30.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242929
Oberlandesgericht Brandenburg: Urteil vom 18.01.2024 – 12 U 144/22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.06.2022 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus, Az.: 2 O 47/18, teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.919,01 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 3.000,00 € seit dem 16.11.2012 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Verkehrsunfallereignisses am XX.XX.2012 auf Höhe des Grundstücks (Straße/Nr.) in (PLZ/Ort) entstanden ist und noch entstehen wird, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den hinter dem Kläger stehenden Rechtsschutzversicherer, die … AG, (Straße/Nr.), (PLZ/Ort) (Schadennummer: …), einen Betrag von 413,64 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in I. Instanz haben der Kläger 83 % und die Beklagte 17 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu 93 % und die Beklagte zu 7 % zu tragen
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
-
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld, materiellen Schadensersatz und auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten in Anspruch, ihm sämtlichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Verkehrsunfallereignisses vom XX.XX.2012 auf der (Straße) in Höhe des Hauses Nr. … in (Ort) entstanden ist und noch entstehen wird. Bei dem Unfall kollidierte der bei der Beklagten haftpflichtversicherte Pkw beim Ausfahren aus einer Grundstücksausfahrt mit dem die Straße mit seinem Motorrad befahrenden Kläger. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit am 22.06.2022 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 3.919,01 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 3.000,00 € seit dem 16.11.2012 sowie an den Rechtsschutzversicherer des Klägers einen Betrag von 413,64 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2018 zu zahlen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch aus §§ 7 Abs. 1, 11 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1, 253 Abs. 1 BGB, § 115 VVG gegen die Beklagte wegen des Unfallereignisses zu. Der Kläger könne ein weiteres Schmerzensgeld i. H. v. 3.000,00 € verlangen. Dabei sei nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. med. … ein Teilabriss der Sehne des Musculus subscapulris in der linken Schulter auf das Unfallereignis zurückzuführen. Die vom Kläger behauptete Dauereinschränkung sei nach den Feststellungen des Sachverständigen jedoch nicht durch den Unfall verursacht, sondern beruhe auf einer erheblichen Vorschädigung der linken Schulter, die auch vor dem Unfall bereits zu Bewegungseinschränkungen geführt habe, ohne dass der Unfall zu einer erkennbaren Verschlechterung geführt habe. Im Hinblick auf die veröffentlichten Vergleichsentscheidungen sei für die Beeinträchtigung ein Schmerzensgeld i. H. v. 5.000,00 € angemessen, auf das die vorgerichtliche Zahlung der Beklagten von 2.000,00 € anzurechnen sei. Der Erwerbsschaden sei dem Kläger nur i. H. v. 698,96 € zu erstatten. Hinsichtlich der Behandlungs-, Medikamenten- und Fahrtkosten sei ein Betrag von 220,05 € zu erstatten. Die weiteren Physiotherapiekosten i. H. v. 81,99 € seien nicht zu zahlen, da deren Unfallkausalität im Hinblick auf die schon vor dem Unfall erfolgte physiotherapeutische Behandlung des Klägers nicht nachgewiesen sei. Hinsichtlich der beschädigten Motorradkleidung könne eine Beweisaufnahme mangels Darlegung von konkreten Anhaltspunkten und Anknüpfungstatsachen nicht erfolgen, sodass es bei der vorgerichtlich geleisteten Summe von 300,00 € bleiben müsse. Ebenso habe der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung, da er hinsichtlich der von ihm behaupteten Fahrtauglichkeit im Zeitraum vom 26.08. bis 09.09.2012 beweisfällig geblieben sei. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten seien i. H. v. 413,64 € unter Berücksichtigung eines Gebührensatzes von 1,3 zu erstatten. Mangels Feststellungsinteresse sei der Feststellungsantrag bereits unzulässig. Im Hinblick auf den 10 Jahre zurückliegenden Unfall sei die Erhebung einer Leistungsklage möglich. Auch habe der Kläger keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, welche etwaigen Schäden er noch für möglich erachte. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 06.07.2022 zugestellte Urteil mit am Montag, dem 08.08.2022 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung bis zum 06.10.2022 mit am 05.10.2022 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger bezieht sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisangeboten. Fehlerhaft habe das Landgericht bei der Bemessung der Schmerzensgeldhöhe nur eine Teilruptur der Sehne des Musculus subscapularis berücksichtigt, obwohl es zu einem vollständigen Abriss gekommen sei. Ebenso habe das Landgericht die vom Sachverständigen bestätigten weiteren Verletzungen - Gehirnerschütterung, Prellung der linken Schulter und des linken Ellbogens, Prellung des linken Kniegelenks, Kreislaufkollaps und Exsikkose - unberücksichtigt gelassen. Auch den Behandlungsablauf und Heilungsverlauf habe das Landgericht nicht einbezogen wie auch sämtliche weitere vorgetragene Beschwerden und Einschränkungen, etwa die im November 2012 noch bestehenden erheblichen Bewegungseinschränkungen, den für 6 Wochen zu tragenden Glichristverband sowie die Einschränkungen im Haushalt, in der Gartenarbeit und beim Sport. Die vom Landgericht herangezogenen Entscheidungen seien zudem mit den vorliegenden Beeinträchtigungen nicht vergleichbar. Zu Unrecht habe das Landgericht hingegen eine Vorerkrankung der linken Schulter berücksichtigt. Es sei nicht dargelegt, dass durch die Vorerkrankung Beeinträchtigungen auch ohne das Unfallereignis entstanden wären. So habe das Landgericht keine Feststellungen dazu getroffen, dass degenerative Vorschäden konkreten Einfluss auf das nach dem Unfall entstandene Beschwerdebild gehabt hätten. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass bei ihm, dem Kläger, auch an der rechten Schulter entsprechende Vorschäden bestanden hätten, die bis heute nicht zu Beeinträchtigungen führen würden. Ebenso sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Landgericht die messbare Einschränkung von 10-20° bei Drehungen im Bereich der Schulter mit der vor dem Unfall gegebenen Bewegungseinschränkung gleichgesetzt habe. Zudem sei die Einschränkung der Beweglichkeit unmittelbar nach dem Unfall deutlich größer gewesen, so habe 5 Monate nach dem Unfall die festgestellte Beweglichkeit bei einer maximalen Abduktion und Anteversion von jeweils 75° gelegen. Zu Unrecht habe das Landgericht Physiotherapiekosten von 81,09 € nicht berücksichtigt. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass das Landgericht die Kosten der Physiotherapie teilweise berücksichtigt habe und teilweise nicht. Entgegen den Ausführungen des Landgerichtes habe er sich auch nicht schon vor dem Unfall in physiotherapeutischer Behandlung befunden. Zudem hätte das Landgericht gegebenenfalls den zum Beleg der Unfallkausalität dieser Kosten angebotenen Zeugen vernehmen müssen. Dies sei verfahrensfehlerhaft unterblieben. Fehlerhaft habe das Landgericht ferner die Nutzungsausfallentschädigung nicht zuerkannt und insoweit den Beweisantrag auf Parteianhörung nicht berücksichtigt. Der Beweisantritt sei nicht verspätet, da ihm zuvor ein Hinweis auf die Beweisbedürftigkeit nicht erteilt worden sei, obwohl das Gericht in der Verfügung vom 04.05.2021 mitgeteilt habe, ein Anspruch auf Nutzungsausfall sei grundsätzlich denkbar. Fehlerhaft habe das Landgericht ferner den geforderten weiteren Betrag für die beschädigte Schutzkleidung nicht berücksichtigt. Das Landgericht hätte dem Beweisantrag nachgehen und das angebotene Sachverständigengutachten einholen müssen. Ein Sachverständiger könne die Schutzkleidung begutachten und deren Wert unabhängig von der Angabe eines Markennamens feststellen. Auch die Abweisung des Feststellungsantrages sei unzutreffend erfolgt. Tatsächlich sei ein Feststellungsinteresse gegeben, weil von einer folgenlosen Ausheilung der Verletzungen nicht ohne weiteres ausgegangen werden könne. Schließlich seien auch weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu berücksichtigen, wobei der Ansatz einer Geschäftsgebühr von 1,8 Gebührensätzen gerechtfertigt sei, da es sich um einen umfangreichen Streit handele. Auch seien seitens der Beklagten vorgerichtlich gegen die Gebührensatzhöhe keine Einwendungen erhoben worden. Zudem stehe es dem Rechtsanwalt frei, seine Gebühren zu bestimmen, sodass diesbezüglich ein Ermessen des Gerichts nicht bestehe.
