger Haftungsverzicht nur unter besonderen Umständen in Betracht. Kein Raum sei dafür, wenn der Schädiger Haftpflichtversicherungsschutz habe. Genau das war in concreto nicht der Fall, weil der Mietwagen entgegen der Vorstellung der Parteien nicht haftpflichtversichert war.
Angesichts des Haftungsausschlusses für einfache Fahrlässigkeit blieb die Frage, ob die Beklagte grob fahrlässig gehandelt hat. Auch in diesem Punkt hat der BGH die OLG-Entscheidung - keine grobe Fahrlässigkeit in subjektiver Hinsicht - bestätigt. Dies auf der Grundlage deutschen Rechts, obwohl ein Verhalten im Straßenverkehr grundsätzlich nach den am Tatort geltenden Verkehrsnormen zu beurteilen ist. Anders sei es jedoch im Verhältnis zwischen Fahrer und Beifahrer; sie nähmen, so der BGH, die beiderseitigen Sorgfaltspflichten gewissermaßen ins Ausland mit. Objektiv sei das Fahren auf der falschen Seite zwar ein grober Pflichtenverstoß. Der Beklagten kämen aber subjektive Entlastungsmomente zugute (geringe Fahrpraxis im Linksverkehr, Rückfall in automatisierte Verhaltensweise „Rechtsfahren“ u.a.).
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