13.03.2013 · IWW-Abrufnummer 130847
Amtsgericht Hechingen: Urteil vom 10.11.2011 – 2 C 295/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen:
2 C 295/11 Verkündet am 10.11.2011
Amtsgericht Hechingen
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Hechingen
durch den Richter Dr. Leifeld
am 10.11.2011 auf die mündliche Verhandlung vom 13.10.2011
für Recht erkannt:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 664,44 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozent vom 6.6.11 bis 8.7.11 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 9.7.11 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 52% und die Beklagten als Gesamtschuldner 48% zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.267,22 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach einem Verkehrsunfall an der Kreuzung einer Landstraße.
Die Klägerin ist Eigentümerin, Halterin und Fahrerin des unfallbeteiligten PKW Toyota (BL-RN 4444). Der Beklagte Ziff. 1 ist der auf den Beklagten Ziff. 2 zugelassene Fahrer des bei der Beklagten Ziff. 3 haftpflichtversicherten Fahrzeugs Typ Peugeot (BL-DJ 1777). Am 28.4.11 fuhr die Klägerin auf der B 32 in Richtung Hechingen und wollte nach links Richtung REWE und Oberstadt abbiegen. Sie setzte den linken Blinker kurz vor der schraffierten Sperrfläche, welche vor der Linksabbiegerspur diese anzeigt. Als die Klägerin auf der Höhe des Beginns der Linksabbiegerspur war, kam ein anderer Verkehrsteilnehmer mit einem schwarzen PKW von hinten und überfuhr die schraffierte Sperrfläche, fuhr dann den beiden PKW dann auf der Linksabbiegerspur vorbei und bog links ab. Die Klägerin, die anfangs räumlich noch vor dem schwarzen PKW war, ordnete sich wegen des von hintern auf der Linksabbiegerspur herannahenden schwarzen PKW nicht vollständig auf die Linksabbiegerspur. Der Beklagte Ziff. 1 fuhr unmittelbar hinter der Klägerin. Er bemerkte den schwarzen PKW zunächst nicht, sah dann jedoch noch vor der Kollision, wie er links abbog (Bl. 76 d.A.). Am Ende der Linksabbiegerspur kam es dann zur Kollision zwischen dem Fahrzeug der Klägerin und dem des Beklagten Ziff. 2. Kurz nach dem Aufprall fuhr das schwarze Fahrzeug dann an den Parteien und der Unfallstelle vorbei. Die Unfallendstellung wurde von den Parteien in den bei der Akten befindlichen Fotos dokumentiert (Bl. 15, 16 d.A. und Bl. 67, 68 d.A.). Die Klägerin holte dann einen Kostenvoranschlag für die an ihrem Auto entstandenen Schäden ein. Hiernach belaufen sich die Netto-Reparaturkosten auf 1242,22 € (Bl. 6 d.A.). Eine Reparatur des Fahrzeugs ist bisher nicht erfolgt. Des weiteren wird von der Klägerin eine Unfallkostenpauschale in Höhe von 25 € geltend gemacht.
Die Klägerin trägt vor, sie sei nicht auf die Linksabbiegerspur gefahren und der Beklagte Ziff. 1 sei dann auf sie aufgefahren. Sie ist weiter der Meinung, die im Kostenvoranschlag angegebenen Beträge seien zur Schadensbeseitigung erforderlich.
Sie beantragt daher
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1267,22 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.6.11 zu bezahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin die ihr außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 186,24 € zu erstatten.
Die Beklagten beantragen
die Klage abzuweisen.
