01.10.2005 | Unfallschadensregulierung
Sachverständigenkosten: Gegenstandswert versus Zeitaufwand
1. Wenn zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen eine Vergütungsvereinbarung nach § 632 Abs. 1 BGB getroffen worden ist, ist kein Raum für die Regelungen des § 632 Abs. 2 BGB und des § 315 BGB. |
2. Die Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten ist nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Vergütung nicht nach Zeitaufwand, sondern – wie ortsüblich – nach der Schadenhöhe bemessen worden ist. |
3. Die Verschärfung der Anforderungen an die Erforderlichkeit von Mietwagenkosten durch die jüngste BGH-Rspr. ist ohne Auswirkung auf die Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten. |
(LG Berlin 7.7.05, 58 S 88/05, n.rkr., Abruf-Nr. 052637) |
Sachverhalt
Nach einem Verkehrsunfall am 26.12.03 in Berlin beauftragte der Kläger ein örtliches Sachverständigenbüro mit der Begutachtung des Fahrzeugschadens. Dabei wurde eine Vereinbarung über die Vergütung dahin getroffen, dass sich die Grundvergütung nach dem Gegenstandswert berechne und im übrigen die AGB des Büros gelten. Gegenstand der Vereinbarung waren ferner die in den Geschäftsräumen ausliegende Vergütungstabelle und eine Liste mit Nebenkosten. Laut Schadensgutachten beliefen sich die Brutto-Reparaturkosten auf 3.585,29 EUR. Das Sachverständigenhonorar betrug incl. Nebenkosten 493,93 EUR brutto (= 13,77 %). Eine Erstattung lehnte der beklagte Versicherer aus einer Reihe von Gründen in vollem Umfang ab, während er im übrigen alles regulierte. Das LG Berlin sprach dem Kläger in zweiter Instanz bis auf einen Betrag von 7,31 EUR die eingeklagten Sachverständigenkosten zu. Die Revision wurde zugelassen.
Entscheidungsgründe
Das LG geht zunächst auf die Frage ein, ob zwischen dem Kläger und dem Sachverständigen eine Vergütungsvereinbarung getroffen worden ist. Dies wird anhand der vorgelegten Unterlagen bejaht. Was den Inhalt der Vereinbarung angeht, hat das LG keine Bedenken. Sowohl das Grundhonorar (10 % der Bruttoreparaturkosten) als auch die Nebenkosten seien beanstandungsfrei und damit als erforderlicher Aufwand i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB anzuerkennen. Lediglich bei den Fotokosten sei wegen eines Abrechungsfehlers ein kleiner Abzug zu machen. Zurückgewiesen hat das LG den – auch auf die geänderte Abrechnungsweise der DEKRA gestützten – Einwand der Beklagten, dass allein eine Abrechnung nach Zeitaufwand angemessen sei. Die Orientierung an der Schadenshöhe sei durchaus sachgerecht.
Praxishinweis
Zum „Ob“ der Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten hat der BGH zuletzt im Kinder-Urteil vom 30.11.04, VA 05, 41, Abruf-Nr. 043098 = MDR 05, 390 wichtige Aussagen getroffen. Über das „Wie“ herrscht derzeit heftiger Streit (vgl. BVerfG NJW 04, 2584), nicht zuletzt infolge des per 1.4.05 eingeführten DEKRA-Modells mit einer Berechnung des Gutachterhonorars nach dem tatsächlichen durchschnittlichen Zeitaufwand. Im entschiedenen Fall konnte sich diese „Zeit-Umstellung“ noch nicht zu Lasten des Klägers auswirken. Welche Bedeutung die neue Abrechnungsweise des Marktführers für Fälle ab Mitte 2005 hat, bleibt abzuwarten. Eine etwaige Revisionsentscheidung des BGH in der vorliegenden Sache wird darauf noch keine Antwort geben. Vermutlich wird der BGH das überzeugend begründete Berliner Urteil bestätigen. Es hilft allen Geschädigten, die in punkto Sachverständigenkosten Höheprobleme haben (siehe auch VA 02, 145 ff.).
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