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  • 30.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242933

    Oberlandesgericht Brandenburg: Urteil vom 06.07.2023 – 12 U 28/22

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Brandenburg 

    Urteil vom 06.07.2023


    In dem Rechtsstreit
    ...
    - Klägerin und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte ...
    gegen
    1. ...
    - Beklagte, im Berufungsverfahren nicht beteiligt -
    2. ...
    - Beklagte und Berufungsbeklagte -
    3. ...
    - Beklagter, im Berufungsverfahren nicht beteiligt -
    Prozessbevollmächtigte zu 1 - 3:
    Rechtsanwälte ...

    hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2023 für Recht erkannt:

    Tenor:
    1.
    Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10.12.2021 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Potsdam, Az. 4 O 212/20, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an die Klägerin 3.319,50 € sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten ihrer prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte in Höhe von 60,33 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.09.2020 zu zahlen.

    Im Übrigen werden die weitergehende Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

    2.
    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    3.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    4.
    Die Revision wird nicht zugelassen.

    5.
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 65.000 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin nimmt, nach rechtskräftiger Abweisung der Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3, die Beklagte zu 2 auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens und Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch. Sie befuhr mit ihrem Pkw am 01.03.2017 gegen 9:10 Uhr die Straße ... in P.... Die Beklagte zu 1 fuhr während einer Dienstfahrt im Auftrag der Beklagten zu 2 in gleicher Fahrtrichtung. Es kam zum Auffahrunfall auf das stehende Fahrzeug der Klägerin. Die Beklagte zu 3 zahlte auf das geltend gemachte Schmerzensgeld 900 € sowie vorprozessuale Rechtsanwaltskosten von 147,56 €. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

    Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 abgewiesen und die Beklagte zu 2 verurteilt, an die Klägerin 219,50 € nebst Zinsen sowie weitere vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 60,33 € zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte zu 2 hafte dem Grunde nach für den bei dem Unfall entstandenen Schaden. Für die Bemessung des Schmerzensgeldes könne allerdings allein ein Beschleunigungstrauma der HWS Grad 1 bis 2 zu Grunde gelegt werden. Wegen weitergehender unfallbedingter Verletzungen habe die Klägerin keinen geeigneten Beweis angetreten. Wie sich aus dem von den Beklagten vorgelegten Gutachten ergebe, habe die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung höchstens 15 km/h betragen. Der Einholung eines gerichtlich bestellten Sachverständigengutachtens bedürfe es für die Behauptung der Klägerin für eine höhere Geschwindigkeitsänderung nicht. Denn ihr Vortrag stelle eine Behauptung "ins Blaue hinein" dar. Sie habe außer ihrer subjektiven Wahrnehmung nichts Relevantes vorgetragen. Bei dieser Geschwindigkeitsänderung seien ein Schädelhirntrauma und eine BWS-Prellung nicht nachweisbar. Ein Ersatzanspruch für den Haushaltsführungsschaden bestehe nicht. Insoweit fehle es bereits an einem hinreichend substantiierten Vorbringen der Klägerin. Allenfalls im Hinblick auf den Umfang der Kinderbetreuung, der eigenen Wäsche und der Essenszubereitung könne hier ein Ausfall berücksichtigt werden. Dieser bemesse sich bis zum 22. Tag nach dem Unfall auf insgesamt 219,50 €. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

    Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 20.12.2021 zugestellte Urteil mit einem am 17.01.2022 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 21.03.2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist an diesem Tag begründet. Die Berufung richtet sich ausschließlich gegen die Beklagte zu 2. Sie führt aus, die von der Beklagten vorgelegten Gutachten bildeten lediglich substantiierten Parteivortrag, jedoch keine Basis für eine Entscheidung des Landgerichtes bzw. die Grundlage dafür, von einem gerichtlichen Sachverständigengutachten Abstand zu nehmen. Im Übrigen berücksichtige das Landgericht die Diagnosen der behandelnden Ärzte nicht.

    Sie beantragt,

    das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 10.12.2021, Aktenzeichen 4 O 212/20 teilweise abzuändern und

    1. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen weiteren, in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    2. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 4.848,06 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    3. die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten ihrer prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte in Höhe von 5.506,73 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Beklagte zu 2 beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist auf die fehlende Substantiierung des klägerischen Vortrags.

    Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dr. P.... Auf das Gutachten vom 01.03.2023 sowie die Anhörung des Sachverständigen im Senatstermin am 15.06.2023 wird Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige Berufung der Klägerin hat lediglich in geringem Umfang hinsichtlich des beantragten Schmerzensgeldes Erfolg und ist im Übrigen zurückzuweisen.

    1.

    Die Klage ist nur im erkannten Umfang begründet. Die alleinige Haftung der Beklagten dem Grunde nach auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus dem Verkehrsunfall vom 01.03.2017 in Potsdam aus §§ 7 Abs. 1, 11, 17 Abs. 1,18 StVG, §§ 823, 253 BGB in Verbindung mit § 839 BGB, Art. 34 GG steht außer Streit.

    2.

    Ein über den vom Landgericht zugesprochener, hinausgehender Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens steht der Klägerin nicht zur Seite.

    Der Haushaltsführungsschaden ist nicht substantiiert dargetan, worauf bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat. Zur Schlüssigkeit des Vortrages gehört die Darstellung der konkreten Lebenssituation der Klägerin vor und nach dem Unfall und die substantiierte Darstellung, welche Beeinträchtigungen daran hindern, bestimmte Haushaltstätigkeiten auszuführen und in welchem Umfang bislang tatsächlich ausgeführte Arbeiten im Haushalt unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr in dem Umfang möglich oder zumutbar und auch nicht durch den Einsatz von Haushaltstechnik oder Umorganisation kompensierbar sind. Dazu muss sie zunächst im Einzelnen vortragen, welche Tätigkeiten sie im Haushalt vor dem Unfall verrichtet hat, infolge des Unfalls aber überhaupt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben und nicht anderweitig (zumutbar) ausgleichen kann (Senat, Urteil v. 17.06.2019 - 12 U 179/18, BeckRS 2019, 11793 Rn. 35, beck-online; BHHJ/Jahnke, 26. Aufl. 2020, BGB § 842 Rn. Randnummer 113a; OLG Köln, NJOZ 2016, 16; Pardey: Der Haushaltsführungsschaden bei Verletzung (Teil 3) in SVR 2018, 165, 169; Münchener Kommentar zum StVR/Almeroth, 1. Aufl. 2017, BGB § 252 Rn. 40ff; OLG Frankfurt, Urteil v. 18.10.2018 - 22 U 97/16 - NJW 2019, 442, beck-online; OLG Celle, Urteil v. 14.12.2006 - 14 U 73/06 -, Rn. 28, juris; OLG Hamm, Urteil v. 05.05.2020 - 9 U 1/20 -, Rn. 21, juris; MüKoStVR/Almeroth, 1. Aufl. 2017, BGB § 252, Rn. 40). Daran fehlt es.

    Zwar trägt die Klägerin zu ihrer Wohnsituation in Eckpunkten vor, nicht jedoch zur technischen Ausstattung. Zudem gliedert sie in einer Tabelle den wöchentlichen Zeitaufwand für den Haushalt und stellt diesen für den Verlauf ihrer Erkrankung bis einschließlich 21.07.2017 mit prozentualen Abschlägen dar. Was sie jedoch konkret zu bewältigen hatte und aufgrund ihrer Verletzungsfolgen nicht mehr realisieren konnte, erschließt sich daraus nicht. So ist zum Beispiel die Position Kfz-Pflege und Reparaturen nicht nachvollziehbar. Auch ist nicht vorgetragen, wie sich die Mahlzeiten gestalten. Entscheidend ist jedoch, dass die Klägerin zur Unterstützung im Haushalt eine Haushaltshilfe im Umfang von 27 Wochenstunden (an 4 Tagen) beschäftigt hat. Welche Arbeiten von der Haushaltshilfe erledigt werden, wird nicht ersichtlich, ebenso wenig wie die tatsächlichen Anwesenheitszeiten der Haushaltshilfe. Wenn die Klägerin mithin in ihrer Anhörung vorträgt, ihre eigene Wäsche wasche sie selbst, die Wäsche der Tochter die Haushaltshilfe, ist dies zum einen schon wenig nachvollziehbar. Zum anderen wäre es ihr im Rahmen der Umverteilung der Hauswirtschaft zuzumuten, diese Wäsche von der Haushaltshilfe ohne zusätzlichen Zeitaufwand mit waschen zu lassen. Dies gilt letztlich auch für die Reinigung des Geschirrs. Dass Zeiten für die Reinigung neben der Tätigkeit der Haushaltshilfe anfallen, ist ebenfalls nicht hinreichend vorgetragen. Viele der von der Klägerin vorgetragenen Tätigkeiten lassen sich ebenfalls schwer in Einklang mit ihrer Berechnung bringen. So mag es sein, dass sie an Elternabenden oder Sportveranstaltungen der Tochter teilnimmt. Ein maßgebender Haushaltsanteil kann jedoch bei einer Arbeitszeit "meist" bis 19:00 Uhr (vgl. im Einzelnen ihre Darstellung gegenüber dem Sachverständigen N...) oder teilweise auch bis 16:00 Uhr weder erkannt werden noch ist ersichtlich, dass in dem hier streitigen Zeitraum besondere Veranstaltungen stattgefunden hätten. Wie sich die Betreuung der 11-jährigen Tochter, die "im K..." Sport treibt, gestaltet, ist ebenfalls nicht vorgetragen. Auch auf Ferienzeiten kann sich die Klägerin nicht zurückziehen, da allenfalls im April eine Woche Ferien lagen und sie zu diesem Zeitpunkt bereits kurz vor dem Beginn der Arbeitstätigkeit im Hamburger Modell stand. Es verbleiben daher allenfalls die auch vom Landgericht berücksichtigten Haushaltstätigkeiten wie die Vorbereitung des Frühstücks und des Abendbrots.