Der Kläger beantragt,
1. unter Abänderung des am 22.06.2022 verkündeten Urteils des LG Cottbus, Az. 2 O 47/18, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag i. H. v. 25.925,99 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2012 zu zahlen,
2. unter Abänderung des am 22.06.2022 verkündeten Urteils des LG Cottbus, Az. 2 O 47/18, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtlichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Verkehrsunfallereignisses am XX.XX.2012 auf der (Straße/Nr.) in (PLZ/Ort) entstanden ist und noch entstehen wird,
3. unter Abänderung des am 22.06.2022 verkündeten Urteils des LG Cottbus, Az. 2 O 47/18, die Beklagte zu verurteilen, an den hinter ihm stehenden Rechtsschutzversicherer, die … AG, (Straße/Nr.), (PLZ/Ort), Schadennummer: … einen weiteren Betrag i. H. v. 1.619,36 € auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2018 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist ebenfalls auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Sie hält den mit dem Berufungsantrag geltend gemachten Betrag bereits für nicht nachvollziehbar. Nicht zu beanstanden sei die Höhe des vom Landgericht zuerkannten Schmerzensgeldes. Tatsächlich sei es nur zu einer Teilruptur der Sehne des Musculus subscapularis gekommen. Das Landgericht habe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes auch die weiteren Verletzungen des Klägers berücksichtigt und sich zu Recht auf die zitierten Vergleichsentscheidungen bezogen. Dabei sei der Musculus subscapularis Teil der Rotatorenmanschette, sodass deren Verletzung, die Gegenstand der zitierten Vergleichsentscheidungen gewesen sei, deutlich schwerer wiege als die hier vorliegende Teilruptur des Musculus subscapularis. Zutreffend habe das Landgericht die Vorschädigung des Klägers berücksichtigt. Insoweit habe der Sachverständige festgestellt, dass beim Kläger eine langjährige und ausgeprägte Schmerzstörung mit einer nicht näher beschriebenen Funktionseinschränkung der linken Schulter vorgelegen habe, die sich durch den Unfall nicht verschlechtert habe. Der Kläger habe auch im Übrigen keine (zeitlich begrenzte) weitergehende Bewegungseinschränkung dargetan, geschweige denn nachgewiesen. Die vom Kläger behaupteten Einschränkungen bei der Haushaltsführung und der Gartenarbeit seien nicht im Rahmen der Schmerzensgeldbemessung, sondern allenfalls bei der Berechnung eines Haushaltsführungsschadens zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Einschränkungen des Klägers beim Sport fehle es bereits an hinreichend substantiierten Vortrag. Zudem würden die Einschränkungen erstmals in der Berufung geltend gemacht. Zutreffend habe das Landgericht die weiteren Kosten für physiotherapeutische Behandlungen mangels Nachweis von deren Unfallkausalität nicht berücksichtigt. Der als Zeuge benannte Physiotherapeut … könne zur Unfallkausalität keine Angaben machen. Das Beweismittel sei daher bereits ungeeignet. Hinsichtlich der begehrten Nutzungsausfallentschädigung fehle es weiterhin an einem zulässigen Beweismittel. Auch habe das Landgericht zutreffend mangels substantiierten Vortrags des Klägers bezüglich der beschädigten Motorradkleidung einen weiteren Ausgleichsbetrag nicht zugesprochen. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens lägen keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen vor. Zutreffend habe das Landgericht auch die Feststellungsklage abgewiesen. Der Kläger habe ein Feststellungsinteresse nicht dargetan. Es fehle bereits an einem unfallbedingten Dauerschaden beim Kläger. Hinsichtlich der außergerichtlichen Tätigkeit könne der Kläger schließlich lediglich eine Geschäftsgebühr i. H. v. 1,3 Gebührensätzen verlangen.
II.
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist das Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Mit den unter Ziffer I. genannten Rügen macht der Kläger Rechtsfehler geltend, auf denen das angefochtene Urteil beruhen kann (§§ 513, 546 ZPO) und die sämtliche mit der Berufung weiter verfolgte Schadenspositionen betreffen.
Fehl geht der Einwand der Beklagten, die Höhe des Berufungsantrages sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat erstinstanzlich ein weiteres Schmerzensgeld von 28.000,00 € für angemessen gehalten und gefordert. Im Hinblick auf den vom Landgericht zugesprochenen weiteren Betrag von 3.000,00 € auf das Schmerzensgeld ist von den in der Berufungsinstanz geforderten weiteren Zahlungen ein Teilbetrag von 25.000,00 € der Schmerzensgeldforderung zuzuordnen. Der restliche Betrag von 925,99 € setzt sich zusammen aus den nicht zuerkannten Physiotherapiekosten von 81,99 €, dem nicht berücksichtigten Anspruch wegen der beschädigten Motorradkleidung in Höhe von weiteren 200,00 € und der geforderten Nutzungsausfallentschädigung von 644,00 €.