Sie tragen vor, die Klägerin sei kurz vor dem Ende der Linksabbiegerspur nach links gezogen. Hierauf habe der Beklagte Ziff.1 gedacht, er können nur geradeaus weiterfahren. Die Klägerin sei jedoch, als er sich gerade mit der Front auf der Höhe des Hecks des klägerischen Fahrzeugs befand, wieder auf die rechte Spur zurückgezogen, sodass es zur Kollision kam. Die Klägerin sei auf das Fahrzeug des Beklagten Ziff. 2 aufgefahren. Die Beklagten tragen weiter vor, das das Heckabschlussblech nicht erneuert werden müsse und damit auch entsprechende Lackierkosten nicht ersatzfähig seien. Weiter seien die Ersatzteilpreise um 15% zu hoch angesetzt. Schließlich seien die eingestellten Verbringungskosten nicht ersatzfähig.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beauftragung des Sachverständigen Dipl.-Ing. Wiedensohler zur Erstattung eines mündlichen Gutachtens. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.10.11 verwiesen (Bl. 74 ff. d.A.).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet.
A. Der Klägerin steht in Bezug auf die Hauptforderung gem. § 7 I, 18 I, III, 17 I, II StVG, 115 VVG lediglich noch ein Anspruch auf Zahlung von 664,44 € zu, da auf der Grundlage einer Haftungsverteilung 75% - 25% zu Lasten der Beklagten abzurechnen war und nicht alle geltend gemachten Reparaturkosten zur Instandsetzung erforderlich waren.
I. Eine Abwägung der Unfallbeiträge der Beteiligten gem. § 17 I, II StVG führt zu einer Haftungsverteilung 75% - 25% zu Lasten der Beklagten.
1. Die durch das Gericht durchgeführte Abwägung geht von folgenden Grundsätzen aus:
a) In die Abwägung sind folgende Gesichtspunkte einzubeziehen: Zum Einen ist die Abwägung aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen (vgl. BGH VersR 2005, 954, 956) Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (vgl. BGH NJW-RR 2010, 839-842). Zum Anderen muss ermittelt werden, inwieweit und in welcher Höhe ggf. noch die Betriebsgefahr eines jeden Fahrzeugs, vgl. § 7 I StVG, mit in die Abwägung einzustellen ist. Nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers in § 7 I StVG ist diese im Regelfall mit zu berücksichtigen. Nur ausnahmsweise kann diese gem. §§ 7 II, 17 III StVG entfallen.
b) Die Beweislast für die jeweiligen Unfallbeiträge, die die Haftungsquote der Gegenseite erhöhen trägt die Partei, die diese behauptet. Anders gestaltet sich die Beweislast in Bezug auf die Betriebsgefahr. Hier muss die jeweilige Partei, damit die Betriebsgefahr entfällt, sich gem. §§ 7 II, 17 III StVG entlasten.
2. Unter Anwendung dieser Grundsätze sind hier folgende Unfallbeiträge in die Gesamtabwägung einzustellen.
a) Der Beklagte Ziff. 1 hat gegen § 5 III Nr.1 StVO verstoßen. Er hat versucht rechts zu überholen, obwohl eine unklare Verkehrslage bestand und damit ein Überholmanöver unzulässig war.
(1) Eine unklare Verkehrslage liegt vor, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf, wenn also die Verkehrslage unübersichtlich bzw. ihre Entwicklung nach objektiven Umständen nicht zu beurteilen ist (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR
21. Auflage 2010, § 5 StVO Rn. 26). Im Fall des Rechtsüberholens liegt eine unklare Verkehrslage vor, wenn der Linksabbieger zwar den linken Blinker eingeschaltet hat, sich jedoch nicht links eingeordnet hat (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 21. Auflage 2010, § 5 StVO Rn. 26).
(2) Hier bestand eine unklare Verkehrslage. Der Beklagte Ziff. 2 konnte nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen.
