09.12.2024 · IWW-Abrufnummer 245279
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof: Urteil vom 31.10.2024 – 11 ZB 24.1246
Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Randnummer1
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung der ihm am 10. Oktober 2022 erteilten Fahrerlaubnis der Klassen A, A2, A1, AM, B, BE, C1, C1E und L.
Randnummer2
Am 12. Juni 2023 um 8:22 Uhr fiel der Kläger einer hinter ihm fahrenden Besatzung eines Rettungswagens durch seine Fahrweise auf. Er fuhr mit seinem Wohnmobil leichte Schlangenlinien und geriet schließlich nach rechts von der Fahrbahn in den Straßengraben. Nach dem Polizeibericht vom 15. August 2023 war er zunächst kaum ansprechbar. Die Rettungswagenbesatzung habe einen Blutunterzucker von 47 mg/dl bei ihm festgestellt. Ein normaler Wert liege bei 100 bis 140 mg/dl. Zwischenzeitlich habe die Konzentration sogar bei 27 mg/dl gelegen. Im Kühlschrank des Wohnmobils habe man Diabetesmedikamente sowie ein ärztliches Attest vom 17. April 2023 gefunden, wonach der Blutzuckerwert beim Kläger mindestens 90 mg/dl betragen müsse, um fahrtüchtig zu sein. Nach der Erstversorgung habe ein freiwilliger Alkoholtest ein negatives Ergebnis aufgewiesen. Ferner habe man Cannabisgeruch im Fahrzeug festgestellt und eine Dose mit 3,1 g Cannabis gefunden. Eine um 12:41 Uhr am selben Tag durchgeführte Blutentnahme enthielt 0,8 ng/ml THC, 0,5 ng/ml 11-Hydroxy-THC und 17 ng/ml THC-COOH. Bei der Blutentnahme gab der Kläger an, es sei sein Marihuana; er konsumiere es aufgrund seiner Schmerzen. In dem wegen dieses Vorfalls eingeleiteten Strafverfahren wegen Straßenverkehrsgefährdung sah die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 14. Dezember 2023 gemäß § 31a Abs. 1 BtMG von der Verfolgung ab.
Randnummer3
Nach einem Polizeibericht vom 7. August 2023 stellte ein Polizeibeamter anlässlich der Erstattung einer Anzeige am 18. Juli 2023 gegen 8:20 Uhr drogentypische Ausfallerscheinungen (unaufhörlicher Redefluss, deutlich und unnatürlich gerötetes Augenweiß) beim Kläger fest. Bei der nachfolgenden Beschuldigtenvernehmung gab der Kläger an, er rauche aufgrund von Schmerzen jeden Abend Marihuana, da er ansonsten überhaupt nicht schlafen könne. Er sei am Morgen mit seinem Pkw zur Polizeiinspektion gefahren, habe sich dabei aber nicht berauscht gefühlt. In dem Polizeibericht ist darüber hinaus festgehalten, dass der Kläger eingeräumt hat, dieses nicht ärztlich verordnet bekommen zu haben. Eine am selben Tag um 9:22 Uhr durchgeführte Blutprobe ergab einen Wert von 0,5 ng/ml THC, einen negativen Befund auf 11-Hydroxy-THC und einen Wert von 10 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH). Mehrere neurologische Vortests wiesen auf einen Drogenkonsum hin. Nachdem ein rechtsmedizinisches Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Würzburg vom 3. November 2023 zu dem Ergebnis gekommen war, dass sich zwar ein Cannabiseinfluss annehmen, jedoch eine cannabisbedingte Fahruntüchtigkeit zum Tatzeitpunkt nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit belegen lasse, wurde das eingeleitete Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 10. November 2023 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
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Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis ließ der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 8. Februar 2024 ausführen, die behördlichen Annahmen seien unzutreffend. Er habe Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid vom 3. Januar 2024 eingelegt. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass die von der Polizei beobachteten Ausfallerscheinungen tatsächlich auf den Genuss von Betäubungsmitteln zurückzuführen seien. Redefluss und Konzentrationsmangel seien für ihn typisch und der schwankende Gang Folge von Krankheiten, bei denen er die chronischen Schmerzen von Fall zu Fall durch das Rauchen von Cannabis zu lindern versucht habe. Es sei nur eine sehr niedrige Konzentration THC in seinem Blut festgestellt worden.
Randnummer5
Mit Bescheid vom 21. Februar 2024 entzog das Landratsamt Miltenberg dem Kläger gestützt auf § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 7 FeV die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen „am 25. November 2011“ ausgestellten Führerschein für die Klassen „A und BE und die darin enthaltenen Klassen“ unverzüglich, spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids zurückzugeben. Ferner ordnete es die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an.
Randnummer6
Am 23. Februar 2024 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch einlegen und u.a. mitteilen, er sei unerreichbar, weil er in Südspanien überwintere.
Randnummer7
Den Widerspruch wies die Regierung von Unterfranken mit Bescheid vom 11. März 2024 unter Abänderung des Erteilungsdatums im Führerschein auf den 10. Oktober 2022 und der von der Fahrerlaubnis umfassten Klassen auf A, BE und C1E und darin enthaltene Klassen zurück.
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Am 12. April 2024 ließ der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Würzburg erheben, die das Gericht im schriftlichen Verfahren mit Urteil vom 14. Juni 2024 abwies. Die auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 7 FeV, Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis sei im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt bei Erlass des Widerspruchsbescheids rechtmäßig gewesen. Das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz ‒ CanG) vom 27. März 2024 sei erst seit 1. April 2024 in Kraft. Nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV a.F. sei die Fahreignung bei regelmäßigem Cannabiskonsum entfallen, ohne dass es auf ein etwaiges Trennungsvermögen angekommen sei. Der Beklagte sei nicht gehalten gewesen, das Inkrafttreten der Rechtsänderungen durch das CanG abzuwarten, da gerade im Bereich des Gefahrenabwehrrechts ein erhebliches öffentliches Interesse an einer raschen behördlichen Entscheidung bestehe. Ein missbräuchliches Verhalten des Beklagten sei nicht zu erkennen. Nach seiner Aussage vom 18. Juli 2023 gegenüber der Polizei, jeden Abend aufgrund von Schmerzen ohne entsprechende ärztliche Verordnung Cannabis zu rauchen, sei der Kläger als regelmäßiger Cannabiskonsument anzusehen. Er müsse sich an den eigenen Angaben in der nach einer strafprozessualen Belehrung erfolgten Beschuldigtenvernehmung festhalten lassen. Er habe nichts vorgetragen, was die Richtigkeit seiner damaligen Angaben substantiiert in Zweifel ziehe, bzw. nicht bestritten, diese Aussage gemacht zu haben. Nach dem Vernehmungsprotokoll sei nicht nachvollziehbar, inwieweit die Beschuldigtenbelehrung nicht ordnungsgemäß sein solle. Darauf komme es aber auch nicht an, da selbst bei Fehlerhaftigkeit oder gänzlich unterbliebener Belehrung die Äußerungen des Klägers zur Häufigkeit seines Cannabiskonsums im Verwaltungsverfahren keinem Verwertungsverbot unterlägen. Denn die Entziehung der Fahrerlaubnis stelle eine Maßnahme der Gefahrenabwehr zum Schutz der Allgemeinheit und keine Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs dar. Auch das weitere Vorbringen des Klägers führe zu keinem anderen Ergebnis. Regelmäßiger Cannabiskonsum habe ohne weiteres zum Wegfall der Fahreignung geführt. Auf ein etwaiges Trennungsvermögen komme es daher nicht an. Im Übrigen sei zwischen (momentaner) Fahruntüchtigkeit und (dauerhafter) Fahrungeeignetheit zu trennen. Der Entziehungsbescheid stelle nicht auf ein Fahren unter Cannabiseinfluss ab. Wegen des klaren Wortlauts von § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG („Strafverfahren“) sei der Beklagte trotz anhängigen Ordnungswidrigkeitenverfahrens wegen des Vorfalls am 18. Juli 2023 nicht von Rechts wegen an einer Entscheidung gehindert gewesen, zumal eine etwaige Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG ohnehin nicht zur strafrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB führen könne. Wegen feststehendem Fehlen der Fahreignung habe nach § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung einer ärztlichen bzw. medizinisch-psychologischen Begutachtung unterbleiben müssen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids hätten auch keine Anhaltspunkte bestanden, dass der Kläger seine Fahreignung wiedererlangt haben könnte. Er habe nicht einmal behauptet, nicht mehr regelmäßig Cannabis zu konsumieren. Schließlich sei auch die gesetzliche Ungleichbehandlung von Cannabis und Alkohol im Fahrerlaubnisrecht vor dem 1. April 2024 unschädlich. Die unterschiedliche Behandlung sei vor dem Hintergrund unterschiedlicher Dosis-Wirkung-Beziehungen sachlich gerechtfertigt gewesen. Die nachträglich davon abweichende gesetzgeberische Entscheidung ändere hieran nichts. Die Entziehung der Fahrerlaubnis stelle sich vor dem Hintergrund der zum 1. April 2024 geänderten Rechtslage auch nicht als unverhältnismäßig dar. Denn es sei nicht offensichtlich, dass dem Kläger im Falle eines Antrags auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis diese nach der jetzt gültigen Rechtslage ohne Weiteres (wieder) erteilt werden müsste. Dabei könne dahinstehen, ob aufgrund des klägerischen Sachvortrags Tatsachen vorlägen, die die Annahme einer Cannabisabhängigkeit begründeten, welche in einem Neuerteilungsverfahren die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens nach § 13a Satz 1 Nr. 1 FeV n.F. rechtfertigen würde. Aufgrund des Vorfalls vom 12. Juni 2023 bestünden jedenfalls hinreichende Anhaltspunkte zur Abklärung der Fahreignung im Hinblick auf eine Diabeteserkrankung (Nr. 5 der Anlage 4 zur FeV). Einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung habe es nicht bedurft. Soweit der Kläger zu diversen Aspekten die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt habe, habe das Gericht dem mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachkommen müssen. Es sei nicht von Belang, ob die von der Polizei festgestellten Ausfallerscheinungen möglicherweise krankheitsbedingt und der Kläger chronischer Schmerzpatient gewesen seien. Es bedürfe auch keines Sachverständigengutachtens um festzustellen, dass die Angabe des regelmäßigen Cannabiskonsums im Hinblick auf die festgestellte THC-Konzentration objektiv falsch gewesen sei, da keine Anhaltspunkte vorlägen, dass diese Äußerung nicht den Tatsachen entsprochen habe. Die Frist zur Abgabe des Führerscheins sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Eine tatsächliche Unmöglichkeit der Rückgabe habe trotz der urlaubsbedingten längeren Abwesenheit des Klägers nicht bestanden. Es sei Sache des Klägers, für seine Erreichbarkeit zu sorgen. Die fehlende Möglichkeit der Kontaktaufnahme durch seinen Bevollmächtigten gehe zu seinen Lasten und betreffe allein das Innenverhältnis zu diesem.
