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  • 12.02.2025 · IWW-Abrufnummer 246468

    Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 20.01.2025 – ORbs 24 SsBs 192/24

    Der Sinn des Fahrverbots ist dann in Frage gestellt, wenn der zu ahnende Verkehrsverstoß mehr als zwei Jahre zurückliegt, wobei es grundsätzlich auf den Zeitraum bis zur letzten tatrichterlichen Verhandlung ankommt.


    Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 20.01.2025, Az. ORbs 24 SsBs 192/24

    In dem Bußgeldverfahren 
    gegen pp.

    Verteidiger:

    wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

    hat der Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts Dresden am 20.01.2025 beschlossen:

    Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Weißwasser vom 29. September 2023 wird auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Dresden als unbegründet verworfen, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe, dass das angeordnete Fahrverbot entfällt.
    Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zur Hälfte zu tragen; die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden zur Hälfte der Staatskasse auferlegt (§ 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 4 Satz 1 StPO).

    In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass es grundsätzlich gerechtfertigt sein kann, von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen, wenn die Tat lange Zeit zurückliegt und der Betroffene sich in der Zwischenzeit verkehrsgerecht verhalten hat. Denn das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 StVG hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt und kann als solche seinen Sinn verloren haben, wenn die zu ahnende Tat lange zurückliegt, die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände außerhalb des Einflussbereichs des Betroffenen liegen und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten des Betroffenen im Straßenverkehr festgestellt worden ist. Dabei wird der Sinn des Fahrverbots nach einer in der obergerichtlichen Rechtsprechung erkennbaren Tendenz in Frage gestellt, wenn der zu ahnende Verkehrsverstoß mehr als zwei Jahre zurückliegt, wobei es grundsätzlich allerdings auf den Zeitraum bis zur letzten tatrichterlichen Verhandlung ankommt (zu vgl. zu alledem OLG Saarbrücken, Beschluss vom 31.03.2014 - Ss (B) 18/2014 (15/14 OWi) - m. w. N.; abgedruckt in NJOZ 2014, 1545 ff ).

    Der Betroffene ist zudem hinsichtlich des weiteren Zeitablaufs nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung nicht schutzlos gestellt. Gemäß Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz i. V. m. dem Rechtsstaatprinzip gilt für den Betroffenen auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren das Recht auf ein faires Verfahren, welches das Recht auf Durchführung des Verfahrens in angemessener Zeit einschließt und rechtstaatswidrige Verfahrensverzögerungen vorbeugen soll. Dies gilt auch dann, wenn die Verfahrensverzögerung erst im Anschluss an die tatrichterliche Entscheidung eingetreten ist. Hierbei kann für Verzögerungen nach Urteilserlass ein Eingreifen des Rechtsbeschwerdegerichts von Amts wegen geboten sein, wenn der Betroffene diese Gesetzesverletzung nicht form- fristgerecht rügen konnte, weil die Verzögerung erst nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist eingetreten ist (zu vgl. OLG Saarbrücken a.a.O. m. w. N.).

    So liegt der Fall hier. Seit der Begehung der Ordnungswidrigkeit sind inzwischen über 3 Jahre vergangen. 1 Jahr und 4 Monate dieses Zeitraums entfallen hierbei auf die Zeit nach Urteilserlass. Mehr als 1 Jahr fällt dabei in die Zeit nach Beendigung der Rechtsmittelbegründungsfrist (1 Monat nach Zustellung des Urteils ab 13.11.2023).

    Von der Verhängung des Fahrverbotes war daher abzusehen.

    Da der Betroffene mithin einen Teilerfolg erzielt, war gemäß § 473 Abs. 4 StPO (§ 46 OWiG) zu verfahren wie tenoriert.