(2.1.) Nach den unstreitigen Angaben der Parteien steht fest, dass sich die Klägerin jedenfalls noch nicht vollständig und auch nicht weit überwiegend auf die Linksabbiegerspur eingeordnet hatte. Diese Feststellung wird von den Ausführungen des Sachverständigen gestützt. Dieser führt aus, dass bei dem vorliegenden Schadensbild zwei Möglichkeiten bestehen: Es ist möglich, dass die Klägerin mit ihrem Fahrzeug nie auf der Linksabbiegerspur war. Ebenfalls ist möglich, dass sie teilweise auf der Abbiegespur war. Diesbezüglich kann das klägerische Fahrzeug zum Zeitpunkt, als der Beklagte Ziff. 1 den Entschluss fasste, die Klägerin rechts zu überholen, maximal 50cm mit der links Seite über der Randleitlinie der Abbiegespur gewesen sein. Dieser räumliche Rahmen konnten vom Sachverständigen anhand der festgestellten Kollisionsgeschwindigkeit in Verbindung mit einer zeitlichen Rückrechnung unter Berücksichtigung der möglichen Fahrwege der Fahrzeuge gebildet werden.
(2.2.) Ebenfalls steht fest, dass noch vor der Kollision der Beklagte Ziff. 1 den auf der Linksabbiegerspur herannahenden schwarzen PKW gesehen hatte.
(2.3.) Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass zum Zeitpunkt, als sich der Beklagte Ziff. 1 zum Überholen entschied, er nicht damit rechnen konnte, den Überholvorgang gefahrlos durchzuführen. Zunächst noch nicht ausreichend Raum zwischen dem klägerischen Fahrzeug und der rechten Leitplanke, um gefahrlos den Überholvorgang durchzuführen. Dem Beklagten Ziff. 1 musste aufgrund des vorhergehenden Fahrverhaltens der Klägerin, d.h. das Unterlassen der unmittelbaren Einordnung auf die Linksabbiegerspur, und dem herannahenden schwarzen PKW zudem bewusst sein, dass der geplante Überholvorgang nicht gefahrlos sein wird. Folgende Gefahrensituationen zeichneten sich erkennbar ab:
Es bestand zum einen die Möglichkeit, dass sich die Klägerin nun vollständig links einordnet und es dann ggf. zu einer Kollision mit dem herannahenden schwarzen PKW kommt. Ein solcher Unfall hätte auch den Überholvorgang des Beklagten Ziff. 1 gefährden können. Zudem hätte der Beklagte Ziff. 1 der Klägerin potentielle Ausweichmöglichkeiten abgeschnitten, nämlich ein schnelles zurückziehen auf die rechte Spur.
Zum anderen hätte die Orientierung nach links nur eine unbewusste, kurzfristige sein können aufgrund der leichten Rechtskrümmung der Fahrbahn. In diesem Fall wäre mangels genügend Raum zwischen dem klägerischen Fahrzeug und der rechten Leitplanke ein Überholvorgang nicht möglich gewesen, eine Kollision wäre wahrscheinlich gewesen.
b) Auf Seiten der Klägerin ist demgegen über ein Verstoß gegen Verkehrsvorschriften von den diesbezüglich beweisbelasteten Beklagten nicht nachgewiesen.
(1) Ein Verstoß gegen § 9 I S.2 StVO liegt nicht vor. Die Klägerin hat sich zwar nicht vollständig links eingeordnet.
Das Gebot sich rechtzeitig links einzuordnen gilt nur soweit dies die Verkehrssituation zulässt. Kann sich der Verkehrsteilnehmer aus verkehrsbedingten Gründen nicht links einordnen, so ist der Abbiegevorgang dennoch zulässig. Allerdings muss dann der Abbiegende alles ihm Mögliche tun, um eine Gefährdung nachfolgender Verkehrsteilnehmer zu vermeiden (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR 21. Auflage 2010, §9 StVO Rn. 17).
Die Klägerin hat hier zunächst sehr frühzeitig den linken Blinker gesetzt und ihr Fahrzeug verlangsamt. Sie hat damit ihre Abbiegeabsicht deutlich kund getan. Aufgrund des unstreitig von hinten herannahenden PKW, welcher bereits verkehrswidrig die schraffierte Fläche überfuhr, konnte die Klägerin sich nicht gefahrlos links einordnen. Die Verkehrssituation ließ damit ein vollständiges und klares Einordnen nach links nicht zu.
