24.11.2009 | Tilgungshemmung
Verwertungsverbot für länger zurückliegende Verkehrsstraftaten
§ 29 Abs. 8 S. 2 StVG enthält ein umfassendes Verwertungsverbot, das dazu führt, dass die von ihm erfasste Straftat auch nicht herangezogen werden darf, um die Tilgungshemmung von nachfolgend begangenen, an sich tilgungsreifen Ordnungswidrigkeiten zu begründen (OLG Celle 5.8.09, 322 SsBs 137/09, Abruf-Nr. 092967). |
Sachverhalt
Das AG hat den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt. Bei der Bußgeldbemessung hat es einschlägige Voreintragungen des Betroffenen bußgelderhöhend berücksichtigt. Dabei handelte es sich um insgesamt vier Bußgeldbescheide aus den Jahren 2004 bis 2006 sowie zwei Straftaten aus den Jahren 2001 und 2000. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte hinsichtlich der Höhe der Geldbuße Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Verdoppelung der Geldbuße ist unzulässig, da die zur Begründung herangezogenen Voreintragungen nicht (mehr) verwertbar sind. Dies folgt daraus, dass für die Ordnungswidrigkeiten aus 2004 bis 2006 zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung die zweijährige Tilgungsfrist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 StVG bereits abgelaufen war und auch die Straftat aus 2000 gemäß § 29 Abs. 6 S. 1 StVG nicht zu einer Tilgungshemmung führt. Zwar unterliegt die Straftat aus 2000 gem. § 29 Abs. 1 Nr. 3 StVG einer Tilgungsfrist von 10 Jahren. Demgemäß sind an sich nach § 29 Abs. 6 S. 1 StVG nicht nur diese Straftat, sondern auch die während dieser Tilgungsfrist begangenen Ordnungswidrigkeiten verwertbar.
Einer Verwertbarkeit steht hier aber § 29 Abs. 8 S. 2 StVG entgegen. Danach dürfen Eintragungen, die einer zehnjährigen Tilgungsfrist unterliegen, nach Ablauf einer fünfjährigen Tilgungsfrist nur noch für ein Verfahren übermittelt und verwertet werden, das die Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Um ein solches Verfahren geht es hier aber nicht, so dass die Straftat aus 2000 weder verwertet noch für dieses Verfahren übermittelt werden durfte. § 29 Abs. 8 S. 2 StVG führt dazu, dass auch die zwischenzeitlich eingetragenen Ordnungswidrigkeiten nicht mehr verwertet werden dürfen. Die Regelung betrifft also nicht nur die Verwertbarkeit der Straftat als solche. Sie hat auch Folgewirkungen i.S. eines umfassenden Verwertungsverbots dahingehend, dass auch die von ihr ausgehende Tilgungshemmung entfällt. Für die Annahme eines umfassenden Verwertungsverbots spricht der Wortlaut von § 29 Abs. 8 S. 2 StVG. Darf die Straftat aus 2000 nach Ablauf von fünf Jahren für ein Bußgeldverfahren nicht übermittelt oder verwertet werden, muss der Bußgeldrichter davon ausgehen, dass eine solche Straftat nicht vorliegt. Dann darf die Straftat aber auch nicht herangezogen werden, um die Tilgungshemmung von nachfolgenden, an sich tilgungsreifen Ordnungswidrigkeiten zu begründen.
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