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  • 30.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242929

    Oberlandesgericht Brandenburg: Urteil vom 18.01.2024 – 12 U 144/22

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Brandenburg 

    Urteil vom 18.01.2024


    Tenor:

    Auf die Berufung des Beklagten zu 1. wird das am 18.11.2021 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 2 O 386/17, einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben.

    Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.

    Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe

    I.

    1
    Das klagende Land (im Folgenden: Kläger) begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen der an die (Firma01) (im Folgenden: Firma01) im April 2012 gewährten Investitionszulage i. H. v. 2.867.169,00 €. Dabei war der Beklagte zu 2. Geschäftsführer der im Jahre 2007 gegründeten (Firma01), die - nach Vortrag des Beklagten zu 1. - in L... eine Fertigungsanlage für die europaweite Produktion von collagenhaltigen Wundpflastern errichten wollte. Der Beklagte zu 1. war Berater und Investor der (Firma01) und mit der Vermittlung weiterer Investoren für die (Firma01) betraut. Zudem war er Gesellschafter und CEO des US-amerikanischen Unternehmens (Firma02) Inc, das als Technologiegeberin und Lizenzgeberin der (Firma01) auftrat. Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (im Folgenden: ILB) förderte das Investitionsvorhaben mit Subventionen in Millionenhöhe, deren Rückforderung Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits zwischen den Parteien ist. Auf Antrag der (Firma01) gewährte das Finanzamt L... der (Firma01) eine Investitionszulage i. H. v. 4.585.145,00 €, die auf die entsprechenden Auszahlungsanträge in 4 Teilbeträgen ausgezahlt werden sollte. Die im März 2009, August 2010 und Oktober 2010 abgerufenen Investitionszulagen waren Gegenstand des zwischen den Parteien vor dem Landgericht Potsdam zum Az. 12 O 212/16 geführten Verfahrens, in dem die Beklagten u. a. zur (Rück)Zahlung der der (Firma01) gewährten Teilleistungen in einer Gesamthöhe von 1.707.976,00 € als Gesamtschuldner verurteilt wurden. Die hiergegen vom Beklagten zu 1. eingelegte Berufung hat der Senat verworfen. Gegenstand des hiesigen Verfahrens ist der nach Behauptung des Klägers im April 2012 ausgezahlte vierte Teilbetrag der Investitionszulage i. H. v. 2.867.169,00 €.

    2
    Den Auszahlungsantrag hinsichtlich der Investitionszulage stellte der Beklagte zu 2. unter Inanspruchnahme eines Steuerberaters im Namen der (Firma01) im August 2011. Über das Vermögen der (Firma01) wurde im Januar 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das zuständige Finanzamt änderte die die Investitionszulage gewährenden Bescheide, setzte die Investitionszulage neu auf 0 € fest und forderte mit bestandskräftigem Rückforderungsbescheid vom 10.01.2014 von der (Firma01) die Rückzahlung der ausgezahlten Investitionszulage. Eine Rückzahlung erfolgte nicht.

    3
    Die Beklagten wurden Mitte Januar 2014 in Untersuchungshaft genommen. In der Hauptverhandlung des gegen sie geführten Strafverfahrens vor dem LG Potsdam zum Az. 25 KLs 7/14 ab Dezember 2014 ließen sich die Beklagten geständig ein, wobei die Hintergründe des Geständnisses des Beklagten zu 1. streitig sind. Der Beklagte zu 1. räumte ein, die Behörden über die wahren Verhältnisse der (Firma01) und über die Probleme mit den Kapitalgebern nicht wahrheitsgemäß unterrichtet bzw. getäuscht zu haben, obwohl er gewusst habe, zur Offenbarung dieser Umstände gegenüber den Subventionsgebern verpflichtet gewesen zu sein. Auch im Übrigen räumte der Beklagte zu 1. Täuschungshandlungen ein. Nach Durchführung der weiteren Beweisaufnahme unter Vernehmung von neun Zeugen sowie Verwertung verschiedener Urkunden und der Telekommunikationsüberwachungsergebnisse verurteilte das Landgericht Potsdam mit rechtskräftigem Urteil vom 18.03.2015 den Beklagten zu 1. wegen Betruges und Subventionsbetruges in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten.

    4
    Die Parteien streiten zum einen über die Wirksamkeit der Klagezustellung. Ferner besteht Streit, ob die (Firma01) über das zum Erhalt der Investitionszulage notwendige Eigenkapital verfügt hat, sowie ob in diesem Zusammenhang seitens der (Firma01) bzw. der für sie handelnden Personen Belege und Nachweise gefälscht und sonstige Täuschungshandlungen vorgenommen worden sind und inwieweit der Beklagte zu 1. Kenntnis hiervon hatte. Weiterhin streiten die Parteien darüber, inwieweit der Beklagte zu 1. an seine geständige Einlassung im Strafverfahren gebunden ist. Schließlich besteht Streit, ob eine Auszahlung der Investitionszulage an die (Firma01) erfolgt ist und ob dem Kläger im Hinblick auf das Fehlen besonderer Vorgaben für die (Firma01) bei Gewährung der Investitionszulage überhaupt ein Schaden entstanden ist.

    5
    Die Klage ist der Mutter des Beklagten zu 1. auf dem von ihm bewohnten Anwesen in den USA am 08.05.2018 durch einen Zustellbevollmächtigten der ... übergeben worden. Das Landgericht hat sodann durch Versäumnisurteil vom 28.06.2018 die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 2.867.169,00 € nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2014 sowie zur Zahlung eines festgesetzten Zinsbetrages für die Zeit vom 10.04.2012 bis zum 10.01.2014 i. H. v. 315.186,00 € verurteilt. Der Beklagte zu 1. hat gegen das Versäumnisurteil mit am 20.04.2019 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt. Der Beklagte zu 2. hat gegen das Versäumnisurteil keinen Einspruch eingelegt.

