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  • 25.06.2008 | Unfallschadensregulierung

    BGH: Sechsmonatsfrist gilt auch bei konkreter Abrechnung eines 130 %-Falls

    Der Geschädigte kann auch nach einer vollständigen und fachgerechten Reparatur zum Ausgleich eines Fahrzeugschadens, der den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30 Prozent übersteigt, Reparaturkosten im Regelfall nur verlangen, wenn er das Fahrzeug nach dem Unfall sechs Monate weiter nutzt (BGH 22.4.08, VI ZR 237/07, Abruf-Nr. 081783).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der vom Kläger beauftragte Sachverständige schätzte die Reparaturkosten auf 5.574,89 EUR, den Wiederbeschaffungswert auf 4.400 EUR und den Restwert auf 800 EUR, jeweils inkl. USt. Der Kläger ließ das Auto in einer Fachwerkstatt reparieren, die dafür 5.650,62 EUR in Rechnung stellte. Zwei Monate nach dem Unfall veräußerte er sein Fahrzeug. Er verlangte von dem beklagten Versicherer, der nur 3.505,88 EUR zahlte, die restlichen Reparaturkosten. Während das AG die Abrechnung des Beklagten billigte, erkannte das LG den Betrag aus der Werkstattrechnung an. Durch die „teure“ Reparatur sei das Integritätsinteresse voll „verwirklichlicht“. Einer weiteren Bestätigung durch eine längere Eigennutzung bedürfe es nicht.  

     

    Der BGH ist dem nicht gefolgt. Seine Position ergibt sich aus dem Leitsatz. Im Anschluss an seine (dem LG noch nicht bekannten) Entscheidungen in 130 %-Fällen mit Reparaturen in Eigenregie und fiktiver Abrechnung (VA 08, 19, 20) verlangt er auch für den Fall „Vollreparatur mit konkreter Abrechnung“ eine mindestens 6-monatige Weiternutzung, jedenfalls für den „Regelfall“.  

     

    Praxishinweis

    Der BGH zieht sein „Sechsmonats-Programm“ konsequent durch, indem er auch für die in VA 08, 21 als noch offen erklärte Fallgestaltung (130 % und konkrete Abrechnung) eine Weiternutzung von sechs Monaten ab Unfall fordert. Jetzt herrscht auch insoweit Klarheit. Nichts Neues bringt dagegen die in einem Unter-Hundert-Fall (UHU) mit fiktiver Abrechnung ergangene BGH-Entscheidung vom 29.4.08 (VI ZR 220/07, Abruf-Nr. 081639). Weiter warten muss die Praxis auf eine abschließende Klärung der beiden in VA 08, 21 unter 2) und 3) aufgeworfenen Fragen: Fälligkeit und „besondere Umstände“. In puncto Fälligkeit/Verzug kann man zwar erahnen, wohin die Reise geht. Sicher kann sich jedoch kein BGH-Interpret sein. Mit feinsinnigen, gleichwohl nicht restlos überzeugenden Differenzierungen zwischen Entstehung und Fälligkeit des Anspruchs auf den Integritätszuschlag einerseits und dem Nachweis des Integritätsinteresses andererseits kommt das LG Kiel in einem 130 %-Fall mit Zahlung der Spitze nach Ablauf der Sechsmonatsfrist zu folgenden Resultaten: a) Anspruch mit Reparatur in voller Höhe fällig, b) Verzug nach Ablauf einer angemessenen Bearbeitungsfrist (3.4.08, 10 S 65/07, Abruf-Nr. 081427). Das LG hat die Revision zugelassen. Um die Fälligkeitsfrage geht es auch in der dem BGH bereits vorliegenden Beschwerdesache OLG Düsseldorf VA 08, 55. Weiter warten heißt es auch mit Blick auf die Thematik „besondere Umstände“, ohnehin eine einzelfallabhängige Wertungsfrage. Das wirtschaftliche Interesse des Geschädigten, bei der Neuanschaffung eines Fahrzeugs einen angemessenen Preis für sein Unfallauto zu erzielen, ist jedenfalls kein „besonderer Umstand“, wie der BGH in der hier vorgestellten Entscheidung zu Recht ausführt.