    Der Vortrag der Klägerin zur Dauer der Beeinträchtigung im Haushalt ist ebenfalls nicht nachzuvollziehen. Denn sie legt selbst den Ambulanzbrief der C... vom 21.09.2018 vor. Danach wird bereits für den 21.03.2017 eine - nach eigenen Angaben - erste Besserung festgestellt. Am 20.04.2017 habe die Klägerin berichtet, anteilig ihren Haushaltsroutinen wieder nachkommen zu können und sie beabsichtige, ab dem 25.04.2017 wieder ihre Hochschultätigkeit im Rahmen des Hamburger Modells aufzunehmen. Inwieweit hier überhaupt noch eine Beeinträchtigung der Haushaltstätigkeiten neben den von der Haushaltshilfe übernommenen Tätigkeiten vorliegt, erschließt sich nicht und steht diametral mit den in der Klagebegründung aufgeführten Beeinträchtigungen in Widerspruch. Dies gilt letztlich auch für die über 3 Wochen nach dem Unfall hinausgehende Zeit. Die allein prozentualen Abschläge ersetzen nicht den erforderlichen Vortrag. Zudem war auch nach dem Arztbericht der C... eine Besserung der Beschwerdesymptomatik eingetreten. Vor diesem Hintergrund sind die vom Landgericht zugesprochenen Zeiten für die Wäsche, Essenszubereitung und Betreuung der Tochter - neben der unfallunabhängigen Unterstützung durch die Haushaltshilfe - insgesamt ausreichend, den entstandenen unfallbedingten Nachteil auszugleichen. Der Beweisantritt in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erfolgte lediglich zur Aufteilung der Haushaltstätigkeit, gibt jedoch keinen Mehrwert zur Höhe des Aufwandes. Den Vortrag zur Erweiterung der Tätigkeit der Haushaltshilfe um 8 Stunden x 11 Wochen hat die Beklagte bestritten. Er ist nicht mit den einer Beweisaufnahme zugänglichen Tatsachen belegt.

    3.

    Ein Schmerzensgeldanspruch steht der Klägerin lediglich im Umfang von insgesamt 4.000 € zu.

