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  • 28.02.2020 · IWW-Abrufnummer 214489

    Verwaltungsgericht Saarlouis: Beschluss vom 09.01.2020 – 5 L 1710/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    VERWALTUNGSGERICHT DES SAARLANDES

    BESCHLUSS

    In dem Verfahren

    des Herrn A., A-Straße, A-Stadt,
    - Antragsteller -
    Prozessbevollmächtigte:        Rechtsanwälte B.,
    B-Straße, St. Ingbert, - -
    gegen
    den Landrat
    - Antragsgegner -

    w e g e n  Führung eines Fahrtenbuchs

    hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht xxx, den Richter am Verwaltungsgericht xxx und die Richterin am Verwaltungsgericht xxx am 9. Januar 2020

    b e s c h l o s s e n:

    Der Antrag wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

    Der Streitwert wird auf 1.200.- € festgesetzt.

    G r ü n d e

     I.

    Der Antragsteller wendet sich gegen eine mit Sofortvollzug angeordnete Fahrtenbuchauflage für die Dauer von sechs Monaten.

    Der 1949 geborene Antragsteller ist Halter des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen xxxxx. Für diesen Pkw wurde durch eine Geschwindigkeitsüberwachungsanlage des Landes Rheinland-Pfalz auf der BAB 8 in Zweibrücken (Höhe AS Zweibrücken, Fahrtrichtung Neunkirchen, Autobahnkilometer 103,1) eine am xx.12.2018 um xx:xx Uhr begangene Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h festgestellt; die gemessene Geschwindigkeit betrug nach Toleranzabzug 121 km/h. Die Messung erfolgte mit einem bis 31.12.2019 geeichten mobilen Lasergerät des Herstellers Vitronic, Typ PoliScan FM1 (Geräte-Nr. PS 783904),  und durch einen entsprechend geschulten Polizeioberkommissar des Polizeipräsidiums Westpfalz.

    Mit „Zeugenfragebogen“ vom 21.12.2018 teilte die Zentrale Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums Rheinpfalz des Landes Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Zentrale Bußgeldstelle) dem Antragsteller mit, dass der Führerin des PKW xxxxx vorgeworfen werde, folgende Ordnungswidrigkeit begangen zu haben:  „Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit … Teilen Sie mir bitte die Personalien … der verantwortlichen Person … mit … Falls nicht festgestellt werden kann, wer zur Tatzeit das Fahrzeug führte, kann der Halterin oder dem Halter des Kraftfahrzeuges gemäß § 31a der Straßenverkehrszulassungsordnung das Führen eines Fahrtenbuches auferlegt werden.“ Auf dem Beweisfoto ist eine offenbar jüngere Person abgebildet. Weitere Fahrzeuge finden sich auf den Beweisfotos nicht. Eine Reaktion des Antragstellers auf das Schreiben erfolgte nicht.

    Daraufhin teilte die Zentrale Bußgeldstelle der 1957 geborenen Ehefrau des Antragstellers mit „Anhörung im Bußgeldverfahren“ vom 10.01.2019 mit, dass ihr vorgeworfen werde, folgende Ordnungswidrigkeit begangen zu haben: „Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit … Wenn Sie die Ordnungswidrigkeit nicht begangen haben, teilen Sie bitte … auch die Personalien der verantwortlichen Person … mit … Falls nicht festgestellt werden kann, wer zur Tatzeit das Fahrzeug führte, kann der Halterin oder dem Halter des Kraftfahrzeuges gemäß § 31a der Straßenverkehrszulassungsordnung das Führen eines Fahrtenbuches auferlegt werden.“ Eine Reaktion auf das Anhörungsschreiben erfolgte ebenfalls nicht. Ein mit Schreiben der Zentralen Bußgeldstelle vom 11.02.2019 von der Einwohnermeldebehörde der Gemeinde A-Stadt angefordertes Vergleichsfoto der Ehefrau des Antragstellers und ein Ermittlungsersuchen der Zentralen Bußgeldstelle vom 22.02.2019 an die Polizeiinspektion Homburg sowie eine diesbezügliche Sachstandsanfrage vom 04.03.2019 führten desgleichen nicht zur Ermittlung der verantwortlichen Person, so dass die Zentrale Bußgeldstelle mit Schreiben vom 08.03.2019 den Antragsgegner um Prüfung der Anordnung eines Fahrtenbuchs bat.

    Der Antragsgegner teilte sodann mit Anhörungsschreiben vom 17.06.2019 dem Antragsteller mit, dass nicht habe festgestellt werden können, wer den Wagen zur fraglichen Zeit gefahren habe, und er beabsichtige, ihm die Führung eines Fahrtenbuches aufzuerlegen (§ 31a StVZO), wozu er ihm Gelegenheit zur Äußerung gab (§ 28 SVwVfG).

