26.04.2010 | Unfallschadensregulierung
Schadensbemessung bei einem „Unikat“
Auch bei einem als „Unikat“ anzusehenden Kraftfahrzeug kann der Geschädigte im Rahmen der fiktiven Abrechnung keinen über den Wiederbeschaffungswert hinausgehenden Ersatz verlangen (BGH 2.3.10, VI ZR 144/09, Abruf-Nr. 101162). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
In Eigenarbeit hatte der Kl. seinen Pkw vom Typ Wartburg 353, Erstzulassung 1966, auf einen Wartburg Typ 353 W umgerüstet. Dieses von ihm als Unikat und Gesamtkunstwerk bezeichnete Fahrzeug wurde bei einem Unfall beschädigt. Die Nettoreparaturkosten wurden auf 2.462,90 EUR geschätzt, fast das Zweifache des Wiederbeschaffungswerts, den die Bekl. in Höhe von 1.250 EUR voll ersetzte. Der Kl. verlangt weiteren Schadenersatz von 1.212,90 EUR, der Differenz zu den Nettoreparaturkosten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist ein vergleichbares Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt nicht zu erwerben. Um das Unfallfahrzeug adäquat wieder herzustellen, sei es erforderlich, für insgesamt 2.950 EUR einen Wartburg 353 zu erwerben und mit Originalteilen auf den Typ 353 W umzubauen. Das AG hat der Klage stattgegeben, während das LG sie abgewiesen hat. Die Revision des Kl. blieb erfolglos.
Im Ergebnis bestätigt der BGH die Ansicht des LG, wonach der Kl. nicht mehr als den Wiederbeschaffungswert ersetzt verlangen könne. Mit Rücksicht auf die Besonderheit des Fahrzeugs als Unikat/Gesamtkunstwerk zieht er die Anwendung des § 251 Abs. 1 BGB in Betracht. Ob der Kl. statt der Wiederherstellungskosten (§ 249 Abs. 2 BGB) nur Wertersatz nach § 251 Abs. 1 BGB verlangen kann, hat der BGH indes dahinstehen lassen. So oder so sei der Ersatz des nur fiktiv abrechnenden Kl. auf den Wiederbeschaffungswert begrenzt. Die Angriffe der Revision gegen die Schätzung des Wiederbeschaffungswerts weist der Senat zurück, wobei er den Kl. wegen künftiger Nachteile im Zusammenhang mit der Oldtimerzulassung auf den Feststellungsausspruch im LG-Urteil verweist.
Praxishinweis
Wenn der Mandant mit einem Unfallschaden an einem Old- oder Youngtimer kommt, sind zahlreiche Besonderheiten bei der Schadensabwicklung zu beachten. Besonders kniffelig wird es, wenn das Fahrzeug umfangreich umgerüstet oder anderweitig „individualisiert“ worden ist. Zumal bei „wirtschaftlichen Totalschäden“ tun sich die Instanzgerichte, wie der vorliegende Fall zeigt, schwer, das richtige Maß zu finden. Mit § 251 BGB kommt in der Tat eine Vorschrift ins Spiel, die im Regelfall des Kfz-Schadens wegen der Möglichkeit der Wiederherstellung durch Reparatur oder durch Ersatzanschaffung keine Rolle spielt. Zum Gesamtkomplex RA Dr. Götz Knoop, Lippstadt, in: Unfallregulierung effektiv 09, S. 9 ff. (den Beitrag können Sie kostenlos bei der Redaktion unter va@iww.de anfordern) oder unter www.oldtimer-recht.com. Zum Ersatz des Wiederbeschaffungswerts nach Oldtimer-Diebstahl gem. AKB siehe BGH NJW 94, 1290.
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