12.02.2018 · IWW-Abrufnummer 199529
Amtsgericht Remscheid: Urteil vom 10.11.2017 – 8a C 190/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Amtsgericht Remscheid
8a C 190/16
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 521,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent p.a. seit dem 10.05.2016 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin nach RVG nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 85,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 73 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 27 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2
Die zum Vorsteuerabzug berechtigte Klägerin begehrt von den Beklagten weiteren Schadensersatz in Form weiterer merkantiler Wertminderung aus einem Verkehrsunfallereignis, welches sich am 10.05.2016 ereignete.
3
An dem Unfall war die Beklagte zu 1. als Halterin und Fahrerin des bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen HP- … beteiligt. Die vollständige Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
4
Bei dem Unfall wurde das Fahrzeug der Klägerin, ein Mercedes Benz S 63 AMG Coupé 4-Matic, welcher zum Zeitpunkt des Unfalls seit ca. 1,5 Jahren zugelassen war und eine Laufleistung von 10.748 km aufwies, beschädigt. Die Klägerin beauftragte daraufhin das Ingenieurbüro L mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Im Gutachten vom 12.05.2016 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 20 GA) ist die unfallbedingte Wertminderung mit 3.780,00 EUR beziffert. Hierauf regulierte die Beklagte zu 2. einen Betrag von 2.000,00 EUR. Eine darüber hinausgehende Zahlung auf die klägerseitig begehrte Wertminderung erfolgte seitens der Beklagten nicht.
5
Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin baten in der Folge den Privatgutachter L um ergänzende Stellungnahme zu der in seinem Gutachten ausgewiesenen Wertminderung. Mit Schreiben vom 05.08.2016 (Bl. 20 GA) teilte der Privatgutachter hierauf u.a. mit, man habe das Schadensgutachten erneut durchgearbeitet und geprüft. Danach erweise sich die in dem Gutachten angesetzte Wertminderung als uneingeschränkt korrekt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 05.08.2016 ergänzend Bezug genommen. Für die Ausarbeitung des Schreibens stellte der Privatgutachter der Klägerin weitere 116,02 EUR in Rechnung, die diese auch beglich.
6
Die Klägerin trägt vor, das Schadensgutachten des Sachverständigen L sei auch im Hinblick auf die dort ausgewiesene Wertminderung zutreffend. Das Sachverständigenbüro weise im Ergebnis nachvollziehbar darauf hin, dass es sich bei dem Fahrzeug der Klägerin um einen absolut hochwertigen Pkw handele, der selbst als Gebrauchtfahrzeug noch einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von rund 156.000,00 EUR habe. Dass bei einem Fahrzeug dieser Art und Güte eine Unfallbefangenheit zu einer erheblichen Wertminderung im Vergleich zu gleichartigen - nicht unfallgeschädigten - Fahrzeugen führe, liege auf der Hand. Zudem habe der Privatgutachter zu Recht ausgeführt, dass die ausgewiesene Wertminderung an der absolut untersten Grenze dessen sei, was man vertreten könne.
7
Die Klägerin ist ferner der Ansicht, aufgrund der Weigerung der Beklagten zur Zahlung der restlichen Wertminderung sei die Nachfrage bei dem Sachverständigenbüro L notwendig gewesen. Vor diesem Hintergrund seien die Beklagten auch zur Erstattung der hierfür aufgewendeten 116,02 EUR verpflichtet.
8
Die Klägerin beantragt,
9
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.896,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.780,00 EUR seit dem 17.05.2015 sowie aus weiteren 116,02 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
10
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie nach RVG nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 139,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
11
Die Beklagten beantragen,
12
die Klage abzuweisen.
13
Sie tragen vor, nach der hier vorzugswürdigen Marktrelevanz- und Faktorenmethode sei lediglich ein merkantiler Minderwert in Höhe von 2.000,00 EUR anzusetzen. Bei dieser Methode handele es sich um die derzeit aktuellste und den anderen vorzuziehende Methode zur Berechnung der Wertminderung, da sie im Rahmen einer ausgewogenen Betrachtung die Vorteile und Gedanken alle anderen Berechnungsmethoden mit erfasse.
14
Darüber hinaus tragen die Beklagten vor, bei einem derart hochwertigen und gefragten Sportwagen wie dem Fahrzeug der Klägerin seien die Käufer aufgrund der großen Nachfrage und der Rarität dieser teuren Fahrzeuge auch bereit, ohne erhebliche Abstriche ein Fahrzeug mit einem vollständig und fachgerecht beseitigten Vorschaden zu erwerben. Denn das Angebot an derartigen Fahrzeugen sei derart spärlich gesät und die Nachfrage so groß, dass einem merkantilen Minderwert bei der Anschaffung überhaupt keine ernsthafte Bedeutung zukomme. Die Kunden seien vielmehr bereit, einen größeren Wert zu zahlen, auch wenn das Fahrzeug einen Schaden habe, da es für den Interessenten ein besonderes Fahrzeug darstelle und sich dieser Fall von herkömmlichen Fahrzeugen gravierend unterscheide. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass sich die unfallbedingten Schäden nur an der Fahrzeugoberfläche befänden. Tragende Fahrzeugteile seien - was unstreitig ist - gerade nicht beschädigt worden. Dies sei jedoch von entscheidender Bedeutung für die Berechnung des merkantilen Minderwerts.
15
Ferner sind die Beklagten der Ansicht, der zum Vorsteuerabzug berechtigten Klägerin sei lediglich der Nettobetrag der Wertminderung zu erstatten.
16
Das Gericht hat gemäß § 358a S. 1, S. 2 Nr. 4 ZPO Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
17
Entscheidungsgründe:
18
Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.
19
I.
20
Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von weiterem Schadensersatz in Höhe von 521,00 EUR aus §§ 7, 17 StVG, §§ 823, 426, 249 ff. BGB, § 115 Abs. 1 VVG.
21
Über die grundsätzliche Ersatzfähigkeit einer durch den Unfall eingetretenen merkantilen Wertminderung sowie die entsprechende Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach besteht zwischen den Parteien Einigkeit. Allein hinsichtlich der Höhe des zu ersetzenden Minderwerts vertreten die Parteien unterschiedliche Auffassungen.
22
1.