    Der Antragsteller nahm mit Schriftsatz vom 09.08.2019 dahingehend Stellung, dass mit dem zugrundeliegenden Messverfahren nicht sämtliche „Ruhmesdaten“  erhoben und gespeichert würden, um dann im Anschluss zur Geschwindigkeitsmessung verwendet zu werden; es werde ein „Modell des Fahrzeuges gebildet,“ welches dann als Grundlage der Messung dienen solle. Hiervon würden nicht sämtliche zur Überprüfung einer Messung notwendigen Daten gespeichert, womit sie einer Überprüfung durch den Betroffenen nicht zur Verfügung stünden, obwohl dies technisch ohne weiteres machbar sei. Aus diesem Grunde habe der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes  aktuell zu einem vergleichbaren Messverfahren entschieden, dass die Verwertung derart gewonnener Messergebnisse grundlegende Verteidigungsgrundrechte des Betroffenen verletze, da dieser keinerlei Möglichkeit habe, auf „waffengleicher Basis“ die Ergebnisse auch nur auf Plausibilität, geschweige denn Korrektheit, zu prüfen. Damit werde das Recht auf ein faires Verfahren des Betroffenen, welches in vergleichbarer Form in der Landesverfassung, dem Grundgesetz sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert sei, verletzt. Dieses Urteil habe unmittelbare Wirkung im Saarland. Dass zumindest keine unmittelbare Wirkung in Rheinland-Pfalz gegeben sei, sei unschädlich, da auch das Land Rheinland-Pfalz und dessen Behörden durch das Grundgesetz sowie die Europäische Menschenrechtskonvention ebenso gebunden seien wie durch die eigene Landesverfassung. Darüber hinaus sei jedenfalls die hier zuständige saarländische Behörde durch die Entscheidung des saarländischen Landesverfassungsgerichts an entsprechendem Handeln gehindert. Daher liege bereits keine verwertbare Messung vor, so dass nicht einmal feststehe, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung stattgefunden habe. Es fehle daher bereits an der gemäß § 31a StVZO notwendigen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften. Darüber hinaus ergebe der Akteninhalt „in keinster Weise,“ dass für die Zukunft die Gefahr bestehe, dass eventuelle weitere Verstöße nicht aufklärbar sein könnten, so dass auch der Normzweck des § 31a StVZO hier nicht einschlägig sei.

    Mit Verfügung des Antragsgegners vom 11.10.2019 wurde dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs auferlegt, für sein Kraftfahrzeug xxxxx oder das entsprechende Ersatzfahrzeug ein Fahrtenbuch zu führen. Dabei seien für jede einzelne Fahrt vor deren Beginn der Name, der Vorname und die Anschrift des Fahrzeugführers, das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs, das Datum und die Uhrzeit des Beginns der Fahrt und nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen (§ 31a Abs. 2 StVZO). Das Fahrtenbuch sei für die nächsten sechs Monate zu führen und müsse darüber hinaus für weitere sechs Monate nach Ablauf dieser Zeit aufbewahrt werden. Der Fahrzeughalter habe es der anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder sonst zuständigen Personen auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen (§ 31a StVZO). Unabhängig davon habe der Fahrzeughalter das Fahrtenbuch ohne besondere Aufforderung zum 09.12.2019, 10.02.2020 und zum Ablauf der Frist dem Saarpfalz-Kreis (Fachbereich Verkehrswesen, Büro 152) zur Kontrolle vorzulegen. Werde das Fahrtenbuch nicht oder nicht rechtzeitig, nicht oder nicht vollständig ausgefüllt vorgelegt, werde für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von zunächst 200,00 € zzgl. Auslagen in Höhe von 3,68 € angedroht; es werde darauf hingewiesen, dass das Zwangsgeld wiederholt und in sich steigernder Höhe festgesetzt werden könne. Diese Anordnung gehe im Falle des Verkaufs oder der Außerbetriebsetzung des Kraftfahrzeugs auf ein von der anordnenden Stelle bestimmtes Fahrzeug über.

    Zugleich wurde für diese Verfügung eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 150,00 € zzgl. Auslagen in Höhe von 3,68 € festgesetzt.

    Zur Begründung ist in dem Bescheid u.a. ausgeführt, mit dem auf den Antragsteller zugelassenen Kraftfahrzeug sei am xx.xx.2018 um xx:xx Uhr in Zweibrücken auf der BAB 8 die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossenen Ortschaft von 80 km/h um 41 km/h überschritten worden. Der verantwortliche Fahrzeugführer habe nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Trotz angemessener und zumutbarer Maßnahmen seien die Ermittlungsversuche erfolglos geblieben. Die Tat sei vom Antragsteller nicht zugegeben worden. Auch sei er nicht bereit gewesen, den Fahrer/die Fahrerin im Rahmen der Ermittlungen zu benennen. Letztendlich habe der/die verantwortliche Fahrzeugführer/-in nicht festgestellt werden können. Das Ordnungswidrigkeitsverfahren habe deshalb eingestellt werden müssen. Die Verkehrsüberwachung erfordere es jedoch, dass jederzeit festgestellt werden könne, wer ein Fahrzeug bei einer Zuwiderhandlung gegen die Verkehrsbestimmungen geführt habe; daher könne die Eingabe zur Anhörung nicht berücksichtigt werden. Die Fahrtenbuchauflage diene als Präventivmaßnahme der Erfassung von Kraftfahrern, die Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer gefährdeten und hiermit zur Abwendung von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs; es solle in Zukunft gewährleistet sein, dass der Verursacher im Hinblick auf die kurze Verjährung rechtzeitig ermittelt werden könne. Da das Führen eines Fahrtenbuches auch keine allzu schwerwiegende Belastung darstelle, diese vielmehr über eine gewisse mit geringem Zeitaufwand verbundene Belästigung nicht hinausgehe, überwiege vorliegend das öffentliche Vollzugsinteresse das private Verschonungsinteresse, so dass die sofortige Vollziehbarkeit anzuordnen gewesen sei. Die sofortige Vollziehung habe angeordnet werden müssen, weil gerade durch die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet worden seien. Die Schäden, Gefahren und Nachteile für die Allgemeinheit, insbesondere für die anderen Verkehrsteilnehmer, seien bei Nichtfeststellung des Verursachers von Verkehrsverstößen so erheblich, dass sie das Interesse, von der ihn belastenden Führung eines Fahrtenbuches für das erwähnte Fahrzeug bis zur Bestandskraft dieser Verfügung frei zu bleiben, erheblich überwögen.