    6
    Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

    7
    Mit am 18.11.2021 verkündetem Urteil hat das Landgericht sein Versäumnisurteil vom 28.06.2018 aufrechterhalten. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, ein Prozessrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. sei wirksam zustande gekommen. Die Zustellung der Klage nebst Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens sei am 08.05.2018 durch Übergabe an ein volljähriges Familienmitglied, nämlich der Mutter des Klägers, bewirkt worden. In der Sache stehe dem Kläger gegen den Beklagten zu 1. ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 263, 264 StGB zu. Die Aktivlegitimation des Klägers folge aus seiner Stellung als Rechtsträger des die Investitionszulage gewährenden Finanzamtes. Dem Beklagten zu 1. sei eine Täuschung der für den Kläger handelnden Personen über nicht leistungsunterlegte Anschaffungskosten für Betriebsmittel des geplanten Geschäftsbetriebs der (Firma01) anzulasten, um die Auszahlung der zuvor gewährten Investitionszulage zu erreichen. Dabei müsse sich der Beklagte zu 1. die Tatbeiträge des Beklagten zu 2. in mittäterschaftlicher Begehung zurechnen lassen. Das Gericht sei aufgrund der im Strafverfahren abgelegten Geständnisse beider Beklagter davon überzeugt, dass diese einem gemeinsamen Tatplan folgend die für den Kläger handelnden Finanzbeamten willentlich über die tatsächlich nicht leistungsunterlegten Investitionskosten getäuscht hätten, um die Auszahlung der Investitionszulage zu erreichen. Der zwischenzeitliche Widerruf des Geständnisses durch den Beklagten zu 1. sei nicht hinreichend, um Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner im Strafverfahren abgegebenen geständigen Einlassungen zu rechtfertigen. Letztlich komme es auf die Umstände des Zustandekommens des Geständnisses nicht entscheidend an, weil die Wirtschaftsstrafkammer ihre Überzeugung bei Urteilserlass nicht allein auf das Geständnis gestützt habe, sondern 9 Zeugen vernommen und diverse Urkunden sowie die Ergebnisse der Telekommunikationsüberwachung berücksichtigt habe. Mit diesen Beweismitteln habe sich der Beklagte zu 1. nicht auseinandergesetzt. Vielmehr sei sein Vortrag zu seiner Stellung bei der (Firma01) verfahrensangepasst und wechselnd gewesen. Dabei sei es dem erstinstanzlich weiteren Beklagten zu 2., der die operativen Geschäfte der (Firma01) geführt und in seiner Stellung als formaler Geschäftsführer die Förderanträge unterzeichnet habe, nur möglich gewesen, die Gelder zu erlangen, weil sich der Beklagte zu 1. als investitionsbereiter Investor und Investorenbeschaffer geriert habe. Es sei dem Beklagten zu 1. auch nicht darin zu folgen, dass die (Firma01) aufgrund der verzögerten Auszahlung der Fördergelder in wirtschaftliche Schieflage geraten sei. Vielmehr seien die finanziellen Probleme der (Firma01) nach den Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer darauf zurückzuführen, dass weder Eigenkapital noch eigenkapitalersetzende Darlehen tatsächlich zur Verfügung gestanden hätten. Das Gericht sei schließlich überzeugt, dass die Investitionszulage tatsächlich ausgezahlt worden sei. Infolge der Täuschung über das Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen sei dem Kläger durch die Auszahlung zweckgebundener öffentlicher Mittel ein kausaler Schaden entstanden, wobei der Vermögensminderung nicht entgegenstehe, dass diese Zahlungen gegenleistungsfrei erfolgt seien, da der mit der Mittelauszahlung erstrebte Zweck, die dauerhafte Schaffung von regionalen Arbeitsplätzen zu fördern, verfehlt worden sei. Schließlich seien die Ansprüche nicht verjährt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

    8
    Der Beklagte zu 1. hat gegen das ihm am 18.11.2021 zugestellte Urteil mit einem am Montag, dem 20.12.2021, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung bis zum 18.02.2022 mit an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.

    9
    Der Beklagte zu 1. bezieht sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisangeboten und vertieft diesen. Das Landgericht habe seiner Entscheidung bereits einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, was mit dem Tatbestandsberichtigungsantrag auch beanstandet worden sei. Unklar sei ohnehin, auf welcher Grundlage das Landgericht entschieden habe, da es die Ermittlungsakten nicht beigezogen habe und das Strafurteil nicht vom Kläger, sondern allein von ihm, dem Beklagten zu 1., vorgelegt worden sei. Das Landgericht habe sich ferner nicht mit seinem umfangreichen Vorbringen und seinen Beweisantritten auseinandergesetzt. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Zivilgericht nicht an die Feststellungen im Strafverfahren gebunden sei, sich vielmehr eine eigene Überzeugung vom Vorliegen eines strafrechtlich relevanten Handelns verschaffen müsse. Soweit sich das Landgericht auf die Inhalte seiner Einlassung im Strafverfahren stütze, sei zu berücksichtigen, dass das Landgericht deren Inhalt nicht kenne, weil die Akten nicht beigezogen worden seien. Verfahrensfehlerhaft habe das Landgericht auch darauf abgestellt, er, der Beklagte zu 1., sei seiner Darlegungslast hinsichtlich einer Unwirksamkeit des Geständnisses nicht hinreichend nachgekommen. Auch insoweit sei nicht klar, auf welcher tatsächlichen Grundlage das Gericht diese Feststellungen getroffen habe. Gleiches gelte für die Problematik, ob er, der Beklagte zu 1., durch die Untersuchungshaft psychisch dekompensiert gewesen sei. Tatsächlich ergäben sich aus Seite 15 seiner Einlassung vom 08.01.2015 im Strafverfahren seine gesundheitlichen und psychischen Belastungen. Hinsichtlich der Einzelheiten zum Zustandekommen der Einlassung sei auf den erstinstanzlichen Vortrag zu verweisen. Er, der Beklagte zu 1., habe die geständige Einlassung weder selbst gefertigt noch gelesen. Diese sei vielmehr erst kurz vor dem Verhandlungstermin erstellt und sogleich verlesen worden. Im Nachgang seien auch lediglich 2 oder 3 Fragen an ihn durch das Gericht gestellt worden. Auch soweit das Landgericht auf die Zeugenaussagen im Strafverfahren sowie die verwerteten Urkunden und Protokolle der Telekommunikationsüberwachung verweise, fehle es an einer entsprechenden Kenntnis des Landgerichtes vom Inhalt der Angaben und Urkunden, auf die dieses sich stützen könne. Auch sei sein Vortrag nicht widersprüchlich. Er habe durchgehend angegeben, in das operative Geschäft der (Firma01) nicht eingebunden gewesen zu sein.

    10
    In der Sache habe er, der Beklagte zu 1., für das von ihm entwickelte Produkt eines Wundheilpflasters auf Kollagenbasis neben 2 Fabriken in den USA auch in Taiwan und in Indien Fabriken aufgebaut, die das Produkt weiterhin vertrieben. In Deutschland sei es im Rahmen des Aufbaus einer Produktion seine primäre Aufgabe gewesen, die Produktentwicklung voranzutreiben, wobei er primär als Wissenschaftler und als Vertreter für die Lizenzgeberin sowie beim Aufbau von Produktionsanlagen in technischer Hinsicht beratend tätig gewesen sei. Mit kaufmännischen Angelegenheiten habe er, mit Ausnahme der Angelegenheiten der Lizenzgeberin, nichts zu tun gehabt. Nach umfänglicher Vorbereitungszeit habe die (Firma01) ab 2009 in gemieteten Räumlichkeiten in L... ein Büro betrieben und mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt, wobei die organisatorischen, kaufmännischen und subventionsrechtlichen Belange von Beginn an durch den Beklagten zu 2. übernommen worden seien, der durch die Steuerberatungskanzlei K... und Rechtsanwalt E... unterstützt worden sei. Letzterer habe sämtliche rechtlichen Tätigkeiten übernommen, insbesondere im Zusammenwirken mit den Steuerbehörden das Stellen der Subventionsanträge und die weitere Korrespondenz. Er, der Beklagte zu 1., habe als Aushängeschild für das innovative Produkt und dessen Entwicklung gedient und sei nur insoweit in Gespräche mit den zuständigen Personen und deutschen Stellen involviert gewesen. Ferner sei er mit der Suche und Vermittlung weiterer Investoren betraut gewesen. So habe er den Investor R... L... vermittelt. Für die Projektierung seien Kosten i. H. v. 41.870.600,00 € veranschlagt worden. Der in diesem Zusammenhang ergangene Zuwendungsbescheid der ILB vom 24.10.2008 habe einen Eigenmittelanteil der (Firma01) von 10,3 Million € vorgesehen. Im Rahmen des Antragsverfahrens bei der ILB seien dabei die Beteiligungsstrukturen der (Firma01) offen dargelegt worden. So sei etwa der ILB bekannt gewesen, dass als Gesellschafterin der (Firma01) GmbH die (Firma01) GmbH & Co. KG fungiert habe, deren Kommanditanteile durch die (Firma03) Ltd. (im Folgenden: Firma03) gehalten worden seien. Ebenso sei der ILB bekannt gewesen, dass es sich bei der (Firma03) um eine sogenannte Briefkastenfirma auf den Seychellen gehandelt habe, die über keine Angestellten verfügt habe, kein originäres operatives Geschäft betrieben habe und keinen Rechnungslegungsvorschriften unterstanden habe. Der ILB sei auch mitgeteilt worden, dass die Finanzierung eines Teilbetrages von 10.000.000,00 € über die (Firma04) Ltd. erfolgen würde.

