11.04.2013 · IWW-Abrufnummer 131212
Landgericht Wiesbaden: Urteil vom 17.03.2011 – 9 O 342/08
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Wiesbaden
Aktenzeichen: 9 O 342/08
Verkündet am: 17.03.2011
Im Namen des Volkes
U r t e i l
In dem Rechtsstreit
XXX
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2011
für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 2.179,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.12.2008 sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2008 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin den materiellen sowie immateriellen Zukunftsschaden aus dem Verkehrsunfall vom 07.07.2007 zu ersetzen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt aufgrund eines Verkehrsunfalls gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz sowie die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten aus dem Verkehrsunfall für die Zukunft.
Die Klägerin war am 07.07.2007 um etwa 0:30 Uhr als Beifahrerin eines von ihrem Ehemann, dem Zeugen SchXXXXXXX, geführten und in dessen Eigentum stehenden Fahrzeugs der Marke BMW mit dem amtlichen Kennzeichen NE-XXXXX in einen Verkehrsunfall auf der Bundesautobahn A 8 in Fahrtrichtung Karlsruhe in der Nähe des Stuttgarter Kreuzes beteiligt.
Bevor das vom Zeugen SchXXXXXXX geführte Fahrzeug den Bereich der späteren Unfallstelle erreichte, war der Beklagte zu 2) mit dem von ihm geführten Fahrzeug, einem Nissan Sunny mit dem amtlichen Kennzeichen LB-XXXXXXX, auf der Bundesautobahn A 8 in Fahrtrichtung Karlsruhe bei Kilometer 204,6 vorverunfallt. Im Zusammenhang mit diesem Unfallereignis war der Beklagte zu 2) mit dem von ihm geführten Fahrzeug ins Schleudern geraten und gegen die Leitplanke geprallt. Sein Fahrzeug blieb schließlich entgegen der Fahrtrichtung auf der linken Überholspur stehen. Nach dem Unfallereignis wurde von dem Beklagten zu 2) und seiner Beifahrerin, der Zeugin S, kein Warndreieck aufgestellt. Die weiteren Einzelheiten, wie es zu dem Vorunfall mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 2) kam und die sonstigen Umstände im Zusammenhang mit dem Vorunfall des Beklagten zu 2) sind zwischen den Parteien streitig.
Der Zeuge SchXXXXXXX befuhr die oben benannte Bundesautobahn auf der linken Überholspur, da sich vor ihm zunächst langsam fahrende Fahrzeuge auf den anderen Fahrspuren befanden, die der Zeuge SchXXXXXXX überholte. Im Bereich einer Kuppe leitete der Zeuge SchXXXXXXX aufgrund des dort stehenden Fahrzeuges des Beklagten zu 2) ein Ausweichmanöver ein, das dazu führte, dass das Fahrzeug, in dem sich die Klägerin auf dem Beifahrersitz angeschnallt befand, ins Schleudern und letztlich im Bereich der Böschung aufprallte und auf die Bundesautobahn zurückgeschleudert wurde. Der Zeuge SchXXXXXXX befuhr die Bundesautobahn A 8 vor der Wahrnehmung des vorverunfallten Fahrzeuges mit mindestens 120 km/h. Die weiteren Einzelheiten des Unfallhergangs bezüglich des vom Zeugen SchXXXXXXX geführten Fahrzeuges sind zwischen den Parteien ebenfalls streitig.
Die Klägerin erlitt durch den Verkehrsunfall nicht unerhebliche Verletzungen in Form einer Berstungsfraktur des LWK 1 mit nach intraspinal dislozierten Fragmenten. Diese instabile Fraktur musste operativ im Marienhospital in Stuttgart versorgt werden. Weiterhin erlitt die Klägerin eine kleine knöcherne Absprengung am Trochanter major des linken Oberschenkels und ein Hämatom am rechten Oberschenkel. Aufgrund dieser Verletzungen befand sich die Klägerin in der Zeit vom 07.07. bis 20.07.2007 zur operativen Erstversorgung und sodann noch einmal vom 06.04. bis 13.04.2008 zur Metallentfernung des Fixateurs im Bereich des LWK 1 im Marienhospital in Stuttgart im Rahmen eines stationären Aufenthaltes. In einem Arztbericht des Radiologen Dr. Ulrich MXXXXXXXXXX in Köln wurde am 26.06.2008 festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der unfallbedingten Verletzungen immer noch unter ganz erheblichen Einschränkungen und Verletzungsfolgen leide.
Nach einem von der Beklagten zu 1) in Auftrag gegebenen unfallchirurgischen Fachgutachten vom 01.09.2008 (Bl. 60 d.A.), dessen Inhalt zwischen den Parteien nicht im Streit steht, endete die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im November 2007. Aufgrund der notwendigen Materialentfernung war die Klägerin zudem im Zeitraum vom 06.04.2008 bis zum 05.05.2008 erneut arbeitsunfähig. Die von der Beklagten beauftragten Gutachter gehen davon aus, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vom Unfallzeitpunkt bis zum Tage der gutachterlichen Nachuntersuchung am 19.08.2008 in Höhe von 30 % und vom Tage der Untersuchung (20.08.2008) bis zum Ende des dritten Jahres nach dem Unfallzeitpunkt von 20 % bestanden habe. Nach dem Ablauf dieses Zeitraums sei eine erneute gutachterliche Nachuntersuchung zu empfehlen, um die MDE auf Dauer festlegen zu können. Weiterhin stellten die Privatsachverständigen fest, dass eine zeitliche Einschränkung für die ausgeübte Tätigkeit nicht bestehe. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung der MDE vollschichtig arbeiten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der unstreitigen Feststellungen der Privatsachverständigen wird auf das Privatsachverständigengutachten vom 01.09.2008 (Bl. 60 d.A.) sowie auf den ebenfalls unstreitigen Inhalt des ärztlichen Berichtes des Marienhospitals vom 25.07.2008 (Bl. 7 ff. d.A.) verwiesen.