23
Gemäß § 251 Abs. 1 BGB hat der Geschädigte Anspruch auf Ausgleich in Geld, wenn die Wiederherstellung der beschädigten Sache nicht möglich oder zum vollständigen Schadensausgleich nicht ausreichend ist. Dies gilt insbesondere im Falle einer verbleibenden merkantilen Wertminderung. Die Bestimmung der Wertminderung gemäß § 287 ZPO unterliegt dem Ermessen der tatrichterlichen Überzeugungsbildung. Dabei gebührt der Ermittlung des merkantilen Minderwerts durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen, der den konkreten Schaden bewertet, gegenüber allgemeinen tabellarischen Berechnungsmethoden im Regelfall der Vorrang (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 28.02.2013, 4 U 406/11, zitiert nach juris, Rn 63).
24
Diesen Grundsätzen ist das erkennende Gericht gefolgt und hat insoweit ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige Dipl.-Ing. O hat die merkantile Wertminderung in seinem Gutachten vom 07.06.2017 (Bl. 69 GA) mit 3.000,00 EUR angegeben und ist hiervon auch nach den Einwendungen der Beklagtenseite im Schriftsatz vom 03.07.2017 (Bl. 78 ff. GA) in seinem Ergänzungsgutachten vom 07.09.2017 (Bl. 96 GA) nicht abgewichen.
25
Aufgrund der überzeugenden, nachvollziehbaren und in sich widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen schätzt das Gericht die Brutto-Wertminderung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ebenfalls auf 3.000,00 EUR. Das Gericht macht sich die Ausführungen des Sachverständigen zur Höhe des merkantilen Minderwerts in seinem Gutachten und dem Ergänzungsgutachten vollumfänglich zu Eigen. Die besondere Sach- und Fachkunde des Sachverständigen steht aufgrund seiner langjährigen Gutachtertätigkeit in entsprechenden Gerichtsverfahren außer Zweifel. Der Sachverständige hat zudem überzeugend dargestellt, wie er die merkantile Wertminderung ermittelt hat. Er hat hierbei die gängigen und allgemein anerkannten Methoden herangezogen, erläutert und sich mit ihnen im Sinne einer Vergleichsbetrachtung auseinandergesetzt. Ferner hat er die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden sowie die Besonderheiten des streitgegenständlichen Fahrzeuges und die unfallbedingten Schäden zutreffend gewürdigt und hierauf basierend eine eigene fundierte Bewertung abgegeben.
26
Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des streitgegenständlichen Fahrzeuges und der Marktgegebenheiten hat der Sachverständige seine Einschätzung darüber hinaus weiter belegt. So hat er nachvollziehbar ausgeführt, dass im Falle eines - auch relativ geringfügigen - Unfallschadens, welcher sach- und fachgerecht repariert wurde, ein potentieller Käufer im Regelfall trotzdem nicht mehr bereit sein wird, einen unverminderten Preis für das angebotene Fahrzeug zu bezahlen.
27
Der Sachverständige hat des Weiteren plausibel erläutert, dass besonders bei Fahrzeugen dieses hochpreisigen Marktsegments die Käuferschicht äußerst sensibel auf Unfallschäden reagiert. Es komme schnell zu Bedenken, dass sich ein Unfallschaden auf die Zuverlässigkeit des Motors und die Sicherheit des Fahrwerks ausgewirkt haben könnte. Insofern seien gerade solche Fahrzeuge wertminderungsanfällig. Gerade potentielle Käufer eines Fahrzeuges der Premiumklasse würden einen entsprechenden Nachlass erwarten, der auch eingeräumt werden müsse, um gegenüber einem vergleichbaren, unbeschädigten Fahrzeug eine Wertanpassung durchzuführen.
28
Diese Erwägungen sind für das Gericht ohne weiteres nachvollziehbar. Es leuchtet durchaus ein, dass sich der für einen Unfallschaden zu gewährende Nachlass in signifikanter Höhe bewegen muss, wenn der Kaufpreis für ein Fahrzeug - wie vorliegend - sehr hoch ist. Anderenfalls gäbe es für finanzkräftige Käufer dieser Preisklasse überhaupt keinen Anlass bzw. Anreiz, statt des etwas teureren, aber unbeschädigten Fahrzeuges einen Pkw mit Vorschaden zu erwerben. Insofern ist eine Wertminderung von 3.000,00 EUR, was ca. 2 % des Wiederbeschaffungswerts von 156.000,00 EUR brutto ausmacht, nach Auffassung des Gerichts nicht übersetzt.
29
Insoweit ist zudem zu beachten, dass Käufer, die bereit und finanziell in der Lage sind, einen derart hohen Kaufpreis für ein Fahrzeug zu bezahlen, gänzlich vom Kauf eines Gebrauchtwagens Abstand nehmen und vielmehr einen Neuwagen erwerben könnten, wenn am Markt nur vorgeschädigte Fahrzeuge zur Verfügung stehen, bei denen keine signifikanten Preisnachlässe gewährt werden. Gerade bei einem erst ca. 1,5 Jahre alten Pkw mit einer geringen Laufleistung von gut 10.000 Kilometern dürften potentielle Käufer im Premiumsegment eine gänzliche Unfallfreiheit erwarten und anderenfalls auf erheblichen Preisnachlässen bestehen.
30
Der Sachverständige ist bei seinen Feststellungen des Weiteren immerhin 780,00 EUR unter dem im Gutachten des Privatgutachters L vom 12.05.2016 ermittelten Minderwert geblieben. Würde man aus dem Wert von 3.780,00 EUR und dem Wert, den der Sachverständige Dipl.-Ing. O nach der von den Beklagten bevorzugten Marktrelevanz- und Faktorenmethode mit 2.521,29 EUR berechnet hat, einen Mittelwert bilden, läge dieser sogar knapp über 3.000,00 EUR. Berücksichtigt man sodann, dass der Minderwert nach BVSK laut Sachverständigengutachten 3.120,00 EUR beträgt, erscheint dem Gericht der unfallbedingte Minderwert mit 3.000,00 EUR als ausreichend, aber auch angemessen beziffert.