    Gegen die seinem Verfahrensbevollmächtigten am 15.10.2019 zugestellte Verfügung legte der Antragsteller beim Antragsgegner am 22.10.2019 Widerspruch ein. Am gleichen Tag hat er bei Gericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt. Unter Bezugnahme auf seinen Vortrag im Verwaltungsverfahren trägt er zur Begründung im Wesentlichen vor, eine Entscheidung des Landesverfassungsgerichtshofs habe aufgrund der Landesverfassung des Saarlandes unmittelbare Bindungswirkung für die Gerichte und Behörden. Da keine verwertbare Messung vorliege, mangele es an der gemäß § 31a StVZO notwendigen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften, so dass bereits der zugrunde liegende Verwaltungsakt rechtswidrig sei und daher die Voraussetzungen einer Sofortvollzugsanordnung ebenfalls nicht vorlägen. Weiterhin wurde Bezug genommen auf eine „Allgemeine Stellungnahme zu Messungen mit PoliScan“. 

    Ergänzend trägt er vor, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes betreffe nicht nur die Verwertbarkeit mit dem Gerät Traffistar S 350, sondern alle Geräte, welche die Rohmessdaten nicht speicherten, eben auch das hier verwendete Gerät PoliScan Speed. Es gehe nicht um eine gerätespezifische Problematik oder das sog. standardisierte Messverfahren als solches, sondern um die Verletzung von Verfahrensgrundrechten durch willkürliche Nicht-Zurverfügungstellung von Rohmessdaten, welche eine Plausibilisierung der Messung unmöglich mache. Trotz entsprechender Möglichkeit der Hersteller der betroffenen Geräte würden nämlich die sog. Rohmessdaten, welche in den früheren Software-Versionen gespeichert worden seien, nun nicht mehr gespeichert, ohne dass es dafür einen Grund gebe. Dies habe der Landesverfassungsgerichtshof des Saarlandes in seiner Entscheidung auch so dargestellt, welche ausdrückliche Bindungswirkung über den entschiedenen Einzelfall hinaus entwickele; dies ergebe sich aus § 10 Abs. 1 SVerfGhG und müsse von allen saarländischen Gerichten und Verwaltungsbehörden beachtet werden.  Bezüglich des gegenständlich verwendeten Messgeräts Vitronic PoliScan Speed werde außerdem auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Saarbrücken hingewiesen,  das im Zuge der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs aufgrund der Bindungswirkung ein entsprechendes Ordnungswidrigkeitsverfahren eingestellt habe, nachdem die dort streitgegenständliche Messung als unverwertbar zu werten gewesen sei. Darüber hinaus handele es sich nicht um „möglicherweise verfahrensfehlerhaft ermittelte Verkehrsverstöße“, sondern um eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten, welche von jeder Stelle, auch und insbesondere Behörden, jederzeit zu beachten sei. Hier würden eklatant Verfahrensgrundrechte, welche der effektiven Verteidigung und dem Recht auf ein faires Verfahren dienten, verletzt. Das Vorgehen der Behörde diene auch gerade nicht der Gefahrenabwehr, da eine zugrunde liegende Gefahr gar nicht bestehe. Es fehlten die Voraussetzungen für eine Fahrtenbuchauflage, da ein Verkehrsverstoß gerade nicht vorliege. Das behördliche Vorgehen sei willkürlich und damit rechtswidrig. Es stehe gerade nicht fest, dass ein Verkehrsverstoß überhaupt begangen sei. Die Messung sei unverwertbar aufgrund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes Lv 7/17. Wenn keine verwertbaren Messergebnisse vorlägen, könne ein Verkehrsverstoß schon gar nicht feststehen. Es spiele keine Rolle, ob Zweifel an der Messung vorgebracht würden, weil gerade eine auch nur Plausibilisierung der Messergebnisse mangels Speicherung der Rohmessdaten nicht möglich sei, so dass es dem Betroffenen gar nicht möglich sei, seine Zweifel an der Messung zu substantiieren. Es fehle an den Voraussetzungen für eine Fahrtenbuchauflage.

    Der Antragsteller beantragt,
    die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Anordnung des Führens eines Fahrtenbuchs nebst Anordnung der sofortigen Vollziehung des Antragsgegners vom 11.10.2019 wiederherzustellen.

    Der Antragsgegner beantragt,
            den Antrag abzulehnen.

