25.07.2011 | Videomessung
Fehlerhafte Beweiserhebung kann verwertbar sein
Eine rechtsfehlerhafte Beweiserhebung führt nicht zwingend zur Unzulässigkeit der Verwertung der gewonnenen Beweise. Das gilt auch für auf die im Rahmen einer Videoaufzeichnung im Straßenverkehr gewonnenen Beweisergebnisse (vgl. dazu BVerfG 11.8.09, 2 BvR 941/08, VA 09, 172). (BVerfG 20.5.11, 2 BVR 2072/10, Abruf-Nr. 112204). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Mit der Verfassungsbeschwerde hat der Betroffene geltend gemacht, dass AG und OLG in einem gegen ihn geführten Bußgeldverfahren ein Beweisverwertungsverbot für eine Videoaufzeichnung im Rahmen der Feststellung eines Abstandsverstoßes (Tatzeit 21.4.09) abgelehnt hatten. Die Messung war mit einer stationären Videokamera (Typ VKS 1.0) zunächst verdachtsunabhängig durchgeführt und später analysiert worden. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Zu Recht weisen AG und OLG darauf hin, dass die Videoaufzeichnung nicht den absoluten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung oder die enge Privatsphäre berührt. Auch ist der aufgezeichnete und festgehaltene Lebenssachverhalt auf einen sehr kurzen Zeitraum begrenzt. Soweit die Gerichte aufgrund ihrer Abwägung zu dem Ergebnis gelangen, dass kein Verwertungsverbot für die vor dem 11.8.09 angefertigte Videoaufzeichnung besteht, wird der fachgerichtliche Wertungsrahmen nicht überschritten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Annahme, im vorliegenden Fall bestehe kein Beweisverwertungsverbot, ein rechtsstaatswidriges planmäßiges Unterlaufen des im Fall des Beschwerdeführers verletzten Beweiserhebungsverbots schon deshalb nicht ermöglicht, weil ausdrücklich darauf abgestellt wurde, dass das verwertete Beweismittel vor der Klarstellung der Rechtslage durch den Beschluss des BVerfG vom 11.8.09 (VA 09, 172) gewonnen worden ist.
Praxishinweis
Sicherlich ein Sonderfall, weil es noch um eine Messung vor der BVerfG-Entscheidung vom 11.9.09 ging. Die Entscheidung hat aber große Bedeutung, weil das BVerfG ausdrücklich darauf hinweist, dass sich nichts anderes aus seiner Entscheidung vom 11.8.09 ergibt. Dort habe es lediglich ausgeführt, dass es möglich erscheine, dass die Fachgerichte einen Rechtsverstoß annehmen, der ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehe. Daraus lasse sich aber nicht ableiten, das BVerfG habe zwingend die Unverwertbarkeit der ohne Ermächtigungsgrundlage angefertigten Videoaufnahmen angeordnet. Vielmehr habe die Kammer seinerzeit ausdrücklich festgestellt, ob aus dem Fehlen einer gesetzlichen Befugnis für die Videoaufzeichnung ein Beweisverwertungsverbot folge, werde das zuständige Fachgericht zu prüfen haben. Dieser deutliche Hinweis wird das Verteidigen mit 2 BvR 941/08 noch schwieriger machen als es nach den beiden Entscheidungen aus Sommer 2010 (2 BvR 759/10, VA 10, 154 und 2 BvR 1447/10, VA 10, 172) so oder so schon geworden ist (vgl. auch noch OLG Hamm VA 10, 208).
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