31
Der Sachverständige hat sich darüber hinaus überzeugend und nachvollziehbar mit den Erwägungen des klägerischen Privatgutachters sowie den Einwendungen der Beklagtenseite auseinandergesetzt. So hat er im Hinblick auf das klägerische Privatgutachten erläutert, dass die dortigen Bewertungsparameter nicht nachvollziehbar dargelegt sind. Eine Rückfrage bei einschlägigen Händlerkreisen könne zwar durchaus interessant sein, dürfe jedoch nicht unreflektiert in ein Gutachten übernommen werden. Auch nach Auffassung des Gerichts sind die Auskünfte der vom klägerischen Privatgutachter befragten Händler nicht ausschlaggebend, sondern subjektiv und mit Spannbreiten sowie Unsicherheiten behaftet. Deren Expertise ist jedenfalls nicht höher zu bewerten als die des gerichtlich bestellten Sachverständigen.
32
Zu den Einwänden der Beklagtenseite hat der Sachverständige plausibel ausgeführt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um ein durchaus gängiges Modell handelt, welches aktuell in einer Vielzahl am Markt angeboten wird. Die anderslautende Behauptung der Beklagten, zu dem streitgegenständlichen Fahrzeug sei die Nachfrage höher als das Angebot, bleibt pauschal und ist durch nichts belegt.
33
Ebenfalls durch nichts belegt ist der Vortrag der Beklagten, die Kunden für ein derartiges Fahrzeug seien bereit, einen größeren Wert zu zahlen, auch wenn das Fahrzeug einen Vorschaden habe. Vielmehr ist - wie bereits dargestellt - zwanglos auch das Gegenteil denkbar, nämlich dass gerade Käufer in diesem Preissegment erwarten, für die hohe zu erbringende Kaufsumme kein Fahrzeug zu bekommen, das einen Vorschaden hat, und deshalb gänzlich vom Kauf eines vorgeschädigten Fahrzeuges Abstand nehmen, wenn dieses nicht signifikant günstiger ist, als vergleichbare Fahrzeuge ohne Vorschaden.
34
Auch soweit die Beklagtenseite unbestritten vorträgt, dass die hier in Rede stehenden Schäden nur oberflächlich und tragende Teile nicht beschädigt sind, und insoweit der Ansicht ist, dies spreche für einen allenfalls geringen merkantilen Minderwert, kann dem nicht gefolgt werden. Bei unstreitigen Reparaturkosten i.H.v. 10.769,56 EUR brutto kann von einem für potentielle Käufer völlig zu vernachlässigenden Bagatellschaden keine Rede sein. Dies bestätigt auch der Eindruck aus den Lichtbildern, die die Klägerseite mit Schriftsatz vom 03.03.2017 (Bl. 41 ff. GA) vorgelegt hat.
35
Soweit die Beklagtenseite im Übrigen Einwände gegen die Feststellungen des Gutachtens erhebt, setzt sie damit im Wesentlichen nur die von ihr präferierte Marktrelevanz- und Faktorenmethode an die Stelle der Einschätzung des Sachverständigen. Dem folgt das Gericht nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite ist nicht ersichtlich, dass bzw. warum die Marktrelevanz- und Faktorenmethode uneingeschränkt vorzugswürdig sein sollte. Sie ist vielmehr eine Methode unter mehreren, die bei der richterlichen Schadensschätzung berücksichtigt werden kann (und nicht muss oder sollte). Sie hat sich bislang weder obergerichtlich als alleinige oder bevorzugte Schätzgrundlage für die merkantile Wertminderung herausgebildet noch ist sie frei von Kritik geblieben (vgl. Jaeger, NZV 2017, 297, der bemängelt, dass die Methode zu sehr niedrigen Werten führe, ohne dass dies objektiv nachzuvollziehen oder begründbar wäre. Nach seiner Auffassung handelt es sich um eine reine Kürzungsmethode, die aus diesem Grunde abzulehnen sei). Auch der gerichtlich bestellte Sachverständige weist im Ergänzungsgutachten vom 07.09.2017 (Bl. 96 GA) auf Seite 2 auf Schwächen und Unschärfen dieser Methode hin. Warum diese dennoch uneingeschränkt vorzugswürdig sein sollte, erschließt sich dem Gericht nicht.
36
2.
37
Von dem so ermittelten Minderwert in Höhe von 3.000,00 EUR ist entgegen der Auffassung der Klägerin noch die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % in Abzug zu bringen, da die Klägerin unstreitig zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Dies führt zu einem Abzug von dem sachverständigenseitig ermittelten (Brutto-)Minderwert von 3.000,00 EUR in Höhe von 479,00 EUR. Dieser Betrag entspricht 19 % des Netto-Minderwerts von 2.521,00 EUR. Da die Beklagten bislang 2.000,00 EUR auf die Wertminderung erstattet haben, verbleibt insoweit ein offener Betrag in Höhe von 521,00 EUR zu Gunsten der Klägerin. Dem liegt folgende Berechnung zugrunde:
38
Der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs beträgt 156.000,00 EUR brutto und die Wertminderung wie dargestellt 3.000,00 EUR. Es kann zugrunde gelegt werden, dass das Fahrzeug im Augenblick vor dem Unfall einen Wert von 156.000,00 EUR brutto hatte. Aufgrund des Unfallschadens beläuft sich der Wert nunmehr nur noch auf 153.000,00 EUR brutto. Die Klägerin hätte das Fahrzeug vor dem Unfall demnach für 156.000,00 EUR verkaufen können. Davon wären ihr nach Abzug der Umsatzsteuer noch 131.092,43 EUR verblieben. Nach dem Unfall würde sie für das Fahrzeug nur noch 153.000,00 EUR brutto erhalten, was netto 128.571,43 EUR entspricht.
39
Könnte die Klägerin nun die Wertminderung von 3.000,00 EUR („steuerneutral”) in voller Höhe beanspruchen, hätte sie vermögensmäßig insgesamt (128.571,43 EUR + 3.000,00 EUR =) 131.571,43 EUR zur Verfügung. Demgegenüber hätte sie das Fahrzeug ohne den Unfall wie dargestellt nur für 131.092,43 EUR netto verkaufen können. Die Klägerin stünde also in der Betrachtung mit dem Unfall vermögensmäßig besser, da sie 479,00 EUR mehr zur Verfügung hätte als ohne den Unfall. Dieser Betrag entspricht exakt der in 3.000,00 EUR enthaltenen 19%-igen Umsatzsteuer (vgl. zu dieser Berechnung Freyberger, NZV 2000, 290, 291).