    Er hält die Anordnung der Fahrtenbuchauflage für rechtmäßig. Eine Zuwider-handlung gegen Verkehrsvorschriften im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO liege vor. Die Geschwindigkeitsmessung sei im Verwaltungsverfahren zur Anordnung einer Fahrtenbuchauflage verwertbar. Die vom Antragsteller angeführte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes betreffe zunächst nur die Verwertbarkeit der Geschwindigkeitsmessung durch das Gerät Traffistar S 350, nicht des hier streitgegenständlichen Gerätes Vitronic PoliScan FM1. Selbst für den Fall, dass das Gerät die Rohmessdaten ähnlich wie das Gerät Traffistar S 350 nicht speichere, folge daraus kein Verwertungsverbot für das Verwaltungs-verfahren zur Anordnung einer Fahrtenbuchauflage. Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes habe für Messungen mit dem Geschwindigkeitsmessgerät Traffistar S 350 ein Verwertungsverbot nur hinsichtlich des Ordnungswidrigkeits-/Strafverfahrens festgestellt. Die Verwertbarkeit im Verwaltungsverfahren sei nicht Gegenstand dieser Entscheidung gewesen. Das darin ausgesprochene Beweisverwertungsverbot für das Strafverfahren sei darüber hinaus nicht auf das Verwaltungsverfahren übertragbar. Eine solche Übertragung von Beweisverwertungsverboten sei nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht ohne weiteres möglich.  Zwar müsse die Behörde im Verwaltungsverfahren bei ihren Ermittlungstätigkeiten die sich aus Gesetzen, allgemeinen Verfahrensgrundsätzen und Grundrechten ergebenden Grenzen beachten. Ein ausdrückliches Verwertungsverbot sehe die StVZO für rechtswidrig erlangte Erkenntnisse über begangene Verkehrszuwiderhandlungen aber nicht vor. An das der Gefahrenabwehr dienende Verwaltungsverfahren könnten nicht ohne weiteres die gleichen Maßstäbe wie im repressiven Bereich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts gestellt werden. Hier bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Abwendung von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs und damit auch daran, möglicherweise verfahrensfehlerhaft ermittelte Verkehrsverstöße zur Grundlage ordnungsrechtlicher Anordnungen zu machen. Soweit verfahrens-rechtliche Mängel in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren zulasten des staatlichen Verfolgungsinteresses durchschlügen, müsse deshalb das gleiche nicht für das nachfolgende Verfahren über die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage gelten. Die fehlende Abhängigkeit sei auch erkennbar an dem Umstand, dass das Berufen auf ein Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegenstehe. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass, wenn sich die Messung nicht für das Ordnungswidrigkeitsverfahren mit hinreichender Sicherheit als korrekt darstelle, dieses auch nicht Anknüpfungs-punkt für eine Fahrtenbuchauflage sein könne. Die Schwelle für eine Verurteilung im Strafverfahren sei die volle Überzeugung des Strafgerichts, d.h. es müsse ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit vorliegen, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lasse. Im Gefahrenabwehrrecht sei für Maßnahmen dagegen der Gefahrbegriff maßgeblich. Danach könne bereits eine hinreichende Wahrscheinlichkeit zur Überschreitung der Eingriffsschwelle aus-reichen. Darüber hinaus schütze das Beweisverwertungsverbot den Betroffenen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens. Hier sei indes der Rechtskreis des Halters eines Kraftfahrzeugs betroffen, der gerade nicht wegen einer Ordnungswidrigkeit verfolgt werde. Auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen habe entschieden, dass es im Verwaltungsverfahren - anders als im Strafprozess - genüge, wenn mit hinreichender Sicherheit die Begehung eines Verkehrsverstoßes feststehe;  nach dieser Entscheidung lasse auch das Fehlen von Rohmessdaten nicht schon für sich genommen die Schlussfolgerung zu, dass der vorgeworfene Verkehrsverstoß nicht mit der für den Erlass einer Fahrtenbuchauflage erforderlichen Sicherheit feststehe, wenn der Fahrzeughalter nicht auf Unstimmigkeiten der Messung oder der Dokumentation hinweise. Vorliegend habe der Antragsteller weder Zweifel an der Validität der Messung vorgetragen noch seien solche erkennbar.

    II.

    Der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 11.10.2019 ist im Hinblick auf den gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordneten Sofortvollzug nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 und Satz 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

    Der Antrag ist indes unbegründet.

    Die vom Gericht zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung schriftlich hinreichend begründet wurde (§ 80 Abs. 3 VwGO) und ob es gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen der Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem derzeitigen Erkenntnisstand offensichtlich aussichtslos ist; umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht des Widerspruchs das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. 