Die Klägerin leidet nach dem Unfall unter einem 30%igen Höhenverlust bezüglich des betroffenen Wirbels. Insoweit erlitt die Klägerin bei dem durch den Unfall verletzten Wirbel einen Masseverlust von 30 %. Dieser Anteil des Wirbels wurde durch den aufgrund des Verkehrsunfalls hervorgerufenen Wirbelbruchs völlig zerstört worden und ist nicht mehr wiederherzustellen. Vor dem Verkehrsunfall war die Klägerin Hobby-Reiterin. Aufgrund der Wirbelverletzung ist die Klägerin nicht mehr in der Lage, die beim Hobby-Reiten erforderlichen Bewegungen nach oben und unten durchzuführen. Auch ist die Klägerin vor dem Unfall regelmäßig gejoggt und mit Inline-Skatern gefahren. Auch diese Sportausübung ist der Klägerin, bedingt durch die Wirbelverletzung, nicht mehr möglich. Im Haushalt ist es der Klägerin nicht mehr möglich Tätigkeiten auszuführen, bei denen eine Kraftübertragung durch die Wirbelsäule aufgefangen wird. Dies gilt insbesondere für Staubsaugen sowie für das Heben von Lasten. Die Klägerin kann nicht länger als ca. 20 bis 30 Minuten in einer Stellung verharren. Es ist ihr nicht möglich, länger als 20 bis 30 Minuten hintereinander zu stehen, zu sitzen oder zu liegen. Daher muss die Klägerin nachts regelmäßig aufstehen, weil sie es vor Schmerzen nicht mehr aushält.
Im Rahmen der Schadensabwicklung bezüglich des über die Klägerin versicherten Fahrzeuges des Zeugen SchXXXXXXX wurde von der Kaskoversicherung von der Versicherungsleistung hinsichtlich des beschädigten Fahrzeugs eine vertraglich vereinbarte Selbstbeteiligung in Höhe von 500,- Euro in Abzug gebracht. Mit der Klage macht die Klägerin jetzt diesen Selbstbeteiligungsanteil aus der Kaskoversicherung in Höhe von 500,- Euro gegenüber der Beklagten geltend.
Weiterhin sind der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall und den Heilbehandlungsmaßnahmen im Marienhospital in Stuttgart sowie sich anschließender Behandlungskosten insgesamt Kosten in Höhe von 1.653,04 Euro entstanden. Hinsichtlich der Zusammensetzung dieser Kostenposition wird auf das Anlagenkonvolut K 1 nebst Nachweisen verwiesen. Weiterhin sind Kosten in Höhe von 672,- Euro in Form von Fahrtkosten und Hotelaufenthalten entstanden. Insoweit wird auf das Anlagenkonvolut K 2 verwiesen. Letztlich macht die Klägerin noch einen Eigenanteil von Behandlungskosten in Höhe von 435,94 Euro (Anlagenkonvolut K 3) geltend. Hinsichtlich der Zusammensetzung dieser Forderungen wird auf die Bl. 14, 37 und 33 d.A. verwiesen. Die einzelnen Aufwendungen stehen zwischen den Parteien nicht im Streit. Umstritten sind allein die Fragen der Erstattungsfähigkeit und Ursächlichkeit der erbrachten Aufwendungen sowie die Höhe des abgerechneten Kilometergeldes.
Die Klägerin behauptet, dass der Zeuge SchXXXXXXX vor dem Unfall mit seinem Fahrzeug unter Verwendung eines Tempomates kontinuierlich 120 km/h gefahren sei. Nachdem der Zeuge SchXXXXXXX mit seinem Fahrzeug zunächst die mittlere der drei Fahrspuren befahren habe, sei er sodann auf die linke Fahrspur der Bundesautobahn gewechselt, um vor ihm langsam fahrende Fahrzeuge zu überholen. Der Zeuge SchXXXXXXX sei sodann mit seinem Fahrzeug auf eine Kuppe zugefahren und als er die Kuppe erreicht habe bzw. den Scheitelpunkt der Kuppe überfahren gehabt habe, seien vor ihm Scheinwerfer eines anderen Fahrzeuges aufgetaucht. Der Zeuge SchXXXXXXX habe in diesem Moment den Eindruck gehabt, dass es sich bei den von ihm wahrgenommenen Scheinwerfern um einen „Geisterfahrer“ handeln müsse. Für den Zeugen SchXXXXXXX seien lediglich die Frontscheinwerfer des anderen Fahrzeugs erkennbar gewesen. Bei dem von dem Zeugen SchXXXXXXX wahrgenommenen Fahrzeug habe es sich um das von dem Beklagten zu 2) zuvor geführte Fahrzeug gehandelt. An diesem Fahrzeug sei keine Warnblinkanlage eingeschaltet gewesen. Der Zeuge SchXXXXXXX sei davon ausgegangen, dass sich das Fahrzeug des Beklagten zu 2) auf seiner Spur bewege, daher habe der Zeuge SchXXXXXXX das von ihm gesteuerte Fahrzeug nach rechts gelenkt, wodurch sein Fahrzeug dann zunächst auf den Standstreifen bzw. in die Böschung gedrückt worden sei. Der Verkehrsunfall sei auf ein alleiniges Fehlverhalten des Beklagten zu 2) zurückzuführen. Dieser habe unmittelbar vor dem Unfall des Zeugen SchXXXXXXX den Vorunfall durch ein Ausweichmanöver verursacht und sei hinter einer Kuppe auf der Bundesautobahn A 8 zum Stehen gekommen. Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass der Beklagte zu 2) zumindest die Pflicht gehabt habe, die Warnblinkanlage einzuschalten und ein Warndreieck aufzustellen bzw. anderweitig auf den Unfall aufmerksam zu machen. Davon habe der Beklagte zu 2) abgesehen und sich lediglich hinter die Mittelleitplanke geflüchtet. Bei einer ordnungsgemäßen Absicherung der Unfallstelle wäre der Verkehrsunfall mit dem Fahrzeug des Zeugen SchXXXXXXX nicht erfolgt.