2. In der Sache hat das Rechtsmittel lediglich hinsichtlich des nicht zuerkannten Feststellungsantrages betreffend eine Ersatzpflicht der Beklagten für die weiteren - insbesondere zukünftigen - materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom XX.XX.2012 Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aufgrund des Unfalls vom XX.XX.2012 dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld bzw. materiellen Schadensersatz aus §§ 7 Abs. 1, 11, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG sowie aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 253 BGB, 10 StVO, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.
Zugleich kann entgegen der Auffassung des Landgerichtes das Feststellungsinteresse für die erhobene Feststellungsklage nicht verneint werden. Dem Feststellungsantrag war vielmehr mit der Maßgabe stattzugeben, dass er nur Ansprüche erfasst, die nicht bereits auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden.
Bei Verletzung eines absoluten Rechtsgutes ist es für das Bejahen des Feststellungsinteresses ausreichend, wenn künftige Schadensfolgen (wenn auch nur entfernt) möglich, ihre Art und ihr Umfang und sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind (BGH MDR 2007, S. 792; NJW 2001, S. 1432; Greger in Zöller, ZPO, Kommentar, 35. Aufl., § 256, Rn. 9; Foerste in Musielak, ZPO, Kommentar, 20. Aufl., § 256, Rn. 29). Auf die Wahrscheinlichkeit weiterer Schäden kommt es weder für die Zulässigkeit noch für die Begründetheit des Feststellungsanspruchs an (BGH NJW 2018, S. 1242, Rn. 49; Greger, a. a. O.). Dabei kann der Kläger nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren (BGH NJW-RR 2016, S. 759, Rn. 6, m. w. N., NJW 1984, S. 1552, Rn. 27; Greger, a. a. O., Rn. 7a). Eine solche Situation liegt vor, wenn der Eintritt weiterer Schäden noch für möglich gehalten wird und deshalb einer insoweit erhobenen Feststellungsklage betreffend zukünftige (materielle) Schäden stattzugeben ist (BGH NJW-RR 2016, a. a. O., Rn. 7). Dabei dürfen zum Schutz des Geschädigten die Hürden für die Erhebung einer Feststellungsklage nicht zu hoch angesetzt werden; an der Möglichkeit weiterer Schäden fehlt es allerdings, wenn aus Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen (BGH NJW-RR 2022, S. 23, Rn. 28; Foerste, a. a. O.). Vorliegend machte der Kläger geltend, von einer folgenlosen Ausheilung seiner Verletzung könne nicht ausgegangen werden. Tatsächlich hat die Verletzung der Sehne des Musculus subscapularis in der linken Schulter dazu geführt, dass diese im Rahmen eines operativen Eingriffs genäht werden musste. Es kann unter Berücksichtigung der weiterbestehenden Beeinträchtigungen des Klägers im Schulterbereich (dazu im folgenden unter 3.a)) nicht ausgeschlossen werden, dass sich beim Kläger weitergehende Einschränkungen entwickeln, für die das Sturzgeschehen zumindest mitursächlich ist. Bereits dies reicht für das Bestehen eines Feststellungsinteresses aus und führt zugleich zur Begründetheit des Feststellungsantrages, wobei der Senat nicht verkennt, dass sich die Feststellung der Mitursächlichkeit des Sturzgeschehens im Hinblick auf die bestehende Vorerkrankung des Klägers im Schulterbereich (auch hierzu ist auf die Ausführungen unter 3.a) zu verweisen) schwierig gestalten wird. Diese Problematik ist indes bei der Prüfung des Feststellungsinteresses nicht zu berücksichtigen.
3. Der Kläger kann über den vom Landgericht zuerkannten Betrag von 3.919,01 € hinaus wegen ihm entstandener immaterieller oder materieller Schäden aus dem Unfallereignis vom XX.XX.2012 keine weiteren Zahlungen verlangen.
a) Zutreffend hat das Landgericht ein Schmerzensgeld von 5.000,00 € für angemessen gehalten und unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Zahlung der Beklagten von 2.000,00 € dem Kläger einen Betrag von 3.000,00 € zugesprochen.
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychischen Beeinträchtigungen, wobei Leiden und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere der Operationen, die Dauer der stationären und der ambulanten Heilbehandlungen, den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden. Im Rahmen der bei Verkehrsunfällen nur eingeschränkt zu berücksichtigenden Genugtuungsfunktion ist insbesondere die Schwere des Verschuldens des Schädigers in Ansatz zu bringen (BGH NJW 1955, S. 1675; NJW 1982, S. 985; VersR 1992, S. 1410; Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 13. Aufl., Rn 274 ff). Einzubeziehen ist auch die absehbare künftige Entwicklung des Schadensbildes (BGH VersR 2004, S. 1334; BGHZ 18, S. 149). Weiterhin hat sich das Schmerzensgeld an Urteilen für vergleichbare Fälle zu orientieren (vgl. BGH VersR 1996, S. S. 382, VersR 1976, S. 967, VersR 1970, S. 134; Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 281).