40
Bei der vom Schädiger zu erstattenden Wertminderung muss vor dem Hintergrund der §§ 249 ff. BGB unter Berücksichtigung der Differenzhypothese und des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots nach alledem bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten die Umsatzsteuer in Abzug gebracht werden, wenn - wie regelmäßig und auch hier - der merkantile Minderwert sachverständigenseitig nach dem Bruttomarktpreis ermittelt wurde (vgl. Knerr, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 3. Kap. Ziff. 9 „Minderwert“, Rn. 67; Freymann, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 5. Kap. Ziff. 3 „Umsatzsteuer“, Rn. 19; Freyberger, NZV 2000, 290, 291).
41
Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass die Wertminderung als solche nicht umsatzsteuerpflichtig ist. Schadensrechtlich betrachtet ist dem Geschädigten, der zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, jedoch nur derjenige Betrag zu erstatten, der ihm verbliebe, wenn er aktuell die Wertminderung - durch Veräußerung des reparierten Kraftfahrzeugs - realisieren würde. Wendet man die §§ 249 ff. BGB an, so ist davon auszugehen, dass der Unternehmer sein Betriebsvermögen immer nur netto betrachtet, denn er hat es unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs netto gekauft und er verkauft es auch wieder netto, weil er beim Verkauf zwar Umsatzsteuer erhält, diese aber wieder abführen muss (vgl. Freyberger, NZV 2000, 290, 291).
42
II.
43
Die Klägerin hat daneben keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Ersatz der Kosten für die ergänzende Stellungnahme des Privatgutachters vom 05.08.2016 in Höhe von 116,02 EUR. Ein solcher ergibt sich insbesondere auch nicht aus §§ 7, 17 StVG, §§ 823, 426, 249 ff. BGB, § 115 Abs. 1 VVG.
44
Die Kosten eines Privatsachverständigen können zu den nach § 249 BGB ersatzfähigen Schäden zählen, was sich danach bemisst, ob ein verständiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschätzung eines Sachverständigen ex ante für geboten erachten durfte. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Partei bei Beauftragung des Sachverständigen aus ihrer Sicht infolge fehlender Sachkenntnis ohne die Einholung des Privatgutachters nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war.
45
Hier war die Einholung der ergänzenden Stellungnahme vom 05.08.2016 nach den genannten Grundsätzen nicht sachdienlich. Es war nämlich zu erwarten, dass die Beklagte nach der Einholung einer eigenen Kalkulation des Minderwerts auch nicht aufgrund der ergänzenden Stellungnahme des Privatgutachters der Klägerin zur Zahlung einer weiteren Wertminderung bereit gewesen wäre. Zudem gehört die ergänzende Stellungnahme des Privatgutachters schon zu dessen ursprünglichem Gutachtenauftrag. Werden - wie hier - dezidierte Zweifel an Feststellungen des Privatgutachtens geäußert, so ist der Privatgutachter seinem Kunden schon im Sinne einer „Nachbesserung“ aus dem ursprünglichen Gutachtenauftrag zu einer nochmaligen Prüfung der angezweifelten Feststellungen verpflichtet. Eine weitergehende Vergütungspflicht löst dies nicht aus. Jedenfalls kann eine solche nicht dem Schädiger überbürdet werden. Denn es war ohne weiteres ersichtlich, dass die Frage der korrekten Höhe der merkantilen Wertminderung außergerichtlich nicht würde gelöst werden können und eine Klärung durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen zu erwarten war. Dann aber bedurfte es der ergänzenden Stellungnahme des Privatgutachters aus Sicht eines verständigen und wirtschaftlich denkenden Geschädigten nicht, da diese Kosten letztlich überflüssig sind.
46
III.
47
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagten auf Erstattung eines Teils der geltend gemachten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen eines bei einem Verkehrsunfall Geschädigten zählen grundsätzlich die erforderlichen Rechtsverfolgungskosten (BGH, Urt. v. 10.01.2006, VI ZR 43/05, zitiert nach juris, Rn. 5). Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe war unter den Umständen des vorliegenden Falles erforderlich, u.a. auch deshalb, da die Beklagte zu 2. vorprozessual eine weitergehende Einstandspflicht abgelehnt hatte.
48
Die diesbezügliche Ersatzpflicht besteht jedoch nur für Kosten aus einem Gegenstandswert, der dem zugesprochenen Schadensersatzbetrag entspricht (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 18.01.2005, VI ZR 73/04, zitiert nach juris, Rn. 8), vorliegend also 521,00 EUR. Da die klägerseitige „Zuvielforderung“ zu einem Gegenstandswert führt, der nach Anlage 2 RVG höhere als die tatsächlich geschuldeten Rechtsanwaltskosten ausgelöst hat - nämlich aus der Gebührenstufe bis 2.000,00 EUR statt bis 1.000,00 EUR -, war insoweit nur ein Streitwert von bis 1.000,00 EUR zugrunde zu legen und der zu erstattende Betrag entsprechend zu reduzieren.
49
IV.
50
Der geltend gemachte Zinsanspruch auf die Hauptforderung folgt aus § 849 BGB. Er besteht ab dem Zeitpunkt des Schadensereignisses, hier ab dem 10.05.2016 (vgl. BeckOK-BGB/Spindler, 43. Ed. Stand 01.02.2017, § 849 Rn. 2 ff.). Das in der Anspruchsbegründung vom 05.01.2017 im Antrag zu 1. insoweit angegebene Datum (17.05.2015) ist nicht schlüssig dargelegt und liegt fast ein Jahr vor dem Unfallereignis. Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus § 246 BGB (vgl. BGH, Versäumnisurt. v. 26.11.2007, II ZR 167/06, NJW 2008, 1084; BeckOK-BGB/Spindler, 43. Ed. Stand 01.02.2017, § 849 Rn. 2 ff.).
51
Der Zinsanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288, 291 BGB.
52
Mangels eines Anspruchs auf Erstattung der weiteren 116,02 EUR für die ergänzenden Ausführungen des Privatgutachters besteht insoweit kein Zinsanspruch der Klägerin.
53
V.
54
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
55
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt für beide Parteien aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Aufgrund der Möglichkeit einer Anschlussberufung war zugunsten der Beklagten ebenfalls eine Abwendungsbefugnis auszusprechen.
56
VI.
57
Der Streitwert wird auf bis 2.000,00 EUR festgesetzt.
58
Rechtsbehelfsbelehrung:
59
A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
60
1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
61
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
62
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Wuppertal, Eiland 1, 42103 Wuppertal, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
63
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Wuppertal zu begründen.
