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  • 25.10.2006 · IWW-Abrufnummer 062369

    Landgericht Coburg: Urteil vom 11.01.2006 – 12 O 751/05

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    12 O 751/05

    IM NAMEN DES VOLKES!

    Endurteil

    In dem Rechtsstreit XXX

    wegen Leistung aus Kaskovers.

    hat der Einzelrichter der 1. Zivilkammer des Landgerichts Coburg, Richter am Landgericht XXX, auf grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2006 für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand:

    Die Klägerin begehert von der beklagten Versicherung Leistungen aus einer Kraftfahrtversicherung wegen Beschädigung des Fahrzeugs durch Unfall.

    Die Klägerin war Eigentümerin des Fahrzeugs der Marke XXX mit dem amtlichen Kennzeichen XXX. Für diesen Pkw schloss die Klägerin bei der Beklagten am 17.5.2004 (Anlage K 6)/2.6.2004 (Anlage K 5a) einen Fahrzeugvollversicherungsvertrag mit 300 EUR Selbstbeteiligung unter der Nr. XXX für den Zeitraum 18.5.2004 bis 1.1.2005 ab. Dem Versicherungsverhältnis lagen unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB), Stand 1.4.2004, zugrunde. In § 2 a der AKB ist der Geltungsbereich für die Versicherung festgelegt. Darin heißt es:
    "Die Kraftfahrtversicherung gilt für Europa und für die außereuropäischen Gebiete, die zum Geltungsbereich des Vertrages über die europäische Gemeinschaft gehören. ....?

    In dem Versicherungsschein vom 2.6.2004 (Anlage K 5 a) -heißt es unter dem Punkt "Informationen zum Vertrag und/oder Beitrag" auszugsweise:

    ?(Für den asiatischen Teil der Türkei besteht Versicherungsschutz in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ebenfalls mit den in diesem Vertrag vereinbarten Versicherungssummen. In der Fahrzeug-, Kraftfahrt-Unfall- und Gepäckversicherung besteht aber dort kein Versicherungsschutz)".

    Auf Anlage K 5 a wird Bezug genommen.

    Nachdem die Klägerin im Sommer 2004 beabsichtigte, mit dem vorgenannten XXX in die Türkei zu fahren, erhielt sie von der Beklagten eine grüne Versicherungskarte, bei der das Länderkürzel "TR" nicht gestrichen war.

    Am 23.7.2004 Wurde das Fahrzeug der Klägerin bei einem Verkehrsunfall, der sich in Canakale (Biga), im asiatischen Teil der Türkei, ereignete, beschädigt.

    Mit Anzeigeformular vom 28.7.2004 meldete die Klägerin den Schaden bei der Beklagten (Anlage B 5).

    Mit Anwaltsschreiben vom 16.9.2004 ließ die Klägerin die Beklagte auffordern, bis zum 30.9.2004 "die Eintrittspflicht im Rahmen des Kraftfahrtversicherungsvertrages... zu erklären und das Fahrzeug durch einen Sachverständigen zur Ermittlung der Schadenshöhe begutachten zu lassen." (Anlage 'K 3) .

    Mit Schreiben vom 4.10.2004 lehnte die Beklagte die Regulierung des Kaskoschadens ab (Anlage B 3) .

    Nach dem von der Beklagten eingeholten Schadensgutachten der XXX vom 21.10.2004 betrug der Wiederbeschaffungswert des klägerischen XXX brutto 22.800,00 EUR, der Restwert 6.800,00 EUR (vgl. Anlage K 1).

    Mit der Klage begehrt die Klägerin die Differenz aus Bruttowiederbeschaffungswert und Restwert abzüglich Selbstbeteiligung, insgesamt 15.700,00 EUR. Sie stützt ihre Klage auf folgende Gesichtspunkte:

    Die Beklagte habe sie nicht darauf hingewiesen, dass die Kraftfahrzeugversicherung nicht für den asiatischen Teil der Türkei gelte, obwohl die Beklagte - dies ist unbestritten - gewußt habe, dass sie - die Klägerin - in den asiatischen Teil der Türkei fahre. Die Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin XXX habe ihr im Gegenteil ausdrücklich erklärt, dass der Versicherungsschutz in der gesamten Türkei gelte. Die hier entscheidende Klausel nach § 2 a Abs. 1 Satz 1 AKB sei zudem intransparent. Ein angebliches Schreiben der Beklagten vom 23.6.2004, in dem der Hinweis auf den Haftungsausschluss der Kraftfahrzeugversicherung im asiatischen Teil der Türkei enthalten gewesen sein soll, habe sie nicht erhalten. Außerdem sei - unbestritten - in der grünen Versicherungskarte die Türkei aus der Liste der Länder, für die Versicherungsschutz bestehe, nicht gestrichen worden.