    a) Die von der Klägerin bemühte taggenaue Schmerzensgeldbemessung hat durch den Bundesgerichtshof keine Zustimmung gefunden (BGH, Urteil vom 15.02.2022, - VI ZR 937/20 -, Rn. 15). Der Senat teilt diese Entscheidung und sieht im vorliegenden Fall keinen Anlass, von den in der Rechtsprechung anerkannten allgemeinen Grundsätzen der Schmerzensgeldbemessung abzuweichen. Ist danach wegen einer Verletzung des Körpers und der Gesundheit Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden (§ 253 Abs. 2 BGB, § 11 S. 2 StVG). Das Schmerzensgeld verfolgt dabei vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen Ausgleich für die erlittenen immateriellen Schäden zu gewähren und ihm zugleich Genugtuung für das ihm zugefügte Leid zu geben (BGH, NJW 1993, 1531 [BGH 16.02.1993 - VI ZR 29/92]; NZV 2017, 179 [BGH 16.09.2016 - VGS 1/16], beck-online). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien (vgl. BGH, a.a.O.; BGHZ 18, 149, 154). Als objektivierbare Umstände sind u.a. maßgebend die Art und Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und der Grad des Verschuldens des Schädigers (BGH, NJW 1998, 2741 [BGH 12.05.1998 - VI ZR 182/97], beck-online). Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen. Verlangt die Klägerin für erlittene Körperverletzungen - wie im Streitfall - uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden auch alle diejenigen Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 - VI ZR 259/15 -, Rn. 6, juris). Bei der Schmerzensgeldbemessung verbietet sich eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten sich an den von der Rechtsprechung sonst bei der Bemessung des Schmerzensgeldes angewandten Maßstäben zu orientieren (bereits BGH, Urteil vom 18. November 1969 - VI ZR 81/68 -, Rn. 33, juris).

    b) Auf der Basis des unstreitigen Tatsachenvorbringens der Parteien und den nach dem Studium der vorliegenden Behandlungsunterlagen und einer eigenen Exploration der Klägerin gewonnenen überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. P... legt der Senat der Entscheidung zugrunde, dass die Klägerin durch den Unfall ein HWS-Beschleunigungstrauma mit einem Schweregrad zwischen I und II nach QTF und nach Erdmann sowie eine "Steilhaltung der HWS" als Ausdruck der reflektorischen Anspannung der Nackenmuskulatur (ausgeprägter Muskelhartspann der Nacken- und Schultermuskulatur) im Rahmen einer Primärverletzung erlitten hat. Die von der Klägerin geschilderten, dem Unfall nachfolgenden Beeinträchtigungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsstörungen bzw. kognitive Einschränkungen (Seh- und Konzentrationsschwäche, Schwäche in der rechten Hand und dem rechten Bein, Übelkeit, Aufmerksamkeitsstörung, Einschränkung des Gedächtnisses) lassen sich nach den Ausführungen des Sachverständigen gut durch die gesicherte HWS-Distorsion erklären. Mit dieser Bewertung steht er in Übereinstimmung mit der AWMF Leitlinie, nach der bei allen QTF-Graden über Hörstörungen, Schwindel, Tinnitus, Kopfschmerz, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Dysphagie und eine Schmerzhaftigkeit der Kiefergelenke geklagt werden kann (https://dgn.org/leitlinien/ll-72-2012-Beschleunigungstrauma-der-Halswirbelsäule; Deutsche Gesellschaft für Neurologie e. V. (dgn.org)). Dass diese Beeinträchtigungen jedenfalls unmittelbar nach dem Unfall für eine gewisse Zeit vorgelegen haben, stellt auch der Sachverständige N... nicht in Abrede. So führt er aus: "Neben den üblichen Beschwerden in Form von Schulter- und Nackenbeschwerden mit begleitender schmerzhafter Bewegungseinschränkung, Hinterkopfschmerzen sowie vegetativen Beschwerden ist dem Aktenmaterial als auch dem aktuellen Beschwerdevortrag eine stark prolongierte Beschwerdephase mit ausgeprägten vegetativen und allgemeinmedizinischen Beschwerden, sowie motorischen, kognitiv-mnestischen und seelischen Beeinträchtigungen zu entnehmen. Letztere führte zu einer mehrwöchigen Arbeitsunfähigkeit und langfristigen physiotherapeutischen und neuropsychologischen ambulanten Therapie". Hierbei handele es sich um Beschwerdeelemente, die im Zusammenhang mit der HWS stehen. Ob die Klägerin daneben eine Prellung der Brustwirbelsäule erlitten hat, vermag der Sachverständige N... mit Blick auf die Unfalldynamik und fehlender dokumentierter Befunde nicht zu klären und hält eine solche lediglich für möglich. Gleiches hat Dr. P... mit Blick auf den Durchgangsarztbericht, mit dem ein Druck- und Klopfschmerz an der BWS dokumentiert wird, festgestellt. Allerdings ergeben sich nach dem Vortrag der Klägerin ebenso wie nach den gutachterlichen Feststellungen aus dieser Verletzung - neben der HWS Distorsion - keine konkreten Beeinträchtigungen, die für die Bemessung des Schmerzensgeldes maßgebend sein könnten.