64
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Wuppertal durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
65
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
66
B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Remscheid statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Remscheid, Alleestr. 119, 42853 Remscheid, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
67
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
8a C 190/16
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 521,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent p.a. seit dem 10.05.2016 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin nach RVG nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 85,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 73 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 27 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
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Die zum Vorsteuerabzug berechtigte Klägerin begehrt von den Beklagten weiteren Schadensersatz in Form weiterer merkantiler Wertminderung aus einem Verkehrsunfallereignis, welches sich am 10.05.2016 ereignete.
3
An dem Unfall war die Beklagte zu 1. als Halterin und Fahrerin des bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen HP- … beteiligt. Die vollständige Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
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Bei dem Unfall wurde das Fahrzeug der Klägerin, ein Mercedes Benz S 63 AMG Coupé 4-Matic, welcher zum Zeitpunkt des Unfalls seit ca. 1,5 Jahren zugelassen war und eine Laufleistung von 10.748 km aufwies, beschädigt. Die Klägerin beauftragte daraufhin das Ingenieurbüro L mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Im Gutachten vom 12.05.2016 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 20 GA) ist die unfallbedingte Wertminderung mit 3.780,00 EUR beziffert. Hierauf regulierte die Beklagte zu 2. einen Betrag von 2.000,00 EUR. Eine darüber hinausgehende Zahlung auf die klägerseitig begehrte Wertminderung erfolgte seitens der Beklagten nicht.
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Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin baten in der Folge den Privatgutachter L um ergänzende Stellungnahme zu der in seinem Gutachten ausgewiesenen Wertminderung. Mit Schreiben vom 05.08.2016 (Bl. 20 GA) teilte der Privatgutachter hierauf u.a. mit, man habe das Schadensgutachten erneut durchgearbeitet und geprüft. Danach erweise sich die in dem Gutachten angesetzte Wertminderung als uneingeschränkt korrekt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 05.08.2016 ergänzend Bezug genommen. Für die Ausarbeitung des Schreibens stellte der Privatgutachter der Klägerin weitere 116,02 EUR in Rechnung, die diese auch beglich.
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Die Klägerin trägt vor, das Schadensgutachten des Sachverständigen L sei auch im Hinblick auf die dort ausgewiesene Wertminderung zutreffend. Das Sachverständigenbüro weise im Ergebnis nachvollziehbar darauf hin, dass es sich bei dem Fahrzeug der Klägerin um einen absolut hochwertigen Pkw handele, der selbst als Gebrauchtfahrzeug noch einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von rund 156.000,00 EUR habe. Dass bei einem Fahrzeug dieser Art und Güte eine Unfallbefangenheit zu einer erheblichen Wertminderung im Vergleich zu gleichartigen - nicht unfallgeschädigten - Fahrzeugen führe, liege auf der Hand. Zudem habe der Privatgutachter zu Recht ausgeführt, dass die ausgewiesene Wertminderung an der absolut untersten Grenze dessen sei, was man vertreten könne.
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Die Klägerin ist ferner der Ansicht, aufgrund der Weigerung der Beklagten zur Zahlung der restlichen Wertminderung sei die Nachfrage bei dem Sachverständigenbüro L notwendig gewesen. Vor diesem Hintergrund seien die Beklagten auch zur Erstattung der hierfür aufgewendeten 116,02 EUR verpflichtet.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.896,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.780,00 EUR seit dem 17.05.2015 sowie aus weiteren 116,02 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie nach RVG nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 139,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie tragen vor, nach der hier vorzugswürdigen Marktrelevanz- und Faktorenmethode sei lediglich ein merkantiler Minderwert in Höhe von 2.000,00 EUR anzusetzen. Bei dieser Methode handele es sich um die derzeit aktuellste und den anderen vorzuziehende Methode zur Berechnung der Wertminderung, da sie im Rahmen einer ausgewogenen Betrachtung die Vorteile und Gedanken alle anderen Berechnungsmethoden mit erfasse.
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Darüber hinaus tragen die Beklagten vor, bei einem derart hochwertigen und gefragten Sportwagen wie dem Fahrzeug der Klägerin seien die Käufer aufgrund der großen Nachfrage und der Rarität dieser teuren Fahrzeuge auch bereit, ohne erhebliche Abstriche ein Fahrzeug mit einem vollständig und fachgerecht beseitigten Vorschaden zu erwerben. Denn das Angebot an derartigen Fahrzeugen sei derart spärlich gesät und die Nachfrage so groß, dass einem merkantilen Minderwert bei der Anschaffung überhaupt keine ernsthafte Bedeutung zukomme. Die Kunden seien vielmehr bereit, einen größeren Wert zu zahlen, auch wenn das Fahrzeug einen Schaden habe, da es für den Interessenten ein besonderes Fahrzeug darstelle und sich dieser Fall von herkömmlichen Fahrzeugen gravierend unterscheide. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass sich die unfallbedingten Schäden nur an der Fahrzeugoberfläche befänden. Tragende Fahrzeugteile seien - was unstreitig ist - gerade nicht beschädigt worden. Dies sei jedoch von entscheidender Bedeutung für die Berechnung des merkantilen Minderwerts.
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Ferner sind die Beklagten der Ansicht, der zum Vorsteuerabzug berechtigten Klägerin sei lediglich der Nettobetrag der Wertminderung zu erstatten.
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Das Gericht hat gemäß § 358a S. 1, S. 2 Nr. 4 ZPO Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.
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I.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von weiterem Schadensersatz in Höhe von 521,00 EUR aus §§ 7, 17 StVG, §§ 823, 426, 249 ff. BGB, § 115 Abs. 1 VVG.
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Über die grundsätzliche Ersatzfähigkeit einer durch den Unfall eingetretenen merkantilen Wertminderung sowie die entsprechende Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach besteht zwischen den Parteien Einigkeit. Allein hinsichtlich der Höhe des zu ersetzenden Minderwerts vertreten die Parteien unterschiedliche Auffassungen.
22
1.
