01.06.2007 | Unfallschadensregulierung
Der Anscheinsbeweis und seine Erschütterung
1. Die Schilderung, die ein Zeuge über den Hergang eines Verkehrsunfalls gegenüber dem Haftpflichtversicherer eines der Unfallbeteiligten abgegeben hat, kann im Haftpflichtprozess nicht im Wege des Zeugenbeweises, wohl aber im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. |
2. Beim Zusammenstoß zwischen einem nach links abbiegenden und einem in Gegenrichtung geradeaus fahrenden Kfz kann für das Verschulden des Abbiegenden der Anscheinsbeweis sprechen. |
(BGH 13.02.07, VI ZR 58/06, Abruf-Nr. 071259) |
Sachverhalt
Als der Kläger an einer ampelgeregelten Kreuzung nach links abbiegen wollte, stieß er mit seinem Pkw mit dem entgegenkommenden, geradeausfahrenden Pkw des Beklagten zusammen. Strittig ist, ob der Beklagte auf den verkehrsbedingt im Kreuzungsbereich haltenden Kläger-Pkw auffuhr oder ob der Kläger unter Missachtung des Rotlichts in die Kreuzung und die Fahrlinie des Beklagten eingefahren ist. Ein Zeuge gab gegenüber der beklagten Versicherung an, der Kläger habe für seine Linksabbiegerspur „Rot“ gehabt, nur für den Geradeausverkehr sei „Grün“ gewesen. Die Beklagten haben diese Auskunft dem Gericht vorgelegt und sich mit einer Verwertung einverstanden erklärt. Dem hat der Kläger widersprochen, ohne den Zeugen zu benennen. Das AG hat die Klage wegen einer Vorfahrtverletzung des Klägers abgewiesen. Seine auf Verfahrensfehler gestützte Berufung blieb erfolglos, ebenso seine Revision.
Entscheidungsgründe
Mit dem Berufungsgericht geht der BGH von einer Vorfahrtverletzung nach Anscheinsgrundsätzen aus. Ein Sachverhalt, bei dem der Anscheinsbeweis nicht in Betracht komme, liege nicht vor. Es gehe nicht um einen Streit über die Ampelschaltung. Der Kläger habe nicht bestritten, dass der Beklagte bei Grün in die Kreuzung eingefahren sei, sondern lediglich behauptet, aus Unaufmerksamkeit gegen das noch im Kreuzungsbereich befindliche Fahrzeug des Klägers gefahren zu sein. Den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis habe der Kläger nicht entkräftet. Es fehle an einem tauglichen Zeugenbeweis-antrag. Offen könne bleiben, ob die Instanzgerichte dem Vorbringen des Klägers, die Unfallschilderung des Zeugen X. sei falsch und ihrer schriftlichen Verwertung werde widersprochen, entnehmen mussten, hilfsweise werde eine persönliche Vernehmung des Zeugen verlangt. Es fehle bereits an einer ordnungsgemäßen Behauptung dessen, was der Zeuge bekunden solle. Dass des Klägers Unfallversion als richtig bestätigt werden könne, sei nicht behauptet worden.
Lediglich ergänzend geht der BGH auf die Frage der Verwertbarkeit von Äuße-rungen ein, die Unfallzeugen gegenüber Versicherungen gemacht haben. Sie seien beweisrechtlich nicht stets wertlos. Verwertet werden könnten sie – auch gegen den Willen der anderen Seite – im Wege des Urkundenbeweises. Sodann prüft der BGH, ob dem Kläger mit Hilfe eines SV-Gutachtens eine Erschütterung des Anscheinsbeweises hätte gelingen können. Dafür sei nichts ersichtlich.
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