    Die festgestellten Unfallfolgen sind, so der Sachverständige Dr. P... in Übereinstimmung mit den Erkenntnissen des Senates aus anderen Sachverständigengutachten, regelmäßig in einigen Wochen bis maximal 6 Monaten abgeklungen. Über diesen Zeitraum anhaltende kognitive Beeinträchtigungen ließen sich nur durch den Unfall erklären, wenn eine nachgewiesenermaßen unfallbedingte Hirnschädigung eingetreten sei oder anhaltende starke Dauerkopfschmerzen verblieben wären. Beides sei bei der Klägerin jedoch nicht gegeben. Jedenfalls ließe sich eine Unfallkausalität über diesen Zeitraum hinaus mangels Nachweises einer strukturellen Schädigung des Gehirns mit einer gutachterlich erforderlichen Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) nicht belegen. Damit in Einklang steht die Feststellung, dass die Klägerin ab dem 25.04.2017 wieder im Hamburger Modell tätig und - nach Verlängerung - nach dessen Abschluss am 21.07.2017 wieder arbeitsfähig war. Ebenfalls bestätigt wird diese Einschätzung durch die Begutachtung des U... vom 23.10.2017, die ebenfalls nur noch von einer Restsymptomatik ausgeht. Mithin muss hier von mehrwöchigen Beschwerden ausgegangen werden, die sich in ihrer Dauer im oberen Bereich des gezogenen zeitlichen Rahmens bewegen.

    c) Ein Schädelhirntrauma konnte der Sachverständige ebenso wie der Sachverständige N... allerdings nicht am Maßstab des § 286 ZPO nachweisen. Im Ausgangspunkt bedarf es keiner technischen oder biomechanischen Begutachtung des Unfallhergangs. Zum einen liegen Privatgutachten vor, die verwertet werden können, soweit beachtet wird, dass es sich lediglich um (qualifizierten) substantiierten Parteivortrag handelt. Eine eigene Beweisaufnahme des Gerichts, insbesondere die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, wird durch ein Privatgutachten insbesondere dann entbehrlich gemacht, wenn der Tatrichter allein schon aufgrund dieses substantiierten Parteivortrags ohne Rechtsfehler zu einer zuverlässigen Beantwortung der Beweisfrage gelangen kann (BGH, Urteil vom 11. Mai 1993 - VI ZR 243/92 -, Rn. 17; Beschluss vom 05. November 2019 - VIII ZR 344/18 -, Rn. 13; Urteil vom 18. Februar 1987 - IVa ZR 196/85 -, Rn. 12 - 13; Urteil vom 12. April 1989 - IVa ZR 83/88 -, Rn. 15, juris). Dies kann ausnahmsweise dann der Fall sein, wenn gegen das Privatgutachten keine substantiierten Einwände erhoben werden und der Tatrichter sicher ausschließen kann, dass das Privatgutachten durch (zumindest unbewusste) Parteinahme beeinflusst worden ist. Letzteres kann im Einzelfall dann gegeben sein, wenn das Gutachten ohne besondere Sachkunde auch im Detail nachvollziehbar und überzeugend ist und das Ergebnis des Gutachters durch weitere Indizien bestätigt wird (Ahrens in: Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 1. Aufl. 2015, Kapitel 44: Notwendige Hinzuziehung von Sachverständigen, Rn. 37). Danach ist hier eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von max. 15 km/h anzunehmen. Der von de ...Ingenieurkammer öffentlich bestellte und vereidigte und dem Senat aus einer Vielzahl von Gerichtsgutachten bekannte Sachverständige Dipl.-Ing. W... hat in seinem Gutachten vom 10.07.2020 die vorliegenden Fotos der unfallbeschädigten Fahrzeuge im Einzelnen ausgewertet. Dabei hat er nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass unter Berücksichtigung der Schadensintensitäten eine notwendige Kollisionsgeschwindigkeit des Skoda der Beklagten von etwa 25 bis 30 km/h vorgelegen haben müsse. Da das Fahrzeug der Klägerin gestanden habe, müsse dies auch der tatsächlichen Aufprallgeschwindigkeit entsprechen. Bei seiner Stellungnahme setzt sich der Sachverständige auch mit dem Auslösen des Airbags bei der Unfallgegnerin auseinander. Zwar geht die Klägerin hier von einer höheren Aufprallgeschwindigkeit aus. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um subjektive Vorstellungen, die auch nicht in sich konsequent dargestellt werden. Denn sie selbst hat gegenüber dem erstbehandelnden Arzt angegeben, das Fahrzeug sei mit ca. 40 km/h und nicht - wie in der Klagebegründung angegeben - mit 50 bis 60 km/h aufgefahren. Sie gibt weiter an, ihr Fahrzeug sei durch die Kollision nach vorn geschoben worden. Damit korrespondierend ermittelt der Privatsachverständige Dipl.-Ing. W... eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung des A... von 10 bis 12 km/h. Auch der Privatgutachter Dipl.- Ing. P... hat eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von 12 bis 15 km/h ermittelt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Ermittlungen fehlerhaft wären, sind weder aus dem Gutachten der Privatsachverständigen noch aus dem Vortrag der Klägerin zu entnehmen. Es ist auch nicht erkennbar, zu welchen besseren Erkenntnissen ein gerichtlich bestellter Sachverständiger gelangen könnte.