Die Klägerin hat hier auch alles ihr Mögliche getan, um eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs zu vermeiden. Nach Auffassung des Gerichts musste sie den linken Blinker nicht abschalten, um dem nachfolgenden Verkehr zu verdeutlichen, dass sie sich nicht links einordnen werde. Da die Klägerin weiterhin die Absicht hegte, links abzubiegen, musste sie dieses Ziel weiterhin deutlich machen.
Die Nichteinordnung bei weiterhin betätigten Blinker stellt damit bei der bestehenden Verkehrssituation kein Verstoß gegen § 9 I S.2 StVO dar.
(2) Ein Verstoß gegen § 1 II StVO ist von den Beklagten nicht nachgewiesen. Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin wieder nach rechts zog und hierdurch es zur Kollision kam.
Der Sachverständige konnte anhand des Schadensbildes nicht rekonstruieren, ob dieses durch eine Rechtsbewegung des klägerischen Fahrzeugs oder ein Auffahren auf das geradeausfahrende Fahrzeug der Klägerin entstand. Die Unaufklärbarkeit geht hier zulasten der Beklagten, die für konkrete Unfallbeiträge der Klägerin beweisbelastet sind (s.o.).
(3) Ein Verstoß gegen § 1 II StVO iVm. § 5 III Nr.1 StVO liegt ebenfalls nicht vor. Die Klägerin hat zwar eine unklare Verkehrslage geschaffen, konnte sich bei der bestehenden Verkehrslage jedoch nicht anders verhalten.
Gem. § 1 II StVO muss sich ein Verkehrsteilnehmer so verhalten, dass kein Anderer mehr als nach dem Umständen vermeidbar, gefährdet oder behindert wird. Das Gericht ist der Auffassung, dass in einer Verkehrssituation, in der ein drittes Fahrzeug den Linksabbiegevorgang behindert, der Linksabbieger lediglich weiterhin die Linksabbiegeabsicht durch Betätigung des Blinkers anzeigen kann. Ansonsten muss der Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug so auf der Fahrbahn bewegen, dass eine Kollision mit dem dritten Fahrzeug vermieden wird. Hier darf der Linksabbieger nicht auf seiner Vorrangstellung beharren. Würde er dies tun, stellte dies im Verhältnis zu diesem Fahrzeug ein Verstoß gegen § 1 II StVO dar.
c) Auf beiden Seiten ist die Betriebsgefahr in der Abwägung zu berücksichtigen. Eine Entlastung gem. §§ 7 II, 17 III StVG kommt für die Beklagten aufgrund des Verstoßes gegen § 5 III Nr. 1 StVO nicht in Betracht. Ein Entlastung kommt auch für die Klägerin nicht in Betracht. Sie konnte hier nicht nachweisen, dass sie sich wie eine Idealfahrerin verhalten hat. Die Unaufklärbarkeit der Frage, ob sie kurz vor der Kollision nochmals nach rechts zog, geht hier zu ihren Lasten (s.o.).
d) Wägt man diese Unfallbeiträge gegeneinander ab, so ist hier eine Haftungsverteilung von 75% zu 25% zulasten der Beklagten sachgerecht.
(1) Bei der Abwägung sind in erster Linie die einzelnen Unfallbeiträge zu bewerten, zu gewichten und gegeneinander ins Verhältnis zu setzen. Entscheidend ist zudem, ob auf einer Seite lediglich die Betriebsgefahr einzustellen ist oder ebenfalls ein Verstoß gegen Verhaltenspflichten der StVO vorliegt. Im Verhältnis zu einem konkreten Verstoß tritt nämlich die Betriebsgefahr grundsätzlich weitgehend in den Hintergrund. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, durch welche Maßnahmen die Beteiligten den Unfall hätten vermeiden können und welche Alternativen bestanden.