Der Kläger hat durch den Unfall zum einen eine Gehirnerschütterung, eine Prellung der linken Schulter und des linken Ellbogens und eine Prellung des linken Kniegelenks erlitten. Auch der Kreislaufkollaps des Klägers vom 08.07.2012 und die in der stationären Behandlung aufgetreten Exsikkose sind auf den Unfall zurückzuführen. Die Unfallkausalität hat der Sachverständige Prof. Dr. med. … bereits in seinem Ausgangsgutachten vom 01.06.2019 herausgearbeitet, wobei die Beklagte die Unfallkausalität dieser Beeinträchtigungen ohnehin weitgehend nicht in Abrede gestellt hat. Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Landgericht die genannten Beeinträchtigungen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes auch berücksichtigt. Das Landgericht hat auf Seite 8 des Urteils aufgeführt, dass die Verletzungen, insbesondere der Teilabriss der Sehne des Musculus subscapularis in der linken Schulter, auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen seien. Damit hat das Landgericht zugleich alle weiteren im Tatbestand vom Kläger angegebenen Unfallfolgen in seine Erwägungen zur Schmerzensgeldhöhe einbezogen, mithin auch die vorstehend aufgeführten Beeinträchtigungen.
Ferner hat der Kläger durch den Unfall - wie vom Landgericht ebenfalls berücksichtigt ‒ einen Teilabriss der Sehne des Musculus subscapulaucharis in der linken Schulter erlitten. Auch insoweit hat der Sachverständige die Unfallkausalität in seinem Ausgangsgutachten bestätigt, wobei er den Vorschaden an der Schulter gesehen und bewertet hat. Der Sachverständige hat diesbezüglich zudem im Ergänzungsgutachten vom 06.01.2020 auf das Ergebnis des MRT vom 09.07.2012 verwiesen, in dem ein intramuskuläres Ödem/Hämatom als Nachweis einer frischen Verletzung beschrieben wurde. Der Senat folgt den Feststellungen des Sachverständigen. Auch die Beklagte wendet sich gegen die Ausführungen des Sachverständigen nicht mehr. Entgegen der Ansicht des Klägers hat der Sachverständige eine vollständige Ruptur der Sehne durch den Unfall hingegen nicht festgestellt, sodass auch das Landgericht zutreffend nur eine Teilruptur berücksichtigt hat. Der Sachverständige hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 03.07.2020 ausgeführt, dass die Sehne genäht wurde, wobei er klarstellt, dass es sich um einen Teilanteil der Sehne gehandelt hat. Zuvor hat der Sachverständige ebenfalls eine vollständige Ruptur der Sehne nicht festgestellt. Er ist vielmehr zunächst davon ausgegangen, dass ein Nähen überhaupt nicht erforderlich gewesen sei. In dem vom Kläger eingereichten Gutachten des ihn behandelnden Arztes … wird ebenfalls ein Zerreißen der Sehne nicht festgestellt. Auch insoweit greifen damit die Beanstandungen des Klägers nicht durch.
Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Landgericht zutreffend die Vorerkrankung in der linken Schulter berücksichtigt. Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen fest, dass sich der Kläger bereits vor dem Unfall seit dem Jahre 2005 wegen Beschwerden in der linken Schulter in ärztlicher Behandlung befunden hat, wobei eine Tendinitis der langen Bizepssehne - eine chronische Reizung der Sehnenscheide - vorlag sowie eine chronische linksseitige Schultererkrankung in Form einer Periarthritis humeroscapularis. Es befand sich in der Schulter des Klägers ein Kalkdepot, das durch die Krafteinwirkung des Sturzes aufgebrochen ist und sich zum Teil in das Gelenk entleert hat. Zwar ist das Aufbrechen des Kalkdepots - wie auch vom Landgericht angenommen - als Sturzfolge der Beklagten durchaus zuzurechnen. Die Behauptung des Klägers, er habe vor dem Unfall nicht unter Beeinträchtigungen im Bereich der Schulter gelitten, ist indes nicht zutreffend. So hat der Kläger wiederholt und zuletzt am 13.06.2012 - knapp einem Monat vor dem Unfall - eine Cortison-Injektion in das linke Schultergelenk erhalten. Zugleich wurde ihm eine Stoßwellenanwendung verordnet. Auch hat der Sachverständige im Ergänzungsgutachten vom 03.07.2020 ausgeführt, dass der Vorbehandler des Klägers vor dem Unfall ebenfalls leichtere Funktionseinschränkungen im Bereich der Drehbarkeit der Schulter beschrieben hat, wobei der gerichtlich bestellte Sachverständige bei seiner Untersuchung des Klägers am 07.05.2019 ebenfalls nur eine leichte Einschränkung der Beweglichkeit des Schultergelenks festgestellt hat und der Kläger auch nur angegeben hat, dass ab und zu Schmerzen bestünden. Damit steht aber - wie vom Sachverständigen ausgeführt - nicht fest, dass es dauerhaft zu einer Verschlechterung der Schmerzsituation bzw. Bewegungsfähigkeit im Schulterbereich gekommen ist. Die Beweislast für die Beeinträchtigungen trägt insoweit der Kläger. Auch wenn im Hinblick darauf, dass es sich um eine Folgebeeinträchtigung handelt, das Beweismaß des § 287 ZPO anzuwenden ist, genügen die Feststellungen des Sachverständigen für den Nachweis eines Dauerschadens nicht. Insoweit kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine Vorschädigung auch an der rechten Schulter vorliege, dort aber bislang keine Beschwerden aufgetreten seien. Dies war hinsichtlich der linken Schulter vor dem Unfall gerade anders. Auch kann sich der Kläger nicht darauf stützen, dass hinsichtlich der vorbestehenden Bewegungseinschränkungen keine genaueren Feststellungen getroffen wurden. Wiederum wäre es Sache des Klägers, den Beweis der Verschlechterung zu erbringen, was ihm unter Zugrundelegung der Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht gelungen ist. Nicht festgestellt ist zudem, dass die Beweglichkeit der Schulter zeitnah nach dem Unfall in größerem Umfang als vom Landgericht berücksichtigt eingeschränkt gewesen ist. Soweit der Kläger ausführt, 5 Monate nach dem Unfall habe die festgestellte Beweglichkeit bei einer maximalen Abduktion und Anteversion von jeweils 75° gelegen, entspricht dies nach den Feststellungen des Sachverständigen keiner besonderen Beeinträchtigung. Vielmehr gibt der Sachverständige den normalen Bewegungsumfang mit ca. 70° an.
Weiter sind bei der Schmerzensgeldbemessung mit dem Landgericht die vom Kläger geschilderten Schmerzen und Beeinträchtigungen bei der Alltagsbewältigung zu berücksichtigen. Dies erfasst sowohl den vom Kläger für 6 Wochen zu tragenden Gilchristverband und die Unmöglichkeit des Anhebens schwererer Gegenstände als auch seine Einschränkungen in der Haushaltsführung und bei der Gartenarbeit sowie bei den von ihm vor dem Unfall ausgeübten Sportarten Volleyball und Bowling. Insoweit hat das Landgericht zugunsten des Klägers angenommen, dass die Einschränkungen bestanden haben und auf den Verkehrsunfall zurückzuführen seien. Wiederum trifft daher der Vorwurf des Klägers, das Landgericht habe die entsprechende Problematik nicht berücksichtigt, nicht zu. Ohnehin ist mangels Vortrag des Klägers zum Umfang seiner Tätigkeiten bzw. Sportaktivitäten kaum zu bestimmen, inwieweit er durch die aufgeführten Einschränkungen tatsächlich belastet wurde.