    Zum anderen hat nunmehr auch der Sachverständige Dr. P... bestätigt, das selbst bei Annahme einer höheren Geschwindigkeitsveränderung kein Schädelhirntrauma nachzuweisen wäre. Zutreffend verweist der Sachverständige in diesem Zusammenhang darauf, dass - wie auch die Privatsachverständigen ausführen - mit der jedenfalls vorliegenden Kollisionsgeschwindigkeit von 15 km/h die Wesentlichkeitsschwelle überschritten ist und die Frage des Vorliegens eines Schädelhirntraumas und dessen Unfallkausalität nach den Umständen des Einzelfalls bewertet werden muss, weil die Beantwortung der Kausalitätsfrage nicht allein von der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, sondern daneben von einer Reihe anderer Faktoren wie z.B. der Sitzposition des betreffenden Fahrzeuginsassen abhängen kann (BGH, Urteil vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 -, juris). Der Sachverständige Dr. P... führt insoweit aus, dass zwar ein erhöhtes Delta V die Wahrscheinlichkeit einer unfallbedingten Kopfverletzung erhöhe, jedoch ein Schädelhirntrauma auch bei einer höheren Geschwindigkeitsdifferenz sehr unwahrscheinlich sei. Bereits die Unfalldynamik und die Geschwindigkeitsveränderung halten die Sachverständigen W...und N... nicht für geeignet, eine solche Verletzung hervorzurufen. Erforderlich sei ein Anstoß gegen den Kopf. Der Anprall an die Kopfstütze genüge regelmäßig nicht. Auch der Sachverständige Dr. P... stellt fest, eine Prellmarke am Kopf sei zunächst nicht dokumentiert. Gegenüber dem Neurologen Dr. S... habe die Klägerin selbst angegeben, sich beim Aufprall mit den ausgestreckten Händen gegen das Lenkrad gestützt zu haben; es habe kein Aufpralltrauma gegeben. Weder in der neurologischen Diagnostik noch im psychischen Befund hätten sich Auffälligkeiten für die Annahme eines Schädelhirntraumas ergeben. Auffällig sei lediglich, dass sich die in allen Bereichen zeigende normale Hirnleistung zu Beginn der Therapie im Vergleich zu den ein halbes Jahr zuvor im U.. erfolgten testpsychologischen Untersuchungen verschlechtert habe. Dies sei kaum verständlich und mit dem typischen Ablauf nach Hirntraumen, nach denen die Diagnose regelmäßig gleich bliebe oder sich verbessere, nicht jedoch verschlechtere, nicht in Einklang zu bringen, insbesondere, weil bei der Klägerin andere Komplikationen nicht bestünden. Auch auf psychoreaktive Störungen wie Depression oder Anpassungsstörungen bzw. vorübergehende psychische Fehlentwicklungen gebe es keinen Hinweis. Auch darin stehen die Ausführungen des Sachverständigen Dr. P... in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen N.... Soweit in der ärztlichen Dokumentation ein Schädelhirntrauma aufgenommen worden sei, erklärt sich der Sachverständige dies mit einem Zirkelschluss der Behandler, nach dem von den Beschwerden auf eine Verletzung geschlossen worden sei. Nach den vorliegenden Unterlagen sei jedoch das Vorliegen der Verletzung wenig wahrscheinlich. Die in diesem Zusammenhang von der Klägerin formulierten Fragen an den Sachverständigen sind - wie der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - bereits durch den Sachverständigen beantwortet worden bzw. ließen selbst dann, wenn sie für die Klägerin günstig beantwortet wären, keinen Schluss auf das Vorliegen eines Schädelhirntraumes zu.

    d) Neben den unter oben b) dargestellten unfallbedingten Beschwerden, insbesondere dem dokumentierten Kopfschmerz, ist als weitere unfallbedingte Folge eine Verschlechterung der vorbestehenden Migräne in eine Migräneerkrankung ohne Aura anzunehmen.