    Der Antragsgegner hat das aus seiner Sicht bestehende besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Verfügung in einer den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise dargelegt. Insoweit ist zu beachten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichtsbarkeit für die Begründung des Sofortvollzugs einer Fahrtenbuchauflage genügt, auf die typische Interessenlage abzustellen. Denn § 31a StVZO gehört zu den Vorschriften, bei denen zur Abwehr von Gefahren für typische Gemeinschaftsgüter, nämlich die Ordnung und Sicherheit des öffentlichen Verkehrs, das besondere öffentliche Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im Regelfall mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsakts zusammenfällt. Durch die Fahrtenbuchauflage soll dabei nicht nur sichergestellt werden, dass künftig mit dem Kraftfahrzeug begangene Verkehrsverstöße während der Dauer der Fahrtenbuchauflage geahndet werden können; die Führung eines Fahrtenbuchs trägt auch dazu bei, dass derartige Verstöße künftig überhaupt unterbleiben, weil es sich auf die Verkehrsdisziplin eines Fahrzeugführers positiv auswirkt, wenn er damit rechnen muss, wegen der durch die Fahrtenbuchauflage feststellbaren Fahreridentität für jeden Verkehrsverstoß zur Verantwortung gezogen zu werden. Die Behörde kann sich daher bei der Abwägung zwischen den beteiligten Interessen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falls die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall ist. Dementsprechend ist den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO bei der Anordnung des Sofortvollzugs einer Fahrtenbuchauflage bereits dann in der gebotenen Weise Rechnung getragen, wenn die Begründung der Anordnung - wie vorliegend - erkennen lässt, dass die Behörde diese Gesichtspunkte bei ihrer Interessenabwägung berücksichtigt hat.

    Damit erfüllt die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs die formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Bei Vorliegen einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechenden Begründung der Vollzugsanordnung hat das Gericht keine inhaltliche, gegebenenfalls am Maßstab von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder § 114 VwGO ausgerichtete Rechtmäßigkeitsprüfung der Vollzugsanordnung, sondern allein eine an dem Ergebnis einer summarischen Vorausbeurteilung der Hauptsache ausgerichtete eigene Interessenabwägung vorzunehmen.

    Unter Berücksichtigung der eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geht die Kammer auch davon aus, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 11.10.2019 keine Aussicht auf Erfolg hat, da die ihm auferlegte Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuchs offensichtlich rechtmäßig ist.

    Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung ist § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Danach kann die zuständige Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.

    Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die am 10.12.2018 festgestellte Überschreitung der außerhalb einer geschlossenen Ortschaft zulässig gewesenen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 41 km/h (nach Toleranzabzug) durch den Fahrer bzw. die Fahrerin des auf den Antragsteller zugelassenen Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen xxxxx stellt einen Verkehrsverstoß dar, der auf der Grundlage des § 31a StVZO auch unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage rechtfertigt.

    Nach dem Wortlaut von § 31a StVZO würde jeder noch so geringfügige Verstoß gegen eine Verkehrsvorschrift für die Anordnung eines Fahrtenbuches ausreichen. Die Behörde hat aber - wie bei allen Ordnungsverfügungen - den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.  Deshalb reicht ein einmaliger Verkehrsverstoß nicht aus, wenn er als unwesentlich anzusehen ist, er sich nicht verkehrsgefährdend auswirken kann und auch keinen Schluss auf die Unzuverlässigkeit des Kraftfahrers zulässt. 

    Eine Geringfügigkeit in diesem Sinne liegt hier aber ersichtlich nicht vor. Für die erforderliche Gewichtung des betreffenden Verkehrsverstoßes ist regelmäßig das Punktesystem des § 4 StVG in Verbindung mit der Anlage 13 zu § 40 FeV heranzuziehen, weil in diesem in rechtlich verbindlicher Weise eine typisierende Bewertung von Verkehrsverstößen nach dem Maß ihrer Gefährlichkeit vorgegeben wird. Dabei ist anerkannt, dass bereits die erstmalige Begehung eines wenigstens mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes hinreichenden Anlass für eine Fahrtenbuchauflage geben kann, ohne dass es auf die Gefährlichkeit des Verkehrsverstoßes erhöhende Umstände im Einzelfall ankommt.

    Anlass der Fahrtenbuchauflage war eine Verkehrszuwiderhandlung, die - als nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeit - nach dem Bußgeldkatalog mit einer Geldbuße von 160.- € und einem Eintrag von zwei Punkten in das Verkehrszentralregister sowie einem Fahrverbot von einem Monat zu ahnden gewesen wäre (Ziff. 2.2.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV i.V.m. Buchst. c Nr. 11.3.7 der Tabelle 1 des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Bußgeldkatalog-Verordnung). Die unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit für eine Fahrtenbuchauflage zu fordernde Voraussetzung, dass ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht gegeben ist und nicht nur ein einmaliger, unwesentlicher Verstoß festgestellt wurde, der sich weder verkehrsgefährdend auswirken kann noch Rückschlüsse auf die charakterliche Unzuverlässigkeit des Kraftfahrers zulässt, ist durch die Begehung eines wie im vorliegenden Fall mit zwei Punkten bewerteten Verkehrsverstoßes zweifellos erfüllt. In der Rechtsprechung war insoweit geklärt, dass bereits bei der bis zum 30.04.2014 geltenden Fassung der einschlägigen Anlage zur Fahrerlaubnisverordnung das für die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs vorausgesetzte Gewicht eines Verkehrsverstoßes regelmäßig bei Ordnungswidrigkeiten anzunehmen ist, die mit mindestens einem Punkt bewertet wurden.  Dies gilt erst recht für die zum 01.05.2014 in Kraft getretene Neufassung der Anlage 13 zu § 40 der Fahrerlaubnis-Verordnung (hier in der Änderungsfassung vom 09.05.2018), nach der auch sehr schwere Verkehrsverstöße mit maximal zwei Punkten bewehrt sind (und nur schwerste Verstöße wie beispielsweise eine fahrlässige Tötung mit drei Punkten). Da zugleich die Fahrerlaubnis seit der Umstellung des Punktesystems nun nicht mehr erst mit 18 Punkten entzogen wird (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F.), sondern bereits dann, wenn sich acht oder mehr Punkte im Fahreignungsregister ergeben (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG in der Fassung vom 28.08.2013), ist das erforderliche Gewicht eines Verkehrsverstoßes nunmehr für jeden Fall offensichtlich, in dem die Ordnungswidrigkeit mit mindestens einem Punkt bewertet wird.  Daher fordert § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO weder, dass der begangene Geschwindigkeitsverstoß zu einer irgendwie gearteten konkreten Gefährdung geführt hat, noch dass er im Rahmen eines Verbrechens, eines Vergehens oder einer sonstigen Straftat begangen wurde oder es sich um eine Flucht gehandelt hat. Auch wäre es nicht erforderlich, dass der Verkehrs-verstoß mit einem Fahrverbot zu ahnden gewesen wäre. Vielmehr reicht ein einmaliger Geschwindigkeitsverstoß mit dem entsprechenden Gewicht aus. Dass der hier in Rede stehende Verkehrsverstoß alles andere als unwesentlich und geringfügig war, ergibt sich also bereits daraus, dass die Tat mit zwei Punkten zu bewerten gewesen wäre.