Hinsichtlich der Unfallörtlichkeit behauptet die Klägerin ergänzend, dass sich das Fahrzeug des Beklagten zu 2) unmittelbar auf oder hinter der Kuppe stehend befunden habe. Daher habe der Zeuge SchXXXXXXX das Fahrzeug des Beklagten zu 2) bzw. die dort leuchtenden Scheinwerfer erst erkennen können, als sich der Zeuge SchXXXXXXX unmittelbar vor dem Fahrzeug befunden habe. Der Zeuge SchXXXXXXX habe in dem Moment eine Ausweichbewegung bzw. ein Bremsvorgang eingeleitet, als er das Fahrzeug des Beklagten zu 2) wahrgenommen habe. Dies habe dazu geführt, dass der Zeuge SchXXXXXXX mit seinem Fahrzeug nicht das Fahrzeug des Beklagten zu 2) gerammt habe, sondern an dem Fahrzeug vorbeigefahren sei. Dieses Vorbeifahren habe letztlich zu dem Schleudern des Fahrzeuges des Zeugen SchXXXXXXX geführt. Dies dürfe dem Zeugen SchXXXXXXX nicht angelastet werden. Der Verkehrsunfall sei für den Zeugen SchXXXXXXX unvermeidbar gewesen, da er nicht damit habe rechnen können, dass hinter der Kuppe auf der Autobahn ein Fahrzeug stehe. In diesem Zusammenhang vertritt die Klägerin die Ansicht, dass eine Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h als angemessen anzusehen sei. Das Fahrzeug des Beklagten zu 2) sei für den Zeugen SchXXXXXXX völlig unvermittelt aufgetaucht.
Die Klägerin behauptet, dass davon auszugehen sei, dass bei ihr dauerhaft eine MDE eintreten werde. Sie ist im Hinblick auf die erlittenen Verletzungen der Auffassung, dass ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,- Euro angemessen sei. Der Klageantrag zu 3. rechtfertige sich daraus, dass noch nicht feststehe, ob tatsächlich mit einem Dauerschaden zu rechnen sei.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 3.260,98 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2007 an sie zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein Schmerzensgeld zu zahlen, das einen Betrag in Höhe von 15.000,- Euro nicht unterschreiten sollte, dessen Höhe jedoch in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5 Prozent Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.07.2007,
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jedweden materiellen und immateriellen Zukunftsschaden anlässlich des Verkehrsunfalls vom 07.07.2007 zu ersetzen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, dass der Beklagte zu 2) vor dem von ihm erlittenen Unfall den mittleren von insgesamt drei Fahrspuren der Durchgangsfahrbahn aus München kommend, in Richtung des Kreuzes Stuttgart befahren habe. Er sei hierbei allenfalls 120 km/h gefahren. Direkt vor dem Beklagten zu 2) habe ein unbekannter Pkw-Fahrer, den der Beklagte zu 2) und seine Beifahrerin, die Zeugin SXXXXX, als einen VW-Lupo erkannt hätten, von der rechten auf die mittlere Fahrspur gewechselt. Der Abstand des vom Beklagten zu 2) geführten Fahrzeugs zu dem ausscherenden anderen Fahrzeug habe etwa einen Meter betragen. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, habe der Beklagte zu 2) geistesgegenwärtig sofort eine Vollbremsung eingeleitet und hierbei verständlicherweise die Herrschaft über sein Fahrzeug verloren und sei dann gegen die Schutzplanken der linken Fahrbahnseite geprallt. Dies sei Ursache dafür gewesen, dass er entgegen der Fahrtrichtung auf dem linken Fahrstreifen liegengeblieben sei.
Der Unfallverursacher als Fahrer des anderen Fahrzeuges habe sich unerlaubt und unerkannt von der Unfallstelle entfernt. Der Beklagte zu 2) habe die Absicht gehabt, sofort ein Warndreieck nach seinem Unfall aufzustellen. Von diesem Vorhaben habe er jedoch abgesehen, da nachfolgende Fahrzeuge auf sein Fahrzeug zugerast seien. Er habe die Warnblinkanlage eingeschaltet und das Licht am Fahrzeug angelassen. Offensichtlich aufgrund des nach wie vor eingeschalteten Abblendlichtes an dem Fahrzeug des Beklagten zu 2) sei es dann in der Folgezeit zu keinen Berührungen mit den dort fahrenden weiteren Fahrzeugen gekommen. Der Beklagte zu 2) und die Zeugin SXXXXX hätten sich nach dem Unfall hinter der Mittelleitplanke in Sicherheit gebracht und die Zeugin SXXXXX habe mehrfach bei der Polizei angerufen, da diverse Fahrzeuge auf dem linken Fahrstreifen entgegengekommen seien, die aber allesamt rechtzeitig noch rechts hätten ausweichen können. Es seien dann etwa 2 Minuten vergangen, bis das Klägerfahrzeug schleudernd die Unfallstelle passiert habe. Aus dem Vortrag der Klägerin ergebe sich, dass ihr Ehemann ganz offensichtlich nicht auf Sicht und mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren sei. Sein Fahrmanöver habe letztlich den Verkehrsunfall mit der Klägerin schuldhaft herbeigeführt. Eine Verpflichtung des Beklagten zu 2) zur Absicherung der Unfallstelle habe nicht bestanden. Zudem fehle es an jeglicher Kausalität zwischen dem Unterlassen des Zweitbeklagten und dem bedauerlichen Verkehrsunfall der Klägerin. Durch die unangepasste Geschwindigkeit und die Unaufmerksamkeit des Ehemannes der Klägerin sowie im Hinblick auf die unangemessen heftige Lenkbewegung müsse davon ausgegangen werden, dass der Unfall in jedem Fall hätte vermieden werden können. Dies gelte unabhängig von der Frage, ob ein aufgestelltes Warndreieck überhaupt wahrgenommen worden wäre, was die Beklagten bestreiten. Zudem hätte der Ehemann der Klägerin sein Fahrzeug auch dann nach rechts lenken müssen, wenn dort ein Warndreieck aufgestellt worden wäre. Auf Autobahnen gelte das Gebot des „Fahrens auf Sicht“. Der Ehemann der Klägerin sei nicht nur so schnell gefahren, wie er aufgrund der Reichweite seiner Scheinwerfer die zu befahrende Strecke übersehen konnte. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Ehemann der Klägerin die eingeschalteten Abblendlichter des Beklagtenfahrzeuges noch erheblich eher hätte erkennen können, als die Reichweite seiner Scheinwerfer die vor ihm liegende Fahrtstrecke ausleuchte. Aufgrund eines anzunehmenden Alleinverschuldens des Ehemannes der Klägerin und des anzunehmenden Haftungsprivilegs des Klägers, komme eine Inanspruchnahme der Beklagten nicht in Betracht.
