11.12.2012 · IWW-Abrufnummer 123741
Landgericht Hamburg: Urteil vom 01.11.2012 – 331 S 35/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Hamburg
331 S 35/12
917 C 297/11 AG Hamburg-St. Georg
Verkündet am 1.11.2012
Urteil
In Namen des Volkes
In der Sache XXX
wegen Forderung und Feststellung
erkennt das Landgericht Hamburg – Zivilkammer 31 – durch den Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2012 für Recht:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 28.03.2012, Az. 917 C 297/11, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.800 Euro zuzüglich Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Februar 2011 zu zahlen sowie festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der jeweiligen Einzahlung der Gerichtskosten, nicht aber vor dem 10. Januar 2012, bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags beim Gericht nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschließt:
Der Streitwert der Berufung wird auf 1.800 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auch auf den Ersatz des Nutzungsausfalls für die 36 Tage vor der Beauftragung der Reparatur des beim Unfall beschädigten Fahrzeugs, d.h. in Höhe von 1.800 Euro. Hierfür sprechen die folgenden Überlegungen:
Grundsätzlich ist der Nutzungsausfall nur für den Zeitraum zu ersetzen, der ben ötigt wird, um das beschädigte Fahrzeug zu reparieren oder zu ersetzen. Im vorliegenden Fall durfte die Klägerin darauf warten, dass die Beklagte eine Entscheidung über die Regulierung des Unfallschadens mitteilt, nachdem sie der Beklagten am Tag nach dem streitgegenständlichen Unfall auch mitgeteilt hat, dass sie Reparaturkosten nicht vorstrecken könne. Da nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin ihre insoweit vorliegende Mittellosigkeit bloß vorgeschoben hat, durfte sie auf die Regulierungsentscheidung der Beklagten warten. Zwar war die Klägerin als Unfallbeteiligte in voller Kenntnis des Unfallhergangs. Ihr Anwalt konnte auf der Grundlage ihrer Sachverhaltskenntnisse wahrscheinlich auch zutreffend die Rechtslage beurteilen. Jedoch legte die verzögerte Bearbeitung des Falls durch die Beklagte nahe, dass es zu Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Ansprüche kommen könnte. Die Klägerin durfte daher aufklären, was der Inhalt der Ermittlungsakte auch für eine Prognose über die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche hergibt. Es ist etwa denkbar, dass der Unfallgegner gegenüber der Beklagten als seiner Versicherung eine Unfallschilderung abgegeben hat, die Anlass gegeben habenkönnte, den Unfall nicht nach Maßgabe des von der Klägerin erinnerten Sachverhalts regulieren zu wollen.
Dass die Klägerin in Kenntnis des Inhalts der Ermittlungsakte und noch vor Erteilung der Regulierungszusage der Beklagten die Reparatur in Auftrag gegeben hat, ist kein Indiz dafür, dass die Klägerin die Beauftragung der Reparatur nicht unverzüglich ausgesprochen hat. Vielmehr spricht dies dafür, dass die Klägerin in Kenntnis des Inhalts der Ermittlungsakte nunmehr das Risiko eingehen konnte, dass die Beklagte den Schaden nicht regulieren wollte. Es spricht nach dem Sach- und Streitstand nichts dagegen, dass anhand der Ermittlungsakte das Prozessrisiko einer Inanspruchnahme der Beklagten als vernünftigerweise in Kauf zu nehmen eingeschätzt werden konnte. Hierfür spricht auch, dass nachdem die Beklagte ebenfalls Kenntnis vom Inhalt der Ermittlungsakte hatte, alsbald die Zusage abgegeben hatte.
Die Feststellung war nach §§ 286, 288 BGB dahin gehend abweichend vom Klageantrag auszusprechen als die Verzinsung erst frühestens nach Rechtshängigkeit eintreten kann, da vorher der zu verzinsende Betrag nicht festgestanden hat und fällig geworden ist.
Die Entscheidungen über die Kosten des Rechtsstreits und die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 92, 708 Nr. 10 ZPO. Die teilweise Zurückweisung der Berufung (wg. Des Feststellungsantrags im Zinsausspruch) fällt im Verhältnis zum Streitgegenstand insgesamt nicht ins Gewicht.