    Des Weiteren ist - zumindest für die hier in Rede stehende Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches - davon auszugehen, dass geeichte Geschwindigkeitsmessgeräte mit Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte für eine Fehlfunktion oder unsachgemäße Bedienung hinreichend verlässlich Beweis für eine Geschwindigkeitsüberschreitung erbringen.  Soweit sich der Antragsteller demgegenüber auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes  stützt, nach der eine Geschwindigkeitsmessung mit einem Gerät des Typs TraffiStar S 350 im Bußgeldverfahren unverwertbar sei, weil die Geräte nicht alle Messdaten speicherten und daher eine zuverlässige nachträgliche Überprüfung nicht mehr möglich sei, folgt die obergerichtliche Rechtsprechung in anderen Bundesländern dieser Entscheidung ganz überwiegend und mit bedenkenswerten Gründen nicht;  unabhängig von der Frage deren Bindungswirkung für saarländische Gerichte und Verwaltungsbehörden (§ 10 Abs. 1 SVerfGHG) im Rahmen der An-wendung (hier: materieller öffentlich-rechtlicher) bundesrechtlicher Vorschriften  bzw. deren Reichweite stößt sie überdies in der Literatur auf substantiierte Kritik.

    Im Übrigen erfolgte die Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung fallbezogen nicht mit einem der angeführten Rechtsprechung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs zugrundeliegenden Gerät des Typs TraffiStar S 350, sondern mit dem Messgerät Vitronic PoliScan FM1, das von der ganz überwiegenden Rechtsprechung als Radargerät für standardisierte Messverfahren anerkannt ist. So dürfte namentlich mit der Rechtsprechung unter anderem des Oberlandesgerichts Zweibrücken davon auszugehen sein, dass bei dem hier in Rede stehenden Messgerät Vitronic PoliScan Speed FM1 das Messergebnis aufgrund gesicherter Rohmessdaten im Sinne der Rechtsprechung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs grundsätzlich überprüfbar ist.  Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer vom Antragsteller angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken, in der diese Frage entgegen dem antragstellerischen Vortrag letztlich offengelassen und der amtsgerichtlichen Klärung in künftigen Fällen überantwortet wurde. Hinzu kommt, dass sich vorliegend sowohl der amtliche Eichschein für das Gerät als auch das Schulungszertifikat des Herstellers Vitronic für den verantwortlichen Polizeioberkommissar in der Verwaltungsakte befinden. 

    Letztlich kann all dies aber hier dahinstehen. Denn die angeführte Entscheidung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs greift unabhängig davon fallbezogen schon deshalb nicht, weil vorliegend nicht die Verhängung eines Bußgeldes, sondern einer Fahrtenbuchauflage in Rede steht. Nach der Rechtsprechung der Kammer stellt nämlich die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches keine Strafe dar, sondern eine Maßnahme zur vorbeugenden Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs, mit der dafür Sorgen getragen werden soll, dass bei künftigen Verkehrsverstößen die Feststellung des Fahrers und damit die Ahndung anders als im Anlassfall ohne Schwierigkeiten möglich ist. 