Randnummer9
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie „besondere Schwierigkeiten der Rechtssache“ und deren grundsätzliche Bedeutung geltend, da höherrangiges Recht tangiert sei. Der Entziehungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts offensichtlich rechtswidrig. Der Kläger habe sich am Morgen des 18. Juli „2021“ bei der Polizei über ungerechtfertigte Verwarnungsgelder beschweren wollen, die aus der unerlaubten Nutzung seines Fahrzeugs durch Dritte resultiert hätten. Der zuständige Sachbearbeiter habe ‒ aufgrund welcher Qualifikation auch immer ‒ bei ihm „drogentypische Auffälligkeiten“ diagnostiziert und fortlaufend argumentativ auf ihn eingewirkt, bis er sich aufgrund des psychischen Drucks dahin geäußert habe, er sei Schmerzpatient und konsumiere daher regelmäßig Cannabis. Der Polizeibeamte habe noch eine Beschuldigtenvernehmung unter Verwendung des üblichen Formulars erstellt, das ‒ ohne weitere Belehrungen ‒ eine Standardbelehrung nach dem OWiG und der StPO enthalte. Hierin sei jedoch nicht aufgenommen worden, dass der Kläger die konsumierten Cannabisprodukte aufgrund ärztlicher Verschreibung eingenommen habe. Weiter habe die Beschuldigtenvernehmung keine Belehrung in Bezug auf behördliche Verfahren außerhalb des Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafrechts enthalten. Insbesondere sei keine Einwilligung des Klägers gemäß Art. 6 „Abs. 1a“ der DSGVO enthalten gewesen. Die Regelungen der DSGVO seien somit grob missachtet worden (§ 500 StPO i.V.m. DSGVO), als der Polizeibeamte am 7. August 2023 einen Abdruck einer Anzeige gegen den Kläger ohne dessen Zustimmung an das Landratsamt gesandt habe. Nach Art. 12 Abs. 1 DSGVO hätten dem Kläger alle Informationen gemäß Art. 13, 14 DSGVO und alle Mitteilungen gemäß Art. 15 bis 22 und Art. 34 DSGVO, die sich auf die Verarbeitung seiner Daten bezogen hätten, in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache übermittelt werden müssen. So aber sei die Weitergabe der Daten an die Führerscheinbehörde in keiner Weise kommuniziert worden. Gemäß Art. 13 Abs. 1c DSGVO hätte der Polizeibeamte den Kläger bei Errichtung des Protokolls über die Beschuldigtenvernehmung bereits darüber unterrichten müssen, dass er beabsichtige, die Beschuldigtenvernehmung auch an die Fahrerlaubnisbehörde weiterzugeben. Insbesondere hätte er ihn gemäß Art. 13 Abs. 1c DSGVO über die Rechtsgrundlage für eine solche Verarbeitung und deren Zweck informieren müssen. Die Vorgehensweise der Polizei verstoße nicht nur gegen die Verpflichtungen des geltenden Datenschutzrechts, sondern stelle einen ebenso eklatanten Verstoß gegen das Prinzip der sog. „Selbstbelastungsfreiheit" dar. Dies sei hier der Fall, weil der Kläger, der wegen seiner labilen bzw. instabilen Psyche psychischem Druck gleich welcher Art grundsätzlich nicht gewachsen sei, von dem Polizeibeamten bedrängt worden sei. Hierdurch sei der Kläger derart beeinträchtigt gewesen, dass er auf dessen permanentes Drängen hin bei der Beschuldigtenvernehmung alles „gestanden" hätte, nur um dieser Situation zu entkommen. Er wäre sogar bereit gewesen, ggf. gravierende Straftaten einzuräumen, nur um dem Zugriff des Polizeibeamten zu entkommen. Eine solche Einwirkung auf einen unbescholtenen Bürger stelle einen Verstoß gegen die Menschenwürde (Art. 1 GG) gegen Art. 6 EMRK dar, da diese Vorschrift nicht nur in zivil- und strafrechtlichen Verfahren gelte, sondern auch auf Bereiche ausgedehnt worden sei, in denen der Grundsatz eines fairen Verfahrens berührt sei. Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit finde seine Grundlage nicht nur im allgemeinen Persönlichkeitsrecht, sondern auch im Rechtsstaatsprinzip, das auch das Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) beinhalte. Jeder Zwang, durch ein selbstbelastendes Verhalten zur eigenen Verurteilung beizutragen, sei mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar. Das Verwaltungsgericht habe das behördliche Handeln offensichtlich nicht hinterfragt, da es offensichtlich davon ausgegangen sei, dass bayerische Polizeibeamte und Behörden grundsätzlich immer alles richtig machten. Genau das Gegenteil sei der Fall gewesen. Bei seiner Befragung sei der Kläger gar nicht dazu gekommen, die ärztliche Verordnung von Cannabisprodukten, wie sie sich aus dem Schmerzpass ersehen lasse, zu thematisieren. Die Ausgangsbehörde sei dann noch in nicht nachvollziehbarer Weise zu der Feststellung gelangt, der Kläger konsumiere intensiv Cannabis zum Eigenkonsum. Von einem fairen rechtsstaatlichen Verfahren könne daher die Rede sein. Dass die Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung sei, ergebe sich aus der Ansicht des Verwaltungsgerichts, es könne nicht auf eine ordnungsgemäße Belehrung ankommen. Dass die Weitergabe der Daten durch die Polizei an die Fahrerlaubnisbehörde offenkundig sämtliche nur in Frage kommenden datenschutzrechtlichen Vorschriften missachtet habe, müsse nicht weiter ausgeführt werden, da dies für jedermann greifbar sei. Die grundlegende Frage sei vielmehr, ob die Abwehr von Risiken für die Verkehrssicherheit es rechtfertigen könne, dass selbst fehlerhaft gewonnene Erkenntnisse durch die Polizei illegal an die Verwaltungsbehörde weitergegeben werden würden. Da die Weitergabe dieser Daten ständige Praxis sei, könne die grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit nicht bestritten werden. Vielmehr müsse die grundlegende Frage endgültig geklärt werden, ob ein eigenmächtiges Verhalten von Polizei und Verwaltung noch mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar sei bzw. ob die staatlichen Behörden noch an Recht und Gesetz gebunden seien. Soweit das Verwaltungsgericht die Beweisanträge des Klägers, dass durch das rechtsmedizinische Gutachten der Universität Würzburg vom 3. November 2023 die Richtigkeit der im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung erhobenen Angaben des Klägers widerlegt sei, abgelehnt habe, stelle sich diese Vorgehensweise als Verweigerung des rechtlichen Gehörs dar. Aus dem Gutachten (vgl. S. 3 vorletzter Absatz) könne in aller Deutlichkeit entnommen werden, dass die festgestellte THC-Konzentration so gering gewesen sei, dass dies für einen länger zurückliegenden Konsum oder die Aufnahme einer nur sehr geringen Dosis spreche. Diese Feststellungen ließen sich aber für den Fall, dass man von einem täglichen intensiven Konsum des Klägers ausgehen wollte, mit dessen Angaben nicht vereinbaren. Ein länger zurückliegender Konsum sei bei täglichem Missbrauch von Cannabis nicht vorstellbar. Selbst für den Fall, dass nur minimale Mengen konsumiert worden sein sollten, müsse die Relevanz der in der Beschuldigtenvernehmung enthaltenen Angaben in Frage gestellt werden, besonders wenn man berücksichtige, dass die Behörde hieraus einen intensiven Konsum von Cannabis konstruiert habe. Nach allem stehe jedenfalls fest, dass elementare Rechte des Klägers gröblich verletzt worden seien. Der Begründung waren Fotos eines Schmerzpasses beigefügt. Mit weiterem Schreiben vom 24. Oktober 2024 ließ der Kläger vortragen, nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelungen zum Fahrerlaubnisrecht sei es nicht mehr vertretbar, allein aufgrund des regelmäßigen Cannabiskonsums auf eine Fahrungeeignetheit zu schließen, ohne dass der Entscheidung eine medizinisch-psychologische Begutachtung vorausgegangen sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO; BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 ‒ Vf. 133-VI 04 ‒ VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 ‒ Vf. 38-VI-14 ‒ BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 54), nicht hinreichend dargelegt sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bzw. nicht vorliegen.