Zudem vertreten die Beklagte die Ansicht, dass ihre Haftung ausgeschlossen sei, da die Klägerin auch gegenüber ihrem Ehemann aufgrund der Ehe keine Ansprüche als Beifahrerin geltend machten könne. Insoweit entfalle eine Haftung der Beklagten selbst bei Annahme einer Beteiligung und eines Verursachungsanteils des Beklagten zu 2) an dem Verkehrsunfall. Die Klägerin müsse sich das Verhalten ihres Ehemannes im Verhältnis zu dem Beklagten vollumfänglich anrechnen lassen.
Zudem sei das angesetzte Schmerzensgeld auch bei Annahme der im Fachgutachten des Marienhospitals Stuttgart festgestellten Verletzungen überzogen. Von einer Erforderlichkeit der Reise- und Übernachtungskosten k önne nicht ausgegangen werden. Zudem könne die Klägerin pro gefahrenen Kilometer allenfalls 0,21 Euro abrechnen. Hinsichtlich der Notwendigkeit der Übernachtungskosten sei nicht ausreichend vorgetragen worden. Die Selbstbeteiligung in Höhe von 500,- Euro sei mangels Kausalität nicht zu erstatten.
Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 15.05.2009 (Bl. 95 d.A.) und vom 02.12.2009 (Bl. 181 ff. d.A.) durch Vernehmung der Zeugen SchXXXXXXX und SXXXXX sowie durch Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens und Inaugenscheinsnahme von im Wege der Amtshilfe erlangten Lichtbildern bezüglich der Unfallstelle. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 25.09.2009 (Bl. 152 ff. d.A.) und vom 10.02.2011 (Bl. 267 ff. d.A.), auf die im Wege der Amtshilfe erlangten Lichtbilder in Form der Lichtbildmappe der Polizeidirektion Böblingen (Bl. 126 ff. d.A.) nebst Filmaufnahmen sowie auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. XXXX HXXXX vom 15.09.2010 (Bl. 213 ff. d.A.) verwiesen.
Die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Stuttgart zum Az.: 71 UJs 163041/07 und zum Az.: 20 Js 84240/07 wurden beigezogen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Den Beklagten wurde mit Beschluss vom 10.02.2011 Gelegenheit gegeben, binnen einer Frist von 10 Tagen zum Ergebnis der Beweisaufnahme im Termin vom 10.02.2011 Stellung zu nehmen. Eine entsprechende Stellungnahme ist am 17.02.2011 bei Gericht eingegangen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner aufgrund des Verkehrsunfallereignisses vom 07.07.2007 gemäß §§ 7 StVG, 3 Nr. 1 PflVG a.F., §§ 249, 253 BGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.179,60 Euro und ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 15.000,- Euro zu.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Körper und die Gesundheit der Klägerin bei dem Betrieb des von dem Beklagten zu 2) geführten und von diesem gehaltenen und bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug verletzt wurde (§ 7 Abs. 1 StVG). Die Klägerin verunfallte als Beifahrerin des vom Zeugen XXXXX SchXXXXXXX geführten Fahrzeugs und erlitt hierbei nicht unerhebliche Verletzungen. Dieser Verkehrsunfall stand in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Betrieb des von dem Beklagten zu 2) gehaltenen und geführten Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen LB-XXXXXXX. Ein unfallbedingt auf der linken Spur einer Autobahn liegengebliebenes Fahrzeug ist noch im Betrieb im Sinne von § 7 StVG. Für die Annahme einer Einstandspflicht nach § 7 Abs. 1 StVG genügt ein naher zeitlicher und örtlicher ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang des Kraftfahrzeugs, das zur Beeinflussung im Verkehr, hier bezüglich des von dem Zeugen SchXXXXXXX geführten Fahrzeugs, wenn auch ohne Berührung, geführt hat (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage, § 7 Rn. 4 m.w.N.). Durch den Vorunfall des von dem Beklagten zu 2) gehaltenen und geführten Fahrzeuges wurde auch die erforderliche Fortdauer des Betriebes im Sinne von § 7 StVG nicht unterbrochen. Der Betrieb dauert an, solange das Kraftfahrzeug im Verkehr verbleibt und die dadurch geschaffene Betriebsgefahr fortbesteht (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 7 Rn. 7). Es bedurfte auch keiner Entscheidung, ob zwischen dem Vorunfall und dem Nachfolgeunfall ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben war, da eine durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs geschaffene fortbestehende Gefahrenlage und ein darauf beruhender Folgeunfall auch dann „beim Betrieb“ im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG verursacht wurde, wenn ein naher zeitlicher Zusammenhang nicht gegeben ist (BGH NJW 82, 2669).