Nach allem hält der Senat mit dem Landgericht ein Schmerzensgeld von 5.000,00 € für angemessen aber auch ausreichend. Entgegen der Einschätzung des Klägers sind die vom Landgericht aufgeführten Referenzentscheidungen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 07.07.2021, Az. 1 U 31/20; LG Darmstadt, Urteil vom 05.05.2020, Az. 28 O 263/16; jeweils veröffentlicht in juris) der vorliegenden Konstellation durchaus vergleichbar. Die gegenteilige Ansicht des Klägers verkennt bereits, dass der vorliegend geschädigte Musculus subscapularis Bestandteil der Rotatorenmanschette ist, deren Schädigung auch Gegenstand der angeführten Vergleichsentscheidungen gewesen ist. Ebenso haben die aufgeführten Entscheidungen Sachverhalte zum Gegenstand, in denen es nicht zu Dauerschäden gekommen ist. Darüber hinaus verweist der Senat auf die Entscheidungen des OLG Brandenburg - 6. Zivilsenat - vom 20.05.2014, Az. 6 U 149/12, des OLG Schleswig vom 01.03.2012, Az. 7 U 95/11 und des LG Bonn vom 17.07.2003, Az. 15 O 135/02 (jeweils veröffentlicht in juris), die ebenfalls vergleichbare Verletzungen ohne erhebliche Dauerfolgen zum Gegenstand hatten und in denen Schmerzensgelder in einer vergleichbaren Größenordnung zuerkannt worden sind. Nicht vergleichbar sind hingegen die vom Kläger angeführten Entscheidungen. Der Entscheidung des OLG München vom 27.03.2003 (veröffentlicht in VersR 2004, S. 151) lag u. a. eine Berufsunfähigkeit des Geschädigten zugrunde. In der Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 12.08.2014, Az. 1 U 52/12, veröffentlicht in juris) ist neben der Berufsunfähigkeit ein chronisches Schmerzsyndrom aufgetreten, auch ist es zu Anpassungsstörungen gekommen. In der Entscheidung des LG Stuttgart vom 10.11.2005 (Az. 25 O 214/05, zitiert nach Hacks/Wellner/Häcker/Klein, Schmerzensgeldbeträge 2024, 42. Aufl., laufende Nr. 42.1272) stand die Rotatorenmanschettenruptur nicht im Vordergrund, vielmehr hat die Geschädigte erhebliche Kopfverletzungen erlitten. In der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 19.06.2009 (Az. 14 U 101/07, zitiert nach Hacks/Wellner/Häcker/Klein, a. a. O., laufende Nr. 42.3148) ist es neben der Erwerbsunfähigkeit zu einer posttraumatischen Belastungsstörung gekommen.
b) Bezüglich der materiellen Schäden kann der Kläger über den vom Landgericht zuerkannten Betrag von 919,01 € hinaus ebenfalls eine Zahlung nicht verlangen.
aa) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Zuzahlung zu Physiotherapiekosten in Höhe von weiteren 81,99 €. Die Parteien haben ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2022 vor dem Landgericht hinsichtlich der erstinstanzlich geltend gemachten Zuzahlung zu den Physiotherapiekosten i. H. v. 163,98 € erklärt, dass diese zur Hälfte unstreitig gestellt würden. Diese Erklärung ist dahingehend zu verstehen, dass die Parteien sich im Wege eines Teilvergleichs darauf geeinigt haben, dass ein Betrag von 81,99 € auf diese Position zu erstatten ist, während der Kläger zugleich auf die Zahlung des Restbetrages von 81,99 € verzichtet hat. Das Landgericht hat Kosten i. H. v. 81,99 € auch zugesprochen. Schon im Hinblick auf den von den Parteien geschlossenen Teilvergleichsvertrag kann die Erstattung der weiteren Zuzahlungen vom Kläger nicht verlangt werden.
bb) Der Kläger hat ferner keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrages von 200,00 € wegen der durch den Unfall beschädigten Motorradkleidung. Es hat vielmehr bei der vorgerichtlichen Zahlung der Beklagten von 300,00 € zu verbleiben. Der Kläger hat einen weitergehenden Erstattungsanspruch bereits nicht substantiiert vorgetragen. Es ist schon unklar, auf welche Gegenstände sich der geltend gemachte Anspruch beziehen soll. So hat der Kläger mit der Klageschrift Lichtbilder einer Lederhose, einer Lederjacke sowie eines Schuhs eingereicht. Mit Schriftsatz vom 02.06.2021 hat der Kläger sodann eine Aufstellung eingereicht, die neben den genannten Kleidungsstücken auch einen Helm und Handschuhe aufführt und hinsichtlich derer der Kläger angegeben hat, nach einer Internetrecherche lägen die Anschaffungskosten für alle Kleidungsstücke bei insgesamt 714,00 €. Zugleich fehlen jegliche weitere Angaben des Klägers zu den Kleidungsstücken und dem Helm, etwa zu deren Alter oder Abnutzungsgrad. Auch lässt sich auf den vorgelegten Ablichtungen nicht einmal erkennen, ob es sich um spezielle Motorradschutzkleidung handelt. Protektoren o. ä. sind auf den Lichtbildern jedenfalls nicht festzustellen. Mangels entsprechenden Vortrages vermag der Senat weder den Schaden auf einen oberhalb der bereits gezahlten Summe von 300,00 € liegenden Betrages zu schätzen noch bestehen Anknüpfungspunkte für die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Nach allem kann vorliegend auch dahinstehen, ob ein Abzug neu für alt bei der Beschädigung von Schutzkleidung zu unterbleiben hat (vgl. hierzu OLG München SchadPrax 215, S. 405).