    Die Klägerin beantragt daher zu erkennen:

    Die Beklagte zu verurteilen; an die Klägerin 15.700,00 EUR zzgl. gesetzlicher Verzinsung von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.10.2004 zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt
    Klageabweisung.

    Sie trägt im Wesentlichen vor:
    Ein Anspruch aus dem Fahrzeugversicherungsvertrag bestehe nicht. Gem. § 2 a AKB sei der asiatische Teil der Türkei nicht vom Geltungsbereich des Versicherungsvertrages erfasst. Eine individuelle Erweiterung des Versicherungsschutzes im örtlichen Geltungsbereich habe es nicht gegeben. Die Klägerin sei von der Zeugin XXX ausdrücklich in einem Gespräch darauf hingewiesen worden, dass im asiatischen Teil der Türkei nur Versicherungsschutz in. der Kfz-Haftpflichtversicherung bestehe, in der Vollkasko dagegen .nicht. Die Zeugin habe die Klägerin zusätzlich mit Schreiben vom 23.6.2004 (Anlage B 2) hierauf hingewiesen. Da das Schreiben nicht in Rücklauf gekommen sei, müsse es die Klägerin auch erhalten haben; Bereits mit einem Ausdruck aus dem Dokument über den Fahrzeugwechsel vom 28.4.2004 sei die Kläger in deutscher und türkischer Sprache darauf hingewiesen worden, dass sich der Versicherungsschutz nicht auf den asiatischen Teil der Türkei erstrecke. Das Länderkürzel "TR" sei in der grünen Karte deshalb nicht gestrichen worden, da die Klägerin anderenfalls keinen Haftpflichtschutz genossen hätte. Hierauf werde in der grünen Versicherungskarte ausdrücklich hingewiesen.

    Da die Klägerin nach den eigenen Angaben in der Schadensanzeige vom 28.7.2004 vorsteuerabzugsberechtigt sei, habe sie keinen Anspruch auf die im Wiederbeschaffungswert enthaltene Umsatzsteuer .

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen XXX und XXX. Wegen des Ergebnisses und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.1.2006 Bezug genommen.

    Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenteile.

    Entscheidungsgründe:

    I.

    Die zulässige Klage ist nicht begründet.

    Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 15.700,00 EUR besteht weder aus dem Kraftfahrtversicherungsvertrag mit der Beklagten noch unter dem Gesichtspunkt einer Aufklärungspflichtverletzung gem §§ .280 Abs. 1, 241Abs. 2 BGB.

    1. Ein Anspruch aus §§ 1, 49 VVG, 12 Abs. 1 II k AKB in Verbindung mit dem Fahrzeugversicherungsvertrag Nr. XXX besteht nicht, da die Beklagte gem. § 2 a Abs. 1 Satz 1 AKB ihr Leistungsversprechen nur auf Europa und die außereuropäischen Gebiete bezog, die zum Geltungsbereich des Vertrages über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gehören. Vorliegend hat sich der Versicherungsfall unstreitig im asiatischen Teil der Türkei ereignet.

    Entgegen der Auffassung der Klägerin halten die AKB in ihrem hier entscheidenden Teil einer Inhaltskontrolle am Maßstab des Transparenzgebotes (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) stand. Zwar ist der Versicherer gehalten, in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Rechtsposition des Versicherungsnehmers klar und durchschaubar darzustellen. Diesem Gebot hat die Beklagte allerdings genügt. Ihre Versicherungsbedingungen sind unter § 2 a Abs. 1 AKB verständlich und mit der erforderlichen Eindeutigkeit gefasst, wenn sie darin die örtliche Geltung des Versicherungsvertrages auf den Bereich Europas und auf bestimmte außereuropäische Gebiete beschränkt. Die in § 2 a Abs. 1 Satz 1 AKB enthaltene Bestimmung, die Versicherung gelte für die Fahrzeugversicherung nur für Europa und bestimmte außereuropäische Gebiete, lässt beim durchschnittlichen Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnismöglichkeit es ankommt, keine ernsthaften Zweifel daran aufkommen, dass Versicherungsschutz nicht für Schäden gewährt wird, die in einem Gebiet eintreten, das nicht zu Europa gehört, wobei in diesem Zusammenhang auf eine geografische Sichtweise abzustellen ist. Es ist dabei nicht Sache des Versicherers, den Versicherungsnehmer in den Versicherungsbedingungen oder auf sonstige Weise über die genauen geografischen Grenzen Europas in Kenntnis zu setzen. Er darf dieses Wissen beim Versicherungsnehmer voraussetzen oder zumindest erwarten, dass dieser es sich aus eigener Veranlassung verschafft (vgl. BGH im VersR 2005, 824 ff.).