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1. Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 ‒ 1 BvR 587/17 ‒ BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.; B.v. 9.6.2016 ‒ 1 BvR 2453/12 ‒ NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 ‒ 7 AV 4.03 ‒ DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 ‒ 1 BvR 2011/10 ‒ NVwZ 2011, 546 Rn. 19).
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Dies ist hier nicht der Fall. Die angegriffene Entscheidung beruht tragend darauf, dass
der Kläger eingeräumt hat, regelmäßig Cannabis konsumiert zu haben. Die regelmäßige Einnahme von Cannabis hat nach der Rechtslage vor dem 1. April 2024 gemäß Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung ‒ FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Juli 2023 (BGBl I Nr. 199), ohne das Hinzutreten weiterer Umstände im Regelfall die Fahreignung ausgeschlossen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Regelung, die maßgeblich auf den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung beruht hat, denen ein entsprechendes verkehrsmedizinisches Erfahrungswissen zugrunde liegt und die den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis wiedergeben, gebilligt (BVerwG, U.v. 26.2.2009 ‒ 3 C 1.08 ‒ BVerwGE 133, 186 Rn. 15 ff.) und sie auch bis zur Rechtsänderung zum 1. April 2024 für anwendbar erachtet (BVerwG, B.v. 14.6.2024 ‒ 3 B 11.23 ‒ ZfSch 2024, 533 Rn. 5). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der Anfechtung einer Entziehung der Fahrerlaubnis ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich, hier somit der Erlass des Widerspruchsbescheids (vgl. BVerwG, B.v. 14.6.2024 a.a.O. Rn. 5; U.v. 30.8.2023 ‒ 3 C 15.22 ‒ NJW 2024, 1361 Rn. 8 m.w.N.) am 11. März 2024. Eine Rückwirkung der für den Fahrerlaubnisinhaber günstigeren Neuregelung hat der Gesetz- und Verordnungsgeber nicht vorgesehen (wie etwa durch Art. 316p i.V.m. Art. 313 EGStGB, vgl. dazu NdsOVG, B.v. 23.9.2024 ‒ 12 PA 27/24 ‒ juris Rn. 9). Sie ist im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der bisherigen Regelung auch nicht verfassungsrechtlich geboten.
Randnummer14
Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass sich der Kläger an seiner Angabe zum Konsummuster festhalten lassen muss. Sie ist mit dem Zulassungsvorbringen nicht in Zweifel gezogen. Die bekannten Tatsachen widersprechen dieser Angabe nicht. So hatte der Kläger sowohl am 12. Juni 2023 als auch am 18. Juli 2023 jeweils morgens geringe Mengen THC im Blut. Aus den gemessenen Werten und den Feststellungen im forensisch-toxikologischen Gutachten der MVZ Labor Krone GbR vom 25. Juli 2023 lässt sich andererseits nichts gegen die Annahme eines regelmäßigen Cannabiskonsums entnehmen. Ein regelmäßiger Konsum setzt nicht die Aufnahme bestimmter Mengen Cannabis voraus, sondern bezeichnet lediglich eine gewisse zeitliche Frequenz (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 ‒ 3 C 3.13 ‒ NJW 2015, 2439 Rn. 18). Daher gibt es auch keine Untergrenzen bei den THC-, 11-Hydroxy-THC- oder THC-COOH-Werten, anhand derer man ‒ wie der Kläger anzunehmen scheint ‒ einen regelmäßigen Cannabiskonsum ausschließen könnte. Aus in Studien nachgewiesenen Anreicherungen von THC-COOH im Blut von regelmäßigen Cannabiskonsumenten (vgl. dazu BayVGH, B.v. 24.4.2019 ‒ 11 CS 18.2605 ‒ juris Rn. 13; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023 § 2 StVG Rn. 56) kann nicht der umgekehrte Schluss gezogen werden, dass diese bei einem regelmäßigen Cannabiskonsumenten stets vorhanden sein müssten, zumal die regelmäßig aufgenommenen Mengen im Einzelfall kaum bekannt sein dürften. Wie er zu derartigen Schlüssen kommt, hat der Kläger im Übrigen auch nicht dargelegt. Ferner wurde in seinem Wohnmobil nach dem Unfall am 12. Juni 2023 eine Dosis mit Cannabis aufgefunden. Im Zulassungsverfahren hat er daran festgehalten, chronischer Schmerzpatient zu sein, und ‒ um dies zu untermauern ‒ einen Schmerzpass vorgelegt, aus dem die einmalige Verschreibung eines cannabishaltigen Medikaments hervorgeht. Auch am 12. Juni 2023 hatte er sich gegenüber der Polizei dazu bekannt, wegen seiner Schmerzen Cannabis zu konsumieren.
Randnummer15
Anders als noch im Klageverfahren trägt er in der Zulassungsbegründung auch nicht vor, die Angabe zum Konsummuster bei der Polizei am 18. Juli 2023 sei falsch, sondern, er habe sie unter dem psychischen Druck durch den diensthabenden Polizeibeamten gemacht. Hierzu wird allerdings lediglich dargelegt, der Beamte habe „fortlaufend argumentativ“ auf den Kläger „eingewirkt“, womit noch keine unzulässige Vernehmungsmethode im Sinne von § 136a StPO dargetan ist. Ferner ist nicht nachvollziehbar und damit glaubhaft, dass sich der Kläger „unfreiwillig“ zu seinem Konsummuster eingelassen haben will. Nach dem etwa einstündigen Erstgespräch mit dem Polizeibeamten ab 8:20 Uhr und den von diesem vorgenommenen Drogenvortests hat um 9:22 Uhr eine ärztliche Untersuchung stattgefunden, in der die Ärztin dem Kläger ein klares Bewusstsein, einen geordneten Denkablauf und ein beherrschtes Verhalten attestiert hat. Trotz dieser Unterbrechung der polizeilichen Befragung und der unauffälligen Stimmungslage hat der Kläger in der nachfolgenden, lediglich drei Minuten dauernden Beschuldigtenvernehmung um 9:33 Uhr in einem Formular an optisch hervorgehobener Stelle unterschriftlich bestätigt, dass er sich zur Sache äußern wolle, und dann nochmals unterschriftlich seine Angaben inhaltlich „genehmigt“. Somit war ihm bewusst, dass er sich nicht zur Sache hätte einlassen müssen, und ist auch davon auszugehen, dass er seine Angabe zum Konsummuster machen und nicht etwa zurückziehen wollte. Schließlich ist die Behauptung, es sei ein derartiger Druck auf ihn aufgebaut worden, dass er unfreiwillige Angaben gemacht habe, auch erstmals im Zulassungsverfahren aufgestellt worden, was ebenfalls gegen ihre Glaubhaftigkeit spricht. Abgesehen davon, dass schon nicht ersichtlich ist, dass der Kläger gezwungen war, sich entgegen dem strafprozessualen Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ selbst zu belasten, ist dieser im Bereich der Gefahrenabwehr ohnehin nicht anwendbar (vgl. NdsOVG, B.v. 23.2.2024 ‒ 12 ME 130/23 ‒ NJW 2024, 1366 Rn. 34 f.).
