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  • 23.10.2009 | Trunkenheitsfahrt

    Tatsächliche Feststellungen bei Trunkenheitsfahrt

    Insbesondere, wenn es infolge trunkenheitsbedingter Fahruntüchtigkeit zu einem Verkehrsunfall gekommen ist, müssen die tatrichterlichen Urteilsgründe Angaben zum Anlass und zur Dauer der Fahrt sowie zur Fahrstrecke machen und mitteilen, unter welchen Umständen es zur Alkoholaufnahme gekommen ist (OLG Köln 3.7.09, 83 Ss 51/09, Abruf-Nr. 092964).

     

    Praxishinweis

    Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung muss der Tatrichter schon bei der folgenlosen Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) neben der Höhe der BAK und der Schuldform weitere Umstände feststellen, die geeignet sind, den Schuldumfang näher zu bestimmen und einzugrenzen (BayObLG NZV 97, 244; OLG Karlsruhe VRS 79, 199, 200; OLG Köln StV 01, 355).  

     

    Checkliste: Im Urteil zu berücksichtigende Umstände der Trunkenheitsfahrt

    Dazu zählen insbesondere die Umstände der Alkoholaufnahme, wie z.B. Trinken in Fahrbereitschaft, sowie der Anlass und die Gegebenheiten der Fahrt (BayObLG VRS 97, 359, 360 = NZV 99, 483). Für das Ausmaß der abstrakten Gefahr und den Schuldumfang kommt es weniger auf die Höhe der Blutalkoholkonzentration (den Grad der Fahruntüchtigkeit), als auf die Fahrweise, die Art (Verkehrsverhältnisse) und Länge der zurückgelegten Strecke an (BayObLG VRS 93, 108; OLG Karlsruhe, a.a.O. und VRS 81, 19, 20; Fischer, StGB, 56. Aufl., § 316 Rn. 54).  

     

    Wichtige Kriterien sind auch Dauer und Länge der bereits zurückgelegten und noch beabsichtigten Fahrstrecke, Verkehrsbedeutung der befahrenen Straßen sowie der private oder beruflich bedingte Anlass der Fahrt. Bedeutsam kann ferner sein, ob der Angeklagte aus eigenem Antrieb handelte oder von Dritten verleitet wurde, ob ihm bewusste oder unbewusste Fahrlässigkeit anzulasten ist und ob er sich in ausgeglichener Gemütsverfassung oder einer Ausnahmesituation befand (BayObLG VRS 93, 108; OLG Köln StV 01, 355). Auch polizeilich festgestellte Auffälligkeiten des Angeklagten am Kontrollort oder bei der Blutentnahme können von Bedeutung sein (BayObLG DAR 04, 282). Diese Grundsätze gelten - so das OLG Köln - erst recht, wenn es infolge der trunkenheitsbedingten Fahruntüchtigkeit zu einem Verkehrsunfall gekommen ist.  

     

    Der Verteidiger muss das Urteil auf diese Feststellungen prüfen. Das gilt vor allem im Hinblick auf den Schuldumfang, der ganz wesentlich von diesen Umständen mitgeprägt wird. Ggf. kann es sich empfehlen, dem Mandanten zum Schweigen zu raten, damit nicht über seine Einlassung die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können. Werden sie nicht getroffen, muss der Tatrichter von einem entsprechend geringen Schuldumfang ohne wesentliche Besonderheiten ausgehen. So ausdrücklich das OLG Köln.  

    Quelle: Ausgabe 11 / 2009 | Seite 194 | ID 130891