    11
    Hinsichtlich der für die Produktion als wesentlicher Baustein benötigten Gefriertrockner, die aus einer größeren Anzahl von Einzelteilen hätten zusammengesetzt werden müssen und zusätzlich gesonderte UV-Einheiten benötigt hätten, sei nach Ausschreibung von der (Firma01) die (Firma05) Consulting FZC mit Sitz in Dubai und Postanschrift in den USA beauftragt worden, wobei die Abwicklung der Zahlungen und die Lieferung über die (Firma05) Limited (im Folgenden: Firma05) erfolgt seien. Dabei seien die angesetzten Preise nachvollziehbar und nicht zu beanstanden, insbesondere nicht um das Zehnfache überhöht. Es handele sich auch nicht um Scheinrechnungen. Die gegenteiligen Annahmen im Strafverfahren seien falsch. Auch die ILB habe nach intensiver Prüfung infolge einer anonymen Anzeige und Einholung des Gutachtens des Prof. C... die angesetzten Kosten für die Gefriertrockner anerkannt. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass tatsächlich 10 Geräte geliefert worden seien, auch wenn 8 der Geräte nebst Zubehör im Zolllager verblieben seien. Die (Firma01) sei letztlich deshalb in finanzielle Schwierigkeiten geraten, weil von ihr vor Auszahlung der Subventionen Vorinvestitionen in Höhe von über 10.000.000,00 € verlangt worden seien, weshalb die (Firma01) die von den Lieferanten geforderten Beträge zu 100 % habe vorfinanzieren müssen. Dies habe die (Firma01) mittels Darlehen realisiert, weshalb zugleich ein fortwährender Liquiditätsbedarf bestanden habe. Dass die insoweit erforderlichen Eigenleistungen im Sinne der vollständigen Vorinvestitionen tatsächlich bewirkt worden seien, habe die Strafkammer festgestellt. Eine personelle oder gesellschaftsrechtliche Verflechtung von ihm, dem Beklagten zu 1., oder der sonstigen auf Seiten der (Firma01) beteiligten Personen und Unternehmen mit der (Firma05) Group habe es nicht gegeben. Auch im Weiteren seien die Investitionen der (Firma01) über Darlehensmittel vorfinanziert worden, die Investoren zur Verfügung gestellt hätten, worüber die ILB jeweils informiert gewesen sei. Erst im Anschluss seien die entsprechenden Fördermittel abgerufen und ausgezahlt worden. Zu Unrecht sei die Strafkammer zu dem Ergebnis gekommen, die Lieferanten der Gefriertrockner würden nicht existieren. Diese Annahme sei durch das Ermittlungsergebnis nicht gedeckt. Zudem seien die Zahlungswege der ILB vorab mitgeteilt worden. Es sei weiterhin zu bestreiten, dass die Geräte nicht geliefert und Scheinrechnungen o. ä. ausgestellt worden seien. Dies könne insbesondere der Investor und Gesellschafter der (Firma01) R... L... bestätigen. Weitere Einzelheiten betreffend die Beteiligungsverhältnisse an den beteiligten Unternehmen und die Lieferwege seien ihm, dem Beklagten zu 1., nicht bekannt, da das maßgebliche Handeln ohne seine Mitwirkung erfolgt sei. Vielmehr seien insoweit und auch bei der Gründung der Firmen (Firma06) Ltd. (im Folgenden: Firma06) und (Firma07) Inc. (im Folgenden: Firma07), die anscheinend nur als Zahlstelle fungiert hätten, allein Rechtsanwalt E... und Herr L... tätig geworden. Er, der Beklagte zu 1., habe hiervon keine Kenntnis gehabt. Herr E... habe ihm gegenüber angegeben, dass er sämtliche Aspekte überprüft habe und eine Lieferung über die genannten Unternehmen erfolgen könne, ohne dass subventionsrechtlich mit Problemen zu rechnen sei. Im Übrigen sei die Annahme der Strafkammer, es würde sich lediglich um Scheinfirmen handeln, nicht bewiesen und falsch.

    12
    Er, der Beklagte zu 1., habe maßgebliche Handlungen in Bezug auf die Erlangung von Fördergeldern nicht getätigt. Es habe auch keinen (gemeinsamen) Tatplan gegeben, Subventionen und Investitionszulagen widerrechtlich zu erlangen. Es sei nicht erkennbar, auf welcher tatsächlichen Grundlage die Annahme gerechtfertigt sein solle, er habe zu dem entsprechenden Handeln einen Verursachungsbeitrag geleistet und die vorgeworfenen Handlungen gewollt. Er hafte auch nicht als faktischer Geschäftsführer der (Firma01). Die Voraussetzungen einer faktischen Organtätigkeit, insbesondere eine überragende Stellung im Unternehmen im Sinne eines nach außen hervortretenden Handelns wie ein Geschäftsführer, seien nicht gegeben. Auch eine tatsächliche Gesellschafterstellung habe er weder unmittelbar noch mittelbar übernommen. Für die Annahme einer Außenhaftung des Gesellschafters aus anderen Anspruchsgrundlagen wie § 826 BGB oder § 242 BGB seien weder das Vorbringen des Klägers noch das Ergebnis des Strafverfahrens hinreichend. Weisungen durch ihn, dem Beklagten zu 1, gegenüber den für die (Firma01) handelnden Personen seien weder im Strafverfahren festgestellt worden, noch tatsächlich erfolgt. Er hafte auch nicht als Vertreter von Gesellschaftern der (Firma01). Es sei bereits nicht mitgeteilt worden, für welche Gesellschafter er gehandelt haben solle. Er habe vielmehr allenfalls für die Lizenzgeberin gehandelt, ohne dass diesbezüglich ein Bezug zu den Betrugsvorwürfen gegeben sei. Für eine gemeinschaftliche Tatbegehung mit den für die (Firma01) handelnden Personen gemäß § 830 Abs. 1 S. 1 BGB fehle es ferner an einem vorsätzlichen, d. h. bewussten und gewollten sowie auf den konkreten Verletzungserfolg gerichteten zusammenwirkenden Handeln mehrerer. Es sei bereits nicht dargetan, aus welchen Tatsachen die Erkenntnis folgen solle, dass er sich das zum Schadensersatz führende Handeln Dritter zu eigen gemacht habe, indem er auf Grundlage eines gemeinsamen Tatplans und Tatentschlusses dieses Handeln, das kausal für den Eintritt des Verletzungserfolges gewesen sei, unterstützt habe. Auch im Strafverfahren seien entsprechende Feststellungen nicht getroffen worden.

    13
    Hinsichtlich der Feststellung des Schadens seien die Ausführungen des Landgerichtes ebenfalls unzureichend. Hinreichend habe er, der Beklagte zu 1., insoweit das Vorbringen des Klägers bestritten, Zahlungen an die (Firma01) geleistet zu haben. Auch verkenne das Gericht die Kausalität. Die Mittelauszahlung sei zu dem Zweck erfolgt, regionale Arbeitsplätze zu fördern. Tatsächlich seien Arbeitsplätze geschaffen worden und hätten weitere Arbeitsplätze entstehen sollen. Zur Schieflage des Unternehmens sei es erst im weiteren Verlauf des Jahres 2013 gekommen.

    14
    Fehlerhaft habe das Landgericht zudem eine wirksame Zustellung der Klage angenommen und dabei nicht berücksichtigt, dass die Zustellung der Klage an einen Dritten und nicht in einem zu seiner Wohnung gehörenden Teil erfolgt sei. Ferner habe das Landgericht die schwere Erkrankung seiner zwischenzeitlich verstorbenen Mutter nicht hinreichend berücksichtigt.

    15
    Der Beklagte zu 1. beantragt,

    16
    unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 28.10.2021, Az. 2 O 386/17, das Versäumnisurteil vom 28.06.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

    17
    hilfsweise, die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

    18
    Der Kläger beantragt,

    19
    die Berufung zurückzuweisen.

    20
    Der Kläger bezieht sich ebenfalls auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und verteidigt das landgerichtliche Urteil mit näheren Ausführungen, auf die Bezug genommen wird.

    21
    Der Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft Potsdam zum Az. 430 Js 37809/12 Wi (= LG Potsdam 25 KLs 7/14) beigezogen.

    II.

    22
    1. Die Berufung des Beklagten zu 1. ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Der Beklagte zu 1. stützt sein Rechtsmittel unter anderem darauf, das Urteil sei bereits deshalb fehlerhaft, weil unklar bleibe, auf welcher Grundlage das Landgericht entschieden habe, da es die Ermittlungsakten nicht beigezogen habe und das Strafurteil nicht von der Klägerin, sondern von ihm, dem Beklagten zu 1. vorgelegt worden sei. Verfahrensfehlerhaft habe das Landgericht auch darauf abgestellt, er sei seiner Darlegungslast hinsichtlich des unwirksamen Zustandekommens des Geständnisses nicht hinreichend nachgekommen. Auch insoweit sei nicht klar, auf welcher tatsächlichen Grundlage das Gericht diese Feststellungen getroffen habe. Der Beklagte zu 1. macht damit Rechtsfehler geltend, auf denen das Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.

    23
    2. Die Berufung des Beklagten zu 1. hat in der Sache insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil auf den Hilfsantrag des Beklagten zu 1. aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist, § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

    24
    Das landgerichtliche Urteil ist verfahrensfehlerhaft ergangen. Die angefochtene Entscheidung geht fehlerhaft mit dem Parteivorbringen und dem Prozessstoff um und verletzt den Anspruch des Beklagten zu 1. auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG (zum Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers in einem solchen Fall vgl. BGH NJW 1993, S. 538; Heßler in Zöller, ZPO, Kommentar, 34. Aufl., § 538, Rn. 17, 20). Das Landgericht hat bei seiner Prüfung einer Haftung des Beklagten zu 1. aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 263, 264 StGB auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage entschieden und dabei zugleich die vom Beklagten zu 1. angebotenen Beweismittel übergangen. Es hat sich für seine Entscheidung unter anderem auf den Inhalt der Strafakten des Verfahrens 25 KLs 7/14 vor dem Landgericht Potsdam gestützt, ohne die Akten beigezogen zu haben, und die geständige Einlassung des Beklagten zu 1. im Strafverfahren in seine Beweiswürdigung einbezogen, obwohl ihm diese nicht vorgelegen hat. Das dem Landgericht vorliegende Urteil aus dem Strafverfahren war zwar als von den Parteien vorgetragener Prozessstoff in der Entscheidung zu berücksichtigen, auch wenn allein der Beklagte zu 1. das für ihn nachteilige Urteil vorgelegt hat. Das Urteil und die in ihm enthaltene Wiedergabe der Feststellungen im Strafprozess war indes gerade im Hinblick auf den - unter Beweis gestellten - Vortrag des Beklagten zu 1. zum Ablauf des Strafprozesses und zum Zustandekommen seiner geständigen Einlassung keine ausreichende Grundlage für eine Entscheidung über den vom Kläger verfolgten Anspruch.

    25
    Die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung einer Partei ist im Zivilprozess nicht bindend, auch wenn die Akten eines Strafverfahrens und ein rechtskräftiges Strafurteil grundsätzlich als Beweisurkunden herangezogen werden können, auf die der Tatrichter seine Überzeugung stützen kann und die er auch nicht unberücksichtigt lassen darf; vielmehr ist eine Auseinandersetzung mit den Feststellungen im Strafurteil erforderlich, soweit sie für die eigene Beweiswürdigung des Zivilrichters von Bedeutung sind (BGH MDR 2021, S. 1408 [BGH 26.08.2021 - III ZR 189/19], Rn. 11). Auch entfaltet ein in einem Strafverfahren abgelegtes Geständnis im Zivilprozess nicht die Wirkungen der §§ 288, 290 ZPO, sondern ist lediglich im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen zu berücksichtigen, wobei es im Einzelfall eine so große Beweiskraft entfalten kann, dass es zur richterlichen Überzeugungsbildung selbst dann ausreicht, wenn es widerrufen worden ist und die beweisbelastete Gegenpartei keine weiteren Beweismittel vorgebracht hat (BGH, a. a. O.; MDR 2004, S. 954, Rn. 7). Indes führt der Widerruf des im Strafverfahren abgelegten Geständnisses im nachfolgenden Zivilverfahren nicht dazu, dass der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet für die Unrichtigkeit der zugestandenen Tatsachen wird; allerdings erhöht sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozesses die sekundäre Darlegungslast des Beklagten, wenn der Kläger seinen Anspruch durch Vorlage eines ausführlich begründeten rechtskräftigen Strafurteiles schlüssig dargelegt hat (BGH MDR 2021, a. a. O., Rn. 12). Auch in diesem Falle kann sich der Beklagte auf das substantiierte Bestreiten einzelner, den geltend gemachten Anspruch tragender Behauptungen beschränken (BGH, a. a. O.). Zudem ist im Zivilprozess der Grundsatz der Pflicht zur Erschöpfung der angebotenen Beweismittel zu beachten, wonach eine ungünstige Tatsache nicht zum Nachteil einer Partei zugrundegelegt werden darf, ohne dass zuvor alle von dieser Partei dazu angebotenen Gegenbeweise erhoben worden sind (BGH MDR 2004, a. a. O., Rn. 8).

    26
    Vorliegend hat der Beklagte zu 1. bereits erstinstanzlich geltend gemacht, die von ihm im Strafprozess abgegebene geständige Einlassung sei fehlerhaft zustande gekommen, tatsächlich habe er den Inhalt der Erklärung nicht verstanden und nur zugestimmt, weil ihm mitgeteilt worden sei, er könne so eine zeitnahe Haftentlassung erreichen. Er habe die geständige Einlassung weder selbst gefertigt noch gelesen. Diese sei vielmehr erst kurz vor dem Verhandlungstermin erstellt und sogleich verlesen worden. Im Nachgang seien auch lediglich 2 oder 3 Fragen durch das Gericht gestellt worden. Dies hat der Beklagte zu 1. unter Beweis gestellt durch Vernehmung seines damaligen Rechtsanwalts W.... Ferner hat sich der Beklagte zu 1. darauf berufen, dass inhaltlich die Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes sowohl hinsichtlich der Annahme von falschen Angaben gegenüber der Subventionsbehörde als auch hinsichtlich seiner Stellung als Mittäter unzutreffend gewesen seien. Dabei hat er in das Wissen des Rechtsanwalts E... gestellt, dass er keineswegs als Entscheider und damit Mittäter bei der Erwirkung der Subventionen tätig gewesen sei. Außerdem stellt der Beklagte zu 1. in das Wissen des Investors L..., dass die Gefriertrockner weder wertlos gewesen seien noch dass es sich bei den Unternehmen (Firma06) und (Firma07) um Scheinfirmen gehandelt habe. Damit hat der Beklagte zu 1. sowohl hinsichtlich der Wirksamkeit der geständigen Einlassung als auch bezüglich der Richtigkeit der Feststellungen der Strafkammer Tatsachen vorgetragen, die geeignet sind, die Indizwirkung der Einlassung bzw. des Strafurteils zu erschüttern. Das Landgericht hat sich mit beiden Aspekten im Urteil zwar auseinandergesetzt und dabei die Ansicht vertreten, der Vortrag des Beklagten zu 1. sei hinsichtlich des Zustandekommens der geständigen Einlassung schon widersprüchlich. Dem Landgericht fehlte für diese Bewertung jedoch schon deshalb eine hinreichende Grundlage, weil es allein unter Berücksichtigung des Strafurteils entschieden hat, die Einlassung des Beklagten zu 1. im Strafurteil indes nur teilweise wiedergegeben wird. Eine Bewertung des Inhalts eines Schriftstückes, ohne dies vollständig zur Kenntnis genommen zu haben, stellt sich indes als verfahrensfehlerhaft dar und verletzt den Anspruch des Beklagten zu 1., der umfangreich zum Zustandekommen der geständigen Einlassung vorgetragen hat, auf rechtliches Gehör. So verweist der Beklagte zu 1. etwa auf die auf Seite 15 f seiner Einlassung angegebenen gesundheitlichen und psychischen Belastungen. Eine ordnungsgemäße Bewertung des Landgerichtes hierzu setzt eine Kenntnis dieser Ausführungen voraus.

    27
    Auch hinsichtlich der weiteren Ausführung des Landgerichtes, das Zustandekommen des Geständnisses könne letztlich dahinstehen, weil die Wirtschaftsstrafkammer sich nicht allein hierauf, sondern auch auf die Aussagen der vernommenen 9 Zeugen und der eingeführten Urkunden gestützt habe, bleibt unklar, auf die Angaben welcher Zeugen zu welchen Tatbestandsmerkmalen und die Erkenntnisse aus welchen Urkunden sich das Landgericht beziehen will, zumal das Landgericht wiederum nur die Ausführungen im Strafurteil, nicht aber die Strafakten selber berücksichtigen konnte. Gerade hinsichtlich der im Rahmen einer Strafbarkeit nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB erforderlichen unrichtigen Angaben gegenüber der Subventionsbehörde sowie bezüglich der vom Landgericht angenommenen mittäterschaftlichen Begehung des Beklagten zu 1. im Zusammenwirken mit dem Beklagten zu 2. (vergleiche hierzu auch die Ausführungen unten unter 3.c)bb)) fehlt es an hinreichenden Feststellungen im landgerichtlichen Urteil unter Angabe der Grundlage dieser Feststellungen, gerade wenn sich das Landgericht nicht auf die geständige Einlassung des Beklagten zu 1. im Strafprozess stützen will. Zugleich hat das Landgericht auch die zu diesen Aspekten vom Beklagten zu 1. benannten Beweismittel nicht berücksichtigt.

    28
    Im weiteren Verfahren ist nunmehr eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme vorzunehmen (vgl. hierzu die Ausführungen unten unter 3.) Auch unter Berücksichtigung der durch die Zurückverweisung entstehenden Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits ist nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall eine Ausnahmesituation gegeben, die eine Zurückverweisung des Rechtsstreites rechtfertigt (zur Ermessensentscheidung des Berufungsgerichts insoweit vgl. BGH NJW-RR 2010, S. 1048 [BGH 01.02.2010 - II ZR 209/08]; MDR 2005, S. 645). So ist der Prozessstoff betreffend die Strafbarkeit des Beklagten zu 1. gerichtlich bislang in keiner Weise hinreichend aufgearbeitet worden. Zudem sind hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage und der Schadenshöhe weitere umfangreiche Klärungen erforderlich, hinsichtlich derer den Parteien ohne Zurückverweisung ebenfalls eine volle Instanz verloren ginge.

    29
    3. In der Sache weist der Senat auf folgendes hin:

    30
    a) Zu klären ist bereits die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf das Zustandekommen eines Prozessrechtsverhältnisses durch die wirksame Zustellung der Klage.

    31
    Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erfolgt die Zustellung einer Klageschrift auf dem Hoheitsgebiet der USA nach dem Haager Zustellungsübereinkommen von 15.11.1965 (HZÜ) und dem Ausführungsgesetz hierzu (vgl. Häublein/Müller, Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., § 183, Rn. 5). Dabei ist in Art. 5 HZÜ vorgesehen, dass die Zustellung in einer der Formen zu veranlassen ist, die das Recht des ersuchten Staates für die Zustellung der in seinem Hoheitsgebiet ausgestellten Schriftstücke an dort befindliche Personen vorschreibt oder in einer besonderen, von der ersuchenden Stelle gewünschten Form (vgl. auch Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 8. Aufl., Rn. 734). Vorliegend sollte die Zustellung nach dem Recht der USA erfolgen. Zwar sind seitens des Landgerichtes im Antrag auf Zustellung eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Schriftstücks im Ausland sowohl die Alternative eine Zustellung nach dem Recht des ersuchten Staates als auch die Alternative eine Zustellung in besonderer Form angekreuzt. Da die besondere Form, nach der zuzustellen sein soll, indes nicht angegeben ist, ist der Antrag dahingehend zu verstehen, dass die Zustellung nach dem Recht der USA beabsichtigt war.

    32
    Auch ist die förmliche Zustellung der Klageschrift am 08.05.2018 durch unterzeichnete Urkunde des mit der Zustellung beauftragten Büros des ... vom 09.05.2018 zunächst nachgewiesen, Art. 6 AZÜ i. V. m. § 418 ZPO (vgl. hierzu auch BGH NJW-RR 2013, S. 435 [BGH 15.01.2013 - VI ZR 241/12], Rn. 12). Es wird indes dem gegenbeweislichen Vorbringen des Beklagten zu 1. nachzugehen sein, dass eine wirksame Zustellung nach dem Recht der USA am 08.05.2018 gleichwohl nicht erfolgt ist, § 418 Abs. 2 ZPO. Insoweit wird zum einen die Richtigkeit der vom Beklagten zu 1. zur Klagezustellung erhobenen Behauptungen zu klären sein, wonach die Zustellung der Klage nicht in einem Bereich erfolgt ist, der zu seiner Wohnung gehört habe. Zudem sei die schwere Erkrankung seiner zwischenzeitlich verstorbenen Mutter, der die Klageschrift übergeben worden sei, nicht hinreichend berücksichtigt worden. Seine Mutter habe an Demenz gelitten, wobei die Erkrankung offenkundig gewesen sei. Sie habe allenfalls radebrechend sprechen können. Seine Mutter habe auf dem Anwesen, auf dem sich auch noch andere Appartements befinden, ein getrenntes Appartement bewohnt, das einen gesonderten Eingang aufweise. Auch sei er selbst am 08.05.2018 ortsanwesend gewesen, der Zusteller habe sich jedoch nicht die Mühe gemacht, ihn aufzusuchen. Zum anderen wird - gegebenenfalls durch Einholung eines Rechtsgutachtens - zu klären sein, ob bei Vorliegen der vom Beklagten zu 1. nachzuweisenden Abläufe die Zustellung als wirksam anzusehen ist, also bei (offensichtlicher) Geschäftsunfähigkeit der Person, der das Schriftstück übergeben wird, wobei zugleich zu klären sein wird, ob eine solche Situation bzw. das Fehlen von entsprechenden Eindrücken auf dem Zustellnachweis zu vermerken ist. Weiter wird gegebenenfalls zu klären sein, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Ersatzzustellung an die Mutter eines volljährigen Empfängers erfolgen kann. Dabei weist der Senat ergänzend darauf hin, dass selbst die vom Landgericht angenommene Ersatzzustellung nach dem - allerdings vorliegend nicht einschlägigen - § 178 Abs. 1 ZPO nicht ordnungsgemäß erfolgt wäre, da die Voraussetzungen in der Zustellungsurkunde nicht entsprechend § 182 Abs. 2 ZPO festgehalten worden sind. Es fehlt bereits die zu vermerkende Feststellung, dass der Beklagte zu 1. in seiner Wohnung nicht angetroffen worden ist, § 178 Abs. 1 ZPO (vgl. Schultzky in Zöller, a. a. O., § 182, Rn. 8). Ebenso ist nur bekannt, dass unter der Adresse ... zugestellt worden ist. Soweit sich dort mehrere Appartements befinden sollten, lässt sich nicht ohne weiteres - wie vom Landgericht angenommen - davon ausgehen, dass die Zustellung tatsächlich in einem der Wohnung zuzurechnenden Bereich erfolgt ist (vgl. hierzu Schultzky, a. a. O., § 178, Rn. 4), zumal nicht einmal auszuschließen ist, dass die Zustellung an die Mutter des Beklagten zu 1. in deren Wohnung erfolgt ist.

