23.09.2010 | Unfallhaftpflichtprozess
Recht auf eigenen (PKH-)Anwalt
Ein Versicherungsnehmer, der sich im Verkehrsunfallprozess gegen den von seinem mitverklagten Haftpflichtversicherer gegen ihn erhobenen Vorwurf eines versuchten Versicherungsbetrugs verteidigen will, handelt nicht mutwillig i.S.v. § 114 S. 1 ZPO, wenn er Prozesskostenhilfe für die Vertretung durch einen eigenen Anwalt begehrt, obwohl ihm der Haftpflichtversicherer als Streithelfer beigetreten ist und dessen Prozessbevollmächtigter auf diesem Wege auch für ihn Klageabweisung beantragt hat (BGH 6.7.10, VI ZB 31/08, Abruf-Nr. 102522). |
Praxishinweis
Mit diesem Beschluss und der Entscheidung vom gleichen Tag in der Parallelsache VI ZB 30/08 zieht der BGH einen Schlussstrich unter die Debatte, die in der OLG-Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit hinein geführt wurde. PKH-Entscheidungen, die im Anschluss an die beiden jetzt kassierten KG-Beschlüsse (NZV 08, 519 und 520) mit „Mutwilligkeit“ argumentiert haben, sind damit gleichfalls überholt (z.B. OLG Brandenburg VersR 10, 275). Der BGH schließt sich der abweichenden Ansicht des OLG Düsseldorf VA 09, 165, an und bewilligt - bei gegebener Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung - PKH unter Beiordnung eines Anwalts für das erstinstanzliche Verfahren. Zur Abwehr des Mutwilligkeitsvorwurfs muss der Interessengegensatz herausgearbeitet werden, anders gesagt: das besondere Interesse an einem eigenen Anwalt. Genau hier hilft der BGH-Beschluss.
Eine weitere Hürde ist die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung. Wenn der bekl. Fahrer/Halter im Gegensatz zum VR behauptet, es handele sich um einen „normalen“ Unfall, sind die Verteidigungsmöglichkeiten erfahrungsgemäß begrenzt. Der angebliche „Mitbumser“ ist typischerweise ein Auffahrer oder Spurwechsler. Der Haftungsgrund kann unter Bestreiten der Verursachung geleugnet werden. Auch der Vorschadeneinwand kann u.U. der Klage jeglichen Boden entziehen (s. VA 10, 42 ff.). Ansonsten bleiben nur Höheeinwendungen.