    Dabei sieht sich die Kammer in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Judikatur. So muss etwa nach der gefestigten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen  zwar die Behörde, die die Auferlegung eines Fahrtenbuchs prüft, ebenso wie das Verwaltungsgericht in einem sich anschließenden Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage alle (objektiven) Tatbestandsmerkmale der Bußgeld- bzw. Strafvorschrift selbständig prüfen. Dabei genügt es aber - anders als im Strafprozess -, wenn mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass ein Verkehrsverstoß begangen worden ist. In Verfahren betreffend den Erlass einer Fahrtenbuchauflage verpflichtet der Amtsermittlungsgrundsatz die Behörde daher nicht, ohne konkreten Anlass gewissermaßen „ins Blaue hinein“ das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung zu hinterfragen. Geschwindigkeitsmessergebnisse, die mit amtlich zugelassenen Geräten in standardisierten Verfahren gewonnen werden, dürfen dabei nach Abzug der Messtoleranz von Behörden und Gerichten im Regelfall ohne Weiteres zu Grunde gelegt werden; mögliche Fehlerquellen brauchen in einem solchen Fall nur erörtert zu werden, soweit der Einzelfall dazu konkrete Veranlassung gibt. Aber auch, wenn kein standardisiertes Messverfahren angewandt wurde, ist dies erst dann geboten, wenn von dem Fahrzeughalter Unstimmigkeiten der Messung aufgezeigt werden oder sie sich der Behörde aufdrängen müssen. Wenn ein Halter, der ein Fahrtenbuch führen soll, den begangenen Verkehrsverstoß als solchen bestreitet, muss er im Verwaltungs- oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren substantiierte Angaben machen, die seine Schilderung plausibel erscheinen lassen.

    Von einer fehlenden Plausibilität der Messung kann vorliegend freilich gerade nicht die Rede sein. Weder weckt die aktenkundige Dokumentation Zweifel an der Geschwindigkeitsmessung noch hat der Antragsteller solche substantiiert vorgebracht.

    Sein Vorbringen beschränkt sich auf den nach dem Vorstehenden nicht genügenden Einwand, das Messverfahren mit dem Gerät Vitronic PoliScan FM 1 entspreche mangels einer Speicherung von Rohmessdaten in rechtlicher Hinsicht von vornherein nicht den Anforderung an eine ordnungsgemäße Geschwindigkeitsmessung. Er hinterfragt also das Messergebnis der Geschwindigkeitsmessung ohne konkreten tatsächlichen Anlass und ohne etwaige Unstimmigkeiten der Messung aufzuzeigen, also gewissermaßen allein „ins Blaue hinein“. Damit hat der Antragsteller aber gerade nicht substantiiert dargetan, dass der Verkehrsverstoß streitig ist, was jedoch nach den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung erforderlich gewesen wäre. 

    Soweit der Antragsteller ferner rügt, infolge einer behaupteten Unzugänglichkeit der Rohmessdaten das Messergebnis überhaupt nicht hinreichend in Frage stellen zu können, bleibt er mit diesem Einwand ebenfalls ohne Erfolg. Abgesehen davon, dass es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, sich mit der aktenkundigen Dokumentation der Geschwindigkeitsmessung konkret auseinanderzusetzen, geht aus dem vom Antragsgegner vorgelegten Eichschein der Hessischen Eichdirektion vom 25.09.2018 hervor, dass das hier zum Einsatz gekommene Messgerät Vitronic PoliScan FM1 Nr. 783904 den Anforderungen des § 37 Abs. 4 des Mess- und Eichgesetzes entspricht, die bei den Messungen verwendeten Normale auf die nationalen Normale bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt rückgeführt sind und die Eichfrist (erst) am 31.12.2019 endet.  Dem ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten. Überdies hat er sich im Ordnungswidrigkeitsverfahren nicht etwa auf Fehler des Messvorgangs berufen, sondern von vornherein jegliche Kooperation verweigert (und noch nicht einmal ein etwaiges Zeugnisverweigerungsrecht geltend gemacht).  Die Befragung der Fahrerin oder des Fahrers, die/der ihm nach den Umständen offenbar bekannt sein musste und deren/dessen Kenntnis er auch zu keinem Zeitpunkt bestritten hat, hätte hingegen ebenfalls Erkenntnisse über eine etwaige Fehlmessung ergeben können.  Dass er sich dieser Chance zur Wahrnehmung seiner Verfahrensrechte, offenbar in Verkennung der Reichweite der angeführten Rechtsprechung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs, begeben hat, geht mit ihm heim.

    Die Feststellung des für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Fahrers bzw. der verantwortlichen Fahrerin war vorliegend auch im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn die Ermittlungsbehörden nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage waren, den Täter innerhalb der Verjährungsfrist (hier der dreimonatigen Verfolgungsverjährung nach § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. §§ 31 ff. OWiG) zu ermitteln, obwohl die angemessenen und zumutbaren Ermittlungsmaßnahmen unternommen worden sind. Für die Beurteilung der Angemessenheit des erforderlichen Ermittlungsaufwands kommt es wesentlich darauf an, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Dabei dürfen Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Behörde sich an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten. Ist der Fahrzeughalter erkennbar nicht gewillt, an der Aufklärung der Verkehrszuwiderhandlung mitzuwirken, so ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. Weitere Ermittlungen können in einer solchen Situation nur ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn Verdachtsmomente vorliegen, die in eine bestimmte Richtung deuten und eine Aufklärung auch ohne Mitwirkung des Fahrzeughalters aussichtsreich er-scheinen lassen.

    Davon ausgehend hat die Bußgeldbehörde im konkreten Fall alle ihr nach den Gegebenheiten zumutbaren und auch angemessenen Versuche zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers zum Tatzeitpunkt unternommen. Der Antragsteller hatte den ihm übersandten und eindeutig als Zeugenfragebogen bezeichneten Anhörungsbogen nicht beantwortet. Die anschließende Anhörung seiner Ehefrau im Bußgeldverfahren blieb ebenso ohne Ergebnis wie die Anforderung deren Vergleichsfotos bei der örtlichen Einwohnermeldebehörde und ein Ermittlungsersuchen bei der zuständigen Polizeiinspektion.

