11.09.2018 · IWW-Abrufnummer 204294
Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 24.07.2018 – 9 O 372/17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Düsseldorf
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d :
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Der Kläger unterhielt bei der Beklagten einen Teilkaskoversicherungsvertrag für den Pkw B, Erstzulassung 22. Juli 2013. Das Fahrzeug verfügte über in Anlage K 1 aufgeführte nicht serienmäßige Ausstattungsmerkmale. Es war eine Selbstbeteiligung von 150,00 € vorgesehen. Das Fahrzeug wurde dem Kläger – unstreitig – am 22. Juli 2015 entwendet. Die Parteien stritten über den Wiederbeschaffungswert zum maßgeblichen Zeitpunkt Juli 2015. Der Kläger bezog sich auf ein von ihm eingeholtes Gutachten, welchen den Wiederbeschaffungswert mit 62.500,00 € brutto bezifferte. Die Beklagte bezog sich auf ein von ihr eingeholtes Gutachten, welches den Bruttowiederbeschaffungswert mit 54.000,00 € brutto bezifferte. Es wurde sodann ein Sachverständigenverfahren nach § 14 AKB durchgeführt. Nach der O-Entscheidung vom 8. August 2017 (Anlage K 6) wurde der Bruttowiederbeschaffungswert bezogen auf den Monat Juli 2015 mit 57.000,00 € beziffert. Insgesamt regulierte die Beklagte unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung von 150,00 € den Wiederbeschaffungswert in der genannten Höhe, kehrte also insgesamt 56.850,00 € aus.
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Der Kläger behauptet weiterhin, dass der Wiederbeschaffungswert bezogen auf Juli 2015 62.500,00 € betragen habe. Sie hält die O-Entscheidung nicht für verbindlich. Das Sachverständigenverfahren habe schon mit Blick auf seine Dauer den Zweck verfehlt. Berücksichtigt werden müsse zudem § 309 Nr. 14 BGB, der am 26. Februar 2016 in Kraft getreten sei und vorsehe, dass eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sei, wonach der andere Vertragsteil seine Ansprüche gegen den Verwender gerichtlich nur geltend machen dürfe, nachdem er eine gütliche Einigung in einem Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung versucht habe; dementsprechend sei jedenfalls heute eine Klage ohne Durchführung eines Sachverständigenverfahrens möglich.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 5.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. August 2015 zu zahlen sowie
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die Beklagte zu verurteilen, ihn von seiner Zahlungsverpflichtung im Hinblick auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegenüber den Rechtsanwälten N & T, I-Weg, 40233 Düsseldorf, in Höhe von 571,44 € freizustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie beruft sich auf die Bindungswirkung der Entscheidung des S. Nur bei offensichtlicher Unrichtigkeit entfalle die Bindungswirkung einer Entscheidung des S; diese liege vor, wenn sich die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens geradezu aufdränge. Eine derartige offenbare Unrichtigkeit werde, so die Ansicht der Beklagten, vom Kläger nicht aufgezeigt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst den diesen beigefügten Anlagen verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Ziffer A.2.10 der Versicherungsbedingungen sieht bei einer Meinungsverschiedenheit über die Schadenhöhe ein Sachverständigenverfahren vor. Bei einer Meinungsverschiedenheit über die Höhe des Schadens einschließlich der Feststellung des Wiederbeschaffungswerts oder über den Umfang der erforderlichen Reparaturarbeiten entscheidet ein Sachverständigenausschuss. Für den Ausschuss benennen Versicherungsnehmer und Versicherer je einen Kfz-Sachverständigen. Soweit sich der Ausschuss nicht einigt, entscheidet ein weiterer Kfz-Sachverständiger als O, der vor Beginn des Verfahrens von dem Ausschuss gewählt werden soll. Die Kosten des Sachverständigenverfahrens sind im Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen vom Versicherungsnehmer bzw. vom Versicherer zu tragen (Bl. 119 d.A.).
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Nicht grundsätzlich streitig ist zwischen den Parteien, dass ein diesen Anforderungen formal entsprechendes Verfahren durchgeführt worden ist und der O entschied, dass das Fahrzeug des Klägers bezogen auf den Monat Juli 2015 einen Brutto-Wiederbeschaffungswert in Höhe von 57.000,00 € hatte. Das Ergebnis des Sachverständigenverfahrens ist für den Versicherungsnehmer und für den Versicherer in den Grenzen des § 84 VVG verbindlich (Klimke in Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, A.2.6 Sachverständigenverfahren bei Meinungsverschiedenheit über die Schadenhöhe Rdnr. 11).