(2) Auf Seiten der Beklagten lag ein Verstoß gegen § 5 StVO vor (s.o.). Ein konkreter Verstoß gegen Verhaltenspflicht der StVO war demgegenüber auf Seiten der Klägerin nicht nachweisbar. Zudem muss hier berücksichtigt werden, dass die Klägerin sich bei der bestehenden Verkehrslage nicht anders verhalten konnte und eine wohl größere Gefahr durch eine Kollision mit dem von hinten herrannahenden Fahrzeug vermieden hat. Der Beklagte Ziff. 1 hätte demgegenüber die Verkehrslage überblicken und erfassen und durch ein Zurückstellen des Überholvorgangs den Unfall leicht vermeiden können. Der weit überwiegende Unfallbeitrag liegt daher auf Seiten der Beklagten. Da wegen des potentiellen Rechtsschwenks die Unvermeidbarkeit des Unfalls für die Klägerin jedoch nicht feststeht, war auf ihrer Seite die Betriebsgefahr einzustellen. Diese wurde mit 25% angesetzt.
II. Die Klägerin kann auf der Basis daher von den Beklagten lediglich 664,44 € verlangen. Dies entspricht einer Quote von 75% bei erforderlichen Schadensbeseitigungskosten in Höhe von 885,92 €.
1. Die reinen Reparaturkosten, die Verbringungskosten ausgenommen, die erforderlich wären, um den Wagen wieder instandzusetzen, betragen nach den Angaben des Sachverständigen 795,92 € ohne Mehrwertsteuer (vgl. Bl. 53 f. d.A.).
2. Weitere 90 € Verbringungskosten sind hier dem Grunde nach ersatzfähig. Die Ersatzfähigkeit entfällt nicht deshalb, weil hier auf der Basis fiktiver Reparaturkosten abgerechnet wird.
a) In der Rechtsprechung ist umstritten, ob Verbringungskosten auch im Rahmen einer fiktiven Reparaturkostenabrechnung erstattungsfähig sind. Ein Teil der Rechtsprechung geht davon aus, dass bei einer fiktiven Abrechnung Verbringungskosten nicht zu erstatten sind, da sie nicht zwingend bei einer Reparaturdurchführung auch konkret anfallen (so beispielsweise AG Mannheim VersR 1999, 332; AG Düsseldorf 39 C 19357/01; AG Miesbach 2 C 0319/97; LG Bonn 19 S 56/91). Ein anderer Teil der Rechtsprechung geht demgegenüber davon aus, dass Verbringungskosten grundsätzlich auch bei einer fiktiven Abrechnung erstattungsfähig sind. Einschränkend wird jedoch gefordert, dass eine Erstattungsfähigkeit voraussetzt, dass in der Werkstatt, in die ein Fahrzeug verbracht werden soll, nicht sämtliche Arbeiten erledigt werden können oder beispielsweise in einer Region üblicherweise in Spezialwerkstätten lackiert wird (vgl. AG Delmenhorst BeckRS 2009, 13941; AG Achim 10 C 869/97; AG Verden 2 C 657/00 (II); siehe auch OLG Düsseldorf BeckRS 2008, 12379 insoweit in SP 2008, 387 nicht abgedruckt; KG BeckRS 2008, 8516 = KGReport Berlin 2008, 610 m.w.N.). Wieder ein anderer Teil geht ohne Einschränkung davon aus, dass Verbringungskosten erstattungsfähig sind (vgl. z.B. AG Bersenbrück BeckRS 2008, 08674; AG Leverkusen 20 C 258/94).
b) Das Gericht schließt sich hier der Meinung an, wonach es nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, dass auch bei einer fiktiven Abrechnung Verbringungskosten erstattungsfähig sind.