    Damit hat die Bußgeldbehörde alle „angemessenen und zumutbaren“ Maßnahmen ergriffen, die im Regelfall gewöhnlich zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers führen. Dass es letztlich nicht hierzu gekommen ist, ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass der Antragsteller seiner Verpflichtung, als Halter des Fahrzeugs aktiv bei der Ermittlung des Fahrzeugführers mitzuwirken, nicht nachgekommen ist.  Dabei ist es unerheblich, ob auf Grund der Qualität des bei der Geschwindigkeitsmessung erfolgten Lichtbilds eine Identifizierung des Fahrers bzw. der Fahrerin einwandfrei möglich gewesen wäre. Denn er hat jegliche Angaben zu dieser Person verweigert. Damit steht fest, dass der Antragsteller an der Ermittlung des Fahrers bzw. der Fahrerin nicht mitgewirkt hat und den Kreis der Personen, die das Fahrzeug benutzen, weder gegenüber der Bußgeldstelle noch gegenüber der Polizei in irgendeiner Weise eingeschränkt hat. Allerdings muss sich der sich auf ein Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht berufende Fahrzeughalter nicht nur aufgrund des ausdrücklichen Hinweises am Ende des Anhörungsschreibens der Bußgeldstelle darüber im Klaren sein, dass die Verweigerung der Aussage ihm als fehlende Mitwirkung bei der Feststellung des verantwortlichen Fahrers entgegengehalten werden kann. Denn ein doppeltes „Recht“, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitsverfahren die Aussage zu verweigern und andererseits trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers zugleich von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches „Recht“ widerspräche dem Zweck des § 31a StVZO, der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen.

    Angesichts des gegebenen schweren Verkehrsverstoßes verstößt die Anordnung der Fahrtenbuchauflage für die Dauer von sechs Monaten offenkundig auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es ist namentlich ermessensgerecht, wenn je nach Schwere des Verkehrsverstoßes unterschiedliche lange Fahrtenbuchauflagen angeordnet werden.  Bei einer Geschwindigkeitsübertretung von 41 km/h außerhalb einer geschlossenen Ortschaft, die nach dem Punktesystem mit zwei Punkten bewehrt ist, ist eine Dauer von sechs Monaten (mehr als) gerechtfertigt;  zumindest verletzt die in Anbetracht der Schwere des Verkehrsverstoßes überaus milde Dauer der Fahrtenbuchauflage keine Rechte des Antragstellers. Deshalb wird nur ergänzend darauf hingewiesen, dass in der Rechtsprechung seit der Reform des früheren Punktesystems und der Schaffung des Fahreignungs-Bewertungssystems ab dem 01.05.2014 keine Bedenken gesehen werden, dass selbst bei mit lediglich einem (neuen) Punkt bewerteten Verstößen regelhaft 12 Monate bei Erstverstößen und 24 Monate bei Wiederholungsfällen als verhältnismäßig angesehen werden.

    Die Erstreckung der Auflage auf ein etwaiges Ersatzfahrzeug findet im Gesetz insoweit eine Ermächtigungsgrundlage, als der Fahrzeughalter nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO verpflichtet werden kann, für auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge ein Fahrtenbuch zu führen. Die dem Antragsteller für das zu führende Fahrtenbuch aufgegebenen Angaben finden ihre Grundlage in § 31a Abs. 2 StVZO.

    Auch die weitere im angegriffenen Bescheid ausgesprochene Verpflichtung, das Fahrtenbuch noch sechs Monate nach Ablauf der Zeit aufzubewahren, für die es geführt wird, und es den zuständigen Personen auf Verlangen jederzeit zur Prüfung auszuhändigen, ist rechtmäßig, da sie der Regelung des § 31a Abs. 3 StVZO entspricht. Gleiches gilt für die Verpflichtung, das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder sonst zuständigen Personen zur Prüfung auszuhändigen, was auch die bereits in der angegriffenen Verfügung festgesetzten Vorlagetermine beim Antragsgegner umfasst.

    Gegen die Zwangsgeldandrohung und die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr nebst Auslagen sind Bedenken weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

    Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.

    Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und erfolgt in Anlehnung an Ziff. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach ein Betrag von jeweils 400.- € je Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage in Ansatz zu bringen ist; der hiernach in der Hauptsache anzunehmende Streitwert von 2.400.- € ist sodann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in Saarlouis zu.

    Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht des Saarlandes, Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740 Saarlouis innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der für den elektronischen Rechtsverkehr mit dem Verwaltungsgericht geltenden Regelungen einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.


    Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740 Saarlouis, schriftlich oder in vorbezeichneter elektronischer Form einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

    Gegen die in dieser Entscheidung enthaltene Festsetzung des Streitwerts steht den Beteiligten oder sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt.

    Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht des Saarlandes, Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740 Saarlouis schriftlich, in vorbezeichneter elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

    Die Beschwerde ist nur bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder anderweitiger Erledigung zulässig.

    Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren sowie bei Streitwert-, Gegenstandswertbeschwerden und in Kostenverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte und die in § 67 Abs. 4 Sätze 3, 4 und 7 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen.