22.12.2010 | Verwerfungsurteil
Wahrnehmung der Hauptverhandlung durch einen Unterbevollmächtigten
Steht durch schriftlichen Nachweis einer Hauptvollmacht fest, dass der Betroffene mit der Vertretung durch seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung einverstanden ist, muss nicht zusätzlich auch noch ein schriftlicher Nachweis für die einem Unterbevollmächtigten erteilte Untervollmacht vorliegen (OLG Celle 6.10.10, 311 SsRs 113/10, Abruf-Nr. 103650). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Amtsrichter hatte den Betroffenen nicht vom Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden. Als dieser in der Hauptverhandlung ausblieb, wurde sein Einspruch nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. In der Hauptverhandlung war zwar ein Verteidiger für den Betroffenen anwesend. Bei dem hat es sich allerdings um einen vom Hauptverteidiger des Betroffenen beauftragten Unterbevollmächtigten gehandelt, der nicht über eine schriftliche Untervollmacht verfügte. Deshalb hat das AG ihn zur Vertretung des Betroffenen als nicht ausreichend legitimiert angesehen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte Erfolg.
Das Gericht durfte den Antrag nicht aus formellen Gründen zurückweisen. Zwar bedarf es bei Antragstellung durch den Verteidiger einer über die Verteidigungsvollmacht hinausgehenden besonderen Vertretungsvollmacht (vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 73 OWiG Rn. 4 m.w.N.). Diese lag jedoch für den vom Betroffenen zu seinem Verteidiger beauftragten Rechtsanwalt vor. Dass der in der Hauptverhandlung in Untervollmacht auftretende Verteidiger selbst keine besondere Vertretungsvollmacht vorweisen konnte, war unschädlich. Durch das Erfordernis des schriftlichen Nachweises der Vollmacht soll dem Gericht die sichere Überzeugung verschafft werden, dass der Betroffene damit einverstanden ist, dass der Verteidiger in seiner Abwesenheit Erklärungen für ihn abgeben und entgegennehmen wird. Steht das Einverständnis hierzu durch schriftlichen Nachweis der Hauptvollmacht einmal fest, würde ein weitergehender Nachweis den Schutzgedanken überspannen. Der Betroffene würde den Nachteil einer Beschränkung seiner Verteidigung in der Hauptverhandlung haben, obwohl er seinerseits durch Erteilung der schriftlichen Hauptvollmacht das Erforderliche getan hat und er auf die Form der Untervollmacht regelmäßig keinen Einfluss hat.
Praxishinweis
Das OLG behandelt einen der in der Praxis häufigen Fälle des Verwerfungsurteils nach den §§ 73, 74 OWiG. Es greift dabei einen Aspekt auf, der in der Rechtsprechung bereits im gleichen Sinn entschieden worden ist (vgl. OLG Celle Nds.Rpfl. 80, 155; OLG Bamberg VM 07, 77; OLG Hamm NJW 63, 1793; Göhler, a.a.O., § 73 OWiG Rn. 27). Allerdings sollte in vergleichbaren Fällen trotz dieser für den Betroffenen günstigen Rechtsansicht besser doch der Unterbevollmächtigte mit einer schriftlichen Vollmacht ausgestattet werden.
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