    2. Eine individuelle Erweiterung des Versicherungsschutzes in seinem örtlichen Geltungsbereich gem. § 2 a Abs. 2 Satz 1 AKB liegt für den geltend gemachten Schadensfall nicht vor. Eine solche Vereinbarung wird auch von der Klägerin nicht behauptet.

    3. Schließlich scheidet auch ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Fahrzeugversicherungsvertrag Nr. XXX wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Beklagte aus.

    a) Es besteht in der Literatur und in der Rechtsprechung Einigkeit, dass den Versicherer Hinweispflichten treffen, wenn für ihn erkennbar wird, dass der Versicherungsnehmer einer Belehrung bedarf, weil er über einen für ihn wesentlichen Vertragsgrund - wie etwa über die Reichweite des bestehenden Versicherungsschutzes - irrige Vorstellungen hat. Eine solche Aufklärung kann ferner dann angezeigt sein, wenn dem Versicherer bekannt wird oder sich ihm zumindest hätte aufdrängen müssen, dass der Versicherungsnehmer sich mit dem versicherten Fahrzeug außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages begeben will (vgl. BGH a.a.O.).

    b) Zur Überzeugung des Gerichts steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass die Beklagte ihren Belehrungspflichten nachgekommen ist. Die Zeugin XXX hat glaubhaft bekundet, den Ehemann der Klägerin am 22.6.2004, als dieser die grüne Versicherungskarte für den anstehenden Türkeiurlaub in der Geschäftsstelle der Beklagten in XXX abgeholt hat, darauf hingewiesen zu haben, dass der Kaskoschutz im asiatischen Teil der Türkei nicht gelte. Die Zeugin XXX hat war eingeräumt, sich an die Einzelheiten des Gesprächs nicht mehr erinnern zu können. Allerdings habe sie den Gesprächsinhalt in der EDV dokumentiert. Anhand ihrer Dokumentation könne sie nachvollziehen, dass der Ehemann der Klägerin berichtet habe, vom 22.7.2004 bis 26.8.2004 in dem asiatischen Teil der Türkei Urlaub machen zu wollen. Sie habe ihn daraufhin über den Geltungsbereich des Kaskoschutzes aufgeklärt. Dies mache sie regelmäßig, sobald sie von einem Versicherungsnehmer von einer Reise in die Türkei Kenntnis erlange. Sie habe den Ehemann der Klägerin auch darauf hingewiesen, dass er von der Beklagten eine schriftliche Belehrung übe den Geltungsbereich des Kaskoschutzes erhalten werde und diese Belehrung samt grüner Versicherungskarte im Schadensfalle vorlegen solle. Zudem hätte sie darauf hingewiesen, dass die grüne Versicherungskarte von dem Versicherungsnehmer unterschrieben werden müsse, um Gültigkeit zu erlangen.

    Demgegenüber hat der Zeuge XXX, Ehemann der Klägerin, behauptet, die Zeugin XXX habe ihm am 22.6.2004 lediglich ohne Belehrung die erforderliche grüne Versicherungskarte ausgehändigt. Er habe ihr mitgeteilt, dass ein Urlaub in der Türkei anstehe. Die Zeugin XXX habe ihm lediglich einen schönen Urlaub gewünscht. Sie habe ihn weder nach dem Urlaubsort in der Türkei gefragt, noch ihm irgendwelche Hinweise auf die Geltung des Kaskoschutzes erteilt.

    Im Gegensatz zu den Angaben der Zeugin XXX war die Aussage des Zeugen XXX wenig glaubhaft. Er hat lediglich pauschal bekundet, keine Hinweise von der Zeugin XXX erhalten zu haben. Die Frage des Gerichts, woher die Zeugin XXX die genaue Reisezeit (22.7.04 -26.8.04) und den Urlaubsort (?Versicherungsnehmer macht Urlaub .bei der Familie. Versicherungsnehmer fährt auch in den asiatischen Teil der Türkei") kannte, konnte er nicht beantworten. Aufgrund der detaillierten Aussage der Zeugin XXX ist das Gericht davon überzeugt, dass der Zeuge XXX als Vertreter der Klägerin belehrt worden ist und dass die Klägerin zudem das Schreiben vom 23.6.2004 (Anlage B 2) auch erhalten hat.

    Mangels Aufklärungspflichtverletzung scheidet somit ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus.

    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus § 709 ZPO.

    RechtsgebietAKBVorschriften§ 2a AKB