10.10.2024 · IWW-Abrufnummer 244219
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 25.07.2024 – 3 ORbs 126/24 - 122 SsBs 22/24
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht
3. Senat für Bußgeldsachen
Beschluss vom 25. Juli 2024
wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit
hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts am 25. Juli 2024 beschlossen:
Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
Indem die Rechtsbeschwerde im Urteil anlasslos „Feststellungen hinsichtlich der Durchführung der nach der Bedienungsanleitung vor der Inbetriebnahme erforderlichen Tests“ verlangt, überspannt sie die an eine Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu stellenden Anforderungen. Tatsächlich ist zwischen den Anforderungen an Messvorgänge (1.) und der Verpflichtung des Tatrichters, deren Einhaltung in den Urteilsgründen zu dokumentieren (2.), zu unterscheiden.
1. Die für standardisierte Messverfahren geltenden Erleichterungen bei der Abfassung des Urteils setzen voraus, dass das eingesetzte Messgerät von seinem Bedienungspersonal standardgemäß, das heißt in geeichtem Zustand, seiner Bauartzulassung entsprechend und gemäß der vom Hersteller herausgegebenen Bedienungsanleitung verwendet worden ist (vgl. BGH NZV 1993, 485; Senat NStZ-RR 2022, 619). Der Tatrichter muss sich daher im Grundsatz die Überzeugung von diesen Umständen verschaffen (§ 77 Abs. 1 OWiG). Allerdings kann, wenn nicht ausnahmsweise etwas dagegenspricht, davon ausgegangen werden, „dass von der Polizei eingesetzte Messgeräte grundsätzlich geeicht sind“ (vgl. Cierniak, zfs 2012, 664).
Gleiches gilt für die Einhaltung der Bedienungsanleitung (Cierniak, a.a.O.). Daraus folgt, dass sich die Beweisaufnahme auf ein Minimum beschränken kann, wenn ein als standardisiert anerkanntes Verfahren zur Geschwindigkeitsmessung angewandt worden ist und sich dem Tatgericht im Rahmen der Amtsermittlung keine Zweifel an der Richtigkeit der Messung aufdrängen müssen. Nicht auf objektive Umstände, sondern auf bloße Vermutungen gestützte Einwände des Betroffenen sind in der Regel nicht geeignet, eine vertiefte Amtsaufklärung zu veranlassen.
2. Von den nach § 77 Abs. 1 OWiG aufzuklärenden Umständen zu unterscheiden sind die Anforderungen, die sich aus §§ 71 Abs. 1 OWiG, 267 StPO für die Urteilsgründe ableiten. Die Ausführungen im Urteil sind nicht Selbstzweck (vgl. BGH wistra 1992, 225; 1992, 256). Weder ist der Tatrichter hier verpflichtet, alle als beweiserheblich in Betracht kommenden Umstände ausdrücklich anzuführen, noch hat er stets darzulegen, auf welchem Wege und aufgrund welcher Tatsachen und Beweismittel er seine Überzeugung gewonnen hat (vgl. BGH NZV 1993, 485 m. w. N.).
Liegt der Verurteilung eine Messung mit einem standardisierten Verfahren zugrunde, so muss im Regelfall sogar nur das Messverfahren (nicht: der Gerätetyp) und ggf. der Toleranzabzug mitgeteilt werden (vgl. BGH NZV 1993, 485). Nicht mitzuteilen sind hingegen regelmäßig die Umstände, welche die Standardisierung tatsächlich tragen (sog. „Prämissen“ [vgl. OLG Bamberg DAR 2016, 337; BayObLG VRR 2020, Nr. 12], also die Vorbedingungen oder „materiellrechtlichen Voraussetzungen“ [BGH NZV 1993, 485] der Standardisierung).
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
RechtsgebieteOWiG, StPOVorschriftenOWiG 71 Abs. 1, 77 Abs. 1; StPO 267 Abs. 1