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  • 25.06.2008 | Unfallschadensregulierung

    Restwert: Sonderpflichten für den Fiskus?

    Für den Staat als Geschädigten ergeben sich im Vergleich mit einem „normalen“ Geschädigten keine besonderen Obliegenheiten, soweit es um den Restwert des staatseigenen Unfallfahrzeugs geht (OLG Thüringen 9.4.08, 4 U 770/06, Abruf-Nr. 081249).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Unfallgeschädigte (ein Freistaat) holte ein Gutachten mit Schätzung des Restwerts ein. Sodann veräußerte er den Wagen zu einem Betrag in Höhe des gutachterlichen Restwerts. Der Versicherer hielt die Schätzung für zu niedrig, behauptete einen höheren Erlös und rechnete nach dem Betrag im übermittelten Restwertangebot ab. Er trägt vor, der Kläger als Freistaat müsse sich in der Restwertfrage anders als ein „normaler“ Geschädigter behandeln lassen. Immerhin schaffe er in größerem Umfang Fahrzeuge an, lasse sie reparieren und in gebrauchtem Zustand auch wieder veräußern. Daher habe der zuständige Sachbearbeiter des Klägers den Sachverständigen fragen müssen, ob er den Markt der Restwertaufkäufer einbezogen habe.  

     

    Das OLG ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Der Kläger habe keinen Grund gehabt, der Restwertschätzung des Sachverständigen zu misstrauen. Konkrete Anhaltspunkte für einen Schätzfehler seien nicht vorgetragen und nicht ersichtlich. Der Sachbearbeiter auf Klägerseite sei kein Kfz-Sachverständiger. Das Gutachten habe lediglich auf seine „Schlüssigkeit“ hin überprüft werden müssen. Mehr könne vom Kläger auch als Freistaat nicht verlangt werden. Das ihm unterbreitete Restwertangebot sei zudem wegen inhaltlicher Mängel nicht geeignet gewesen, eine Schadenminderungspflicht auszulösen. Dass der Kläger einen höheren als den behaupteten Erlös erzielt habe, habe die Beklagte nicht bewiesen, jedoch beweisen müssen.  

     

    Praxishinweis

    Da das OLG die Revision zugelassen hat, könnte alsbald der BGH mit der Sache befasst werden. Die als solche anerkannte „subjektive Schadensbetrachtung“ wird auch in Restwertstreitigkeiten zulasten von Geschädigten bemüht, die irgendwie geschäftlich oder behördlich unterwegs sind. Ein weiterer Ansatz ist die Schadenminderungspflicht, die in punkto Restwert vielfältig in Stellung gebracht werden kann (u.a. strengere Prüfung des Gutachtens, eigene Internetrecherche, Warten mit der Veräußerung bis zur Stellungnahme des Versicherers). Die Verschärfung der Gangart auf dem nicht privaten Sektor hat das OLG nicht mitgemacht. Andere Gerichte sind strenger, z.B. AG Hamm 15.6.07, 17 C 112/07, Abruf-Nr. 072058 (Pflicht zur Internetrecherche für Leasinggesellschaft).