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Gemäß § 251 Abs. 1 BGB hat der Geschädigte Anspruch auf Ausgleich in Geld, wenn die Wiederherstellung der beschädigten Sache nicht möglich oder zum vollständigen Schadensausgleich nicht ausreichend ist. Dies gilt insbesondere im Falle einer verbleibenden merkantilen Wertminderung. Die Bestimmung der Wertminderung gemäß § 287 ZPO unterliegt dem Ermessen der tatrichterlichen Überzeugungsbildung. Dabei gebührt der Ermittlung des merkantilen Minderwerts durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen, der den konkreten Schaden bewertet, gegenüber allgemeinen tabellarischen Berechnungsmethoden im Regelfall der Vorrang (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 28.02.2013, 4 U 406/11, zitiert nach juris, Rn 63).
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Diesen Grundsätzen ist das erkennende Gericht gefolgt und hat insoweit ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige Dipl.-Ing. O hat die merkantile Wertminderung in seinem Gutachten vom 07.06.2017 (Bl. 69 GA) mit 3.000,00 EUR angegeben und ist hiervon auch nach den Einwendungen der Beklagtenseite im Schriftsatz vom 03.07.2017 (Bl. 78 ff. GA) in seinem Ergänzungsgutachten vom 07.09.2017 (Bl. 96 GA) nicht abgewichen.
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Aufgrund der überzeugenden, nachvollziehbaren und in sich widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen schätzt das Gericht die Brutto-Wertminderung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ebenfalls auf 3.000,00 EUR. Das Gericht macht sich die Ausführungen des Sachverständigen zur Höhe des merkantilen Minderwerts in seinem Gutachten und dem Ergänzungsgutachten vollumfänglich zu Eigen. Die besondere Sach- und Fachkunde des Sachverständigen steht aufgrund seiner langjährigen Gutachtertätigkeit in entsprechenden Gerichtsverfahren außer Zweifel. Der Sachverständige hat zudem überzeugend dargestellt, wie er die merkantile Wertminderung ermittelt hat. Er hat hierbei die gängigen und allgemein anerkannten Methoden herangezogen, erläutert und sich mit ihnen im Sinne einer Vergleichsbetrachtung auseinandergesetzt. Ferner hat er die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden sowie die Besonderheiten des streitgegenständlichen Fahrzeuges und die unfallbedingten Schäden zutreffend gewürdigt und hierauf basierend eine eigene fundierte Bewertung abgegeben.
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Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des streitgegenständlichen Fahrzeuges und der Marktgegebenheiten hat der Sachverständige seine Einschätzung darüber hinaus weiter belegt. So hat er nachvollziehbar ausgeführt, dass im Falle eines - auch relativ geringfügigen - Unfallschadens, welcher sach- und fachgerecht repariert wurde, ein potentieller Käufer im Regelfall trotzdem nicht mehr bereit sein wird, einen unverminderten Preis für das angebotene Fahrzeug zu bezahlen.
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Der Sachverständige hat des Weiteren plausibel erläutert, dass besonders bei Fahrzeugen dieses hochpreisigen Marktsegments die Käuferschicht äußerst sensibel auf Unfallschäden reagiert. Es komme schnell zu Bedenken, dass sich ein Unfallschaden auf die Zuverlässigkeit des Motors und die Sicherheit des Fahrwerks ausgewirkt haben könnte. Insofern seien gerade solche Fahrzeuge wertminderungsanfällig. Gerade potentielle Käufer eines Fahrzeuges der Premiumklasse würden einen entsprechenden Nachlass erwarten, der auch eingeräumt werden müsse, um gegenüber einem vergleichbaren, unbeschädigten Fahrzeug eine Wertanpassung durchzuführen.
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Diese Erwägungen sind für das Gericht ohne weiteres nachvollziehbar. Es leuchtet durchaus ein, dass sich der für einen Unfallschaden zu gewährende Nachlass in signifikanter Höhe bewegen muss, wenn der Kaufpreis für ein Fahrzeug - wie vorliegend - sehr hoch ist. Anderenfalls gäbe es für finanzkräftige Käufer dieser Preisklasse überhaupt keinen Anlass bzw. Anreiz, statt des etwas teureren, aber unbeschädigten Fahrzeuges einen Pkw mit Vorschaden zu erwerben. Insofern ist eine Wertminderung von 3.000,00 EUR, was ca. 2 % des Wiederbeschaffungswerts von 156.000,00 EUR brutto ausmacht, nach Auffassung des Gerichts nicht übersetzt.
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Insoweit ist zudem zu beachten, dass Käufer, die bereit und finanziell in der Lage sind, einen derart hohen Kaufpreis für ein Fahrzeug zu bezahlen, gänzlich vom Kauf eines Gebrauchtwagens Abstand nehmen und vielmehr einen Neuwagen erwerben könnten, wenn am Markt nur vorgeschädigte Fahrzeuge zur Verfügung stehen, bei denen keine signifikanten Preisnachlässe gewährt werden. Gerade bei einem erst ca. 1,5 Jahre alten Pkw mit einer geringen Laufleistung von gut 10.000 Kilometern dürften potentielle Käufer im Premiumsegment eine gänzliche Unfallfreiheit erwarten und anderenfalls auf erheblichen Preisnachlässen bestehen.
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Der Sachverständige ist bei seinen Feststellungen des Weiteren immerhin 780,00 EUR unter dem im Gutachten des Privatgutachters L vom 12.05.2016 ermittelten Minderwert geblieben. Würde man aus dem Wert von 3.780,00 EUR und dem Wert, den der Sachverständige Dipl.-Ing. O nach der von den Beklagten bevorzugten Marktrelevanz- und Faktorenmethode mit 2.521,29 EUR berechnet hat, einen Mittelwert bilden, läge dieser sogar knapp über 3.000,00 EUR. Berücksichtigt man sodann, dass der Minderwert nach BVSK laut Sachverständigengutachten 3.120,00 EUR beträgt, erscheint dem Gericht der unfallbedingte Minderwert mit 3.000,00 EUR als ausreichend, aber auch angemessen beziffert.
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Der Sachverständige hat sich darüber hinaus überzeugend und nachvollziehbar mit den Erwägungen des klägerischen Privatgutachters sowie den Einwendungen der Beklagtenseite auseinandergesetzt. So hat er im Hinblick auf das klägerische Privatgutachten erläutert, dass die dortigen Bewertungsparameter nicht nachvollziehbar dargelegt sind. Eine Rückfrage bei einschlägigen Händlerkreisen könne zwar durchaus interessant sein, dürfe jedoch nicht unreflektiert in ein Gutachten übernommen werden. Auch nach Auffassung des Gerichts sind die Auskünfte der vom klägerischen Privatgutachter befragten Händler nicht ausschlaggebend, sondern subjektiv und mit Spannbreiten sowie Unsicherheiten behaftet. Deren Expertise ist jedenfalls nicht höher zu bewerten als die des gerichtlich bestellten Sachverständigen.