Zudem ist auch nach dem Beklagtenvortrag und dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einem engen zeitlichen Zusammenhang auszugehen. Der Folgeunfall, bei dem die Klägerin verletzt wurde, beruhte auch auf der Gefahr, die vom Betrieb des Kraftfahrzeuges des Beklagten zu 2) typischerweise ausgeht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht des Weiteren zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Kraftfahrzeug des Beklagten zu 2) zum Folgeunfall beigetragen hat. Der Umstand, dass es zu keiner Berührung zwischen dem von dem Zeugen SchXXXXXXX geführten Fahrzeug und dem von dem Beklagten zu 2) geführten Fahrzeug gekommen ist, steht einer Haftung der Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG, §§ 3 Nr. 1, 2 PflVG grundsätzlich nicht entgegen; denn erforderlich ist zunächst lediglich, dass der Schaden „bei dem Betrieb“ eines Kfz – hier dem Fahrzeug des Beklagten zu 2) – entstanden ist. Nicht entscheidend ist auch die Frage, ob sich der Fahrer des in Anspruch genommenen Fahrzeuges verkehrswidrig verhalten hat (BGH NZV 2000, Seite 43 ff.). Durch das unstreitig auf der linken Spur der Bundesautobahn liegengebliebene Fahrzeug wurde eine besondere Gefahrenlage geschaffen, die die Ausweichbewegung des Zeugen SchXXXXXXX veranlasste. Die Ursächlichkeit eines ersten den Haftungsgrund bildenden Umstandes wird dadurch begründet, dass er für das Verhalten des Zeugen SchXXXXXXX bedingend gewesen ist bzw. dieses Verhalten sogar veranlasst hat (vgl. BGH NZV 97, 117). Ein Haftungszusammenhang zwischen dem Vorunfall und dem nachfolgenden Unfall entfällt nur dann, wenn der Vorunfall für das Verhalten des Dritten und sein Dazwischentreten bedeutungslos gewesen ist. Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die vom Betrieb eines Fahrzeugs typischerweise ausgehende Gefahr war für das Entstehen des Folgeunfalls mitursächlich. Dies reicht für eine Haftung der Beklagten nach § 7 StVG i.V.m. §§ 3 und 2 PflVG aus. Der Folgeunfall steht mit dem Betrieb des von dem Beklagten zu 2) gehaltenen Fahrzeug in einem inneren Zusammenhang, da der Zeuge SchXXXXXXX aufgrund der besonderen Verkehrssituation in dem Fahrzeug des Beklagten zu 2) eine Gefahr sehen durfte, die seine Abwehr- oder Ausweichreaktion rechtfertigte.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch mit hinreichender Sicherheit fest, dass in der konkreten Verkehrssituation die Gegenwart des Fahrzeuges des Beklagten zu 2) von dem Zeugen SchXXXXXXX als gefährlich empfunden werden durfte (vgl. BGH Versicherungsrecht 1969, 58; NJW 1988, 2802). Das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG ist entsprechend dem Schutzzweck der Norm weit auszulegen, so dass ein Unfall, der sich infolge einer Abwehr- oder Ausweichreaktion ereignet hat, selbst dann dem Betrieb des anderen Kraftfahrzeuges zuzurechnen ist, das die Reaktion auslöste, wenn diese objektiv nicht erforderlich war (BGH NZV 2000, Seite 43, Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 7 Rn. 11 m.w.N.). Insoweit kommt es im Rahmen einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG auch nicht darauf an, ob der Verkehrsunfall für den Zeugen SchXXXXXXX vermeidbar gewesen ist. Insbesondere ist nicht entscheidend, ob es dem Zeugen SchXXXXXXX möglich war, sein Fahrzeug noch vor dem Fahrzeug des Beklagten zu 2) bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 120 km/h zum Stehen zu bringen. Vorliegend geht es ausschließlich um die Haftung der Beklagtenseite gegenüber einer verletzten dritten Person als Beifahrerin. Insoweit findet eine Haftungsverteilung nach § 17 StVG, die sich die Klägerin zurechnen lassen müsste, nicht statt. Erforderlich ist allein die Feststellung, dass die Reaktion des geschädigten Verkehrsteilnehmers aufgrund der konkreten Verkehrssituation vor dem Unfall subjektiv vertretbar erscheint. Dies ist dann gegeben, wenn Anhaltspunkte dafür festgestellt werden können, dass das Verhalten des in Anspruch Genommenen dem Geschädigten subjektiv zur Befürchtung hätte Anlass geben können, es werde ohne seine Reaktion zu einer Kollision mit dem anderen Verkehrsteilnehmer gekommen (BGH NZV 2000, Seite 43). Insoweit obliegt es der geschädigten Person den erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Betrieb des Kraftfahrzeuges und dem ihm entstandenen Schaden darzulegen und zu beweisen. Eine Verneinung des Zurechnungszusammenhangs zwischen dem Vorunfall und den Folgeunfall, der zugleich eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG des Halters des vorverunfallten Fahrzeuges ausschließen würde, kann dann angenommen werden, wenn die Ursächlichkeit des ersten Umstandes für das zweite Ereignis bei rechtlicher Wertung nach dem Schutzzweck völlig unerheblich war. Die Grenze der Zurechnung wird dort angenommen, wo das schädigende Verhalten nur noch der äußere Anlass für ein Verhalten des Dritten aus freien Stücken gewesen ist. Eine Haftung des Halters des vorverunfallten Fahrzeuges kann insbesondere dann ausgeschlossen sein, wenn ein eigenständiges Verhalten des nachfolgenden Fahrzeugführers dem Geschehen eine Wendung gibt, die die Wertung erlaubt, dass das mit dem Erstunfall gesetzte Risiko für den Zweitunfall von völlig untergeordneter Bedeutung sei, so dass eine Haftung des Erstunfallverursachers daher nicht gerechtfertigt erscheint. Insoweit kann sogar auch ein nicht vorsätzliches Verhalten des Zweitunfallverursachers zur Schaffung eines neuen Risikos führen, das mit dem durch den ersten Unfall geschaffenen Risiko nur noch „äußerlich“ zusammenhängt (BGH NJW 2004, 1375, 1376).