    33
    Eine Heilung des Zustellungsmangels nach § 189 ZPO, der auch auf die Heilung von Mängeln bei Auslandszustellung Anwendung findet (vgl. Häublein/Müller, Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., § 183, Rn. 20), ist nicht festzustellen. Danach ist ein Schriftstück in dem Zeitpunkt als zugestellt anzusehen, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugegangen ist, wozu der tatsächliche Erhalt des Dokumentes erforderlich ist. Zwar reicht hierzu der Zugang eines inhaltsgleichen anderen Schriftstücks per Telefax als Kopie oder Scan aus; nicht hinreichend ist indes die durch Akteneinsicht erlangte Kenntnis, weil es insoweit an dem Zustellungswillen des Gerichtes bei der Kenntnisvermittlung fehlt (OLG Dresden NJ 2021, S. 311 [OLG Dresden 26.04.2021 - 4 W 272/21], Rn. 5; OLG Zweibrücken ZfS 2020, S. 51, Rn. 7; Schultzky, a. a. O., § 189, Rn. 4; Dörndorfer in BeckOK ZPO, 48. Edition, Stand 01.03.2023, § 189, Rn. 4; Häublein/Müller, a. a. O., § 189, Rn. 13). Vorliegend hat der Beklagte zu 1. in Abrede gestellt, die Klageschrift von seiner Mutter oder dritter Seite erhalten zu haben. Er hat erstmals nach Erhalt des gegen ihn erlassenen Versäumnisurteils reagiert, sodass eine vorherige Kenntnis von der Klageschrift nicht aus seiner Meldung zu den Akten zu folgern ist. Ebenso genügt die durch die seinen Prozessbevollmächtigten gewährte Akteneinsicht vermittelte Kenntnis von der Klageschrift nicht zur Heilung einer unwirksamen Zustellung.

    34
    Der Beklagte zu 1. ist mit seiner Rüge einer nicht erfolgen Zustellung der Klageschrift auch nicht gemäß § 295 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen. Ein Rügeverlust tritt nur ein, wenn die Partei auf die Befolgung der verletzten Vorschrift verzichtet oder bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die im Verfahren stattgefunden hat, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich die Partei im Termin erschienen ist und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste. Dabei genügt eine einmalige Rüge; es ist nicht erforderlich, dass die Rüge in späteren Terminen wiederholt wird (Prütting in Münchner Kommentar zur ZPO, a. a. O., § 295, Rn. 38). Vorliegend hat der Beklagte zu 1. bereits im Schriftsatz vom 17.05.2021 die fehlende Zustellung der Klageschrift gerügt und diese Rüge im Termin am 27.05.2021 wiederholt. Eine weitere Rüge war nicht notwendig.

    35
    Im Falle einer unwirksamen Klagezustellung wird das Landgericht die Klage erneut zuzustellen haben. Zugleich wird im Hinblick auf die vom Beklagten zu 1. erhobene Einrede der Verjährung zu prüfen sein, ob eine Hemmung der Verjährung wegen höherer Gewalt vorliegt, was etwa der Fall sein kann, wenn die verjährungshemmende Wirkung einer Zustellung infolge eines - für den Kläger unabwendbaren - gerichtlichen Fehlers nicht eintritt (vgl. hierzu BGH MDR 2017, S. 226 [BGH 08.12.2016 - III ZR 89/15], Rn. 14; BGH MDR 1990, S. 32 [BGH 29.06.1989 - III ZR 92/87], Rn. 25 ff; Ellenberger in Grüneberg, BGB, Kommentar, 82. Aufl., § 206, Rn. 5.). Zudem ist die Frage einer wirksamen Zustellung der Klage am 08.05.2018 im Hinblick auf den geltend gemachten Zinsanspruch von Bedeutung, da der Kläger Zinsen erst ab Rechtshängigkeit verlangen kann (vgl. hierzu unten c)ee)).

    36
    b) Soweit die Klageschrift nicht wirksam zugestellt worden ist, ist auch das darauf aufbauende Versäumnisurteil des Landgerichts vom 28.06.2018 nicht in gesetzmäßiger Weise ergangen. Im Falle der wirksamen Zustellung der Klageschrift kann hingegen dahinstehen, ob das Versäumnisurteil dem Beklagten zu 1. wirksam zugestellt worden ist. Eine unwirksame Zustellung wäre jedenfalls nach § 189 ZPO geheilt, da der Beklagte zu 1. in den Besitz des Versäumnisurteils gelangt ist und deshalb in der Lage war, mit dem am 20.04.2019 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch einzulegen, wobei die Monatsfrist des § 339 Abs. 2 ZPO selbst dann noch gewahrt ist, wenn man von einer wirksamen Zustellung am 20.03.2019 ausgeht, wie sie sich aus dem Zustellnachweis ergibt.

    37
    c) In der Sache wird zu klären sein, ob dem Kläger gegen den Beklagten zu 1. ein Schadensersatzanspruch i. H. v. 2.867.169,00 € aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 2 (als Mittäter) bzw. 27 Abs. 1 (als Gehilfe) StGB zusteht.

    38
    aa) Die Aktivlegitimation des Klägers steht dabei zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz nicht mehr im Streit und ist im Hinblick darauf zu bejahen, dass der Kläger Träger des Finanzamtes L... ist, das die Investitionszulage zugunsten der (Firma01) mit Bescheid vom 05.04.2012 bewilligt und den Änderungsbescheid vom 10.01.2014 betreffend die Rückzahlung der Investitionszulage erlassen hat.

    39
    bb) Das Landgericht wird (erneut) zu prüfen haben, ob sich der Beklagte zu 1. infolge der vom Kläger behaupteten unberechtigten Inanspruchnahme der Investitionszulage durch die (Firma01) wegen § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht hat, wobei die von der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Potsdam - Wirtschaftsstrafkammer - im Verfahren 25 KLs 7/14 ausgesprochene Verwirklichung eines besonders schweren Falles nach § 264 Abs. 2 Nr. 1 StGB für das zivilrechtliche Verfahren ohne Bedeutung ist.

    40
    Die Verwirklichung des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfordert dabei, dass im Rahmen eines Subventionsverfahrens gegenüber der zuständigen Behörde unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden, die für den Subventionsempfänger vorteilhaft sind, also die Aussichten des Subventionsempfängers für die Gewährung einer Subvention gegenüber der wirklichen Lage objektiv verbessern (Heger in Lackner/Kühl/Heger, StGB, Kommentar, 30. Aufl., § 264, Rn. 16 ff). Der erforderliche Vorsatz muss sich auf das Vorliegen einer Subvention, auf die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben, die Subventionserheblichkeit der Tatsachen, deren Vorteilhaftigkeit für den Täter und die Zuständigkeit der den Subventionsgeber repräsentierenden Stelle oder Person erstrecken (Heger, a. a. O., Rn. 23).