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Ferner wird in der Zulassungsbegründung nicht plausibel und substantiiert dargelegt, dass dem Kläger das von ihm eingenommene Cannabis ärztlich verschrieben worden ist und er dies bei der Polizei nicht vorbringen konnte. Letzteres ist nicht nachvollziehbar, nachdem er am 18. Juli 2023 mehr als eine Stunde bei der Polizeiinspektion verbracht und gewusst hat, dass es um seine Fahrtauglichkeit geht. Es ist auch nicht glaubhaft, dass er einen für die Fahreignung entscheidenden Umstand, der die regelmäßige Einnahme eines Betäubungsmittels rechtfertigen würde, zweimal vergessen hat oder nicht „thematisieren“ konnte. Nicht nur am 18. Juli 2023, sondern auch bei der polizeilichen Befragung nach seinem Unfall am 12. Juni 2023 hat er keine ärztliche Verordnung erwähnt. In seinem Wohnmobil hat die Polizei ‒ wie bereits ausgeführt ‒ eine Dose mit Cannabis gefunden, nicht etwa das Spray Sativex, das ihm angeblich verordnet worden ist, oder einen sonstigen Hinweis auf die Verschreibung eines cannabishaltigen Medikaments. Weiter fragt sich, weshalb dieser Sachverhalt nicht in der Stellungnahme seines Bevollmächtigten vom 8. Februar 2024 im Rahmen der Anhörung zur Sprache gekommen ist. Aussagekräftige Belege für eine ärztliche Verordnung, die bei einem chronischen Schmerzpatienten mehrfach vorhanden sein sollten, hat der Kläger nicht vorgelegt. Der Schmerzpass ist als Beleg nicht geeignet, da er dem Kläger schon nicht zuzuordnen ist. Die Vorder- und Rückseite weisen lediglich einem Arztstempel ohne Ausstellungsdatum auf. Die Rubriken Name und Geburtsdatum sind nicht ausgefüllt. Außerdem enthält die ansonsten leere Innenseite des Passes eine einzige Verschreibung von Sativex, 2 x 1 Stoß, 8:00 und 20:00 Uhr, unter dem 26. Oktober 20... (unleserliche Jahreszahl) mit Namenskürzel, sodass sich eine ärztliche Verordnung auch zeitlich den Vorfällen im Juni oder August 2023 nicht zuordnen lässt.
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Weiter hat der Kläger auch nicht die rechtliche Annahme des Verwaltungsgerichts in Zweifel gezogen, die Verwertung polizeilicher Erkenntnisse über die Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers durch die Fahrerlaubnisbehörde setze eine Beschuldigtenbelehrung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren oder eine Belehrung über eine mögliche Weiterleitung der Erkenntnisse an die Fahrerlaubnisbehörde nicht voraus (vgl. VGHBW, B.v. 16.5.2007 ‒ 10 S 608/07 ‒ NJW 2007, 2571 Rn. 3 ff.; BayVGH, B.v. 5.3.2009 ‒ 11 CS 08.3046 ‒ juris Rn. 17 m.w.N.; B.v. 12.3.2009 ‒ 11 CS 08.3307 ‒ juris Rn. 13 ff.; OVG NW, B.v. 13.3.2014 ‒ 16 B 228/14 ‒ juris Rn. 2 f.; Siegmund in jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 17.7.2024, § 2 StVG Rn. 126 ff.; Pause-Münch in jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 28.6.2024, § 14 FeV Rn. 29). Sein Vortrag setzt sich mit der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung nicht auseinander, sondern der Rechtsansicht des Gerichts lediglich die eigene entgegen. An der Auffassung, dass wegen Fehlens normierter Belehrungspflichten im behördlichen Entziehungsverfahren und dessen anderer Schutzrichtung sowie im Hinblick auf die Geltung von § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO nur im Bereich der Strafverfolgung (zum Anwendungsbereich Diemer in KK-StPO, 9. Aufl. 2023, § 136 Rn. 3) und auf die aus § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG resultierende Informationspflicht der Polizei grundsätzlich auch strafprozessual fehlerhaft gewonnene Äußerungen verwertet werden können (vgl. VGH BW, a.a.O.), ist festzuhalten. Dass hiervon eine Ausnahme zu gelten hätte, weil etwa die Angabe des Klägers zu seinem Konsummuster unter Missachtung fundamentaler Rechtsgrundsätze, wie der Menschenwürde, gewonnen wurde (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2013 ‒ 11 CS 12.2623 ‒ juris Rn.11), ist zwar behauptet, aber nicht im Ansatz nachvollziehbar dargelegt worden
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Ferner ergeben sich auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils aus etwaigen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung. Die Polizei war nach § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG gehalten, dem Landratsamt ihre Erkenntnisse aus der Beschuldigtenvernehmung zu übermitteln. Nach dieser Vorschrift hat sie Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung aus Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Diese Mitteilung verletzt weder das Recht auf informelle Selbstbestimmung des Betroffenen (vgl. Hühnermann in Burmann /Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. 2024, § 2 StVG Rn. 60; Dauer in Hentschel/König/Dauer, a.a.O. § 2 StVG Rn. 85 jeweils unter Verweis auf BVerwG, U.v. 15.4.1988 ‒ 7 C 100.86 ‒ NJW 1988, 1863 = juris Rn. 13) noch verstößt sie gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO; Dauer a.a.O.; OVG Bremen, B.v. 10.2.2020 ‒ 2 B 269/19 ‒ NJW 2020, 1897 Rn. 13). Insoweit kann offenbleiben, ob die DSGVO auf die Übermittlung polizeilicher Erkenntnisse an die Fahrerlaubnisbehörden überhaupt anwendbar ist oder ob die Bereichsausnahme für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit (Art. 2 Abs. 2 lit. d DSGVO) eingreift (vgl. dazu Kühling/Raab in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 4. Aufl. 2024, Art. 2 DSGVO Rn. 29). Denn die Übermittlung polizeilicher Erkenntnisse über den Betäubungsmittelkonsum eines Fahrerlaubnisinhabers an die Fahrerlaubnisbehörde zur Überprüfung von dessen Fahreignung wäre jedenfalls nach Art. 6 Abs. 1 lit. e, Abs. 3, Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO gerechtfertigt, da ein erhebliches öffentliches Interesse daran besteht, die Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer am Straßenverkehr zu verhindern (vgl. OVG Bremen, a.a.O.).
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Im Übrigen gehen die Einwände des Klägers an der Sache vorbei. Da im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung allein der regelmäßige Cannabiskonsum für die Entziehung der Fahrerlaubnis erheblich war, kann dahinstehen, wie hoch die THC-Konzentration in seinem Blut am Morgen des 18. Juli 2023 war, ob die Fahrerlaubnisbehörde der Ansicht war, dass er „intensiv“ Cannabis konsumiert habe, was übrigens allein die Häufigkeit der Konsumakte bezeichnen kann (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, a.a.O. § 2 StVG Rn. 55), oder ob der rechtsmedizinische Gutachter der Ansicht war, es handle sich um einen länger zurückliegenden Konsum oder die Aufnahme einer nur sehr geringen Dosis.
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2. Ferner sind auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO hinreichend dargelegt. Die durch den Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen lassen sich ohne weiteres anhand des Gesetzes beantworten und sind in der Rechtsprechung bereits geklärt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 32; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 124 Rn. 28e). Die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und den Kläger genügt nicht für die Darlegung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2024 ‒ 11 ZB 24.505 ‒ juris Rn. 18).
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3. Die Berufung ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen, ob die Abwehr von Risiken für die Verkehrssicherheit es rechtfertigen könne, dass selbst fehlerhaft gewonnene Erkenntnisse durch die Polizei illegal an die Verwaltungsbehörde weitergegeben werden. Es kann dahinstehen, ob die Frage so hinreichend präzise gefasst ist, dass sie noch fallübergreifend in einem Berufungsverfahren beantwortet werden könnte. Denn, wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt, kann sie jedenfalls aufgrund des geltenden Rechts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden und ist sie bereits geklärt (vgl. BVerwG, B.v. 22.8.2024 ‒ 3 B 4.24 ‒ juris Rn. 7; B.v. 19.1.2022 ‒ 1 B 83.21 ‒ juris Rn. 21). Aus der Bejahung der Frage folgt im Übrigen, dass die Übermittlung einer strafprozessual fehlerhaft gewonnenen Aussage gemäß § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG nicht „illegal“ wäre.
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4. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, indem es keinen Beweis zu den gutachterlichen Feststellungen im forensisch-toxikologischen Gutachten vom 25. Juli 2023 erhoben hat.
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Der Klageschrift vom 11. April 2024 oder dem Schriftsatz vom 22. Mai 2024 ist schon kein förmlicher Beweisantrag mit dem substantiierten Verlangen zu entnehmen, zum Beweis einer konkreten Tatsache (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO) mit einem bestimmten Beweismittel Beweis zu erheben (vgl. Dawin/Panzer in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, VwGO, § 86 Rn. 89 f., 95). Vielmehr hat der Kläger lediglich Beweisanregungen in eine bestimmte Richtung formuliert. Dem Verwaltungsgericht musste sich eine Beweiserhebung insoweit jedoch nicht aufdrängen, weil die Beweisanregungen nicht entscheidungserheblich waren. Denn Gegenstand des forensisch-toxikologischen Gutachtens vom 25. Juli 2023 war die Feststellung oder der Ausschluss einer cannabisbedingten Fahruntüchtigkeit am Morgen des 18. Juli 2023 und nicht die für die Entziehung der Fahrerlaubnis maßgebliche Fahreignung des Klägers, die nach dem damals geltenden Recht mit regelmäßigem Cannabiskonsum entfiel. Der Anspruch auf rechtliches Gehör bezieht sich nur auf entscheidungserhebliches Vorbringen (vgl. BVerwG, B.v. 29.12.2023 ‒ 8 B 31.23 ‒ juris Rn. 3). Im Übrigen hätte sich der Kläger einer Vorabentscheidung über einen Beweisantrag auch begeben, da er nach Formulierung seiner Beweisanregungen auf die gerichtliche Bitte um Klarstellung, ob er auf eine mündliche Verhandlung verzichtet habe, nochmals sein Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hat (vgl. Dawin/Panzer, a.a.O. Rn. 128).