Gem. § 249 II S.1 BGB sind die Kosten erstattungsfähig, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Diesbezüglich ist anerkannt, dass ein Ersatz nicht nur dann möglich ist, wenn die Kosten tatsächlich angefallen sind. Vielmehr kann auch grundsätzlich auf der Basis fiktiver Reparaturkosten abgerechnet werden. Der Anspruch auf Geldersatz gemäß § 249 Satz 2 BGB ist von der tatsächlichen Durchführung einer Reparatur unabhängig. Damit ist auch die Position „Verbringungskosten zum Lackierer“ nicht erst dann zu ersetzen, wenn diese Verbringungskosten tatsächlich anfallen (vgl. AG Verden 2 C 657/00 (II)). Die Frage der grundsätzlichen Ersatzfähigkeit im Rahmen einer fiktiven Abrechnung ist jedoch von der Problematik zu trennen, wann im Einzelfall der Nachweis geführt ist, dass diese Kosten bei einer Reparatur angefallen wären. Auch bei fiktiver Abrechnung trägt nämlich der Geschädigte die volle Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Höhe des Schadens. Bezüglich des Nachweises der Höhe des Schadens muss differenziert werden (vgl. zu dieser Differenzierung Wagner NZV 1999, 358). Bei den „reinen “ Reparaturkosten lässt sich der Nachweis regelmäßig allein auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens führen. Anders verhält es sich jedoch bei Kosten, die nicht durch die tatsächliche Reparatur, sondern dadurch verursacht werden, dass im konkreten Einzelfall besondere Aufwendungen erforderlich sind, um eine vollständige und sachgerechte Reparatur erst zu ermöglichen, beispielsweise das Fahrzeug zu der Stelle zu bringen, an der es repariert werden kann. Hier muss dargelegt und bewiesen werden, dass diese auch tatsächlich angefallen wären. Kann dieser Nachweis erbracht werden, sind diese Kosten ersatzfähig, da der Geschädigte bei fiktiver Abrechnung Anspruch auf sämtliche notwendige Reparaturkosten hat (vgl. AG Achim 10 C 869/97).
Nach Auffassung des Gerichts dürfen an diesen Nachweisen jedoch keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Vielmehr genügt es, wenn vom Geschädigten nachgewiesen wird, dass in der Werkstatt, in welche er das Auto verbracht hätte, diese angefallen wären oder wenn in der streitgegenständlichen Region typischerweise verunfallte Kfz für die Lackierung in eine Spezialwerkstatt verbracht werden. Das Gericht ist der Auffassung, dass es für diesen Nachweis genügt, wenn der Geschädigte einen Kostenvoranschlag einer sich in der Nähe befindlichen Fachwerkstatt vorlegt, nachdem Verbringungskosten anfallen würden. Die Ersatzfähigkeit kann in einem solchen Fall nach Ansicht des Gerichts nur über § 254 II BGB und damit der Verletzung der Schadensminderungspflicht ausgeschlossen sein. Hierzu ist jedoch erforderlich, dass der Schädiger darlegt und beweist, dass in zumutbarer Nähe eine Werkstatt existiert, bei der Verbringungskosten nicht angefallen wären.
c) Hier hat die Klägerin einen Kostenvoranschlag vorgelegt, nachdem Verbringungskosten anfallen würden, sodass die Erforderlichkeit dieser Kosten nachgewiesen ist.
B. Der Klägerin steht daneben gem. § 280 I, 249 BGB ein Anspruch auf Ersatz von 120,67 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu. Dieser Betrag entspricht eine 1,3 Geschäftsgebühr inklusive Pauschale und Mehrwertsteuer.
C. Die Zinsentscheidung bezüglich der Hauptforderung beruht auf § 849 BGB. Kosten der Wiederherstellung einer beschädigten Sache sind ab dem Zeitpunkt der Beschädigung verlangen. Sowohl die Reparaturkosten als auch die Verbringungskosten sind Kosten, die zur Wiederherstellung anfallen. Die Klägerin hat jedoch Zinsen erst ab dem 6.6.11 geltend gemacht, sodass wegen § 308 I ZPO erst ab dem 6.6.11 und nicht bereits ab dem 28.4.11 die Zinsen zugesprochen werden konnten. Allerdings beträgt der Zinssatz nicht 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, sondern gem. § 849 BGB iVm. § 246 BGB nur 4 %. Ab Rechtshängigkeit, d.h. ab dem 9.7.11 ist die Forderung dann mit 5 Prozentpunkten gem. §§ 291, 288 ZPO zu verzinsen.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.