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Zu den Einwänden der Beklagtenseite hat der Sachverständige plausibel ausgeführt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um ein durchaus gängiges Modell handelt, welches aktuell in einer Vielzahl am Markt angeboten wird. Die anderslautende Behauptung der Beklagten, zu dem streitgegenständlichen Fahrzeug sei die Nachfrage höher als das Angebot, bleibt pauschal und ist durch nichts belegt.
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Ebenfalls durch nichts belegt ist der Vortrag der Beklagten, die Kunden für ein derartiges Fahrzeug seien bereit, einen größeren Wert zu zahlen, auch wenn das Fahrzeug einen Vorschaden habe. Vielmehr ist - wie bereits dargestellt - zwanglos auch das Gegenteil denkbar, nämlich dass gerade Käufer in diesem Preissegment erwarten, für die hohe zu erbringende Kaufsumme kein Fahrzeug zu bekommen, das einen Vorschaden hat, und deshalb gänzlich vom Kauf eines vorgeschädigten Fahrzeuges Abstand nehmen, wenn dieses nicht signifikant günstiger ist, als vergleichbare Fahrzeuge ohne Vorschaden.
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Auch soweit die Beklagtenseite unbestritten vorträgt, dass die hier in Rede stehenden Schäden nur oberflächlich und tragende Teile nicht beschädigt sind, und insoweit der Ansicht ist, dies spreche für einen allenfalls geringen merkantilen Minderwert, kann dem nicht gefolgt werden. Bei unstreitigen Reparaturkosten i.H.v. 10.769,56 EUR brutto kann von einem für potentielle Käufer völlig zu vernachlässigenden Bagatellschaden keine Rede sein. Dies bestätigt auch der Eindruck aus den Lichtbildern, die die Klägerseite mit Schriftsatz vom 03.03.2017 (Bl. 41 ff. GA) vorgelegt hat.
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Soweit die Beklagtenseite im Übrigen Einwände gegen die Feststellungen des Gutachtens erhebt, setzt sie damit im Wesentlichen nur die von ihr präferierte Marktrelevanz- und Faktorenmethode an die Stelle der Einschätzung des Sachverständigen. Dem folgt das Gericht nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite ist nicht ersichtlich, dass bzw. warum die Marktrelevanz- und Faktorenmethode uneingeschränkt vorzugswürdig sein sollte. Sie ist vielmehr eine Methode unter mehreren, die bei der richterlichen Schadensschätzung berücksichtigt werden kann (und nicht muss oder sollte). Sie hat sich bislang weder obergerichtlich als alleinige oder bevorzugte Schätzgrundlage für die merkantile Wertminderung herausgebildet noch ist sie frei von Kritik geblieben (vgl. Jaeger, NZV 2017, 297, der bemängelt, dass die Methode zu sehr niedrigen Werten führe, ohne dass dies objektiv nachzuvollziehen oder begründbar wäre. Nach seiner Auffassung handelt es sich um eine reine Kürzungsmethode, die aus diesem Grunde abzulehnen sei). Auch der gerichtlich bestellte Sachverständige weist im Ergänzungsgutachten vom 07.09.2017 (Bl. 96 GA) auf Seite 2 auf Schwächen und Unschärfen dieser Methode hin. Warum diese dennoch uneingeschränkt vorzugswürdig sein sollte, erschließt sich dem Gericht nicht.
36
2.
37
Von dem so ermittelten Minderwert in Höhe von 3.000,00 EUR ist entgegen der Auffassung der Klägerin noch die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % in Abzug zu bringen, da die Klägerin unstreitig zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Dies führt zu einem Abzug von dem sachverständigenseitig ermittelten (Brutto-)Minderwert von 3.000,00 EUR in Höhe von 479,00 EUR. Dieser Betrag entspricht 19 % des Netto-Minderwerts von 2.521,00 EUR. Da die Beklagten bislang 2.000,00 EUR auf die Wertminderung erstattet haben, verbleibt insoweit ein offener Betrag in Höhe von 521,00 EUR zu Gunsten der Klägerin. Dem liegt folgende Berechnung zugrunde:
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Der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs beträgt 156.000,00 EUR brutto und die Wertminderung wie dargestellt 3.000,00 EUR. Es kann zugrunde gelegt werden, dass das Fahrzeug im Augenblick vor dem Unfall einen Wert von 156.000,00 EUR brutto hatte. Aufgrund des Unfallschadens beläuft sich der Wert nunmehr nur noch auf 153.000,00 EUR brutto. Die Klägerin hätte das Fahrzeug vor dem Unfall demnach für 156.000,00 EUR verkaufen können. Davon wären ihr nach Abzug der Umsatzsteuer noch 131.092,43 EUR verblieben. Nach dem Unfall würde sie für das Fahrzeug nur noch 153.000,00 EUR brutto erhalten, was netto 128.571,43 EUR entspricht.
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Könnte die Klägerin nun die Wertminderung von 3.000,00 EUR („steuerneutral”) in voller Höhe beanspruchen, hätte sie vermögensmäßig insgesamt (128.571,43 EUR + 3.000,00 EUR =) 131.571,43 EUR zur Verfügung. Demgegenüber hätte sie das Fahrzeug ohne den Unfall wie dargestellt nur für 131.092,43 EUR netto verkaufen können. Die Klägerin stünde also in der Betrachtung mit dem Unfall vermögensmäßig besser, da sie 479,00 EUR mehr zur Verfügung hätte als ohne den Unfall. Dieser Betrag entspricht exakt der in 3.000,00 EUR enthaltenen 19%-igen Umsatzsteuer (vgl. zu dieser Berechnung Freyberger, NZV 2000, 290, 291).
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Bei der vom Schädiger zu erstattenden Wertminderung muss vor dem Hintergrund der §§ 249 ff. BGB unter Berücksichtigung der Differenzhypothese und des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots nach alledem bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten die Umsatzsteuer in Abzug gebracht werden, wenn - wie regelmäßig und auch hier - der merkantile Minderwert sachverständigenseitig nach dem Bruttomarktpreis ermittelt wurde (vgl. Knerr, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 3. Kap. Ziff. 9 „Minderwert“, Rn. 67; Freymann, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 5. Kap. Ziff. 3 „Umsatzsteuer“, Rn. 19; Freyberger, NZV 2000, 290, 291).