Ein solcher Sachverhalt ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vorliegend nicht anzunehmen. Unstreitig stand das vorverunfallte Fahrzeug unabgesichert im Dunkeln auf der Überholspur einer mehrspurigen Bundesautobahn, als sich das vom Zeugen SchXXXXXXX geführte Fahrzeug der Unfallstelle auf der linken Fahrspur näherte. Nach der Aussage des Zeugen SchXXXXXXX, aber auch nach der Aussage der Zeugin SXXXXX, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Gefahrensituation durch das vorverunfallte Fahrzeug für den Zeugen SchXXXXXXX ohne Weiteres wahrnehmbar und einschätzbar war. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob und welche Frontscheinwerfer des vorverunfallten Fahrzeuges dem Zeugen SchXXXXXXX entgegenleuchteten. Insgesamt stellt ein vorverunfalltes Fahrzeug auf der Überholspur einer Bundesautobahn ohne entsprechende Absicherungsmaßnahmen und Warnhinweise eine erhebliche Gefahr für den folgenden Verkehr dar. Insoweit würde auch eine Überschreitung der angemessenen und zulässigen Fahrgeschwindigkeit, die ein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot durch den Zeugen SchXXXXXXX begründen würde, aber auch eine Überreaktion des Zeugen SchXXXXXXX die Haftung der Beklagtenseite nach § 7 Abs. 1 StVG nicht entfallen lassen. Das Gericht ist aufgrund der im Rahmen der Amtshilfe vorgelegten Lichtbilder und des Videobandes der Polizeidirektion Böblingen sowie des Inhalte der Aussagen der vernommenen Zeugen SchXXXXXXX und SXXXXX aber auch aufgrund der Begutachtung durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. HXXXXXX davon überzeugt, dass keine besondere Situation vorlag, die einen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Vorunfall und dem Folgeunfall entfallen lassen könnte. Aus den Lichtbildern in der Lichtbildmappe der Polizeidirektion Böblingen und dem Videoaufnahmen ergibt sich, dass sich die Unfallstelle des vorverunfallten Fahrzeuges etwa bei Kilometer 204,5 der Bundesautobahn vor dem Kreuz Stuttgart befand und diese Unfallstelle nach einer langgezogenen Rechtskurve, die sich über eine Kuppe zieht, für den Fahrer erst relativ spät, nämlich etwa ab dem Kilometer 204,4 deutlich einsehbar war. Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch davon überzeugt, dass der Zeuge SchXXXXXXX zumindest von einem der Scheinwerfer des Fahrzeugs des Beklagten zu 2) geblendet wurde, als er die linke Überholspur der Autobahn befuhr. Der Zeuge SchXXXXXXX machte auf das Gericht einen glaubwürdigen Eindruck. Die Tatsache allein, dass er ebenfalls an dem Verkehrsunfall als Fahrer beteiligt war und es sich bei der Klägerin um seine Ehefrau handelt, begründen keine ausreichenden Gründe, um die Glaubwürdigkeit des Zeugen SchXXXXXXX in Zweifel zu ziehen. Für das Gericht ist auch nachvollziehbar, dass der Zeuge SchXXXXXXX sich hinsichtlich der Scheinwerfer, die ihn geblendet haben sollen, eventuell geirrt hat. Insoweit lag für ihn eine besondere Gefahren- und Stresssituation vor, die es nachvollziehbar macht, dass er eventuell in der Kürze der Zeit auf die Anzahl der ihn blendenden Lichter nicht hinreichend achtete. Die Aussage des Zeugen SchXXXXXXX ist glaubhaft. Er konnte auch im Einzelnen den Ablauf nachvollziehbar schildern. Der Aussage des Zeugen SchXXXXXXX steht auch die Aussage der Zeugin SXXXXX und die Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing. HXXXXXX mit Ausnahme der Frage der Anzahl der Scheinwerfer, die ihn geblendet haben sollen, nicht entgegen.
Auch dann, wenn der Zeuge SchXXXXXXX nur von einem Scheinwerfer geblendet worden sein sollte bzw. an dem Fahrzeug des Beklagten tatsächlich die Warnblinkanlage eingeschaltet gewesen sein sollte, führt dies nicht dazu, dass die Haftung der Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt. Allenfalls dann, wenn dem Zeugen SchXXXXXXX es sehr frühzeitig möglich gewesen wäre, die Unfallstelle einzusehen und das vorverunfallte Fahrzeug als Hindernis wahrzunehmen, hätten gewisse Zweifel an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang im Sinne der oben benannten Rechtsprechung begründet werden können. Solche Zweifel konnten letztlich weder im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellt, noch von der Beklagtenseite aufgezeigt werden. Zudem konnte auch der Beklagte zu 2) nicht bestätigen, dass die nach seinem Vortrag von ihm eingeschaltete Warnblinkanlage im Bereich der Front seines Fahrzeuges tatsächlich funktionierte. Auch die glaubwürdige Zeugin SXXXXX hat insgesamt ein Geschehen geschildert, das eine Haftung der Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG gegenüber der Klägerin als Mitfahrerin des nachverunfallten Fahrzeuges rechtfertigt. Nach der Aussage der Zeugin SXXXXX war ein enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang zwischen dem Erst- und dem Zweitunfall gegeben. Zudem konnte auch die Zeugin SXXXXX nicht positiv bestätigen, dass die eingeschaltete Warnblinkanlage tatsächlich für den Kläger sichtbar leuchtete und in welcher Form die Frontscheinwerfer des verunfallten Beklagtenfahrzeuges tatsächlich leuchteten. Weiterhin steht nach dem eingeholten Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. HXXXXXX und der mündlichen Erläuterung und Ergänzung dieses Gutachtens für das Gericht mit hinreichender Sicherheit fest, dass es dem Zeugen SchXXXXXXX aufgrund der Unfallörtlichkeiten und der gegebenen Licht- und Sichtverhältnisse nicht frühzeitig möglich war, das zuvor verunfallte Fahrzeug als stehendes Hindernis wahrzunehmen und hierauf durch geeignete Fahrmanöver zu reagieren. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass das mit dem Erstunfall gesetzte Risiko für den Zweitunfall eine untergeordnete Bedeutung hatte und daher eine Haftung des Erstunfallverursachers nicht gerechtfertigt erscheint. Der Sachverständige Dipl.-Ing. HXXXXXX hat in seinem schriftlichen Gutachten und im Rahmen der mündlichen Anhörung eindeutig bestätigt und festgestellt, dass das verunfallte Fahrzeug des Beklagte zu 2) sogar bei Tageslicht wegen der Kurvensituation und der Kuppenlage erst aus einer Entfernung von 100 bis maximal 150 Metern erkennbar gewesen wäre. Weiter hat der Sachverständige festgestellt, dass bei einer üblichen Reaktions- und Verzugsdauer von einer Sekunde dem Zeugen SchXXXXXXX bei einer Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden habe, um eine angemessene Gefahrenabwehr vorzunehmen. Dies allein lässt den erforderlichen Zurechnungszusammenhang jedoch nicht entfallen. Zudem kommt der Sachverständige zu dem nachvollziehbaren Ergebnis, dass aufgrund der besonderen Situation, die durch die Stellung und Beleuchtung des vorverunfallten Fahrzeugs für den Zeugen SchXXXXXXX begründet worden sei, dieser die ungewöhnliche Situation erst habe einordnen müssen. Hierdurch sei von einer nicht unerheblichen Verlängerung der üblichen Reaktions- und Verzugsdauer auszugehen. Das Gericht teilt die Bewertung des Sachverständigen HXXXXXX, dass ein in entgegengesetzter Fahrtrichtung stehender Pkw auf einer Überholspur der Bundesautobahn bei Dunkelheit eine Situation darstellt, die von dem herannahenden Fahrer eine besondere Bewertung und Einschätzung erfordert, die nicht an einer normalen Reaktionszeit gemessen werden kann. Von den Beklagten wird auch nicht in Frage gestellt, dass von einer Erkennbarkeitsentfernung von 100 bis maximal 150 Metern bei Tageslicht ausgegangen werden kann. Soweit der von der Beklagtenseite eingeschaltete Privatsachverständige Dipl.-Ing. XXXXXX RXXXXXXX abweichend zu dem Ergebnis kommt, dass dem Zeugen SchXXXXXXX vorkollisionär ausreichend Zeit für eine angemessene Reaktion bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h verblieben sei, bedurfte es hierzu keiner Entscheidung, da auch ein eventuelles Fehlverhalten des Zeugen SchXXXXXXX aufgrund einer verzögerten oder unangemessenen Ausweichreaktion sowie eine eventuelle Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Haftung der Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG nicht entfallen lassen würde. Die von der Beklagtenseite insoweit im Rahmen der mündlichen Anhörung des Sachverständigen, aber auch in der schriftlichen Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme aufgeworfenen Frage, spielen für die Inanspruchnahme der Klägerin gegenüber dem Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG keine Rolle. Diese Fragen wären allenfalls im Rahmen einer Zurechnung der Verursachungs- und Verschuldensanteile nach § 17 StVG zwischen den beiden Fahrzeughaltern bzw. Fahrzeugführern zu entscheiden. Insoweit ergab auch die Stellungnahme der Beklagtenvertreter vom 17.02.2011 zum Ergebnis der Beweisaufnahme keinen Anlass, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten, da unterstellt werden kann, dass ein von der Beklagtenseite behauptetes Fehlverhalten des Zeugen SchXXXXXXX vorliegt, ohne dass eine Einstandspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin als Beifahrerin des nachverunfallten Fahrzeugs entfallen würde.
