01.08.2005 | Unfallschadensregulierung
Keine MwSt-Kappung bei konkreter Ersatzbeschaffung
Erwirbt der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis, der dem in einem Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-) Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Kfz entspricht oder diesen übersteigt, kann er im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des (Brutto-) Wiederbeschaffungswertes des unfallbeschädigten Kfz – unter Abzug des Restwertes – ersetzt verlangen. Auf die Frage, ob und in welcher Höhe in dem im Gutachten ausgewiesenen (Brutto-) Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer enthalten ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an; Abgrenzung zu den Senatsurteilen vom 20.4.04, VI ZR 109/03, BGHZ 158, 388, und vom 18.5.04, VI ZR 267/03, VersR 04, 927 (BGH 1.3.05, VI ZR 91/04, Abruf-Nr. 051974). |
Sachverhalt
Nach einem Unfall am 31.8.02 wurde im Auftrag des Klägers der Schaden an seinem vier Jahre alten Passat wie folgt geschätzt: „Wiederbeschaffungswert incl. MwSt“ 12.800 EUR, Restwert 5.000 EUR. Der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Kläger erwarb bei einem Kfz-Händler einen differenzbesteuerten Audi A 4 (fünf Jahre alt) zum Preis von 13.400 EUR. Die beklagte Versicherung zahlte unter Abzug von 16 % MwSt. zunächst nur 6.034,48 EUR; später wurden weitere 268 EUR (= 2 % Differenz-Umsatzsteuer) überwiesen. Der Kläger verlangt Schadensersatz in Höhe des gesamten – um den Restwert gekürzten – Brutto-Wiederbeschaffungswertes lt. Gutachten. Das Berufungsgericht sprach den vollen Restbetrag von 1.497,52 EUR zu. Die zugelassene Revision der Beklagten hat der BGH zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Den elementaren Unterschied zwischen fiktiver und konkreter Abrechnung betonend, führt der BGH aus: Stellt der Geschädigte durch eine konkrete Ersatzbeschaffung eines gleichartigen Fahrzeugs zu dem vom Sachverständigen genannten (Brutto-) Wiederbeschaffungswert wirtschaftlich den früheren Zustand wieder her, kann er den tatsächlich aufgewendeten Betrag unabhängig davon ersetzt verlangen, ob in ihm die Regelumsatzsteuer, eine Differenzsteuer oder gar keine Umsatzsteuer enthalten ist. So oder so sei nicht zuletzt aus Gründen der „subjektbezogenen Schadensbetrachtung“ kein Raum für eine Kappung der MwSt. Der Geschädigte genüge seiner Pflicht, den Schaden gering zu halten, wenn er sich beim Erwerb eines Ersatzfahrzeugs an dem vom Sachverständigen genannten (Brutto-) Wiederbeschaffungswert als Endpreis für das auf dem Gebrauchtwagenmarkt gehandelte Fahrzeug orientiere. Dass der Kläger mit dem ein Jahr älteren Audi A 4 kein ganz gleichartiges/gleichwertiges und auch etwas teureres Fahrzeug angeschafft habe, sei schadensrechtlich unerheblich. Selbst wenn er ein Neufahrzeug erworben hätte, stünde ihm der Brutto-Wiederbeschaffungswert lt. Gutachten zu.
Praxishinweis
Mit der für die amtliche Sammlung bestimmten Entscheidung schlägt der BGH zwei Fliegen mit einer Klappe: Streitgegenständlich war allein eine Ersatzbeschaffung mit Anfall von MwSt. nach § 25a UStG (Differenzumsatzsteuer), mitentschieden hat der BGH aber zugleich die sehr viel strittigere Frage der Abrechnung im Fall umsatzsteuerloser Ersatzbeschaffung von Privat. Fazit: Bei tatsächlicher Ersatzbeschaffung zu einem Preis, der mindestens so hoch ist wie der Brutto-Wiederbeschaffungswert lt. Gutachten, darf der Versicherer bei einem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten keinerlei MwSt herausrechnen.
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses VA Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 16,70 € / Monat