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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6. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
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Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung der ihm am 10. Oktober 2022 erteilten Fahrerlaubnis der Klassen A, A2, A1, AM, B, BE, C1, C1E und L.
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Am 12. Juni 2023 um 8:22 Uhr fiel der Kläger einer hinter ihm fahrenden Besatzung eines Rettungswagens durch seine Fahrweise auf. Er fuhr mit seinem Wohnmobil leichte Schlangenlinien und geriet schließlich nach rechts von der Fahrbahn in den Straßengraben. Nach dem Polizeibericht vom 15. August 2023 war er zunächst kaum ansprechbar. Die Rettungswagenbesatzung habe einen Blutunterzucker von 47 mg/dl bei ihm festgestellt. Ein normaler Wert liege bei 100 bis 140 mg/dl. Zwischenzeitlich habe die Konzentration sogar bei 27 mg/dl gelegen. Im Kühlschrank des Wohnmobils habe man Diabetesmedikamente sowie ein ärztliches Attest vom 17. April 2023 gefunden, wonach der Blutzuckerwert beim Kläger mindestens 90 mg/dl betragen müsse, um fahrtüchtig zu sein. Nach der Erstversorgung habe ein freiwilliger Alkoholtest ein negatives Ergebnis aufgewiesen. Ferner habe man Cannabisgeruch im Fahrzeug festgestellt und eine Dose mit 3,1 g Cannabis gefunden. Eine um 12:41 Uhr am selben Tag durchgeführte Blutentnahme enthielt 0,8 ng/ml THC, 0,5 ng/ml 11-Hydroxy-THC und 17 ng/ml THC-COOH. Bei der Blutentnahme gab der Kläger an, es sei sein Marihuana; er konsumiere es aufgrund seiner Schmerzen. In dem wegen dieses Vorfalls eingeleiteten Strafverfahren wegen Straßenverkehrsgefährdung sah die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 14. Dezember 2023 gemäß § 31a Abs. 1 BtMG von der Verfolgung ab.
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Nach einem Polizeibericht vom 7. August 2023 stellte ein Polizeibeamter anlässlich der Erstattung einer Anzeige am 18. Juli 2023 gegen 8:20 Uhr drogentypische Ausfallerscheinungen (unaufhörlicher Redefluss, deutlich und unnatürlich gerötetes Augenweiß) beim Kläger fest. Bei der nachfolgenden Beschuldigtenvernehmung gab der Kläger an, er rauche aufgrund von Schmerzen jeden Abend Marihuana, da er ansonsten überhaupt nicht schlafen könne. Er sei am Morgen mit seinem Pkw zur Polizeiinspektion gefahren, habe sich dabei aber nicht berauscht gefühlt. In dem Polizeibericht ist darüber hinaus festgehalten, dass der Kläger eingeräumt hat, dieses nicht ärztlich verordnet bekommen zu haben. Eine am selben Tag um 9:22 Uhr durchgeführte Blutprobe ergab einen Wert von 0,5 ng/ml THC, einen negativen Befund auf 11-Hydroxy-THC und einen Wert von 10 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH). Mehrere neurologische Vortests wiesen auf einen Drogenkonsum hin. Nachdem ein rechtsmedizinisches Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Würzburg vom 3. November 2023 zu dem Ergebnis gekommen war, dass sich zwar ein Cannabiseinfluss annehmen, jedoch eine cannabisbedingte Fahruntüchtigkeit zum Tatzeitpunkt nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit belegen lasse, wurde das eingeleitete Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 10. November 2023 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
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Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis ließ der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 8. Februar 2024 ausführen, die behördlichen Annahmen seien unzutreffend. Er habe Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid vom 3. Januar 2024 eingelegt. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass die von der Polizei beobachteten Ausfallerscheinungen tatsächlich auf den Genuss von Betäubungsmitteln zurückzuführen seien. Redefluss und Konzentrationsmangel seien für ihn typisch und der schwankende Gang Folge von Krankheiten, bei denen er die chronischen Schmerzen von Fall zu Fall durch das Rauchen von Cannabis zu lindern versucht habe. Es sei nur eine sehr niedrige Konzentration THC in seinem Blut festgestellt worden.
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Mit Bescheid vom 21. Februar 2024 entzog das Landratsamt Miltenberg dem Kläger gestützt auf § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 7 FeV die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen „am 25. November 2011“ ausgestellten Führerschein für die Klassen „A und BE und die darin enthaltenen Klassen“ unverzüglich, spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids zurückzugeben. Ferner ordnete es die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an.
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Am 23. Februar 2024 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch einlegen und u.a. mitteilen, er sei unerreichbar, weil er in Südspanien überwintere.
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Den Widerspruch wies die Regierung von Unterfranken mit Bescheid vom 11. März 2024 unter Abänderung des Erteilungsdatums im Führerschein auf den 10. Oktober 2022 und der von der Fahrerlaubnis umfassten Klassen auf A, BE und C1E und darin enthaltene Klassen zurück.
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Am 12. April 2024 ließ der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Würzburg erheben, die das Gericht im schriftlichen Verfahren mit Urteil vom 14. Juni 2024 abwies. Die auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 7 FeV, Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis sei im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt bei Erlass des Widerspruchsbescheids rechtmäßig gewesen. Das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz ‒ CanG) vom 27. März 2024 sei erst seit 1. April 2024 in Kraft. Nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV a.F. sei die Fahreignung bei regelmäßigem Cannabiskonsum entfallen, ohne dass es auf ein etwaiges Trennungsvermögen angekommen sei. Der Beklagte sei nicht gehalten gewesen, das Inkrafttreten der Rechtsänderungen durch das CanG abzuwarten, da gerade im Bereich des Gefahrenabwehrrechts ein erhebliches öffentliches Interesse an einer raschen behördlichen Entscheidung bestehe. Ein missbräuchliches Verhalten des Beklagten sei nicht zu erkennen. Nach seiner Aussage vom 18. Juli 2023 gegenüber der Polizei, jeden Abend aufgrund von Schmerzen ohne entsprechende ärztliche Verordnung Cannabis zu rauchen, sei der Kläger als regelmäßiger Cannabiskonsument anzusehen. Er müsse sich an den eigenen Angaben in der nach einer strafprozessualen Belehrung erfolgten Beschuldigtenvernehmung festhalten lassen. Er habe nichts vorgetragen, was die Richtigkeit seiner damaligen Angaben substantiiert in Zweifel ziehe, bzw. nicht bestritten, diese Aussage gemacht zu haben. Nach dem Vernehmungsprotokoll sei nicht nachvollziehbar, inwieweit die Beschuldigtenbelehrung nicht ordnungsgemäß sein solle. Darauf komme es aber auch nicht an, da selbst bei Fehlerhaftigkeit oder gänzlich unterbliebener Belehrung die Äußerungen des Klägers zur Häufigkeit seines Cannabiskonsums im Verwaltungsverfahren keinem Verwertungsverbot unterlägen. Denn die Entziehung der Fahrerlaubnis stelle eine Maßnahme der Gefahrenabwehr zum Schutz der Allgemeinheit und keine Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs dar. Auch das weitere Vorbringen des Klägers führe zu keinem anderen Ergebnis. Regelmäßiger Cannabiskonsum habe ohne weiteres zum Wegfall der Fahreignung geführt. Auf ein etwaiges Trennungsvermögen komme es daher nicht an. Im Übrigen sei zwischen (momentaner) Fahruntüchtigkeit und (dauerhafter) Fahrungeeignetheit zu trennen. Der Entziehungsbescheid stelle nicht auf ein Fahren unter Cannabiseinfluss ab. Wegen des klaren Wortlauts von § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG („Strafverfahren“) sei der Beklagte trotz anhängigen Ordnungswidrigkeitenverfahrens wegen des Vorfalls am 18. Juli 2023 nicht von Rechts wegen an einer Entscheidung gehindert gewesen, zumal eine etwaige Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG ohnehin nicht zur strafrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB führen könne. Wegen feststehendem Fehlen der Fahreignung habe nach § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung einer ärztlichen bzw. medizinisch-psychologischen Begutachtung unterbleiben müssen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids hätten auch keine Anhaltspunkte bestanden, dass der Kläger seine Fahreignung wiedererlangt haben könnte. Er habe nicht einmal behauptet, nicht mehr regelmäßig Cannabis zu konsumieren. Schließlich sei auch die gesetzliche Ungleichbehandlung von Cannabis und Alkohol im Fahrerlaubnisrecht vor dem 1. April 2024 unschädlich. Die unterschiedliche Behandlung sei vor dem Hintergrund unterschiedlicher Dosis-Wirkung-Beziehungen sachlich gerechtfertigt gewesen. Die nachträglich davon abweichende gesetzgeberische Entscheidung ändere hieran nichts. Die Entziehung der Fahrerlaubnis stelle sich vor dem Hintergrund der zum 1. April 2024 geänderten Rechtslage auch nicht als unverhältnismäßig dar. Denn es sei nicht offensichtlich, dass dem Kläger im Falle eines Antrags auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis diese nach der jetzt gültigen Rechtslage ohne Weiteres (wieder) erteilt werden müsste. Dabei könne