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  • 01.01.2005 | Schuldrechtsreform

    Haftung bei Verkauf eines gestohlenen Fahrzeugs

    1. Steht in Fällen anfänglicher Unmöglichkeit wegen eines Rechtsmangels eine vorübergehende Unmöglichkeit der dauerhaften Unmöglichkeit gleich, bestimmen sich die Käuferrechte aus § 311a Abs. 2 S. 1 BGB.  
    2. Ein Kfz-Händler, der ein von einem Händler erworbenes Gebrauchtfahrzeug im Internet zum Kauf anbietet, muss sich zuvor durch gezielte Nachforschungen über die Eigentumsverhältnisse vergewissern.  
    (OLG Karlsruhe 14.9.04, 8 U 97/04, Abruf-Nr. 043093)

     

    Sachverhalt

    Am 14.3.03 kaufte und übernahm der Kläger den vom beklagten Händler im Internet angebotenen MB 200 E. Im Zuge des geplanten Weiterverkaufs stellte sich heraus, dass der Wagen 8 Wochen zuvor gestohlen war. Fahrgestellnummer und Fahrzeugbrief waren gefälscht. Nach polizeilicher Sicherstellung wurde der Wagen an den Eigentümer bzw. dessen Kaskoversicherung herausgegeben. Gegen die Schadensersatzklage verteidigte sich der Beklagte u.a. damit, bei Vertragsabschluss sei der Tatbestand des Abhandenkommens bereits beendet gewesen. Abgesehen davon treffe ihn als gutgläubigen Wiederverkäufer weder eine Garantie- noch eine Verschuldens- haftung. Das LG hat den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises und Übernahme von Benzinkosten verurteilt. Seine Berufung blieb erfolglos.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Anspruchsgrundlage sieht das OLG in § 311a Abs. 2 S. 1 BGB. Es bejaht einen Fall anfänglicher Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB), weil der Beklagte dem Kläger kein Eigentum am Fahrzeug habe verschaffen können. Auch im Zeitpunkt des Verkaufs an den Kläger sei der gestohlene Wagen noch i.S.d. § 935 BGB „abhanden gekommen“ gewesen. Der Zwischenerwerb des Vor-Verkäufers ebenso wie des Beklagten habe daran nichts geändert. Eine „Heilung“ des Besitzverlustes könne auch nicht deshalb angenommen werden, weil der Bestohlene von seiner Versicherung entschädigt worden sei. Theoretisch bestehe zwar die Möglichkeit, dass der Beklagte den Wagen vom Berechtigten zu Eigentum erwerbe, um ihn nachträglich an den Kläger zu übereignen. Gleichwohl sei nach der Art des Geschäfts und der Interessenlage von einem Fall dauerhafter Unmöglichkeit i.S.d. § 275 Abs. 1 BGB auszugehen. Der Beklagte hafte zwar nicht garantiemäßig für die Eigentumsverschaffung. Den ihm obliegenden Entlastungsbeweis, die behauptete Unkenntnis vom Diebstahl sei unverschuldet, habe er aber nicht geführt. Als Händler habe er die Verpflichtung gehabt, das von einem anderen Händler erworbene Fahrzeug hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse gezielt zu überprüfen.  

     

    Praxishinweis

    Ob die fehlende Eigentumsverschaffung als Rechtsmangel i.S.d. § 435 BGB oder als Nichtleistung nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB behandelt werden muss, ist strittig. Das OLG bejaht einen Fall der Rechtsmängelhaftung, wendet aber § 311a Abs. 2 BGB direkt und nicht i.V.m. § 437 Nr. 3 BGB an. Wichtiger als der dogmatische Aufhänger sind seine Ausführungen zur Möglichkeit des Verkäufers, den Entlastungsbeweis a) überhaupt (also keine Garantiehaftung!) und b) ihn als Autohändler erfolgreich zu führen. Die hohen Anforderungen an die Nachforschungspflicht überraschen nicht. Ein gutgläubiger Privatverkäufer hat insoweit bessere Chancen. Was den Umfang der Schadensersatzhaftung angeht, enthält das rechtskräftige Urteil keine Besonderheiten.