Für den Rechtsstreit allein entscheidend war die nach den eindeutigen Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. XXXXX HXXXXXX feststehende Tatsache, dass die eigentliche Unfallstelle aufgrund der Unfallörtlichkeit und der fehlenden ordnungsgemäßen Absicherung der Unfallstelle durch den Beklagten zu 2) sowie die Lichtverhältnisse erst relativ spät wahrnehmbar war. In einer solchen Situation verwirklicht sich die erhöhte Betriebsgefahr des vorverunfallten Fahrzeuges in der Weise, dass ein Zurechnungszusammenhang bezüglich des Zweitunfalls anzunehmen ist.
Eine Haftung der Beklagten ist auch nicht nach § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, da kein Fall einer höheren Gewalt vorliegt.
Die Beklagte muss sich auch kein Mitverschulden im Sinne von § 9 StVG, § 254 BGB zurechnen lassen. Eine Haftung der Beklagten oder ihr Haftungsumfang reduziert sich auch nicht nach den Grundsätzen der sogenannten „gestörten Gesamtschuld“. Insoweit kann sich die Beklagtenseite nicht auf eine zwischen Ehegatten grundsätzlich gemäß § 1359 BGB bestehende Haftungsbeschränkung im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall berufen, da insoweit die Haftungsbeschränkung zwischen Ehegatten nach § 1359 BGB nach herrschender Meinung keine Anwendung findet. Daher ist eine eventuelle Haftungsverteilung zwischen dem Fahrer und Halter des klägerischen Fahrzeugs und dem Fahrer und Halter des Beklagtenfahrzeuges ohne Beteiligung der Klägerin zwischen den haftenden Personen im Rahmen des normalen Gesamtschuldnerausgleichs vorzunehmen. Die Beschränkung der Einstandspflicht von Ehegatten untereinander gemäß § 1359 BGB findet bei Personenschäden mit einer Eintrittspflicht eines Haftpflichtversicherers grundsätzlich keine Anwendung. Vorgenannte Haftungsbeschränkung käme nur den Haftpflichtversicherern, nicht aber den Ehegatten zugute. Daher gelten diese Haftungsbeschränkungen nicht, wenn sich der Unfall beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges ereignet (Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, Handbuch für die Praxis, 23. Aufl, Rn. A 352 m.w.N., Palandt, 70. Aufl., § 426 Rn. 22 m.w.N.; Staudinger, BGB, 13. Bearbeitung, § 426 Rn. 157 m.w.N.; BGH NJW 1992, 1227 ff.; Geigel der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., 10. Kapitel, Rn. 6).
Dem Kläger steht daher gegen die Beklagten gemäß § 7 Abs. 1, § 11 StVG, §§, 249, 253 BGB, § 3 Nr. 1 PflVG a. F. ein Anspruch auf Ersatz des ihr entstandenen materiellen und immateriellen Schadens in voller Höhe zu.
Der Klägerin war insoweit ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,- Euro aufgrund der erlittenen Verletzungen und der sich hieraus ergebenden unstreitigen Beeinträchtigungen zuzusprechen. Das Gericht hat hierbei die Art der Verletzung, die Behandlungsdauer und insbesondere die verbleibende Beeinträchtigung für die Klägerin hinsichtlich ihrer beruflichen und sonstigen Freizeitaktivitäten berücksichtigt. Zwischen den Parteien sind die in den vorgelegten Arztberichten dokumentierten Verletzungen und Behandlungszeiträume unstreitig. Weiterhin ist zwischen den Parteien auch die von der Beklagtenseite im vorgelegten unfallchirurgischen Fachgutachten vom 01.09.2008 dokumentierte MdE unstreitig. Nachdem die Beklagten den ergänzenden Vortrag der Klägerin zur Unfallbedingtheit der in dem ärztlichen Bericht vom 25.07.2008 und in dem fachärztlichen Gutachten vom 01.09.2008 beschriebenen Verletzungen nicht mehr bestritten haben, ist insoweit davon auszugehen, dass unfallbedingt bei der Klägerin eine instabile Berstungsfraktur des LWK 1 verursacht wurde. Insoweit war es erforderlich, diese Fraktur mittels eines Fixateurs zu stabilisieren, der am 08.04.2008 wieder entfernt wurde. Weiterhin ist in dem unstreitigen Gutachten vom 01.09.2008 festgestellt worden, dass eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule gegeben ist. Weiterhin besteht danach eine mäßige Keilwirbelbildung des ersten Lendenwirbelkörpers mit um 30 % verminderter Höhe der Wirbelkörpervorderkante. Im Hinblick auf die mit der Behandlung gegebene Arbeitsunfähigkeit und der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist von einer nicht unerheblichen körperlichen Verletzung auszugehen. Die Beklagtenseite ist dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 26.05.2009 hinsichtlich der bei ihr eingetretenen Folgen der Verletzungen nicht entgegengetreten. Die in diesem Schriftsatz beschriebenen Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin, insbesondere auch der Möglichkeiten, ihren vorherigen Hobbys und Freizeitbeschäftigungen sowie Haushaltstätigkeiten nachzugehen, rechtfertigt bei Abwägung sämtlicher für die Bemessung des Schmerzensgeldes heranzuziehenden Umstände ein Schmerzensgeld von 15.000,- Euro.