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Die Wirksamkeit der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vorgesehenen Vereinbarung des Sachverständigenverfahrens begegnet keinen Bedenken.
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Insbesondere ist die Vereinbarung nicht nach § 309 Nr. 14 BGB unwirksam. Bereits vom Wortlaut der Vorschrift ist die Vereinbarung des Sachverständigenverfahrens nicht erfasst. § 309 Nr. 14 BGB bezieht sich auf Verfahren, in welchen eine gütliche Einigung in einem Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung versucht wird. So liegt es bei dem Sachverständigenverfahren nicht. § 309 Nr. 14 BGB bezieht sich nach dem Wortlaut auf Schlichtungs- und Mediationsverfahren. Um ein solches Verfahren handelt es sich bei dem hier im Streit stehenden Sachverständigenverfahren gerade nicht. Jenes Verfahren schafft vielmehr eine Bindungswirkung, welche sich mit der Sachkunde eingeschalteter neutraler Sachverständiger begründen lässt und – unter bestimmten Voraussetzungen – der Nachprüfbarkeit durch die Gerichte.
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Darüber hinaus ist ein derartiges Verfahren in § 84 ZPO im Gesetz ausdrücklich vorgesehen und führte eine angenommene Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 14 BGB im Ergebnis dazu, dass das Verfahren weitgehend nicht mehr praktiziert werden könnte, da es üblicherweise in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt zu werden pflegt.
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Dahinstehen kann, ob es sich um eine Ausgestaltung des Leistungsversprechens des Versicherers handelt, welche ohnehin eine AGB-Kontrolle nicht zugänglich wäre.
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Das in dem Sachverständigenverfahren ermittelte Ergebnis entfaltet im hier zur Entscheidung stehenden Fall Bindungswirkung, da eine offenbar von der wirklichen Sachlage erhebliche Abweichung (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VVG) vom Kläger nicht aufgezeigt wird, eine Feststellung durch gerichtliche Entscheidung unter diesem Gesichtspunkt mithin nicht veranlasst ist.
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Als Richtschnur gilt jedenfalls, dass Abweichungen unter 10 % nicht erheblich sind (Voit in Prölls/Martin § 84 VVG Rdnr. 26 m.w.N.). Der Kläger beansprucht eine Restzahlung von 5.500,00 €, während der O im Sachverständigenverfahren einen Betrag von 57.000,00 € für angemessen erachtet hat. Es liegt auf der Hand, dass der Betrag von 5.500,00 € nicht einmal 10 % des Betrages von 57.000,00 € ausmacht. Zudem zeigt der Kläger auch ansonsten keine erhebliche Abweichung auf. Er macht geltend, dass der O bestimmte Ausstattungsmerkmale nicht berücksichtigt habe. Allerdings ergibt sich aus dem als Anlage K 6 vorgelegten P, dass die Ausstattung des „umfangreich und hochwertig ausgestatteten Fahrzeug“ Berücksichtigung gefunden hat.
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Eine andere Betrachtung ist auch nicht unter Berücksichtigung des § 84 Abs. 1 Satz 3 VVG veranlasst. Der Kläger macht in diesem Zusammenhang geltend, dass das Sachverständigenverfahren wegen des Zeitraums, den es in Anspruch genommen habe, keine Bindungswirkung haben könne. In der Tat liegt es nach § 84 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 VVG so, dass eine gerichtliche Entscheidung veranlasst ist, wenn die Sachverständigen die Feststellungen nicht treffen können oder wollen oder sie verzögern. Als die Klage eingereicht wurde, hat der P bereits vorgelegen, denn er ist als Anlage K 6 Gegenstand der Klage. Dementsprechend liegt der Fall des § 84 Abs. 1 Satz 3 VVG, der eine gerichtliche Entscheidung deshalb erfordert, weil aus den dort bezeichneten Gründen noch kein P vorliegt, nicht vor.
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Die vom Kläger geltend gemachten Nebenansprüche teilen das Schicksal der erfolglosen Hauptforderung.
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Der Streitwert wird auf 5.500,00 € festgesetzt.