    In Auswertung der ärztlichen Unterlagen kommt der Sachverständige Dr. P... zu dem Ergebnis, dass der initial heftige Dauerkopfschmerz, an dessen Bestehen aus seiner Sicht keine Zweifel angezeigt sind, nach etwa 2 Monaten in einen attackenförmigen Kopfschmerz übergegangen war, der dann als Migräne zu diagnostizieren war und ist mit einer für diese Erkrankung typischen Diagnostik. Dabei ergibt sich aus dem Bericht der C... vom 01.10.2021, dass die Klägerin bereits ab dem 27. Lebensjahr im Rahmen von Infekten unter migräneartigen Kopfschmerzen litt. Im Anschluss an einen Unfall mit einer Wirbelsäulenverletzung im Jahr 2002 seien die Kopfschmerzen häufiger aufgetreten und hätten sich durch den hier streitigen Unfall im Jahr 2017 verstärkt und erst nach 3 Monaten wieder zurückgebildet. Aktuell (dokumentiert am 01.10.2021) hätten sich die Kopfschmerzen gebessert und würden lediglich einmal im Monat für 8 bis 10 Stunden in Phasen hoher Belastung auftreten. Dr. N... geht in seinem Arztbrief von einer durch das HWS-Beschleunigungstrauma getriggerten prolongierten Migräne aus. Dem tritt der Sachverständige Dr. P... bei und bestätigt die Diagnose der Zunahme einer bestehenden Symptomatik in eine Migräneerkrankung ohne Aura, wobei mangels Vorliegen von früheren Behandlungsunterlagen der Grad der Verschlechterung nicht definiert werden könne. Bereits in seinem Gutachten führt er dazu aus: "Es ist aber mit Sicherheit davon auszugehen dass sich der vorbestehende (vor dem Unfall) sehr seltene Kopfschmerz - ob migränetypisch oder nicht - nach dem Unfall in eine Migräne-Erkrankung ohne Aura mit einer gegenüber der vor dem Unfall liegenden Zeit gehäuften Kopfschmerzattackenfrequenz verändert (verschlechtert) hat". Sowohl die Diagnose als auch die Bewertung als Unfallfolge am hier relevanten Maßstab des § 287 ZPO hat der Sachverständige mündlich erläutert. Dabei erleichtere das Vorbestehen einer Migräne die Bewertung der Kausalitätsfrage. Denn eine Migräne entwickele sich - anders als bei Kindern - bei Erwachsenen regelmäßig nicht. Vielmehr würden die Beschwerden mit zunehmenden Alter schwächer. Hier geht der Sachverständige mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass unfallbedingt die allgemeinen Kopfschmerzen zurückgetreten sind und sich die Migräne herauskristallisiert habe mit einer höheren Frequenz als vor dem Unfall. Ein Spontanverlauf sei hier, nachdem andere Gründe nicht ersichtlich werden, eher unwahrscheinlich.

    Der Senat sieht keinen Anlass, an den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, die dieser auf Nachfragen nochmals bekräftigt hat, zu zweifeln. Insbesondere die Ausführungen des Sachverständigen N... stehen dem nicht entgegen. Auch er hat die gesundheitlichen Beeinträchtigungen letztlich nicht in Zweifel gezogen. Er vermochte allein keine Erklärung dafür herzuleiten, da es aus seiner Sicht an einer entsprechend schweren Primärverletzung fehle. So führt er aus: "Die Beschwerdeschilderung und das Beschwerdeerleben wirken allerdings insgesamt authentisch. Andere konkurrierende psychische Beschwerdeursachen konnten weder der Aktenlage noch im Rahmen der aktuellen Begutachtung festgestellt werden". Zwar sei in der Begutachtung eine große Überzeugung der Klägerin deutlich geworden, dass für sämtliche Beschwerdekomplexe ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfallereignis besteht; diese Überzeugung sowie diese Beschwerdeschilderung hätten sehr beharrlich gewirkt. Andererseits fanden sich nach dem Gutachten - ebenso wie nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P... - keine Anhaltspunkte für ein depressives Syndrom, einer Angststörung oder für Faktoren, die auf einen sekundären Krankheitsgewinn oder finanzielle Kompensationsaussichten gerichtet sind. Der Sachverständige N... verweist in diesem Zusammenhang auf ein Maldaptives Syndrom. Hierbei handelt es sich nach dem Sachverständigen um einen Begriff, der eingesetzt wird, wenn ein meist subjektiv beklagtes Beschwerdesyndrom medizinisch nicht plausibel erklärt werden kann. Zudem lagen dem Sachverständigen N... keine Erkenntnisse zu der Migränevorerkrankung der Klägerin vor, so dass er diese nicht in seine Begutachtung einbeziehen konnte.