dahinstehen, ob aufgrund des klägerischen Sachvortrags Tatsachen vorlägen, die die Annahme einer Cannabisabhängigkeit begründeten, welche in einem Neuerteilungsverfahren die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens nach § 13a Satz 1 Nr. 1 FeV n.F. rechtfertigen würde. Aufgrund des Vorfalls vom 12. Juni 2023 bestünden jedenfalls hinreichende Anhaltspunkte zur Abklärung der Fahreignung im Hinblick auf eine Diabeteserkrankung (Nr. 5 der Anlage 4 zur FeV). Einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung habe es nicht bedurft. Soweit der Kläger zu diversen Aspekten die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt habe, habe das Gericht dem mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachkommen müssen. Es sei nicht von Belang, ob die von der Polizei festgestellten Ausfallerscheinungen möglicherweise krankheitsbedingt und der Kläger chronischer Schmerzpatient gewesen seien. Es bedürfe auch keines Sachverständigengutachtens um festzustellen, dass die Angabe des regelmäßigen Cannabiskonsums im Hinblick auf die festgestellte THC-Konzentration objektiv falsch gewesen sei, da keine Anhaltspunkte vorlägen, dass diese Äußerung nicht den Tatsachen entsprochen habe. Die Frist zur Abgabe des Führerscheins sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Eine tatsächliche Unmöglichkeit der Rückgabe habe trotz der urlaubsbedingten längeren Abwesenheit des Klägers nicht bestanden. Es sei Sache des Klägers, für seine Erreichbarkeit zu sorgen. Die fehlende Möglichkeit der Kontaktaufnahme durch seinen Bevollmächtigten gehe zu seinen Lasten und betreffe allein das Innenverhältnis zu diesem.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie „besondere Schwierigkeiten der Rechtssache“ und deren grundsätzliche Bedeutung geltend, da höherrangiges Recht tangiert sei. Der Entziehungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts offensichtlich rechtswidrig. Der Kläger habe sich am Morgen des 18. Juli „2021“ bei der Polizei über ungerechtfertigte Verwarnungsgelder beschweren wollen, die aus der unerlaubten Nutzung seines Fahrzeugs durch Dritte resultiert hätten. Der zuständige Sachbearbeiter habe ‒ aufgrund welcher Qualifikation auch immer ‒ bei ihm „drogentypische Auffälligkeiten“ diagnostiziert und fortlaufend argumentativ auf ihn eingewirkt, bis er sich aufgrund des psychischen Drucks dahin geäußert habe, er sei Schmerzpatient und konsumiere daher regelmäßig Cannabis. Der Polizeibeamte habe noch eine Beschuldigtenvernehmung unter Verwendung des üblichen Formulars erstellt, das ‒ ohne weitere Belehrungen ‒ eine Standardbelehrung nach dem OWiG und der StPO enthalte. Hierin sei jedoch nicht aufgenommen worden, dass der Kläger die konsumierten Cannabisprodukte aufgrund ärztlicher Verschreibung eingenommen habe. Weiter habe die Beschuldigtenvernehmung keine Belehrung in Bezug auf behördliche Verfahren außerhalb des Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafrechts enthalten. Insbesondere sei keine Einwilligung des Klägers gemäß Art. 6 „Abs. 1a“ der DSGVO enthalten gewesen. Die Regelungen der DSGVO seien somit grob missachtet worden (§ 500 StPO i.V.m. DSGVO), als der Polizeibeamte am 7. August 2023 einen Abdruck einer Anzeige gegen den Kläger ohne dessen Zustimmung an das Landratsamt gesandt habe. Nach Art. 12 Abs. 1 DSGVO hätten dem Kläger alle Informationen gemäß Art. 13, 14 DSGVO und alle Mitteilungen gemäß Art. 15 bis 22 und Art. 34 DSGVO, die sich auf die Verarbeitung seiner Daten bezogen hätten, in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache übermittelt werden müssen. So aber sei die Weitergabe der Daten an die Führerscheinbehörde in keiner Weise kommuniziert worden. Gemäß Art. 13 Abs. 1c DSGVO hätte der Polizeibeamte den Kläger bei Errichtung des Protokolls über die Beschuldigtenvernehmung bereits darüber unterrichten müssen, dass er beabsichtige, die Beschuldigtenvernehmung auch an die Fahrerlaubnisbehörde weiterzugeben. Insbesondere hätte er ihn gemäß Art. 13 Abs. 1c DSGVO über die Rechtsgrundlage für eine solche Verarbeitung und deren Zweck informieren müssen. Die Vorgehensweise der Polizei verstoße nicht nur gegen die Verpflichtungen des geltenden Datenschutzrechts, sondern stelle einen ebenso eklatanten Verstoß gegen das Prinzip der sog. „Selbstbelastungsfreiheit" dar. Dies sei hier der Fall, weil der Kläger, der wegen seiner labilen bzw. instabilen Psyche psychischem Druck gleich welcher Art grundsätzlich nicht gewachsen sei, von dem Polizeibeamten bedrängt worden sei. Hierdurch sei der Kläger derart beeinträchtigt gewesen, dass er auf dessen permanentes Drängen hin bei der Beschuldigtenvernehmung alles „gestanden" hätte, nur um dieser Situation zu entkommen. Er wäre sogar bereit gewesen, ggf. gravierende Straftaten einzuräumen, nur um dem Zugriff des Polizeibeamten zu entkommen. Eine solche Einwirkung auf einen unbescholtenen Bürger stelle einen Verstoß gegen die Menschenwürde (Art. 1 GG) gegen Art. 6 EMRK dar, da diese Vorschrift nicht nur in zivil- und strafrechtlichen Verfahren gelte, sondern auch auf Bereiche ausgedehnt worden sei, in denen der Grundsatz eines fairen Verfahrens berührt sei. Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit finde seine Grundlage nicht nur im allgemeinen Persönlichkeitsrecht, sondern auch im Rechtsstaatsprinzip, das auch das Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) beinhalte. Jeder Zwang, durch ein selbstbelastendes Verhalten zur eigenen Verurteilung beizutragen, sei mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar. Das Verwaltungsgericht habe das behördliche Handeln offensichtlich nicht hinterfragt, da es offensichtlich davon ausgegangen sei, dass bayerische Polizeibeamte und Behörden grundsätzlich immer alles richtig machten. Genau das Gegenteil sei der Fall gewesen. Bei seiner Befragung sei der Kläger gar nicht dazu gekommen, die ärztliche Verordnung von Cannabisprodukten, wie sie sich aus dem Schmerzpass ersehen lasse, zu thematisieren. Die Ausgangsbehörde sei dann noch in nicht nachvollziehbarer Weise zu der Feststellung gelangt, der Kläger konsumiere intensiv Cannabis zum Eigenkonsum. Von einem fairen rechtsstaatlichen Verfahren könne daher die Rede sein. Dass die Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung sei, ergebe sich aus der Ansicht des Verwaltungsgerichts, es könne nicht auf eine ordnungsgemäße Belehrung ankommen. Dass die Weitergabe der Daten durch die Polizei an die Fahrerlaubnisbehörde offenkundig sämtliche nur in Frage kommenden datenschutzrechtlichen Vorschriften missachtet habe, müsse nicht weiter ausgeführt werden, da dies für jedermann greifbar sei. Die grundlegende Frage sei vielmehr, ob die Abwehr von Risiken für die Verkehrssicherheit es rechtfertigen könne, dass selbst fehlerhaft gewonnene Erkenntnisse durch die Polizei illegal an die Verwaltungsbehörde weitergegeben werden würden. Da die Weitergabe dieser Daten ständige Praxis sei, könne die grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit nicht bestritten werden. Vielmehr müsse die grundlegende Frage endgültig geklärt werden, ob ein eigenmächtiges Verhalten von Polizei und Verwaltung noch mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar sei bzw. ob die staatlichen Behörden noch an Recht und Gesetz gebunden seien. Soweit das Verwaltungsgericht die Beweisanträge des Klägers, dass durch das rechtsmedizinische Gutachten der Universität Würzburg vom 3. November 2023 die Richtigkeit der im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung erhobenen Angaben des Klägers widerlegt sei, abgelehnt habe, stelle sich diese Vorgehensweise als Verweigerung des rechtlichen Gehörs dar. Aus dem Gutachten (vgl. S. 3 vorletzter Absatz) könne in aller Deutlichkeit entnommen werden, dass die festgestellte THC-Konzentration so gering gewesen sei, dass dies für einen länger zurückliegenden Konsum oder die Aufnahme einer nur sehr geringen Dosis spreche. Diese Feststellungen ließen sich aber für den Fall, dass man von einem täglichen intensiven Konsum des Klägers ausgehen wollte, mit dessen Angaben nicht vereinbaren. Ein länger zurückliegender Konsum sei bei täglichem Missbrauch von Cannabis nicht vorstellbar. Selbst für den Fall, dass nur minimale Mengen konsumiert worden sein sollten, müsse die Relevanz der in der Beschuldigtenvernehmung enthaltenen Angaben in Frage gestellt werden, besonders wenn man berücksichtige, dass die Behörde hieraus einen intensiven Konsum von Cannabis konstruiert habe. Nach allem stehe jedenfalls fest, dass elementare Rechte des Klägers gröblich verletzt worden seien. Der Begründung waren Fotos eines Schmerzpasses beigefügt. Mit weiterem Schreiben vom 24. Oktober 2024 ließ der Kläger vortragen, nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelungen zum Fahrerlaubnisrecht sei es nicht mehr vertretbar, allein aufgrund des regelmäßigen Cannabiskonsums auf eine Fahrungeeignetheit zu schließen, ohne dass der Entscheidung eine medizinisch-psychologische Begutachtung vorausgegangen sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO; BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 ‒ Vf. 133-VI 04 ‒ VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 ‒ Vf. 38-VI-14 ‒ BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 54), nicht hinreichend dargelegt sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bzw. nicht vorliegen.
