01.04.2007 | Pflichtversicherungsgesetz
Einkaufsfahrt mit rotem Kennzeichen
Allein der Umstand, dass mit einem mit einem „roten Kennzeichen“ versehenen Kfz keine Probe- oder Überführungsfahrt durchgeführt wird, sondern eine Einkaufsfahrt, führt nicht zur Verwirklichung des Straftatbestandes der §§ 1, 6 PflVG (OLG Hamm 18.12.06, 2 Ss 533/06, Abruf-Nr. 070723). |
Entscheidungsgründe
§ 6 Abs. 1 PflVG setzt den Gebrauch eines Fahrzeugs – oder dessen Gestattung – auf öffentlichen Wegen oder Plätzen ohne wirksamen Haftpflichtversicherungsvertrag voraus. Maßgebend ist, ob zum Zeitpunkt des Fahrzeuggebrauchs ein Versicherungsvertrag bestand, der seinem Inhalt nach gegenüber einem geschädigten Dritten die in § 1 PflVG genannten Risiken in dem in§ 4 PflVG aufgezeigten Umfang abdeckt und ob der Versicherungspflichtige hiervon Kenntnis hatte. Dafür ist nicht ausreichend, wenn lediglich festgestellt wird, dass entgegen § 29g StVZO eine Einkaufsfahrt vorgenommen wurde.
Der Missbrauch des roten Versicherungskennzeichens zu anderen Zwecken als den nach § 29g StVZO zulässigen Fahrten stellt gem. § 2b Nr. 1a AKB „nur“ eine Obliegenheitsverletzung dar, die den Versicherer zur Kündigung berechtigt und sich demnach ausschließlich auf das vertragliche Innenverhältnis zum Versicherungsnehmer bezieht. Der Bestand der Haftpflichtversicherung wird hierdurch nicht berührt. Die bei einer Obliegenheitsverletzung bestehende Leistungsfreiheit wirkt sich jedoch nur im Innenverhältnis aus; gegenüber geschädigten Dritten bleibt in jedem Fall die Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers auf Grund des Versicherungsvertrages nach § 3 Nr. 4 PflVG bestehen. Der Umstand, dass der Versicherer nach § 3 Nr. 9 PflVG eine Rückgriffsmöglichkeit hat, berührt den auf Grund eines bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages abgesicherten Schutz eines geschädigten Dritten nicht. Die Verletzung einer Obliegenheitspflicht im Rahmen eines bestehenden Versicherungsverhältnisses kann daher nicht die Strafbarkeit nach § 6 Abs. 1 PflVG begründen.
Praxishinweis
Das OLG hat den Angeklagten nicht frei gesprochen, sondern das Verfahren an das LG zurückverwiesen. Dort müsse geklärt werden, ob das rote Versicherungskennzeichen für das Kleinkraftrad des Angeklagten ausgegeben, also zulässigerweise benutzt worden ist. Es sei zudem nicht klar, wie der obdachlose Angeklagte in den Besitz des roten Versicherungskennzeichens und des Versicherungsnachweises gekommen ist. Dies sei jedoch erheblich, da es auf den formellen Bestand des Versicherungsvertrages ankomme, der bei unbefugter und eigenmächtiger Nutzung eines roten Versicherungskennzeichens nicht bestehe (BGH 28.6.06, IV ZR 316/04, Abruf-Nr. 062564). Im Falle eines gültigen Versicherungsvertrages müsse dessen Inhalt daraufhin untersucht werden, ob dem Angeklagten als Privatperson überhaupt rote Versicherungskennzeichen ausgehändigt werden durften. Wir haben im Übrigen über die Probleme im Zusammenhang mit dem PflichtversicherungsG in VA 05, 53, berichtet (vgl. auch Heinzlmeier NZV 06, 225).
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