    41
    Vorliegend hat die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Potsdam im Urteil vom 18.03.2015 die Verwirklichung des Subventionsbetruges durch den Beklagten zu 1. festgestellt. Die Wirtschaftsstrafkammer hat ausgeführt, das Finanzamt L... sei das nach § 7 Abs. 1 InvZulG für den Antrag und die Bewilligung der Investitionszulage zuständige Finanzamt. Bei der Investitionszulage handele es sich um eine Subvention im Sinne von § 264 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 StGB. Es seien bei der Antragstellung von den Angeklagten auch unrichtige Angaben über Anschaffungskosten und Anzahlungen gemacht worden. So sei der Antrag vom 17.08.2010 auf die Anzahlung der Rechnung der (Firma05) über 36 Gefriertrockner in Höhe von rund 6,8 Millionen € gestützt worden, wobei die Angeklagten - die hiesigen Beklagten - weder erklärt hätten, dass den Anzahlungen tatsächlich keine adäquaten Teillieferungen gegenüberstanden, noch angegeben hätten, dass die 2 gelieferten Gefriertrockner für die beabsichtigte Herstellung der Wundpflaster wertlos gewesen seien und es sich um Scheinrechnungen gehandelt habe, die allein gestellt worden seien, um die Fördergelder/Zulagen beantragen zu können, weshalb die Angaben der Angeklagten nicht den Tatsachen entsprochen hätten. Mit Antrag vom 22.08.2011 (betreffend den vorliegend streitigen Teilbetrag der Investitionszulage) hätten die Angeklagten zudem erklärt, dass Anzahlungen auf Maschinenrechnungen der Firmen (Firma06) und (Firma07) erfolgt seien. Da diese Unternehmen nicht existiert hätten, habe es sich um Scheinrechnungen gehandelt und die Angaben der Angeklagten seien auch insoweit unrichtig gewesen. Die Angaben seien auch subventionserheblich im Sinne von § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB und für die Angeklagten bzw. für die Subventionsempfängerin vorteilhaft gewesen, da auf die Anträge und Erklärungen hin die Investitionszulagen für die Jahre 2009 und 2010 bewilligt worden seien. Dabei seien die Anträge vom Beklagten zu 2. als Geschäftsführer der (Firma01) unterzeichnet worden. Dem Beklagten zu 1. seien die Erklärungen zuzurechnen, da die Beantragung der Investitionszulage einem gemeinsamen Tatplan der Angeklagten entsprochen habe, sodass eine gemeinschaftliche Begehung im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB vorliege. Die Angeklagten hätten auch vorsätzlich gehandelt, indem sie wissentlich und willentlich unrichtige Angaben beim Finanzamt gemacht hätten, um - entsprechend dem Ziel ihres Handelns - die Investitionszulagen ausgezahlt zu bekommen.

    42
    Wie oben ausgeführt, ist die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung einer Partei im Zivilprozess allerdings nicht bindend, vielmehr wird das Landgericht im weiteren Verfahren und unter Berücksichtigung des weiteren Vortrags der Parteien und der benannten Beweismittel zu klären haben, inwieweit an den Feststellungen des Strafurteils und auch an den Ausführungen des Beklagten zu 1. in seiner geständigen Einlassung vom 08.01.2015 festzuhalten ist.

    43
    Dabei wird das Landgericht zu berücksichtigen haben, dass sich auf Seite 15 f der Einlassung des Beklagten zu 1. vom 08.01.2015 im Strafverfahren durchaus Ausführungen zu gesundheitlichen und psychischen Belastungen des Beklagten zu 1. durch die Untersuchungshaft sowie geschäftliche Probleme als Motive für die Einlassung finden. Allerdings sind diese Ausführungen lediglich ein Indiz dafür, dass die Angaben in der Einlassung tatsächlich unrichtig sein können. Weiter kann unterstellt werden, dass der Beklagte zu 1. die Einlassung nicht selbst verfasst hat, da er der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Jedoch ist die Erklärung im Prozess von dem vom Beklagten zu 1. mandatierten Rechtsanwalt W... in Anwesenheit des Beklagten zu 1. verlesen worden, wobei ihm eine Dolmetscherin zur Verfügung stand. Dies spricht dafür, dass der Beklagte zu 1. den Inhalt der Erklärung jedenfalls in der Verhandlung zur Kenntnis genommen hat. Dementsprechend hat der Beklagte zu 1. im Verhandlungstermin am 08.01.2015 auch erklärt, es handele sich um seine Einlassung. Auch hat sich der Beklagte zu 1. insbesondere in den Folgeterminen am 19. und 30.01.2015 im Strafverfahren wiederholt zur Sache eingelassen, ohne dass ersichtlich oder von ihm vorgetragen ist, dass seine mündlichen Ausführungen im Widerspruch zu seiner schriftlichen Einlassung gestanden hätten.

    44
    Inhaltlich hat der Beklagte zu 1. in der Einlassung zugestanden, dass die Unternehmen (Firma07) und (Firma06) gegründet worden seien, um ohne korrekten Bieterprozess den Auftrag von der (Firma01) hinsichtlich der Lieferung von Gefriertrocknern zu erhalten, wobei dem Beklagten zu 1. bekannt gewesen sei, dass es sich insoweit um Scheinrechnungen gehandelt habe und diese Unternehmen nur als Zahlstellen fungieren sollten. Dabei handelt es sich um zentrale Angaben im Rahmen dieser Einlassung, sodass nicht nachzuvollziehen ist, dass der Beklagte zu 1. insoweit den Inhalt der Einlassung nicht verstanden hat. Dahinstehen kann, ob tatsächlich Zahlungen an die beiden Unternehmen geleistet wurden und die Maschinen aus anderen Quellen beschafft werden sollten - wie der Beklagte zu 1 auf Seite 19 der Einlassung ausführt -, denn auch in diesem Fall läge eine Täuschung der Subventionsbehörde vor, die mit Wissen und Billigung des Beklagten zu 1. geschah, wobei er als Aushängeschild und Kontaktvermittler zu den Ansprechpartnern bei der Verwaltung und der Politik fungierte, was durchaus die Annahme einer mittäterschaftlichen Beteiligung, jedenfalls aber einer Beihilfe rechtfertigen kann. Dem Beklagten zu 1. war nach seinen Angaben in der Einlassung auch bewusst, dass die Zahlungen an (Firma07) und (Firma06) relevant für die Beantragung der Subventionen waren. Zudem hat der Beklagte zu 1 bei seiner polizeilichen Vernehmung vom 24.02.2015, deren Protokoll sich bei den beigezogenen Strafakten befindet, nochmals klargestellt, dass er wusste, dass es sich bei den Unternehmen (Firma06) und (Firma07) um Briefkastenfirmen handelte. Er habe sogar Rechtsanwalt E... entsprechend unterrichtet. Der Beklagte zu 1. hat ferner bestätigt, dass die beiden Unternehmen ohne ordnungsgemäßen Wettbewerb den Auftrag erhalten hätten. Die Geräte sollten dann tatsächlich andere Unternehmen liefern.