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1. Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 ‒ 1 BvR 587/17 ‒ BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.; B.v. 9.6.2016 ‒ 1 BvR 2453/12 ‒ NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 ‒ 7 AV 4.03 ‒ DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 ‒ 1 BvR 2011/10 ‒ NVwZ 2011, 546 Rn. 19).
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Dies ist hier nicht der Fall. Die angegriffene Entscheidung beruht tragend darauf, dass
der Kläger eingeräumt hat, regelmäßig Cannabis konsumiert zu haben. Die regelmäßige Einnahme von Cannabis hat nach der Rechtslage vor dem 1. April 2024 gemäß Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung ‒ FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Juli 2023 (BGBl I Nr. 199), ohne das Hinzutreten weiterer Umstände im Regelfall die Fahreignung ausgeschlossen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Regelung, die maßgeblich auf den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung beruht hat, denen ein entsprechendes verkehrsmedizinisches Erfahrungswissen zugrunde liegt und die den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis wiedergeben, gebilligt (BVerwG, U.v. 26.2.2009 ‒ 3 C 1.08 ‒ BVerwGE 133, 186 Rn. 15 ff.) und sie auch bis zur Rechtsänderung zum 1. April 2024 für anwendbar erachtet (BVerwG, B.v. 14.6.2024 ‒ 3 B 11.23 ‒ ZfSch 2024, 533 Rn. 5). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der Anfechtung einer Entziehung der Fahrerlaubnis ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich, hier somit der Erlass des Widerspruchsbescheids (vgl. BVerwG, B.v. 14.6.2024 a.a.O. Rn. 5; U.v. 30.8.2023 ‒ 3 C 15.22 ‒ NJW 2024, 1361 Rn. 8 m.w.N.) am 11. März 2024. Eine Rückwirkung der für den Fahrerlaubnisinhaber günstigeren Neuregelung hat der Gesetz- und Verordnungsgeber nicht vorgesehen (wie etwa durch Art. 316p i.V.m. Art. 313 EGStGB, vgl. dazu NdsOVG, B.v. 23.9.2024 ‒ 12 PA 27/24 ‒ juris Rn. 9). Sie ist im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der bisherigen Regelung auch nicht verfassungsrechtlich geboten.
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Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass sich der Kläger an seiner Angabe zum Konsummuster festhalten lassen muss. Sie ist mit dem Zulassungsvorbringen nicht in Zweifel gezogen. Die bekannten Tatsachen widersprechen dieser Angabe nicht. So hatte der Kläger sowohl am 12. Juni 2023 als auch am 18. Juli 2023 jeweils morgens geringe Mengen THC im Blut. Aus den gemessenen Werten und den Feststellungen im forensisch-toxikologischen Gutachten der MVZ Labor Krone GbR vom 25. Juli 2023 lässt sich andererseits nichts gegen die Annahme eines regelmäßigen Cannabiskonsums entnehmen. Ein regelmäßiger Konsum setzt nicht die Aufnahme bestimmter Mengen Cannabis voraus, sondern bezeichnet lediglich eine gewisse zeitliche Frequenz (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 ‒ 3 C 3.13 ‒ NJW 2015, 2439 Rn. 18). Daher gibt es auch keine Untergrenzen bei den THC-, 11-Hydroxy-THC- oder THC-COOH-Werten, anhand derer man ‒ wie der Kläger anzunehmen scheint ‒ einen regelmäßigen Cannabiskonsum ausschließen könnte. Aus in Studien nachgewiesenen Anreicherungen von THC-COOH im Blut von regelmäßigen Cannabiskonsumenten (vgl. dazu BayVGH, B.v. 24.4.2019 ‒ 11 CS 18.2605 ‒ juris Rn. 13; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023 § 2 StVG Rn. 56) kann nicht der umgekehrte Schluss gezogen werden, dass diese bei einem regelmäßigen Cannabiskonsumenten stets vorhanden sein müssten, zumal die regelmäßig aufgenommenen Mengen im Einzelfall kaum bekannt sein dürften. Wie er zu derartigen Schlüssen kommt, hat der Kläger im Übrigen auch nicht dargelegt. Ferner wurde in seinem Wohnmobil nach dem Unfall am 12. Juni 2023 eine Dosis mit Cannabis aufgefunden. Im Zulassungsverfahren hat er daran festgehalten, chronischer Schmerzpatient zu sein, und ‒ um dies zu untermauern ‒ einen Schmerzpass vorgelegt, aus dem die einmalige Verschreibung eines cannabishaltigen Medikaments hervorgeht. Auch am 12. Juni 2023 hatte er sich gegenüber der Polizei dazu bekannt, wegen seiner Schmerzen Cannabis zu konsumieren.
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Anders als noch im Klageverfahren trägt er in der Zulassungsbegründung auch nicht vor, die Angabe zum Konsummuster bei der Polizei am 18. Juli 2023 sei falsch, sondern, er habe sie unter dem psychischen Druck durch den diensthabenden Polizeibeamten gemacht. Hierzu wird allerdings lediglich dargelegt, der Beamte habe „fortlaufend argumentativ“ auf den Kläger „eingewirkt“, womit noch keine unzulässige Vernehmungsmethode im Sinne von § 136a StPO dargetan ist. Ferner ist nicht nachvollziehbar und damit glaubhaft, dass sich der Kläger „unfreiwillig“ zu seinem Konsummuster eingelassen haben will. Nach dem etwa einstündigen Erstgespräch mit dem Polizeibeamten ab 8:20 Uhr und den von diesem vorgenommenen Drogenvortests hat um 9:22 Uhr eine ärztliche Untersuchung stattgefunden, in der die Ärztin dem Kläger ein klares Bewusstsein, einen geordneten Denkablauf und ein beherrschtes Verhalten attestiert hat. Trotz dieser Unterbrechung der polizeilichen Befragung und der unauffälligen Stimmungslage hat der Kläger in der nachfolgenden, lediglich drei Minuten dauernden Beschuldigtenvernehmung um 9:33 Uhr in einem Formular an optisch hervorgehobener Stelle unterschriftlich bestätigt, dass er sich zur Sache äußern wolle, und dann nochmals unterschriftlich seine Angaben inhaltlich „genehmigt“. Somit war ihm bewusst, dass er sich nicht zur Sache hätte einlassen müssen, und ist auch davon auszugehen, dass er seine Angabe zum Konsummuster machen und nicht etwa zurückziehen wollte. Schließlich ist die Behauptung, es sei ein derartiger Druck auf ihn aufgebaut worden, dass er unfreiwillige Angaben gemacht habe, auch erstmals im Zulassungsverfahren aufgestellt worden, was ebenfalls gegen ihre Glaubhaftigkeit spricht. Abgesehen davon, dass schon nicht ersichtlich ist, dass der Kläger gezwungen war, sich entgegen dem strafprozessualen Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ selbst zu belasten, ist dieser im Bereich der Gefahrenabwehr ohnehin nicht anwendbar (vgl. NdsOVG, B.v. 23.2.2024 ‒ 12 ME 130/23 ‒ NJW 2024, 1366 Rn. 34 f.).
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Ferner wird in der Zulassungsbegründung nicht plausibel und substantiiert dargelegt, dass dem Kläger das von ihm eingenommene Cannabis ärztlich verschrieben worden ist und er dies bei der Polizei nicht vorbringen konnte. Letzteres ist nicht nachvollziehbar, nachdem er am 18. Juli 2023 mehr als eine Stunde bei der Polizeiinspektion verbracht und gewusst hat, dass es um seine Fahrtauglichkeit geht. Es ist auch nicht glaubhaft, dass er einen für die Fahreignung entscheidenden Umstand, der die regelmäßige Einnahme eines Betäubungsmittels rechtfertigen würde, zweimal vergessen hat oder nicht „thematisieren“ konnte. Nicht nur am 18. Juli 2023, sondern auch bei der polizeilichen Befragung nach seinem Unfall am 12. Juni 2023 hat er keine ärztliche Verordnung erwähnt. In seinem Wohnmobil hat die Polizei ‒ wie bereits ausgeführt ‒ eine Dose mit Cannabis gefunden, nicht etwa das Spray Sativex, das ihm angeblich verordnet worden ist, oder einen sonstigen Hinweis auf die Verschreibung eines cannabishaltigen Medikaments. Weiter fragt sich, weshalb dieser Sachverhalt nicht in der Stellungnahme seines Bevollmächtigten vom 8. Februar 2024 im Rahmen der Anhörung zur Sprache gekommen ist. Aussagekräftige Belege für eine ärztliche Verordnung, die bei einem chronischen Schmerzpatienten mehrfach vorhanden sein sollten, hat der Kläger nicht vorgelegt. Der Schmerzpass ist als Beleg nicht geeignet, da er dem Kläger schon nicht zuzuordnen ist. Die Vorder- und Rückseite weisen lediglich einem Arztstempel ohne Ausstellungsdatum auf. Die Rubriken Name und Geburtsdatum sind nicht ausgefüllt. Außerdem enthält die ansonsten leere Innenseite des Passes eine einzige Verschreibung von Sativex, 2 x 1 Stoß, 8:00 und 20:00 Uhr, unter dem 26. Oktober 20... (unleserliche Jahreszahl) mit Namenskürzel, sodass sich eine ärztliche Verordnung auch zeitlich den Vorfällen im Juni oder August 2023 nicht zuordnen lässt.