Hinsichtlich der geltend gemachten Sach- und Vermögensschäden war die Klage lediglich in Höhe von 2.179,60 Euro begründet. Hinsichtlich der geltend gemachten Selbstbeteiligung bezüglich des Sachschadens am Fahrzeug des Zeugen SchXXXXXXX fehlt es bereits an einer Aktivlegitimation der Klägerin. Hierauf wurde die Klägerin auch hingewiesen. Insoweit begehrt die Klägerin einen Betrag von 500,- Euro, der ihr im Rahmen eines bestehenden Versicherungsverhältnisses von der Versicherung nicht als Kaskoschaden ersetzt wurde, da insoweit die Klägerin mit der Versicherung eine Selbstbeteiligung in Höhe von 500,- Euro vereinbart hatte. Da die Klägerin nicht dargelegt hat, dass das verunfallte Fahrzeug in ihrem Eigentum stand, kann die Klägerin hinsichtlich der Schadenspositionen, die sich auf die Sachbeschädigung des klägerischen Fahrzeuges beziehen, keinen Schaden geltend machen.
Bezüglich der geltend gemachten Heilbehandlungskosten in Höhe von insgesamt 1.653,04 Euro stehen der Klägerin insgesamt lediglich 1.159,66 Euro als Schadensersatzanspruch zu. Grundsätzlich sind auch Reise- und Aufenthaltskosten von nahen Familienangehörigen zu erstatten, wenn diese im Rahmen der Heilbehandlung erforderlich sind. Insoweit waren die in der Abrechnung über den Betrag von 1.653,04 Euro genannten Übernachtungskosten und Fahrtkosten zum Teil zu erstatten. Aufgrund der Schwere der Operation und der gegebenen räumlichen Entfernung zum Wohnort der Klägerin, war es angemessen, dass diese von ihrem Ehemann im Rahmen der Behandlung in Stuttgart besucht wurde. Insoweit sind die entsprechend angefallenen Kosten auch als Heilbehandlungskosten anzusetzen und zu erstatten. Hinsichtlich der H öhe der zu erstattenden Kosten ergeben sich jedoch folgende Abzüge:
Die unter Beleg Nr. 1 abgerechnete Heimfahrt des Zeugen SchXXXXXXX nach dem Unfall in Höhe von 64,- Euro ist nicht erstattungsfähig, da es sich insoweit um keine Kosten handelt, die im Zusammenhang mit der Heilbehandlung der Beklagten stehen. Weiterhin sind Fahrtkosten im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung der Klägerin lediglich in Höhe von 25 Cent je Kilometer in Ansatz zu bringen (Palandt, BGB, 70. Aufl., § 249 Rn. 9). Insoweit sind unter der Belegnummer 2 insgesamt 44,- Euro nicht erstattungsfähig. Unter der Belegnummer 4 sind ebenfalls 44,- Euro als Fahrtkosten nicht zu erstatten. Dagegen ist der Anteil an der Bahn-Card 25 zu zahlen, da sich die in der Folgezeit durchgeführten Fahrtkostenaufwendungen hierdurch in einem Umfang verringerte, die die Kosten der Bahn-Card 25 in Höhe von 54,- Euro übersteigen. Der Krankenbesuch vom 14.07.2007 unter der Belegnummer 7 war hier nicht zu erstatten, da nicht ersichtlich ist, aus welchem Grunde nach dem 13.07.2007 am 14.07.2007 eine erneute Anfahrt erforderlich wurde. Entsprechendes gilt für die Rückfahrt vom 16.07.2007. Die übrigen Kosten wurden ausweislich der vorgelegten Aufstellung und der in Kopie vorgelegten Belege in Form von Behandlungskosten und Medikamentenkosten substantiiert dargelegt und waren insoweit zu erstatten. Hieraus errechnet sich bezüglich der ersten Aufstellung über 1.653,04 Euro ein Gesamtforderungsbetrag in Höhe von 1.159,66 Euro. Bezüglich der Zusammenstellung über 672,- Euro bezogen auf Fahrt- und Hotelkosten im Rahmen der Fixateurentfernung sind die dargelegten Kosten als Heilbehandlungskosten grundsätzlich erstattungsfähig. Insoweit sind auch Hotel- und Übernachtungskosten naher Angehöriger im Rahmen einer Heilbehandlung als Schadensposition erstattungsfähig. Dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall, da es nachvollziehbar ist, dass die Klägerin den Eingriff in Form der Entfernung des Fixateurs in der Klinik vornehmen ließ, die auch den Fixateur gesetzt hatte. Zu einer entsprechenden Betreuung ist es angemessen, dass der Ehemann der Klägerin die Klägerin hierzu begleitete. Allerdings sind auch hier lediglich 25 Cent je gefahrenen Kilometer erstattungsfähig. Daher waren insgesamt 88,- Euro nicht erstattungsfähig. Insoweit errechnet sich ein Schadensersatzbetrag diesbezüglich in Höhe von 584,- Euro. Die übrigen Kosten in Höhe von 435,94 Euro sind umfassend erstattungsfähig. Hieraus errechnet sich der Gesamtschadensersatzbetrag in Höhe von 2.179,60 Euro.
Die zugesprochenen Zinsen ergeben sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Soweit mit der Klage Zinsen ab dem 07.07.2007 geltend gemacht wurden, fehlt es an einem Verzug der Beklagten.
Aufgrund der bei der Klägerin unfallbedingt vorhandenen Verletzung und entsprechender Verletzungsfolgen, war auch entsprechend des Feststellungsantrages die Einstandspflicht der Beklagten als Gesamtschuldner für eventuelle Zukunftsschäden aus dem Verkehrsunfallereignis vom 07.07.2007 zuzusprechen.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus dem § 709 ZPO.