    Wie die Klägerin dargestellt hat, hätten sich Kopfschmerzattacken bis 2020 ca. 3 bis 4 mal im Monat gezeigt. Die Frequenz sei, so auch der Befund des Dr. N..., auf 1 bis 2 mal im Monat zurückgegangen. Ob sich die Migräne neben der bereits festzustellenden Reduzierung der Frequenz weiter zurückbildet oder auf Dauer bestehen bleibt, vermochte der Sachverständige nicht belastbar festzustellen. Es fehlten wissenschaftliche Langzeitstudien; es lägen lediglich Hypothesen vor ohne wissenschaftlich ausreichende Untersuchungen. Andererseits kann, so der Sachverständige, das Weiterbestehen der Migräne auch nicht sicher ausgeschlossen werden.

    Die Zurechnung des Gesundheitsschadens scheitert schließlich nicht daran, dass er auf einer konstitutiven Schwäche des Verletzten beruht. Der Schädiger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Schaden nur deshalb eingetreten oder ein besonderes Ausmaß erlangt hat, weil der Verletzte infolge von körperlichen Anomalien oder Dispositionen zur Krankheit besonders anfällig gewesen sei. Wer einen gesundheitlich schon geschwächten Menschen verletzt, kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als wenn der Betroffene gesund gewesen wäre. So ist die volle Haftung auch in Fällen bejaht worden, in denen der Schaden auf einem Zusammenwirken körperlicher Vorschäden und der Unfallverletzungen beruhte (vgl. nur BGH, Urteil v. 30.1996 - VI ZR 55/95 -, BGHZ 132, 341-353, Rn. 17; Urteil v. 10.07.2012 - VI ZR 127/11 -; Urteil v. 26.01.1999 - VI ZR 374/97 -, juris). Es kommt mithin nicht darauf an, ob eine Vorkondition die Entwicklung begünstigt oder unterhält. Allerdings ist im Rahmen der hier maßgebenden Schmerzensgeldbemessung die bestehende Vorschädigung zu berücksichtigen (BGH, Urteil v. 05.11.1996 - VI ZR 275/95 -, Rn. 14; OLG Hamm, Beschluss v. 15.03.2018 - I-7 U 4/18 -, Rn. 14, juris).

    e) Die nachgewiesenen unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen lassen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Vorbelastung der Klägerin ein Schmerzensgeld von insgesamt 4.000 € als angemessen erscheinen. Dabei orientiert sich der Senat an der umfangreichen Rechtsprechung zu ähnlichen Schadenslagen (vgl. Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldtabelle, 38. Aufl. lfd. Nr. 1878 ff). Hierauf sind die bereits gezahlten 900 € anzurechnen, so dass sich ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 3.100 € ergibt.

    Das Vorbringen der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 27.06.2023 ist gem. § 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO besteht nicht.

    4.

    Weitergehende, über den bereits vom Landgericht titulierten Betrag hinausgehende vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten kann die Klägerin ebenfalls nicht mit Erfolg geltend machen. Denn die Beklagte hat dargetan, dass hier eine Rechtsschutzversicherung eingetreten sei. Die Klägerin ist dem nicht entgegen getreten. Damit fehlt der Klägerin die Aktivlegitimation für eine Zahlung an sich, § 86 VVG.

    Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

    5.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10., 711 ZPO.

    Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO.

    Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.

    RechtsgebieteStVG, BGB, GGVorschriften§ 7 Abs. 1 StVG, § 11 StVG, § 17 Abs. 1 StVG, § 18 StVG, § 823 BGB, § 253 BGB, § 839 BGB, Art. 34 GG