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Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass die Wertminderung als solche nicht umsatzsteuerpflichtig ist. Schadensrechtlich betrachtet ist dem Geschädigten, der zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, jedoch nur derjenige Betrag zu erstatten, der ihm verbliebe, wenn er aktuell die Wertminderung - durch Veräußerung des reparierten Kraftfahrzeugs - realisieren würde. Wendet man die §§ 249 ff. BGB an, so ist davon auszugehen, dass der Unternehmer sein Betriebsvermögen immer nur netto betrachtet, denn er hat es unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs netto gekauft und er verkauft es auch wieder netto, weil er beim Verkauf zwar Umsatzsteuer erhält, diese aber wieder abführen muss (vgl. Freyberger, NZV 2000, 290, 291).
42
II.
43
Die Klägerin hat daneben keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Ersatz der Kosten für die ergänzende Stellungnahme des Privatgutachters vom 05.08.2016 in Höhe von 116,02 EUR. Ein solcher ergibt sich insbesondere auch nicht aus §§ 7, 17 StVG, §§ 823, 426, 249 ff. BGB, § 115 Abs. 1 VVG.
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Die Kosten eines Privatsachverständigen können zu den nach § 249 BGB ersatzfähigen Schäden zählen, was sich danach bemisst, ob ein verständiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschätzung eines Sachverständigen ex ante für geboten erachten durfte. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Partei bei Beauftragung des Sachverständigen aus ihrer Sicht infolge fehlender Sachkenntnis ohne die Einholung des Privatgutachters nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war.
45
Hier war die Einholung der ergänzenden Stellungnahme vom 05.08.2016 nach den genannten Grundsätzen nicht sachdienlich. Es war nämlich zu erwarten, dass die Beklagte nach der Einholung einer eigenen Kalkulation des Minderwerts auch nicht aufgrund der ergänzenden Stellungnahme des Privatgutachters der Klägerin zur Zahlung einer weiteren Wertminderung bereit gewesen wäre. Zudem gehört die ergänzende Stellungnahme des Privatgutachters schon zu dessen ursprünglichem Gutachtenauftrag. Werden - wie hier - dezidierte Zweifel an Feststellungen des Privatgutachtens geäußert, so ist der Privatgutachter seinem Kunden schon im Sinne einer „Nachbesserung“ aus dem ursprünglichen Gutachtenauftrag zu einer nochmaligen Prüfung der angezweifelten Feststellungen verpflichtet. Eine weitergehende Vergütungspflicht löst dies nicht aus. Jedenfalls kann eine solche nicht dem Schädiger überbürdet werden. Denn es war ohne weiteres ersichtlich, dass die Frage der korrekten Höhe der merkantilen Wertminderung außergerichtlich nicht würde gelöst werden können und eine Klärung durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen zu erwarten war. Dann aber bedurfte es der ergänzenden Stellungnahme des Privatgutachters aus Sicht eines verständigen und wirtschaftlich denkenden Geschädigten nicht, da diese Kosten letztlich überflüssig sind.
46
III.
47
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagten auf Erstattung eines Teils der geltend gemachten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen eines bei einem Verkehrsunfall Geschädigten zählen grundsätzlich die erforderlichen Rechtsverfolgungskosten (BGH, Urt. v. 10.01.2006, VI ZR 43/05, zitiert nach juris, Rn. 5). Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe war unter den Umständen des vorliegenden Falles erforderlich, u.a. auch deshalb, da die Beklagte zu 2. vorprozessual eine weitergehende Einstandspflicht abgelehnt hatte.
48
Die diesbezügliche Ersatzpflicht besteht jedoch nur für Kosten aus einem Gegenstandswert, der dem zugesprochenen Schadensersatzbetrag entspricht (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 18.01.2005, VI ZR 73/04, zitiert nach juris, Rn. 8), vorliegend also 521,00 EUR. Da die klägerseitige „Zuvielforderung“ zu einem Gegenstandswert führt, der nach Anlage 2 RVG höhere als die tatsächlich geschuldeten Rechtsanwaltskosten ausgelöst hat - nämlich aus der Gebührenstufe bis 2.000,00 EUR statt bis 1.000,00 EUR -, war insoweit nur ein Streitwert von bis 1.000,00 EUR zugrunde zu legen und der zu erstattende Betrag entsprechend zu reduzieren.
49
IV.
50
Der geltend gemachte Zinsanspruch auf die Hauptforderung folgt aus § 849 BGB. Er besteht ab dem Zeitpunkt des Schadensereignisses, hier ab dem 10.05.2016 (vgl. BeckOK-BGB/Spindler, 43. Ed. Stand 01.02.2017, § 849 Rn. 2 ff.). Das in der Anspruchsbegründung vom 05.01.2017 im Antrag zu 1. insoweit angegebene Datum (17.05.2015) ist nicht schlüssig dargelegt und liegt fast ein Jahr vor dem Unfallereignis. Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus § 246 BGB (vgl. BGH, Versäumnisurt. v. 26.11.2007, II ZR 167/06, NJW 2008, 1084; BeckOK-BGB/Spindler, 43. Ed. Stand 01.02.2017, § 849 Rn. 2 ff.).
51
Der Zinsanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288, 291 BGB.
52
Mangels eines Anspruchs auf Erstattung der weiteren 116,02 EUR für die ergänzenden Ausführungen des Privatgutachters besteht insoweit kein Zinsanspruch der Klägerin.
53
V.
54
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
55
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt für beide Parteien aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Aufgrund der Möglichkeit einer Anschlussberufung war zugunsten der Beklagten ebenfalls eine Abwendungsbefugnis auszusprechen.
56
VI.
57
Der Streitwert wird auf bis 2.000,00 EUR festgesetzt.
58
Rechtsbehelfsbelehrung:
59
A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
60
1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
61
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
62
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Wuppertal, Eiland 1, 42103 Wuppertal, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
63
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Wuppertal zu begründen.
64
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Wuppertal durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
65
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
66
B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Remscheid statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Remscheid, Alleestr. 119, 42853 Remscheid, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
67
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
RechtsgebietBGB