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Weiter hat der Kläger auch nicht die rechtliche Annahme des Verwaltungsgerichts in Zweifel gezogen, die Verwertung polizeilicher Erkenntnisse über die Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers durch die Fahrerlaubnisbehörde setze eine Beschuldigtenbelehrung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren oder eine Belehrung über eine mögliche Weiterleitung der Erkenntnisse an die Fahrerlaubnisbehörde nicht voraus (vgl. VGHBW, B.v. 16.5.2007 ‒ 10 S 608/07 ‒ NJW 2007, 2571 Rn. 3 ff.; BayVGH, B.v. 5.3.2009 ‒ 11 CS 08.3046 ‒ juris Rn. 17 m.w.N.; B.v. 12.3.2009 ‒ 11 CS 08.3307 ‒ juris Rn. 13 ff.; OVG NW, B.v. 13.3.2014 ‒ 16 B 228/14 ‒ juris Rn. 2 f.; Siegmund in jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 17.7.2024, § 2 StVG Rn. 126 ff.; Pause-Münch in jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 28.6.2024, § 14 FeV Rn. 29). Sein Vortrag setzt sich mit der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung nicht auseinander, sondern der Rechtsansicht des Gerichts lediglich die eigene entgegen. An der Auffassung, dass wegen Fehlens normierter Belehrungspflichten im behördlichen Entziehungsverfahren und dessen anderer Schutzrichtung sowie im Hinblick auf die Geltung von § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO nur im Bereich der Strafverfolgung (zum Anwendungsbereich Diemer in KK-StPO, 9. Aufl. 2023, § 136 Rn. 3) und auf die aus § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG resultierende Informationspflicht der Polizei grundsätzlich auch strafprozessual fehlerhaft gewonnene Äußerungen verwertet werden können (vgl. VGH BW, a.a.O.), ist festzuhalten. Dass hiervon eine Ausnahme zu gelten hätte, weil etwa die Angabe des Klägers zu seinem Konsummuster unter Missachtung fundamentaler Rechtsgrundsätze, wie der Menschenwürde, gewonnen wurde (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2013 ‒ 11 CS 12.2623 ‒ juris Rn.11), ist zwar behauptet, aber nicht im Ansatz nachvollziehbar dargelegt worden
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Ferner ergeben sich auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils aus etwaigen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung. Die Polizei war nach § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG gehalten, dem Landratsamt ihre Erkenntnisse aus der Beschuldigtenvernehmung zu übermitteln. Nach dieser Vorschrift hat sie Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung aus Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Diese Mitteilung verletzt weder das Recht auf informelle Selbstbestimmung des Betroffenen (vgl. Hühnermann in Burmann /Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. 2024, § 2 StVG Rn. 60; Dauer in Hentschel/König/Dauer, a.a.O. § 2 StVG Rn. 85 jeweils unter Verweis auf BVerwG, U.v. 15.4.1988 ‒ 7 C 100.86 ‒ NJW 1988, 1863 = juris Rn. 13) noch verstößt sie gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO; Dauer a.a.O.; OVG Bremen, B.v. 10.2.2020 ‒ 2 B 269/19 ‒ NJW 2020, 1897 Rn. 13). Insoweit kann offenbleiben, ob die DSGVO auf die Übermittlung polizeilicher Erkenntnisse an die Fahrerlaubnisbehörden überhaupt anwendbar ist oder ob die Bereichsausnahme für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit (Art. 2 Abs. 2 lit. d DSGVO) eingreift (vgl. dazu Kühling/Raab in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 4. Aufl. 2024, Art. 2 DSGVO Rn. 29). Denn die Übermittlung polizeilicher Erkenntnisse über den Betäubungsmittelkonsum eines Fahrerlaubnisinhabers an die Fahrerlaubnisbehörde zur Überprüfung von dessen Fahreignung wäre jedenfalls nach Art. 6 Abs. 1 lit. e, Abs. 3, Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO gerechtfertigt, da ein erhebliches öffentliches Interesse daran besteht, die Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer am Straßenverkehr zu verhindern (vgl. OVG Bremen, a.a.O.).
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Im Übrigen gehen die Einwände des Klägers an der Sache vorbei. Da im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung allein der regelmäßige Cannabiskonsum für die Entziehung der Fahrerlaubnis erheblich war, kann dahinstehen, wie hoch die THC-Konzentration in seinem Blut am Morgen des 18. Juli 2023 war, ob die Fahrerlaubnisbehörde der Ansicht war, dass er „intensiv“ Cannabis konsumiert habe, was übrigens allein die Häufigkeit der Konsumakte bezeichnen kann (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, a.a.O. § 2 StVG Rn. 55), oder ob der rechtsmedizinische Gutachter der Ansicht war, es handle sich um einen länger zurückliegenden Konsum oder die Aufnahme einer nur sehr geringen Dosis.
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2. Ferner sind auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO hinreichend dargelegt. Die durch den Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen lassen sich ohne weiteres anhand des Gesetzes beantworten und sind in der Rechtsprechung bereits geklärt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 32; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 124 Rn. 28e). Die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und den Kläger genügt nicht für die Darlegung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2024 ‒ 11 ZB 24.505 ‒ juris Rn. 18).
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3. Die Berufung ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen, ob die Abwehr von Risiken für die Verkehrssicherheit es rechtfertigen könne, dass selbst fehlerhaft gewonnene Erkenntnisse durch die Polizei illegal an die Verwaltungsbehörde weitergegeben werden. Es kann dahinstehen, ob die Frage so hinreichend präzise gefasst ist, dass sie noch fallübergreifend in einem Berufungsverfahren beantwortet werden könnte. Denn, wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt, kann sie jedenfalls aufgrund des geltenden Rechts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden und ist sie bereits geklärt (vgl. BVerwG, B.v. 22.8.2024 ‒ 3 B 4.24 ‒ juris Rn. 7; B.v. 19.1.2022 ‒ 1 B 83.21 ‒ juris Rn. 21). Aus der Bejahung der Frage folgt im Übrigen, dass die Übermittlung einer strafprozessual fehlerhaft gewonnenen Aussage gemäß § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG nicht „illegal“ wäre.
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4. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, indem es keinen Beweis zu den gutachterlichen Feststellungen im forensisch-toxikologischen Gutachten vom 25. Juli 2023 erhoben hat.
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Der Klageschrift vom 11. April 2024 oder dem Schriftsatz vom 22. Mai 2024 ist schon kein förmlicher Beweisantrag mit dem substantiierten Verlangen zu entnehmen, zum Beweis einer konkreten Tatsache (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO) mit einem bestimmten Beweismittel Beweis zu erheben (vgl. Dawin/Panzer in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, VwGO, § 86 Rn. 89 f., 95). Vielmehr hat der Kläger lediglich Beweisanregungen in eine bestimmte Richtung formuliert. Dem Verwaltungsgericht musste sich eine Beweiserhebung insoweit jedoch nicht aufdrängen, weil die Beweisanregungen nicht entscheidungserheblich waren. Denn Gegenstand des forensisch-toxikologischen Gutachtens vom 25. Juli 2023 war die Feststellung oder der Ausschluss einer cannabisbedingten Fahruntüchtigkeit am Morgen des 18. Juli 2023 und nicht die für die Entziehung der Fahrerlaubnis maßgebliche Fahreignung des Klägers, die nach dem damals geltenden Recht mit regelmäßigem Cannabiskonsum entfiel. Der Anspruch auf rechtliches Gehör bezieht sich nur auf entscheidungserhebliches Vorbringen (vgl. BVerwG, B.v. 29.12.2023 ‒ 8 B 31.23 ‒ juris Rn. 3). Im Übrigen hätte sich der Kläger einer Vorabentscheidung über einen Beweisantrag auch begeben, da er nach Formulierung seiner Beweisanregungen auf die gerichtliche Bitte um Klarstellung, ob er auf eine mündliche Verhandlung verzichtet habe, nochmals sein Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hat (vgl. Dawin/Panzer, a.a.O. Rn. 128).
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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6. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).