    45
    Bestätigt werden die Darstellungen in der geständigen Einlassung des Beklagten zu 1. durch die Angaben des Beklagten zu 2. in dessen geständiger Einlassung vom 09.12.2014. Der Beklagte zu 2. hat ebenfalls angegeben, dass es sich bei den Unternehmen (Firma07) und (Firma06) um neu gegründete Unternehmen gehandelt habe. Er hat weiter ausgeführt, hinter den Unternehmen hätten Leute gestanden, mit denen der Beklagte zu 1. bereits Geschäfte gemacht habe. Auch habe der Beklagte zu 1. beschlossen, diesen Unternehmen die Beschaffung weiterer Gefriertrockner in Auftrag zu geben. Er, der Beklagte zu 2., habe dann festgestellt, dass bei den Unternehmen niemand zu erreichen gewesen sei, woraufhin der Investor L... ihn beruhigt habe. Bestätigt hat der Beklagte zu 2. diese Angaben im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung vom 17.02.2015, deren Protokoll sich ebenfalls bei den beigezogenen Strafakten befindet.

    46
    Weiterhin kann auf die Angaben zum Inhalt der Zeugenaussagen im Strafurteil zurückgegriffen werden, insbesondere auf die Angaben der Zeugin O..., die für die Finanzbehörden mit der Betriebsprüfung der (Firma01) betraut war und bestätigt hat, dass es sich bei den Unternehmen (Firma06) und (Firma07) um Scheinfirmen gehandelt habe, was auch durch die im Urkundsbeweis eingeführte Wirtschaftsauskunft des Bundeszentralamtes für Steuern/Informationszentrale Ausland vom 18.12.2012 sowie ein Schreiben dieser Behörde vom 14.01.2013 bestätigt wird. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass hierdurch eine entsprechende Kenntnis des Beklagten zu 1. nicht ohne weiteres belegt wird.

    47
    Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz Passagen aus dem Strafverfahren gegen Rechtsanwalt E... vorträgt und sich insoweit insbesondere auf die Anklageschrift bezieht, ist darauf zu verweisen, dass eine Anklageschrift grundsätzlich nicht geeignet ist, den Nachweis von Verfehlungen des Angeklagten zu beweisen. Schon von daher ist - derzeit - die Beiziehung der Akten dieses Strafverfahrens nicht veranlasst. Es steht dem Kläger allerdings frei, die entsprechenden Behauptungen aus der Anklageschrift durch Auszüge aus den Ermittlungsakten des Parallelprozesses zu belegen und unter Beweis zu stellen. Gleiches gilt hinsichtlich des Inhalts einer nach Angaben des Klägers im Rahmen des Strafverfahrens gegen Rechtsanwalt E... erfolgten richterlichen Zeugenvernehmung des Beklagten zu 1. Auch wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger seinen Tatsachenvortrag zwischenzeitlich teilweise in das Wissen des Beklagten zu 2. gestellt hat.

    48
    cc) Dahinstehen kann voraussichtlich, ob ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 263, 25 Abs. 2 bzw. 27 Abs. 1 StGB (grundsätzlich verdrängt § 264 StGB allerdings die Strafbarkeit nach § 263 StGB, vgl. Heger, a. a. O., Rn. 30) oder aus § 826 BGB besteht. Im Hinblick auf die subjektive Seite sind bei diesen Anspruchsgrundlagen keine geringeren Anforderungen zu stellen als bei einem Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 264 Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 2 bzw. 27 Abs. 1 StGB.

    49
    dd) Zu klären ist ferner das Vorliegen eines Schadens des Klägers. Der Beklagte zu 1. hat bestritten, dass die Investitionszulage i. H. v. 2.867.169,00 € an die (Firma01) ausgezahlt worden ist. Da der Beklagte zu 1. kein handelndes Organ der (Firma01) gewesen ist und sich darauf beruft, keine Kenntnis von den Zahlungen gehabt zu haben, ist ein solches - einfaches - Bestreiten entgegen der Auffassung des Landgerichtes hinreichend. Es ist nunmehr Sache des Klägers, Einzelheiten zur Mittelzuweisung vorzutragen und zu belegen.

    50
    Im Falle der Auszahlung der Investitionszulage ist ein entsprechender Schaden des Klägers zu bejahen. Bei Austauschverhältnissen ist zur Bestimmung des Vermögensschadens ein Vergleich aufgrund einer Saldierung von Leistung und Gegenleistung vorzunehmen; dies gilt auch bei Subventionsleistungen, in denen das Austauschverhältnis darin besteht, dass die zweckgerichtete Verwendung der zugewandten Subventionsgelder geschuldet ist. Dieses Gegenseitigkeitsverhältnis ist gestört, wenn die Mittelverwendung nicht dem Subventionszweck entspricht, etwa weil der Subventionsnehmer sich haushaltsrechtlich gebundene Mittel erschleicht, obwohl er nicht zum Kreis der Berechtigten zählt, und so die zweckgebundenen Mittel verringert, ohne dass der erstrebte sozialpolitische Zweck erreicht wird (BGH NStZ 2006, S. 624 [BGH 26.01.2006 - 5 StR 334/05]). So liegt der Fall auch hier, wenn sich erweist, dass die (Firma01) falsche Angaben gemacht und damit die Voraussetzungen für die Investitionszulage nicht erfüllt hat. Insbesondere ist das Ziel der Errichtung einer Produktionsstätte zur Fertigung von Wundverbänden und damit zugleich die dauerhafte Schaffung von Arbeitsplätzen in dieser Produktion nicht erreicht worden, selbst wenn - wie der Beklagte zu 1. ausführt - zeitweise von der (Firma01) einige Arbeitsplätze geschaffen worden sind.

    51
    Weiterhin als Teil des Schadens zu berücksichtigen sind gegebenenfalls die kapitalisierten Zinsen i. H. v. 315.386,00 € für die Zeit vom 10.04.2012 bis 28.02.2014, die bereits im Änderungsbescheid des Finanzamt Luckenwalde vom 10.01.2014 entsprechend § 12 InvZulG, § 238 AO gegen die (Firma01) festgesetzt worden und damit Bestandteil des Rückforderungsanspruchs gegen die (Firma01) sind, für den der Beklagte zu 1. ggf. haftet.

    52
    ee) Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz kann der Kläger - gegebenenfalls - aus dem Betrag von 2.867.169,00 € aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB erst ab Rechtshängigkeit verlangen, sodass - wie ausgeführt - die Klärung erforderlich ist, ob und wann die Klage wirksam zugestellt worden ist.

    53
    Nicht verlangen kann der Kläger eine Verzinsung des Betrages von 2.867.169,00 € schon ab dem 14.01.2014. Soweit der Kläger ab dem 14.01.2014 die Zahlung von Verzugszinsen begehrt, fehlt es an Vortrag zu einem Verzug des Beklagten zu 1. Zudem erfassen die im Änderungsbescheid vom 10.01.2014 festgesetzten Zinsen die Zeit bis zum 28.02.2014, sodass eine weitere Verzinsung ohnehin erst ab dem 01.03.2014 verlangt werden könnte.

    54
    Auch aus § 12 InvZulG, § 238 AO ergibt sich ein weitergehender Zinsanspruch nicht. Der Zinslauf nach § 12 InvZulG, § 238 AO endet mit dem Tag der Zahlung, spätestens aber mit Ablauf des festgesetzten Fälligkeitstages und verlängert sich nicht, wenn der Betroffene den Rückforderungsbetrag nicht zurückzahlt (Schmittberg in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 454. Lieferung, § 12 InvZulG, Rn. 18). Vorliegend ist im Änderungsbescheid der 28.02.2014 als Ende des Zinslaufs vorgesehen.

    55
    4. Die Niederschlagung der Gerichtskosten für das Berufungsverfahren beruht auf § 21 Abs. 1 GKG.

    56
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.

    57
    Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

    58
    Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 3.182.555,00 € festgesetzt, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 823 Abs. 2 BGB, § 264 StGB