cc) Auch ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für 14 Tage in Höhe von insgesamt 644,00 € für den Zeitraum vom 26.08. bis 09.09.2012 besteht nicht. Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung setzt voraus, dass im geltend gemachten Zeitraum ein Nutzungswille und eine hypothetische Nutzungsmöglichkeit des Geschädigten bestanden haben, wobei der Geschädigte hierfür darlegungs und beweisbelastet ist (Katzenstein in Geigel, Haftpflichtprozess, 28. Aufl., Rn. 183). Angeboten hat der Kläger insoweit nur die Vernehmung seiner Person als Partei. Unbeschadet der Frage einer Verspätung des Beweisantrittes liegen die Voraussetzungen einer Parteivernehmung nach § 447 ZPO nicht vor, da ein ausdrückliches Einverständnis des Gegners nicht erklärt worden ist (vgl. zu dieser Voraussetzung Greger in Zöller, a. a. O., § 447, Rn. 2). Auch für die Parteivernehmung von Amts wegen gemäß § 448 ZPO liegen die erforderlichen Voraussetzungen nicht vor, insbesondere fehlt es an einem Anbeweis, also dem Vorliegen von Anhaltspunkten, die den streitigen Tatsachenvortrag des Klägers stützen (vgl hierzu Greger, a. a. O., § 448, Rn. 4). Vielmehr spricht schon der Vortrag des Klägers gegen eine Nutzungsmöglichkeit hinsichtlich eines Motorrades durch ihn in dem genannten Zeitraum. So macht der Kläger geltend, er habe nach dem operativen Eingriff vom 12.07.2012 für 6 Wochen einen Gilchristverband tragen müssen, also bis zum 23.08.2012, auch danach sei er noch erheblich in der Bewegung eingeschränkt und auch noch bis zum 08.10.2012 arbeitsunfähig gewesen, gerade wegen der Schädigung des Arms. Dass der Kläger gleichwohl bereits ein Motorrad fahren konnte, erscheint vor diesem Hintergrund nicht plausibel und ist nicht weiter erläutert worden.
c) Hinsichtlich der geforderten Rechtsanwaltskosten fehlt es bereits an der schlüssigen Darlegung eines entsprechenden Anspruchs, sodass über den vom Landgericht zuerkannten Betrag von 413,64 € hinaus ebenfalls eine weitere Zahlung vom Kläger nicht verlangt werden kann.
Wie der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, können die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten nicht isoliert auf der Grundlage der in den Rechtsstreit eingeführten Schadenspositionen berechnet werden. Vielmehr sind vorgerichtlich augenscheinlich weitere Schadenspositionen geltend gemacht worden, denn der Kläger trägt selbst vor, die Beklagte habe diesbezüglich einen Gebührensatz von 1,8 Gebühren akzeptiert. In diesem Fall wären die weiteren vorgerichtlichen Zahlungen (etwa auf den Sachschaden am Motorrad) jedoch bei der Berechnung des Gegenstandswertes für die Rechtsanwaltskosten einzubeziehen. Mangels entsprechenden Vortrages kann nicht festgestellt werden, dass dem Kläger weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten sind.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Landgericht bei der Ermittlung der Rechtsanwaltskosten zutreffend einen Gebührensatz in Höhe von 1,3 Gebührensätzen zugrunde gelegt hat. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dabei nicht seine Einschätzung maßgebend, sondern diejenige des Gerichts (Toussaint in Toussaint, Kostenrecht, Kommentar, 53. Aufl., RVG, VV 2300, Rn. 41). Auch ist nicht ersichtlich, dass die Angelegenheit vorliegend besonders umfangreich oder schwierig gewesen ist. Wie die Beklagte zu Recht ausführt, kommt es insoweit auf die Länge des sich an die außergerichtliche Tätigkeit anschließenden Streitverfahrens nicht an. Auch ist zu berücksichtigen, dass vorliegend die Haftung dem Grunde nach unstreitig war. Dass besondere Tätigkeiten oder Kenntnisse hinsichtlich der Schadenshöhe erforderlich waren, ist ebenfalls nicht erkennbar.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, Satz 2 ZPO.
Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 30.000,00 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO (Zahlungsantrag: 25.925,99 €; Feststellungsantrag: 2.000,00 €). Der am 22.06.2022 verkündete Streitwertbeschluss des Landgerichtes wird im Hinblick auf die nicht erfolgte Berücksichtigung des Streitwertes für den Feststellungsantrag gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG abgeändert. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf bis zu 35.000,00 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO (Zahlungsantrag: 32.368,49 €;